Bank für Inter­natio­nalen Zahlungs­ausgleich warnt vor Inflation – und die Noten­banken nicht

Folgender Kommentar von mir erschien bei manager magazin:

Im heute erschienenen Annual Economic Report warnt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich vor einer epochalen Trendwende: Nachdem sie seit vierzig Jahren rückläufig war, droht eine Phase (deutlich) höherer Inflation. Denn die Notenbanken, die sich dem entgegenstellen sollten, werden es nicht tun.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), gerne auch als Notenbank der Notenbanken bezeichnet, gehört zu den unbequemen Mahnern im öffentlichen geldpolitischen Diskurs. Seit Jahrzehnten warnt sie vor der Politik des immer billigeren Geldes, erkannte frühzeitig das Risiko der Weltfinanzkrise und mahnt seither vor den Folgen der fortgeführten Manipulationen im Finanzsystem: Häufung von Finanzkrisen, Abhängigkeit von Vermögenspreisblasen und zunehmende realwirtschaftliche Zombifizierung. Es lohnt deshalb, sehr genau zuzuhören, wenn die Basler Experten sich zu Wort melden.

Corona als historische Krise

Natürlich konnten auch die Ökonomen der BIZ nicht die Corona-Krise vorhersagen. Sie sind aber vermutlich am besten qualifiziert, um die finanzpolitischen Implikationen der Epidemie und vor allem der wirtschaftspolitischen Krisenmaßnahmen zu beurteilen.

Zunächst loben die Experten die Reaktionen von Staaten und Notenbanken: Angesichts eines Einbruchs der wirtschaftlichen Aktivität, der schwerer gewesen sei als in der Großen Depression und zudem im Unterschied zur Finanzkrise wirklich global war, gab es keine andere Möglichkeit, als durch eine massive Intervention das Schlimmste zu verhindern. Immerhin sei die Wirtschaft in einigen Ländern hochgerechnet auf das Jahr in einem Quartal um 25 bis 40 Prozent eingebrochen.

Die Interventionen waren notwendig, weil das Finanzsystem aufgrund der Politik des billigen Geldes in den Jahren seit der Finanzkrise – so die BIZ – immer anfälliger wurde. Dies lag zum einen an der deutlich gestiegenen Verschuldung des Nicht-Finanzsektors, vor allem der Unternehmen in den USA und in Europa und zum anderen an dem “aggressive risk taking” in den Finanzmärkten. Gemeint ist die Bereitschaft, hohe Preise für Aktien und Anleihen zu bezahlen, illiquide Investments mit kurzfristigen Krediten zu finanzieren und eine – nicht nur bei Hedge-Fonds – zunehmende Spekulation auf Kredit. Ein Umstand, auf den man bei der Beurteilung der Krise gar nicht deutlich genug hinweisen kann.

Die BIZ attestiert den Banken, in einem besseren Zustand als vor der Finanzkrise und nicht direkt ein Krisenherd zu sein, aber sie bemängelt deren schwache Kapitalbasis – eine Folge der Politik des billigen Geldes vor allem in der Eurozone – weswegen sie sich schwertun, ausreichend neue Kredite zu vergeben.

Rote Linien mussten überschritten werden

Deshalb war es richtig, dass die Notenbanken, ohne zu zögern, intervenierten und dabei, wie es die BIZ ausdrückt, bisherige „rote Linien“ überschritten. Es waren nicht die Zinssenkungen, die dabei halfen, sondern die Rolle des „Lenders of last resort“ – des letzten Kreditgebers.

Man könnte auch sagen, es war eher die Rolle des “Buyers of last resort”, des Einzigen, der noch bereit war, zu kaufen. Dies galt vor allem im Anleihenmarkt, wo die Investoren sich zum ersten Mal seit Langem wieder die Frage stellten, ob denn die Schuldner überhaupt in der Lage sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen. In nicht wenigen Fällen wäre diese Frage schon vor den mit Corona verbundenen deutlichen Gewinnrückgängen angebracht gewesen. Nach Gewinnrückgängen von bis zu 50 Prozent erst recht. Kein Wunder, dass die Notenbanken bisherige Qualitätsanforderungen fallenließen und im großen Stil die Papiere von Unternehmen aufkauften, die in Zukunft vor der Herausforderung stehen werden, die (viel zu hohen) Schulden abzubauen. Bei nicht wenigen dürfte das nur durch Gläubigerverzicht möglich sein.

Richtig war nach Auffassung der BIZ auch, dass die Staaten in bisher ungesehenen Umfang Geld in die Realwirtschaft gepumpt haben. Dabei lief es vielerorts, nicht nur in Deutschland, über Kreditgarantien des Staates, mit denen Banken dazu ermuntert werden sollten, den Unternehmen über die Krise zu helfen. Italien hat Garantien über fast 40 Prozent des BIP abgegeben, gefolgt von Deutschland und Japan.

Kommt es zu den unvermeidlichen Konkursen, wird die Politik nach Einschätzung der BIZ vor der Herausforderung stehen, eine Restrukturierung der Schulden zu organisieren, ohne dabei die erforderliche strukturelle Anpassung zu verhindern – ein Seitenhieb mit Blick auf die seit Jahren immer mehr zunehmende Zombifizierung der Wirtschaft.

Zunehmend wird aber klar, dass es nicht damit getan ist, Kredite zu garantieren. Immer mehr kommt es zu direkten finanziellen Transfers an Unternehmen und Haushalte. An der Spitze liegen hier die USA mit direkten Staatsausgaben in der Größenordnung von über zwölf Prozent des BIP, gefolgt von Japan und Deutschland.

Inflation als Risiko (und Chance)

Kurzfristig verhindern bzw. mindern die Interventionen von Staaten und Notenbanken den deflationären Schock der Krise. Ein Zusammenbruch der Vermögenspreise und damit eine Konkurswelle wurden ebenso abgewehrt wie ein breiter Rückgang des Preisniveaus. Damit besteht gute Hoffnung, dass es bei einer schweren Rezession bleibt und wir von einer Depression verschont werden.

So positiv die BIZ die kurzfristigen Maßnahmen zur Krisenbekämpfung sieht, so besorgt äußern sich die Experten über die mittelfristigen Folgen. Es droht die Umkehr des seit fast 40 Jahren andauernden Trends zu immer geringeren Inflationsraten und Zinsen. Die Pandemie schädigt die Produktivität nachhaltig: So können beispielsweise Restaurants, Hotels und Fluggesellschaften aufgrund der Anforderungen des „Social Distancings“ weniger Kunden bedienen. Globale Wertschöpfungsketten werden auch nach der akuten Phase der Corona-Krise geschädigt bleiben. Unternehmen werden mehr auf regionale Produktion setzen, Staaten auf die nationale Produktion bestimmter Güter bestehen und beide mehr Lagerhaltung betreiben.

Die Folge: Wir werden mehr Kostendruck sehen, der sich vorerst in geringeren Gewinnmargen, perspektivisch in höheren Preisen, niederschlagen dürfte. Dies vor dem Hintergrund eines Szenarios, das sich laut BIZ am ehesten mit der Situation nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichen lässt: hoch verschuldete Staaten, mehr staatlicher Einfluss in der Privatwirtschaft und eine Abkehr von der Globalisierung.

Trotz der sich daraus ergebenden inflationären Tendenzen dürften die Staaten Druck auf die Notenbanken ausüben, die Zinsen tief zu halten, um so die Schulden tragbar zu halten und über eine schleichende Entwertung der Schulden durch Inflation die Schuldenlast relativ zum BIP abzubauen. Dass es bereits in diese Richtung geht, zeigt sich an zunehmenden Rufen nach „monetärer Staatsfinanzierung“, also der direkten Finanzierung der Staaten durch die Notenbanken.

Egal, aus welchen noch so edlen Motiven diese ins Spiel gebracht wird – zum Beispiel für den Kampf gegen den Klimawandel –, befürchtet die BIZ einen breiten Vertrauensverlust in die „Geldwirtschaft eines Landes“. Gemeint sind die Währung und alle Institutionen, die für den Wert der Währung stehen. Vor allem sollten die Notenbanken die hart erarbeitete Glaubwürdigkeit als Hüterin der Kaufkraft des Geldes nicht leichtfertig verspielen, sind doch Krisenmaßnahmen wie die heute ergriffenen nur deshalb möglich und wirksam, weil dieses Vertrauen der Öffentlichkeit und Finanzmärkte in die Notenbanken besteht.

Sich dem Druck der Politik, mehr Inflation zuzulassen, entgegenzustellen, dürfte laut BIZ eine der größten Herausforderungen für die Notenbanken in den kommenden Jahren sein. Gelingt es den Notenbanken nicht, droht die Rückkehr der Inflation.

 Die Illusion der unabhängigen Notenbanken

Offiziell kann die BIZ nur warnen und es bleibt ihr nicht viel mehr, als daran zu appellieren, keine Politik der Inflationierung zu befolgen. Was sie aber nicht benennt, sind die Alternativen. Denn bei zu hohen Schulden bleiben nur: Pleiten/Schuldenrestrukturierungen und Vermögensabgaben, die nichts anderes als eine anders organisierte Pleite sind. Ebenso möglich wäre die Monetarisierung der Altschulden über die Notenbankbilanzen, wie an dieser Stelle angeregt.

Es ist anzunehmen, dass die Politik diese Wege scheut und die auf dem Papier bestehende Unabhängigkeit der Notenbanken in den kommenden Jahren auch offiziell aufgegeben wird. Die EZB verfolgt schon seit Langem andere Ziele als nur der Geldwertstabilität. Die Bank of Japan ist längst der Finanzier des Staates, die Bank of England spart sich in Folge der Corona-Krise den Umweg über die privaten Banken und überweist das Geld direkt an die Regierung und die US-Fed hat sich in eine unumkehrbare Abhängigkeit von den Kapitalmärkten und damit letztlich der Politik begeben. Alle gemeinsam schauen sie in den Abgrund, direkte Folge der Geldpolitik der letzten Jahrzehnte, die immer höhere Verschuldung, Vermögenswerte und Spekulation erst ermöglicht hat.

Kombiniert man diese nüchterne Analyse mit den Sorgen der BIZ über eine „Zeitenwende“ bei der Inflation kann man nur zu der Schlussfolgerung kommen: Alles spricht für diese Wende und damit die eindrucksvolle Rückkehr der Inflation.

Erhebliche Verwerfungen werden die Folge sein. Denn auch wenn die Notenbanken die Realzinsen tief halten werden, dürften die Nominalzinsen steigen. Hatten wir in den letzten Jahrzehnten geringe Konsumentenpreisinflation und hohe Vermögenspreisinflation bekommen wir nun das Gegenteil: deutlich höhere Inflation in der Realwirtschaft und erhebliche Verluste bei Finanzvermögen. Große Verlierer dabei: die Deutschen mit ihrer Vorliebe für Konto, Sparbuch, Riester-Rente und Lebensversicherung.

manager-magazin.de: “Warum die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich vor Inflation warnt”, 30. Juni 2020

Kommentare (48) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Chris T.
    Chris T. sagte:

    Alles soweit verständlich.
    Wäre schön, wenn die “erhebliche Verluste bei Finanzvermögen” erläutert worden wären.
    Inflation treibt doch die Preise des Finanzvermögen.
    Inflation treibt auch den Nominalzins, so dass Sparer wieder zu besseren Konditionen Unternehmensanleihen kaufen können (man muss diese dann natürlich bis zur Endfälligkeit halten).
    Wo sollen also die erheblichen Verluste bei (privaten) Finanzvermögen herkommen?
    1. durch negative Realzinsen (nichts neues, haben wir schon),
    2. durch Vermögensabgaben (kann sein, scheut die Politik aber),
    3. was könnte es noch sein?

    Antworten
  2. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    @ Dietmar Tischer

    „Das WAS, das hier zur Debatte steht, ist das, was ich präsentiert habe – und nichts anderes.“

    Wir können es gerne hierauf reduzieren.

    „Ich kann genug Englisch, um zu verstehen, was er sagt und habe keine Veranlassung, ihn falsch wiederzugeben.“

    Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, Herr Tischer.

    „URSÄCHLICH für die Krise waren Hausbesitzer, die das Leverage mit zinsgünstigen Krediten für den Kauf von Immobilien genutzt haben, Kreditvermittler und Banken sowie andere Finanzierer – und sonst niemand.“

    Falsch!

    Ursächlich war das völlig dysfunktionale „Analytical Framework“ auf dessen Basis auch die Liberalisierung der Finanzmärkte vorangetreiben wurde und somit überhaupt erst derartige Kreditexzesse möglich waren. Einfach mal bei William White reinhören: https://youtu.be/9a8pz6lXyqE?t=3348

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Michael Stöcker

      >Ursächlich war das völlig dysfunktionale „Analytical Framework“ auf dessen Basis auch die Liberalisierung der Finanzmärkte vorangetreiben wurde und somit überhaupt erst derartige Kreditexzesse möglich waren.>

      Ursächlich ist nur AGIEREN, HANDELN mit BEWIRKEN.

      Ein „Analytical Framework“ kann das nicht.

      Anschaulich:

      URSÄCHLICH für das Zerbrechen der Fensterscheibe ist NICHT, dass ein Fenster eingebaut wurde oder sie zu schwach ist, als der Ball sie traf.

      URSÄCHLICH für das Zerbrechen ist, dass ein Ball geworfen oder getreten wurde, der sie traf.

      Dass sie dem Impakt des Balles nicht standhalten konnte, ist die Bedingung, aber nicht die Ursache des Zerbrechens.

      Sophisterei?

      Es ist die UNIVERSELL verfolgte LEBENSPRAXIS.

      Denn wer wird haftbar gemacht für die zerbrochene Scheibe?

      Der Hersteller oder Eigentümer der Scheibe oder der, der den Ball auf die Scheibe hat treffen lassen?

      Na also, nicht herumdiskutieren.

      ALLERDINGS:

      Es gibt auch eine Ursächlichkeit für das, was Sie „Analytical Framework“ nennen.

      Ich habe sie benannt und des Öfteren dazu gesagt:

      Das Kalkül, u. a. den Finanzsektor zu deregulieren, ist zwar aus RATIONALEN Überlegungen entstanden, aber es war – aus späterer Sicht – FALSCH, es zu tun.

      Denn es wurde anders genutzt als beabsichtigt, u. a. für die Spekulation mit Derivaten und dem Aufbau von Blasen.

      Da bin ich weitgehend bei Ihnen.

      Das ist aber eine andere Diskussion – eine die ERKLÄREN, aber nicht Ursächlichkeit nach hinten DURCHREICHEN kann.

      Antworten
      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ Dietmar Tischer

        „Ursächlich ist nur AGIEREN, HANDELN mit BEWIRKEN.“

        Und wodurch wird dieses Agieren und Handeln bestimmt, gefördert, gebremst?

        Durch den analytischen Rahmen/Zeitgeist! Ohne Liberalisierung hätten keine derartigen Kreditexzesse stattfinden können und somit auch keine Fenster zu Bruch gehen können, da NUR auf dem Fußballplatz gespielt werden durfte nach festen Regeln mit gelber und roter Karte.

        Und ja, im Nachhinein ist man immer schlauer: https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2020/heft/1/beitrag/reaganomics-wegbereiter-des-trumpismus-6072.html

        Insofern: Wir irren vorwärts.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Michael Stöcker

        >Und wodurch wird dieses Agieren und Handeln bestimmt, gefördert, gebremst?>

        “MÖGLICH gemacht” ist hier richtig.

        Ich habe gesagt, dass es auch DAFÜR eine Ursächlichkeit gibt und natürlich Verursacher.

        Wenn wir allerdings BESTIMMEN wollen, WER für WAS ursächlich ist, dann können wir nicht beliebig die Kette nach hinten verfolgen, um einen uns genehmen AUCH-Verursacher für NACHFOLGENDES haftbar zu machen und auch keinen durch ihn geschaffenen Sachverhalt.

        Systeme, die durch Verursacher geschaffen wurden, sind NICHT Verursacher, sondern, ich sage es noch einmal:

        Bedingungen.

        JEDER hat zu seiner Zeit OPTIONEN und muss sich die zurechnen lassen, die ER wahrgenommen hat.

        Dass er andere haben würde, wenn andere vor ihm anders gehandelt hätten, ist klar, aber UNERHEBLICH für das, was IHM als ursächlich zugerechnet werden kann.

        Das hat mit irren wir vorwärts nichts zu tun.

        Das tun wir IMMER weil wir die Konsequenzen unseres Handelns nur teilweise bzw. auf nur ein Stück Zukunft hin einigermaßen verlässlich einschätzen können.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Michael Stöcker

        Habe mal hingehört, was R. Werner erzählt

        In den ersten 18 Minuten unter anderem dies:

        a) Die EZB kreiert Zyklen der Unterbeschäftigung, mit – sein Beispiel – der Immobilienblase in Spanien, die zusammengefallen ist, worauf es zu hoher Arbeitslosigkeit kam.

        b) Während der 20 Jahre EZB-Existenz verloren 4.800 Banken ihre Existenz

        c) Die EZB regulieren die Banken zu Tode, weil diese nicht die Ressourcen haben, die Vorschriften umzusetzen

        Dazu die Sachverhalte, die als anerkannt gelten (selbstverständlich NUR unter neoliberalen Wirtschaftswissenschaftlern, weshalb diese Sachverhalte erfunden sind):

        Zu a):

        Die EZB musste die Zinsen niedrig halten, um in den Peripherie-Staaten keine zusätzlichen Probleme zu schaffen, u. a. zusätzlicher Arbeitslosigkeit.

        Die Wirtschaftssubjekte dieser Länder – und NICHT die EZB – haben die niedrigen Zinsen nicht genutzt, um sich durch Investitionen wettbewerbsfähiger zu machen, sondern um zu konsumieren und Immobilien zu finanzieren. Das ist die URSACHE der Malaise ab 2010 in Griechenland und danach in Spanien, Portugal und Irland.

        Fazit:

        Werner erzählt BS.

        Zu b)

        Die Eurozone hatte mit Blick auf die nachlassende Kreditnachfrage der Realwirtschaft zu viele Banken und insbesondere zu viele Bankfilialen. Der Wettbewerbsdruck hat dazu beigetragen, dass die Margen gesunken sind, deutlich erkennbar seit der Finanzkrise. Das ist auch heute so, nicht nur aber vermehrt durch die Digitalisierung (Bankgeschäfte per PC und nicht mehr am Schalter). Das hat alles nichts mit der EZB zu tun.

        Fazit:
        Werner erzählt BS.

        Zu c)

        Ja, die EZB reguliert die Banken, muss sie auch regulieren, weil sie ein systemisches Risiko darstellen. Aber sie reguliert sie nicht ABSICHTLICH zu Tode. Denn Banken, die aufgeben müssen, sind nicht im Interesse der EZB, weil sie destabilisierende Rückwirkungen auf das System haben.
        Deshalb gibt es – zumindest geduldet – Zombiefirmen und korrespondierende Zombiebanken.

        Fazit:

        Werner erzählt BS.

        Kurzum:

        Werners Credo, dass die EZB dafür eingesetzt werde, eine Transformation der Wirtschaft zu bewerkstelligen – die EZB wird ausdrücklich als Nachfolger der Reichsbank genannt – ist durch nichts belegt.

        Richtig ist:

        Wenn, wie es unbestreitbar aussieht, die Wirtschaft einen Prozess der Transformierung durchläuft, dann wurde dieser ursächlich durch REALWIRTSCHFTLICHE Tendenzen ausgelöst und in Gang gebracht (Globalisierung etc.)

        Dass die EZB wie andere Notenbanken auch darauf reagiert, wie sie reagiert, ist der RATIONALITÄT, das System nicht zerfallen zu lassen, geschuldet.

        Es ist überhaupt nicht auszuschließen, sondern sogar anzunehmen, dass es dabei – und kein Zweifel, vor allem durch die Reaktionen der Notenbanken – zu einer Transformation des Systems kommt.

        Sie tragen somit unzweifelhaft zur Transformation bei, sind aber nicht die ursächlichen Treiber.

        Zur „Logik“ von Werner:

        Er bezieht sich auf eine Auffassung von P. Samuelson, die dieser als „Theory of revealed preferences“ benennt.

        Heißt:

        Man hat eine BEVORZUGTE Auffassung davon, wie es IST, und gibt diese als fundierte Erkenntnis, d. h. ist belegtes WISSEN aus.

        Genau so macht es Werner selbst, in diesem Interview die ersten 18 Minuten zumindest.

        Schwache Nummer.

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ Dietmar Tischer

        Zu a):

        Da sich die Zinsen am Markt bilden und die EZB hierauf lediglich reagiert, kann der Zins der EZB auch grundsätzlich nicht ursächlich verantwortlich sein; es sei denn, die EZB ignoriert den Markt. Richtig ist vielmehr, dass die EZB nicht vor den makroökonomischen Ungleichgewichten aufgrund der zu hohen Kreditexpansion gewarnt hat, weil ihre Modelle unvollständig sind. Kein Wort zu den persistenten LB-Ungleichgewichten. Und als das Kind dann in den Brunnen gefallen war machte Trichet was? Er erhöhte die Zinsen GEGEN den Markttrend und verschärfte somit die Krise im Süden.

        Die meisten „Experten“ der Zentralbanken sind doch von perfekten Kapitalmärkten ausgegangen, die sich immer im Gleichgewicht befinden. Da war Trichet nicht anders als der Maestro.

        Fazit: Werner erzählt keinen BS.

        Zu b und c):

        Ja, der Bankensektor steht vor großen Herausforderungen (insbesondere Überkapazitäten sowie Fintechs). Fakt ist aber, dass insbesondere Basel III die kleineren Einheiten überproportional belastet und Lösungen gefunden werden müssen (Stichwort: “Small Banking Box”). Viel einfacher wären hingegen größenabhängige EK-Vorschriften, wie sie z. B. auch von Neel Kashkari gefordert werden.

        Die Finanzkrise ging von den großen Playern aus. Basel III konzentriert sich auf diese Banken. Damit werden aber zugleich die kleinen Banken regulatorisch überfordert. Die EZB hat in der BIZ als zweitgrößtes Mitglied besonderen Einfluss auf die Entscheidungen, die dort getroffen werden.

        Fazit: Werner erzählt keinen BS.

        Was sind die wichtigsten Aussagen von Werner:

        1. Banks are not financial intermediaries, but creators of the money supply.

        2. Interest rates do not move the economy – and hence are not the main monetary policy tool. They FOLLOW GDP growth.

        3. Deregulation, liberalization and privatization do not enhance growth – they reduce it.

        “Wenn, wie es unbestreitbar aussieht, die Wirtschaft einen Prozess der Transformierung durchläuft, dann wurde dieser ursächlich durch REALWIRTSCHFTLICHE Tendenzen ausgelöst und in Gang gebracht (Globalisierung etc.)“

        Ohne Geld wird gar nichts in Gang gebracht. Notwendige Bedingung für realwirtschaftlichen Erfolg ist der Bankkredit.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Michael Stöcker

        TYPISCH:

        ALLES neben der Sache.

        Ich habe nicht gesagt, dass Werner nicht auch Richtiges sagt.

        Es geht auch nicht darum, was die wichtigsten Aussagen von Werner sind.

        Es geht darum, ob das, was er gesagt hat, RICHTIG ist.

        Das WAS, das hier zur Debatte steht, ist das, was ich präsentiert habe – und nichts anderes.

        Ich kann genug Englisch, um zu verstehen, was er sagt und habe keine Veranlassung, ihn falsch wiederzugeben.

        Ich gehe nur auf a) ein:

        Es geht um die Aussage von Werner, dass die EZB für die Immobilienblase in Spanien VERANTWOTLICH sei, sie also VERURSACHT habe.

        Das ist sie nicht und hat sie nicht, es ist daher Unsinn, es zu behaupten.

        Es wäre genauso unsinnig zu behaupten, dass Greenspan eine Immobilienblase in USA verursacht habe.

        Niedrige Zinsen, für die es Gründe gab, die aber von der Fed zu lange zu niedrig gehalten wurden Anfang der Nuller-Jahre, übrigens auch auf das Drängen von Koryphäen wie P. Krugman hin, waren eine BEDINGUNG, aber NICHT die Ursache für die Subprime-Krise in USA.

        URSÄCHLICH für die Krise waren Hausbesitzer, die das Leverage mit zinsgünstigen Krediten für den Kauf von Immobilien genutzt haben, Kreditvermittler und Banken sowie andere Finanzierer – und sonst niemand.

        Im Fortgang der Krise, also für das Übergreifen u. a. auf Europa und damit für die Finanzkrise kann man noch die Ratingagenturen verantwortlich machen.

        Das war es dann aber auch.

        Wenn Sie und andere nicht zwischen ursächlichem Handeln und den Bedingungen für dieses Handeln unterscheiden können, habe nicht ich, sondern Sie ein Problem.

        >Ohne Geld wird gar nichts in Gang gebracht.>

        Richtig, deshalb ist für Sie anscheinend Geld ursächlich für alles, was in Gang kommt.

        >Notwendige Bedingung für realwirtschaftlichen Erfolg ist der Bankkredit.>

        Auch richtig, ebenso wie:

        Notwendige Bedingung für realwirtschaftliche Blasen ist der Bankkredit.

        Für solche sind die Banken und nicht die EZB verantwortlich.

  3. Dr. Stefan Fechtel
    Dr. Stefan Fechtel sagte:

    Schon vor 100 Jahren urteilte das Reichsgericht, daß die Geschäftsgrundlage von Verträgen gleichbleibende Verhältnisse seien (clausula rebus sic stantibus) und nicht voraussehbare grundlegende Veränderungen zum Wegfall bzw. Fehlen der Geschäftsgrundlage führten.
    Damit rechtfertigte das Gericht eine Aufwertung von Geldforderungen zwecks (teilweisem) Ausgleich von Gläubigerverlusten, und das auch OHNE entsprechende Klauseln im Vertrag.
    Heute ist die Störung der Geschäftsgrundlage in §313 BGB verankert.
    Juristen – ich bin kein solcher – mögen gerne genauer dazu Stellung nehmen.
    Wer hier also auf Verträge zu seinen Gunsten vertraut (pacta sunt servanda), der ist auf dem Holzweg. Vermieter oder Bausparer können schon jetzt ein Lied davon singen.

    Antworten
  4. ruby
    ruby sagte:

    Die von H-W Sinn errechneten Schulden / BIP
    1,35 Bio€ / 3,44 Bio€ (in 2019) somit ca. 40% sind der Goldene Schuss sowohl bei Angebot und Nachfrage:
    Zuweisungsempfänger-/Zombieland reloaded.

    Antworten
  5. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Kurzfristig verhindern bzw. mindern die Interventionen von Staaten und Notenbanken den deflationären Schock der Krise. Ein Zusammenbruch der Vermögenspreise und damit eine Konkurswelle wurden ebenso abgewehrt wie ein breiter Rückgang des Preisniveaus. Damit besteht gute Hoffnung, dass es bei einer schweren Rezession bleibt und wir von einer Depression verschont werden.>

    Das ist die ERKLÄRUNG und BEGRÜNDUNG für die Geldpolitik der Notenbanken und die Fiskalpolitik der Regierungen:

    Praktisch ALTERNATIVLOS aufgrund der historischen Erfahrungen mit dem, was folgen würde, wenn es eine Depression gäbe.

    Und m. A. n. noch begründeter so, weil die Menschen nach 75 Jahren ungebrochener, wenn auch bröckelnder Wohlstandserfahrung (kein Krieg!) noch anspruchsvoller geworden sind.

    >Die Pandemie schädigt die Produktivität nachhaltig… Die Folge: Wir werden mehr Kostendruck sehen, der sich vorerst in geringeren Gewinnmargen, perspektivisch in höheren Preisen, niederschlagen dürfte.>

    Geschädigte Produktivität und mehr Kostendruck: JA (schon vor der Pandemie).

    Perspektivisch höhere Preise: NEIN.

    Nein, weil dies – des Kostendrucks wegen – ERST einmal zur Entlassung von Beschäftigten führen würde und die schwere Rezession in Richtung Depression ändern würde.

    Das wird mit ALLEN Mitteln verhindert werden – siehe Zitat oben.

    >Trotz der sich daraus ergebenden inflationären Tendenzen dürften die Staaten Druck auf die Notenbanken ausüben, die Zinsen tief zu halten, um so die Schulden tragbar zu halten…>

    Das ist falsch.

    Richtig muss es heißen:

    Wegen der latenten Depressionsgefahr werden die Notenbanken von sich aus und in voller Übereinstimmung mit den Regierungen die Zinsen WEITERHIN niedrig halten, um dadurch und mit UNGEBREMSTER Liquiditätszufuhr den Kostendruck der Unternehmen zu mildern und Massenentlassungen zu verhindern.

    Das betrifft die Angebotsseite.

    Auf der Nachfrageseite wird ebenfalls mit Geldzuweisungen, in welcher Form auch immer – ich vermute im Endeffekt Bürgergeld oder BGE – versucht werden, den Konsum anzukurbeln.

    Das sind die beiden Mechanismen, die auf einer AUSWEITUNG der realwirtschaftlich EINSETZBAREN Geldmenge beruhen.

    Wie sie TATSÄCHLICH eingesetzt werden würde, ist mit weiteren Mechanismen darzulegen.

    Es wäre z. B. aufzuzeigen, WIE sich ein Vertrauensverlust niederschlagen würde, bei der Bevölkerung und/oder an den Devisenmärkten.

    >Kombiniert man diese nüchterne Analyse mit den Sorgen der BIZ über eine „Zeitenwende“ bei der Inflation kann man nur zu der Schlussfolgerung kommen: Alles spricht für diese Wende und damit die eindrucksvolle Rückkehr der Inflation.>

    Analysen mit Sorgen zu kombinieren, genügt nicht.

    >Offiziell kann die BIZ nur warnen und es bleibt ihr nicht viel mehr, als daran zu appellieren, keine Politik der Inflationierung zu befolgen.>

    Darum geht es nicht.

    Es geht vielmehr darum, ob Notenbanken und Regierungen eine zu HOHE Inflationierung VERHINDERN könnten (so sich eine entwickeln würde bzw. müsste), wenn der Realwirtschaft KONTINUIERLICH Liquidität zugeführt werden muss, um sie vor einer Depression zu bewahren.

    Antworten
    • Thomas M.
      Thomas M. sagte:

      @Hr. Tischer:

      “Auf der Nachfrageseite wird ebenfalls mit Geldzuweisungen, in welcher Form auch immer – ich vermute im Endeffekt Bürgergeld oder BGE – versucht werden, den Konsum anzukurbeln.”

      Ich kann mir gut vorstellen, dass die Möglichkeit zur Kurzarbeit 2021 noch einmal verlängert wird, wenn klar werden sollte, dass auch in 2021 massive Arbeitslosigkeit droht. Das kurbelt zwar Konsum nicht an, verhindert aber ein weiteres plötzliches Absacken und gesellschaftliche Destabilisierung und verändertes Wahlverhalten.

      Wenn Kurzarbeit so lange aufrecht erhalten wird, werden sich aber in betroffenen Branchen auch automatisch die Geschäfts- und Beschäftigungsmodelle anpassen (müssen). Insbesondere in kleineren Betrieben, in denen Funktionen nicht x-fach gedoppelt sind*, kommt man damit quasi automatisch zu Teilzeitkräften, deren Gehalt staatlich aufgestockt wird. Wer da nicht mitmacht, hat ein Kosten-Problem. Und ohne (hohes) Wachstum kommt man davon vielleicht gar nicht mehr weg…

      (*man daher nicht z.B. zwei 50%-ausgelastete Stellen ohne Probleme zu einer 100%-ausgelasteten zusammenfassen kann)

      Wenn ich’s recht sehe, wissen wir in April 2021 mehr.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Thomas M.

        >Ich kann mir gut vorstellen, dass die Möglichkeit zur Kurzarbeit 2021 noch einmal verlängert wird, wenn klar werden sollte, dass auch in 2021 massive Arbeitslosigkeit droht. Das kurbelt zwar Konsum nicht an, verhindert aber ein weiteres plötzliches Absacken und gesellschaftliche Destabilisierung und verändertes Wahlverhalten.>

        Das kann so sein.

        Es wäre die OPTIMISTISCHE Variante.

        Die PESSIMISTISCHE Variante wäre, dass die Menschen bei verlängerter Kurzarbeit noch WENIGER konsumieren, weil die UNSICHERHEIT über ihr zukünftiges Einkommen – mündet die verlängerte Kurzarbeit in Arbeitslosigkeit? – das auf Zeit durch Kurzarbeit garantierte Einkommen ÜBERTRIFFT.

        Niemand weiß es.

        Ich nehme nur wahr, dass immer mehr Unternehmen ENTLASSUNGEN ankündigen.

        Gestern war es Airbus, heute ist es MTU.

        Schon das stärkt die Unsicherheit ALLER und tendenziell schwächt es auch die Konsumneigung derer, die Geld für hochpreisige Gebrauchsgüter und teure Urlaube ausgeben könnten.

        Die Begründung für dieses Szenario legt das IFO-Institut in seiner jüngsten Konjunkturprognose dar, hier:

        https://www.ifo.de/sites/default/files/docbase/docs/sd-2020-sonderausgabe-juli-wollmershaeuser-etal-konjunkturprognose-sommer-2020.pdf

        Daraus:

        >Hohe Unsicherheit besteht zudem über die mittelfristigen Folgen der Coronakrise. Es gilt als sicher, dass, wie in jeder Rezession, auch in der Coronakrise die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt und damit das Produktionspotenzial zumindest vorübergehend beeinträchtigt wird. Je mehr Unternehmen pleitegehen, desto mehr Arbeitskräfte werden freigesetzt und desto stärker wird die reale Wirtschaftsleistung gedämpft. Zwar zielt das Corona-Hilfspaket der Bundesregierung darauf ab, Unternehmen mit Umsatzeinbußen zumindest vorübergehend durch Liquiditätshilfen, Kreditgarantien und Beteiligungen am Leben zu erhalten. Allerdings ist fraglich, ob die Unternehmen durch das Wiederhochfahren der Wirtschaft in der Lage sein werden, diese Verbindlichkeiten wieder zu reduzieren. Immerhin gaben im Juni 21% der vom ifo Institut befragten Unternehmen an, dass die durch die Coronakrise ausgelösten Beeinträchtigungen ihrer Geschäftstätigkeit existenzbedrohend seien.>

        Selbst ein WIEDERHOCHFAHREN der Wirtschaft, so es denn kommt, VERBESSERT die Lage nicht per se, weil die VERSCHULDUNG durch die Krisenbewältigung GEWACHSEN ist.

        Das ist etwas völlig anderes, als wenn in der Rezession lediglich die RÜCKLAGEN GESCHMOLZEN wären.

        Dies ist auch immer wieder der Hinweis von Dr. Stelter, der damit den Finger in die Wunde legt.

        Und was dann erst, wenn die Wirtschaft eben NICHT hinreichend hochfährt und das Kurzarbeitergeld in 2021 hinein verlängert und dann vielleicht nochmals verlängert werden muss?

        Ich bin mir sicher, dass man in Berlin und anderswo den Atem anhält und HOFFT, die Bazooka nicht nachladen zu müssen.

        An der Munition fehlt es nicht, aber das NACHLADENMÜSSEN wird die Menschen verschrecken.

    • Christian Anders
      Christian Anders sagte:

      @DT

      Ich möchte an dieser Stelle auch Ihren Kommentar aus https://think-beyondtheobvious.com/deflation-oder-inflation-das-ist-hier-die-frage/#comment-152548 beantworten. Der ist in seinem Originalbeitrag schon auf die 2. Seite gerutscht, ich hoffe das ist ok.

      “Es ist zwar richtig, dass steigende Löhne der Erfahrung nach Inflation zur Folge haben.”

      Präzisierung: Lohnstückkosten. Ihrer folgenden Argumentation schließe ich mich an, will Sie aber erweitern:

      “Sie sind aber per se kein Innovationstreiber, sondern setzen Anreize, die PRODUKTIVITÄT zu erhöhen, z. B. durch Rationalisierungsinvestitionen oder Qualifizierung der Belegschaft. Denn eine höhere Produktivität kompensiert die durch steigende Löhne höheren Kosten und verbessert dadurch tendenziell die Wettbewerbsposition.”

      Das stimmt, jedoch ist mittel- bis langfristig eine “reine” Rationalisierung nicht möglich. Wenn ich in einem Unternehmen X nur noch mithilfe z. B. einer neuen verwaltenden Software rationalisieren kann, die im Unternehmen Y als Innovation entwickelt wurde, ist systemisch Innovation mit Produktivitätssteigerung zusammengefallen, obgleich in X keine Eigeninnovation stattfand. Systemisch sind viele Rationalisierungen nur durch Innovation an anderer Stelle möglich, langfristig ist ein dauernder Rationalisierungsprozess auf Innovation angewiesen.
      Daraus folgere ich, dass Sie mit Ihrem “per se” Recht haben, daraus aber der Schluss, Produktivitätssteigerung sei gesamtwirtschaftlich ohne Innovation zu haben, nicht allgemeingültig zu ziehen ist.

      “Innovationen sind dagegen NEUERUNGEN, die auf einen höheren Nutzen zielen”

      Dieser Nutzen KANN Produktivitätssteigerungen zeitigen.

      “Wenn so, wie kommt dann eine auf WACHSTUM basierende Inflation zustande?
      Sie muss durch Nachfrage generiert werden.”

      Volle Zustimmung.

      “Was die INLANDSNACHFRAGE betrifft, habe ich das zuvor dargelegt:
      […]
      Bei der hohen Produktivität unseres verarbeitenden Gewerbes und bei den hohen Arbeitskosten brauchen wir auch AUSLANDSNACHFRAGE, um das nationale Wohlstandsniveau zu halten.”

      Zustimmung.

      “Er müsste für zweierlei sorgen:
      Erstens müsste er sicherstellen, dass in anderen Nationen NACHFRAGE nach unseren Energiewende-Produkten besteht.
      […]
      Zweitens müsste unser Staat sicherstellen, dass die deutsche Energiewende WETTBEWERBSFÄHIG ist, wenn es eine Auslandsnachfrage geben sollte.”

      Zustimmung. ABER: Diese Punkte beißen sich etwas. Das Ausland als kaufkräftige Kunden zu haben, setzt voraus, dass auch dieses Einkommen erzielt – und auch dieses benötigt dazu wiederum das andere Ausland. Man kann also, wenn man Auslandsnachfrage will, nicht eben jene Nachfrager an den Weltmärkten beliebig konkurrieren.
      Oder abstrakter: Man kann Inlandsnachfrage nicht beliebig durch Auslandsnachfrage ersetzen, wenn man INSGESAMT Wachstum will/braucht. Das heißt aber in logischer Folge, dass die Bewertung der Währung, mit ihr die Lohnstruktur und damit zwangsläufig die Wettbewerbsfähigkeit eben NICHT losgelöst betrachtet werden kann in der Art: Je wettbewerbsfähiger ich bin (als Land), desto mehr verdiene ich. Entweder bringen Aufwertungen Wohlstand und reduzieren spiegelbildlich Wettbewerbsfähigkeit (wenn ich zuvor hier sehr gut war). In einer Währungsunion funktioniert zwischen den Mitgliedern dieser Mechanismus nicht, ein anderer müsste her. Ohne geht es nicht.

      “Auf der Nachfrageseite wird ebenfalls mit Geldzuweisungen, in welcher Form auch immer – ich vermute im Endeffekt Bürgergeld oder BGE – versucht werden, den Konsum anzukurbeln.”

      Man kann davon ausgehen, dass dies der einzige Mechanismus wie oben gefordert ist, der der Politik einfällt.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        Es ist in Ordnung, hier weiter zu diskutieren.

        Es passt thematisch.

        >Das stimmt, jedoch ist mittel- bis langfristig eine „reine“ Rationalisierung nicht möglich.>

        Ihre Bemerkungen dazu sind richtig.

        Die Unterscheidung zwischen Rationalisierung und Innovation ist eine analytische für konzeptionelle Differenzierung, aber in der Praxis wie von Ihnen ausgeführt nicht durchzuhalten.

        Beispielhaft:

        Ein Fertigungsroboter kann sowohl eine Innovation sein wie auch ein Mittel, um zu rationalisieren.

        Derartiges erfolgt überwiegend und kontinuierlich so in der Wirtschaft.

        Bei Innovationen denken wir nach Schumpeter allerdings zuerst an „schöpferische Zerstörung“ mit der Folge von Insolvenzen, weil derartige Innovationen entwerten.

        Ein Fertigungsroboter entwertet nicht notwendigerweise andere Produkte und Unternehmen, aber – längst noch bedeutsamer – in aller Regel menschliche Arbeit.

        >Produktivitätssteigerung sei gesamtwirtschaftlich ohne Innovation zu haben, nicht allgemeingültig zu ziehen ist.>

        Hier wird es schwierig, weil die Arbeitsproduktivität gesteigert werden kann, ohne dass technische Innovationen im Spiel sein müssen. So können Arbeitnehmer, die besser qualifiziert sind, die Arbeitsproduktivität steigern. Dies würde auch durch eine verkürzte Taktzeit bei gleicher Qualifikation zu erreichen sein – die Beschäftigten müssten schneller arbeiten.
        >Das Ausland als kaufkräftige Kunden zu haben, setzt voraus, dass auch dieses Einkommen erzielt – und auch dieses benötigt dazu wiederum das andere Ausland.>

        Das ist richtig, hatte ich aber mit Wettbewerbsfähigkeit unser Energiewende-Technologien vorausgesetzt.

        Sie verweisen zu Recht auf das PROBLEM beim ersten Punkt, ob nämlich das Ausland EINKOMMEN erzielen kann, um unsere Energiewende-Technologien nachzufragen.

        Wie erzielen z. B. die Chinesen Einkommen, wenn wir auf Energiewende-Kurs sind, sie uns aber Produkte anbieten, die auf fossiler Energieerzeugung beruhen?

        Wenn wir konsequent sind und prohibitive Zölle erheben auf chinesische Produkte, erzielen sie mit uns kein Einkommen und kaufen daher möglicherweise auch nicht unsere Energiewende-Produkte.

        Das ist nicht das, was wir wollen – weder fürs Klima, noch für unseren Wohlstand.

        Alternativ könnten wir ihnen daher Kredite gewähren, so dass sie uns nichts verkaufen müssten, um Einkommen zu erzielen, aber unsere Energiewende-Produkte dennoch nachfragen könnten.

        Das würden wir/EU dem Volumen nach nicht stemmen und die Chinesen würden sich auch nicht in diese Abhängigkeit begeben. Sie agieren andersherum, wollen mit Krediten rohstoff- und bevölkerungsreichen Länder von sich abhängig machen (Neue Seidenstraße).

        Schwierig also:

        Wir können die Auslandsnachfrage NICHT erzwingen und ob wir WETTBEWERBSFÄHIG sind, wenn sie bestünde, ist auch noch die Frage.

        Es zeichnet sich daher ab:

        Wir gehen „all-in“ zuerst einmal mit unserem eigenen Geld, um einigermaßen unbeschädigt aus der Rezession zu kommen, dann mit dem, was die EU generiert, um mit einem großen Markt am globalen Pokertisch erfolgreich mitzuspielen.

        Das wird nicht reichen.

        Denn die Menge der Chips, die man einsetzen kann, verbessert NICHT das Blatt, das man in der Hand hat.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @DT

        “Wir können die Auslandsnachfrage NICHT erzwingen und ob wir WETTBEWERBSFÄHIG sind, wenn sie bestünde, ist auch noch die Frage.”

        Es gibt keine Auslandsnachfrage in der Menge, die man für gesamtwirtschaftliches globales Wachstum braucht, wenn nicht auch das Ausland wettbewerbsfähig ist. Und da “Wettbewerbsfähigkeit” ein relatives Konzept ist und kein absolutes (sofern man kein völlig singuläres Produkt anbietet oder als Kartell arbeitet, Bsp. Öl), kann man als Land nicht beliebig wettbewerbsfähig sein, WENN man DAUERHAFT wachsen möchte. Denn ein solcher relativer Wettbewerbsfähigkeitsvorsprung geht immer auf Kosten der Nachfrage des Inlands: Entweder durch eine schwache Währung, was den Wohlstand der Bürger und die Absätze des Auslands schwächt (das dann als Kunde weniger einkauft, Zweitrundeneffekt). Oder durch strengere Kontrolle der Lohnstückkosten im Vergleich zum Ausland – was genau wieder den Wohlstand der Bürger und die Absätze des Auslandes schwächt (das dann als Kunde weniger einkauft, Zweitrundeneffekt).
        Der ZUNÄCHST positive Nebeneffekt ist, dass man Arbeitslosigkeit los wird, indem man sie “exportiert”. Hin zu Leuten, die eigentlich per Arbeit Einkommen erzielen sollen, um unsere Kunden sein zu können… da beißt die Katze sich in den Schwanz.

        Daher schrieb ich, dass man Inlandsnachfrage über mehr Wettbewerbsfähigkeit nicht beliebig durch Auslandsnachfrage ersetzen kann. Denn für echtes Wachstum müsste sie nicht nur ersetzt, sondern sogar überkompensiert werden. Das ist als dauerhafte Lösung für niemanden möglich. Genau deshalb werten Währungen auf/ab, um interstaatliche Wettbewerbsfähigkeiten zu nivellieren (naja: SOLLTEN es tun. Die Finanzmärkte haben zusätzlich noch andere Gründe geboren, aber das ist hier nicht das Thema).
        Fehlt wie im Euroraum solch ein Mechanismus, müsste ein anderer her. Wir haben keinen funktionierenden, als Folge blieben die Leistungsbilanzungleichgewichte erhalten oder wurden sogar verschärft. Die Folge daraus wiederum ergibt sich aus der o. g. Logik, wenn Konkurrenten gleichzeitig Kunden sind – wenn jemand dauerhaft eine der beiden Rollen (Kunde/Konkurrent) besser ausfüllt als die andere, bringt das Probleme in die Welt und geht GEGEN ein gesamtwirtschaftliches Wachstum aller.
        Überspitzt: Wer als Konkurrent zu gut ist, vernichtet die Kunden, auf die er angewiesen ist.

        Mein Fazit: Über mehr Wettbewerbsfähigkeit kriegen wir nicht “einfach so” Wachstum und ein Kartell oder gar eine singuläre Stellung bei “Grüner Technologie” sehe ich sich auch nicht bilden, trotz politisch verordneter Energiewende. Und selbst wenn, welche Kaufkraft soll diese ins Ausland holen? Wenn diese Wege also nicht zur Verfügung stehen, bin ich mal gespannt, was noch alles aus dem Hut gezogen wird.

        Sollte der Staat per Verschuldung ein BGE finanzieren, ist das nichts anderes als eine Lohnsubvention des gesamten Unternehmenssektors, um auf Teufel komm raus eine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten/schaffen, die ich aus o.g. Gründen für keine Dauerlösung halte.
        Das heißt natürlich nicht, dass es nicht so kommen könnte.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        >Daher schrieb ich, dass man Inlandsnachfrage über mehr Wettbewerbsfähigkeit nicht beliebig durch Auslandsnachfrage ersetzen kann. Denn für echtes Wachstum müsste sie nicht nur ersetzt, sondern sogar überkompensiert werden. Das ist als dauerhafte Lösung für niemanden möglich.>

        Es ist richtig, was Sie sagen, weil Sie DAUERHAFTE Lösung sagen.

        Es gibt aber „echtes Wachstum“ in folgendem Szenario:

        Im Inland UND im Ausland KANN die Nachfrage zunehmen, wenn

        a) den jeweils anderen attraktive Angebote unterbreitet werden, die sie annehmen wollen

        UND

        b) die Ressourcen im Inland und Ausland nicht erschöpft sind, d. h. REALES Wachstum für alle möglich ist und auch erfolgt.

        Wir können anderen Investitionsgüter verkaufen, mit denen sie Ihre Wertschöpfung erhöhen, die wir ihnen dann abkaufen.

        Das würde enden, wenn man nicht mehr Menschen beschäftigen kann, weil praktisch alle beschäftigt sind.

        Das ist natürlich so nicht in der Welt umsetzbar, weil es immer irgendwo „Hindernisse“ gibt, u. a. gesellschaftliche Traditionen, institutionalisierte Barrieren wie Mindestlöhne z. B.

        Ich will damit nur sagen, dass

        >Überspitzt: Wer als Konkurrent zu gut ist, vernichtet die Kunden, auf die er angewiesen ist.>

        NICHT notwendigerweise so sein muss, und die vielfach anzutreffende Auffassung, dass es ein globales Nullsummenspiel gäbe, falsch ist.

        Ich widerspreche aber ausdrücklich Ihrem „Überspitzt“.

        Sie überspitzen nichts, es ist FAKTISCH weitgehend so, wie sie sagen.

        Zu BGE:

        „Lohnsubvention des gesamten Unternehmenssektors“ greift zu kurz.

        Es ist zu allererst einmal eine EINKOMMENSGARANTIE für alle.

        Sie würde allerdings WIRKUNGEN haben, u. a. auch für die Unternehmen.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @DT

        “a) den jeweils anderen attraktive Angebote unterbreitet werden, die sie annehmen wollen
        UND
        b) die Ressourcen im Inland und Ausland nicht erschöpft sind, d. h. REALES Wachstum für alle möglich ist und auch erfolgt.”

        b) ist selbstverständlich die notwendige Bedingung, ohne diese läuft nichts.

        Ihre Bedingung a) hingegen klingt in meiner Lesart (weshalb ich ggf. um Korrektur bitte) stark nach dem Say’schen Theorem:

        “jedes Angebot schaffe sich seine eigene Nachfrage.”

        Dies kann man so verstehen, dass niemand autark zu leben versucht, wenn er gleichzeitig auf einem Markt etwas anbietet. Da er nicht autark ist, wird er in Höhe seiner Nichtautarkie nachfragen (müssen, um zu überleben). Dies kann er dank seines Angebots.

        Dies wurde jedoch oft so verstanden, dass man ZUERST ein Angebot schaffen muss, das einen quasi erst nachfragefähig macht und dadurch die Nachfrage HINTERHER in die Welt kommt. Es wird also eine klare Kausalkette vom Angebot hin zur Nachfrage unterstellt.
        Daraus FOLGERN viele Ökonomen, dass es niemals zu wenig Nachfrage geben könne, da jedes Angebot seine passende Nachfrage nach sich zieht.

        Nun ist das eine offensichtliche Fehlinterpretation, da nur jedes ABGESETZTE Angebot überhaupt eine Nachfrage nach sich ziehen kann. Und das auch nur dann, wenn der Erlös NICHT gespart wird.

        Conclusio: Es braucht kaufkräftige Nachfrage nach geschehener Produktion, um überhaupt zu ermöglichen, dass diese Produktion erneut Nachfrage in einer Folgeperiode entfalten kann. Deshalb sind die ABSATZERWARTUNGEN eine (nicht die alleinige, aber eine absolut relevante) Grundlage einer Wirtschaft, die wachsen will.

        ———–

        Nun habe ich Ihr a) so gelesen, dass auch Sie den Start einer Kausalkette durch ein Angebot sehen, das jemand abnehmen WILL.

        Nun, WOLLEN reicht nicht – es muss de facto abgenommen werden, wofür weitere Randbedingungen zu beachten sind. Dass WOLLEN ist eine dieser Randbedingungen. Um es zur Tat zu führen, muss allerdings auch die Kaufkraft da sein, welche in einer globalen Welt wiederum an diesem Konkurrent-/Kunde-Paradoxon hängt, dass ich beschrieb. Was denn Ausweg einzelner Länder über “einfach mehr Wettbewerbsfähigkeit” verunmöglicht.

        Ja, dauerhaft, die Bedingung habe ich bewusst gesetzt. Kurz- oder sogar mittelfristig kann unheimlich viel positiv verfangen, was sich in längerer Frist als schädlich herausstellt. Das BGE KÖNNTE sowas sein, diese Sorge trägt mich.

        Und ja, ich meinte natürlich seine WIRKUNG, richtig.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        >Ihre Bedingung a) hingegen klingt in meiner Lesart (weshalb ich ggf. um Korrektur bitte) stark nach dem Say’schen Theorem:

        „jedes Angebot schaffe sich seine eigene Nachfrage.“>

        Was ich sage, ist NICHT ALS Say’sches Theorem zu verstehen:

        Ich sage nicht, dass es HINREICHEND ist, ein Angebot zu unterbreiten, um den internationalen Handel in Gang zu setzen.

        Ich sage vielmehr, dass es NOTWENDIG ist, ein Angebot zu unterbreiten, das gekauft wird und SO den internationalen Handel in Gang setzten kann.

        Und, dass dies vice versa der Fall sein MUSS und es (idealerweise) auch sein KANN bis an die Grenzen möglicher Ressourcenausschöpfung.

        So ist globales Wachstum MÖGLICH – bis an eine Grenze.

        Kurzum:

        Sie haben völlig Recht, dass es falsch ist, hier in Kausalität zu denken.

        Es geht um BEDINGUNGEN, nicht um Kausalität.

        >Nun, WOLLEN reicht nicht – es muss de facto abgenommen werden,>

        Richtig.

        Wenn der andere ein attraktives Angebot unterbreitet, d. h. das meinen Wohlstand erhöht, dann WIRD es de facto GEWOLLT (unterstellt, dass keine Einfuhrbeschränkungen etc. bestehen).

        >Um es zur Tat zu führen, muss allerdings auch die Kaufkraft da sein…>

        Auch richtig.

        Die Kaufkraft ist aber auch da, weil JEDER durch den ANDEREN zu Kaufkraft kommt.

        Beispiel:

        Wir fertigen Maschinen, die zur Herstellung von Elektronikbauteilen erforderlich sind, und die Chinesen kaufen uns welche ab, weil sie selbst nicht genügend davon haben.

        Die Chinesen stellen damit elektronische Geräte her, von denen wir ihnen welche abkaufen.

        JEDER bezahlt den anderen und kann so Wohlstand schaffen:

        Bei uns, weil MEHR Menschen mit der Herstellung der Maschinen beschäftigt sind (als es bei nur Inlandsnachfrage nach den Maschinen wären), und bei den Chinesen, weil MEHR Menschen mit der Herstellung elektronischer Geräte beschäftigt sind (als es wären, wenn wir China keine elektronischen Geräte abnehmen würden).

        Bei uns können mehr Menschen die von ihnen gewünschten elektronischen Geräte oder anderes kaufen und in China mehr Menschen, was immer sie sich wünschen, seien es elektronische Geräte oder etwas anderes.

        Global ist das aber nur IDEALTYPISCH möglich.

        Denn in der REALITÄT würden die Chinesen irgendwann anfangen, SELBST die Maschinen herzustellen und sie dann eben NICHT mehr von uns kaufen …

        Und ein BGE könnte auch einen „Knüppel“ reinwerfen, wenn nämlich weniger Menschen ein Interesse hätten Maschinen herzustellen… etc., etc.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @DT

        “Die Kaufkraft ist aber auch da, weil JEDER durch den ANDEREN zu Kaufkraft kommt.”

        Was man in einer Welt, die einen nicht mit einem Auf-/Abwertungsrisiko bedenkt (weil man z. B. in einer Währungsunion ist), als einzelne Nation durchaus torpedieren KANN, um kurzfristig Gewinne einzustreichen. Genau das spiegeln die Leistungsbilanzungleichgewichte wider: Solche müssten niemals von Dauer und im Saldo über die längere Frist Null sein, damit eben ALLE Kaufkraft haben, diesen Kreislauf so zu bespielen, dass es insgesamt Wachstum gibt.

        “Global ist das aber nur IDEALTYPISCH möglich.

        Denn in der REALITÄT würden die Chinesen irgendwann anfangen, SELBST die Maschinen herzustellen und sie dann eben NICHT mehr von uns kaufen …”

        Ja. Das meinte ich mit: Wir können Inlandsnachfrage nicht beliebig durch Auslandsnachfrage ersetzen.
        Nur war genau das die Strategie (ob gewollt oder nicht?), die D gefahren hat mit seinem Überschussmodell. Und als es zu dämmern begann, dass dies langfristig nicht funktionieren kann, wurde unter MISSACHTUNG der oben von Ihnen dargelegten BEDINGUNG:

        “Die Kaufkraft ist aber auch da, weil JEDER durch den ANDEREN zu Kaufkraft kommt.”

        eine Strukturreform versucht.

        Wenn man aber Länder restrukturiert, um sie wettbewerbsfähiger zu machen (Sie sollen eigentlich Kaufkraft erwirtschaften), indem man die Löhne senkt um Arbeitskosten zu verbilligen, verlieren die Länder dann mehr als sie hinzugewinnen können, wenn sie vorher eher binnenmarktorientiert waren. Dann hat man das Problem nicht gelöst UND Kunden verloren.

        Dies ist Teil des Problems, auf das die ZB der Welt reagieren mit ihrer Politik. Und es ist ein Grund, warum das billige Geld alleine kein reales Wachstum erzeugen kann, denn die Ungleichgewichte sind immer noch da. Auch der beste Rollstuhl lässt den Lahmen nicht gehen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        Wir sind uns schon einig, denke ich.

        Es gibt aber Nuancen, hier eine, auf die ich verweisen will.

        Sie sagen:

        >Wenn man aber Länder restrukturiert, um sie wettbewerbsfähiger zu machen (Sie sollen eigentlich Kaufkraft erwirtschaften), indem man die Löhne senkt um Arbeitskosten zu verbilligen, verlieren die Länder dann mehr als sie hinzugewinnen können, wenn sie vorher eher binnenmarktorientiert waren. Dann hat man das Problem nicht gelöst UND Kunden verloren.>

        Wettbewerbsfähiger zu machen bzw. zu werden, heißt in unserem Kontext mehr Kaufkraft zu erwirtschaften und kann so erfolgen:

        Man SENKT die Löhne, um die Arbeitskosten zu verbilligen mit der FOLGE, dass das Unternehmen den höheren Gewinn in Forschung und Entwicklung steckt, um DANACH mehr Menschen zu beschäftigen, was auf dem Arbeitsmarkt zu höheren Löhnen führt – idealerweise höheren als zuvor.
        Außerdem könnten Unternehmen aus dem Ausland in dem betreffenden Land investieren, weil die gesenkten Arbeitslöhne attraktiv sind. Auch das könnte die Wettbewerbsfähigkeit steigern bzw. Kaufkraft erwirtschaften.

        Das erfolgt aber nicht, weil aufgrund der TRADITION und der ERFAHRUNGEN – nachvollziehbar – keine Bereitschaft dazu da ist.

        Hier am Blog ist ein italienischer Ökonom, Prof. in Yale, zu Wort gekommen, der das für Italien und Spanien mit „einer Kultur der Abhängigkeit“ dargelegt hat:

        https://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/italien-und-spanien-haben-eine-kultur-der-abhaengigkeit/

        ANDERS zwar, aber im Prinzip gilt das auch für uns:

        Auch durch DEUTSCHLAND ist NIE ein „Ruck“ gegangen.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @DT

        Ich möchte Ihnen an entscheidender Stelle widersprechen:

        “Man SENKT die Löhne, um die Arbeitskosten zu verbilligen mit der FOLGE, dass das Unternehmen den höheren Gewinn in Forschung und Entwicklung steckt, um DANACH mehr Menschen zu beschäftigen, was auf dem Arbeitsmarkt zu höheren Löhnen führt – idealerweise höheren als zuvor.”

        Und die gibt es dann für genau so viele Menschen wie zuvor? (Scherzfrage)

        Nein, die Crux hier liegt tiefer. Im Ansatz unterstellen Sie hier einen Mechanismus, den auch die neoklassische Theorie des Arbeitsmarktes unterstellt und der – aus logischen Gründen und empirischer Evidenz – falsch ist.

        Lohnsenkungen führen nicht automatisch zu höheren Gewinnen der so entlasteten Unternehmer. Bei Ländern wie den südeuropäischen, die den mit Abstand größten Absatz ihrer Produktion im eigenen Inland finden, führt die Senkung der Einkommen (denn das sind Lohnsenkungen) zu einem Einbruch der Absätze. Eine allgemeine Gewinnsteigerung, ausgelöst durch flächendeckende Lohnsenkungen innerhalb einer ganzen Volkswirtschaft, ist schlicht nicht möglich (es sei denn im Fall, dass der Anteil des Exports am BIP schon vorher größer 50% war. Dann besteht aber offensichtlich kein Wettbewerbsfähigkeitsproblem)
        Eine Gewinnsteigerung käme unter ceteris paribus Bedingungen zustande, von denen man real WEGEN der Lohnsekungen extrem weit entfernt ist. Sie ist aber Prämisse, dass der Mechanismus wie von Ihnen beschrieben funktioniert – m. E. unhaltbar.

        Dass es nicht funktioniert, liegt also daran, dass die Grundidee nicht funktionieren kann. Eine Kultur der Abhängigkeit mag es geben, sie ist aber nicht Ursache für die Dysfunktionalität der o. g. Idee. Wenn etwas aus logischen Gründen niemals funktionieren kann, funktioniert es halt nicht. Wenn die Leute wissen, dass es weniger Lohn gibt, fangen Sie sofort an weniger auszugeben und die Produzenten nehmen entsprechend weniger ein.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        >Lohnsenkungen führen nicht automatisch zu höheren Gewinnen der so entlasteten Unternehmer.>

        Das habe ich nicht behauptet – von „automatisch“ war nicht die Rede.

        >Dass es nicht funktioniert, liegt also daran, dass die Grundidee nicht funktionieren kann.>

        Sie kann funktionieren – als Idee schon.

        Das Geld, das aufgrund von Lohnsenkungen nicht an die Beschäftigten geht, wird – so habe ich unterstellt – vom Unternehmen in Forschung und Entwicklung gesteckt, also investiert.

        c. p. führt dies, ganz richtig, zu einem Einbruch der Absätze, weil die Beschäftigten aufgrund des geringeren Einkommens nicht mehr so viel nachfragen.

        Folgendes ist aber möglich, wenn der Staat mit ins Spiel kommt, was der Fall sein kann:

        Der Staat senkt die Steuern der Beschäftigten so weit, dass ihre Lohneinbußen ausgeglichen werden. Er finanziert das dies durch Verschuldung.

        Die Beschäftigten können dadurch so viel nachfragen wie zuvor.

        Allerdings nur unter folgender Voraussetzung:

        Falls das MEHR an Forschung und Entwicklung Arbeitskräfte abzieht von der Produktion der Güter, die Beschäftigte nachfragen, muss es Arbeitslose im Land geben, die diese frei gewordenen Arbeitsplätze einnehmen ODER die Güter, die wegen der fehlenden Arbeitslosen nicht hergestellt werden können, müssen eingeführt werden.

        Beides ist möglich, Friktionen im Arbeitsmarkt dürfen ausgeblendet werden, weil wir hier auf der KONZEPTIONELLEN Ebene diskutieren.

        Insofern ist natürlich nicht falsch, was Sie sagen, es trifft aber nicht zu:

        >Wenn etwas aus logischen Gründen niemals funktionieren kann, funktioniert es halt nicht.>

        Ihre Begründung dafür ist keine logische, sondern eine empirische:

        >Wenn die Leute wissen, dass es weniger Lohn gibt, fangen Sie sofort an weniger auszugeben und die Produzenten nehmen entsprechend weniger ein.>

        Sie ist richtig, wie auch richtig wäre, dass die Beschäftigten etwaige Steuersenkungen ganz sicher nicht vollständig in Nachfrage umsetzen würden.

        Sie würden es nicht, weil – auch empirisch – sie nicht wissen können, ob der Staat am nächsten Tag die Steuern erhöhen würde und möglicherweise sogar mehr als er sie zuvor gesenkt hatte.

        Deshalb noch einmal:

        Vieles, was konzeptionell funktioniert, hat in der Realität keine Chance.

        Und die Realität ist letztlich der Maßstab.

        Hier ein Beispiel, was konzeptionell funktioniert, aber in der Realität vermutlich nur, wenn ein unerklärliches Wunder geschieht:

        https://de.reuters.com/article/italien-reformpaket-idDEKBN2480TF

        Übrigens:

        Was hier beabsichtigt wird, muss NICHT in der Realität funktionieren.

        Es genügt, dass es BEGRÜNDET, warum Italien aus dem großen EU-Geldtopf Zuwendungen erhalten sollte, die nicht verzinst werden.

        Das schafft schon der Titel „Mutter aller Reformen“, egal was sich dahinter verbirgt.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @DT

        Ah ok. Für mich war die Abgrenzung “konzeptionell” vs. “realistisch” nicht so klar.

        Ich lehne rein konzeptionelle Ökonomie ab, weil sie irrelevant ist. Ich lehne ja auch die rein theoretisch durchaus mögliche Klimawandelabwehr ab, weil sie völlig unrealistisch ist – ohne das Problem, gegen das sie sich richtet, zu verleugnen.

        Zu Ihrer Antwort: Sie haben Nebenbedingungen genannt:

        “Folgendes ist aber möglich, wenn der Staat mit ins Spiel kommt, was der Fall sein kann:
        Der Staat senkt die Steuern der Beschäftigten so weit, dass ihre Lohneinbußen ausgeglichen werden. Er finanziert das dies durch Verschuldung.”

        Da ich im realistischen Kontext gesehen habe, dass bei Restrukturierungen (GR als Bsp.) der Staat Schulden ZURÜCKFÜHREN sollte (Primärüberschuss erwünscht), GLEICHZEITIG die Löhne/Renten/Pensionen stark gekürzt wurden, um Wettbewerbsfähigkeit zu erzeugen, und dies alles getragen wurde von einer ökonomischen Theorie, die beides de facto verlangte, kam ich zum Schluss:

        Es ist sogar rein LOGISCH unmöglich, was die ökonomische Theorie hier verlangt. EMPIRISCH war das logisch zu erwartende Desaster dann auch eingetreten. Die Nebenbedingung des sich verschuldenden Staates, der Nachfragelücken füllt, wurde ja rigoros abgelehnt – wir beide können Sie hier als notwendig diskutieren (was sie de facto ist), realistisch war sie damals nie.

        Darauf wollte ich hinaus.
        Rein konzeptionell – da haben Sie recht – ist vieles denkbar. Ich halte eine ökonomische Theorie, die nur konzeptionell funktioniert und nicht in der Realität, allerdings für wertlos, das will ich ganz klar sagen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        >Ich lehne rein konzeptionelle Ökonomie ab, weil sie irrelevant ist.>

        „REIN konzeptionell“:

        Ja, wenn sie sich NUR mit Konzepten befasst.

        Sie ist dann so irrelevant, wie die Mathematik oder Logik.

        Aber:

        Das muss sie nicht.

        Konzepte sind nicht irrelevant soweit sich eine Bezug zur Realität herstellen lässt UND die Realität an den Konzepten gemessen wird bzw. die Konzepte an der Realität.

        Auf die Ökonomie bezogen das gängigste Beispiel:

        Homo oeconomicus.

        Klar, alle Schlauberger, die sagen, dass es ihn nicht gibt in der Realität, haben zwar Recht, verstehen aber nicht, dass er KEINE Beschreibung der Realität ist.

        Er ist ein Maßstab dafür, wie gehandelt würde, wenn es RATIONAL geschehe.

        Das hat einen Erkenntniswert, auch wenn nie jemand rational handeln würde.

        Er liegt darin, dass er DEFIZITE aufzeigt mit Blick darauf, was z. B. mit Blick auf eine Zielerreichung am effizientesten wäre.

        >Ich halte eine ökonomische Theorie, die nur konzeptionell funktioniert und nicht in der Realität, allerdings für wertlos, das will ich ganz klar sagen.>

        Ich glaube, dass ich Sie verstehe und stimme Ihnen zu, würde es aber anders formulieren:

        Eine ökonomische Theorie, die nur konzeptionell funktioniert UND sich nicht an der Realität messen lässt, ist wertlos; sie ist es aber nicht, wenn sie trotz Messbarkeit die Realität nicht richtig abbildet.

        Denn die Theorie, die konkurrierend mit anderen die Wirklichkeit am besten (genauesten) abbildet, ist die NÜTZLICHSTE und daher die WERTVOLLSTE für unsere Lebensgestaltung.

        Wahrscheinlich haben Sie Schwierigkeiten als PHYSIKER diese Auffassung zu akzeptieren.

        Ökonomen oder Wissenschaftler, die in den Sozialwissenschaften tätig sind, sollten sie aber akzeptieren.

        Der Grund:

        Alles Soziale ist ein „moving target“ für die Wissenschaft, so dass das Akzeptanz-Kriterium ihrer Theorien BRAUCHBARKEIT sein muss.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @DT

        “Alles Soziale ist ein „moving target“ für die Wissenschaft, so dass das Akzeptanz-Kriterium ihrer Theorien BRAUCHBARKEIT sein muss.”

        Aber das meine ich doch. Lt. Theorie hätte die Arbeitskostensenkung (via Lohnsenkung) zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und mehr Arbeit führen sollen statt zu mehr Arbeitslosigkeit. Völlig OHNE Nebenbedingungen.
        Gemessen an ihrem ausgegebenen Ziel war die Theorie also UNBRAUCHBAR.

        Was man, und das war mein Credo, aus logischen Gründen vorher hätte wissen können. Man kann mit Logik durchaus die BRAUCHBARKEIT einer Theorie prognostizieren.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        >Man kann mit Logik durchaus die BRAUCHBARKEIT einer Theorie prognostizieren.>

        Ja, natürlich:

        Eine Theorie ist NICHT brauchbar, wenn sie WIDERSPRÜCHLICHES beinhaltet.

        Sie ist wertlos, würde ich allerdings sagen.

        Ich habe in meinem letzten Beitrag „Brauchbarkeit“ ANDERS verstanden, weil wir das Logische abgehandelt hatten, wie ich dachte.

        Was ich meinte:

        Wenn mehrere Theorien nach logischen Maßstäben gleichrangig anerkennenswert sind, die gleiche Reichweite aufweisen, d. h. in gleichem Umfang Realität abdecken mit dem prinzipiell gleiche Leistungsvermögen, etwa zu prognostizieren, dann verstehe ich unter Brauchbarkeit:

        Die Theorie ist am brauchbarsten, die uns am MEISTEN nützt.

        Beispielhaft dafür:

        Die Theorie, die den Konjunkturverlauf am genauesten und zuverlässigsten vorhersagt, ist unter allen, die überhaupt brauchbar sind, weil sie u. a. logisch nicht widersprüchlich sind, DIE BRAUCHBARSTE.

        Im Sprachgebrauch, auch unter Menschen mit Fachwissen, wird dann mitunter gesagt, dass diese die richtige sei, obwohl es vorliegend keine richtige gibt und der Wissenschaftstheorie nach auch keine richtige geben kann.

  6. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    bto: “Immerhin sei die Wirtschaft in einigen Ländern – hochgerechnet auf das Jahr – in einem Quartal um 25 bis 40 Prozent eingebrochen.”

    Diese Angabe (“annualized growth”) machen die Amerikaner immer gerne, aber in einer Lage wie jetzt, wo sich die Situation schon von einem Monat zum nächsten drastisch verändern kann, halte ich diese Darstellungsweise für völlig unsinnig. Da ist es viel sinnvoller, entsprechend von einem Einbruch von 6 bis 9 Prozent verglichen mit dem Vorquartal oder meinetwegen dem Vorjahresquartal zu sprechen – was ich noch für ziemlich optimistisch halte, da werden einige Länder noch viel härter getroffen werden.

    Antworten
    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      @Thomas:

      Das kann Ihnen keiner pauschal sagen, denn es gibt zu viele persönliche Einflussfaktoren. Herr Dr Stelter legt nahe, je ein Viertel in Aktien, Gold, Immobilien und Cash zu halten. Andre Kostolany empfahl, vor allem in die Ausbildung der eigenen Kinder zu investieren, was Herr Dr Stelter völlig legitim zu seiner Privatsache erklärt hat.

      Ich empfehle Ihnen, in Ihre eigene finanzielle Bildung zu investieren, damit Sie eine solche Frage langfristig nicht mehr in einem öffentlichen Blog stellen müssen/ wollen. Niemand kann Ihnen die Bearbeitung Ihrer Anfrage seriös komplett abnehmen. Und wenn es nur die Auswahl eines für Sie geeigneten Honorarberaters ist.

      Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Thomas

      Bei der Beantwortung Ihrer Frage fangen Sie am besten damit an, dass Sie sich mit Ihrem Leben „anlegen“:

      Welches Leben wollen Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten leben?

      Wenn Sie das geklärt haben, verfügen Sie über eine Basis, auf der Sie sich mit Ihren Barmitteln beschäftigen können.

      Das WICHTIGSTE dabei:

      Es ist eine Basis, die SIE sich geschaffen haben und nicht jemand anderes, der Sie zu etwas überredet hat.

      SIE – und SIE allein – haben damit Verantwortung für sich übernommen.

      Das ist der GRÖSSTE Gewinn, den Sie für sich schaffen können.

      Antworten
  7. Thomas M.
    Thomas M. sagte:

    “Große Verlierer dabei: die Deutschen mit ihrer Vorliebe für Konto, Sparbuch, Riester-Rente und Lebensversicherung.”

    Man attestiert den Deutschend ja immer eine große, kulturell-vermittelte Inflationsangst. (Lese ich auch regelmäßige in amerikanischen Medien.) So groß kann die Angst ja nicht sein…Alternative Erklärung: Die Angst vor Volatilität ist noch größer als die Inflationsangst.

    Aber: Vor Inflation warnen?

    “Sich dem Druck der Politik, mehr Inflation zuzulassen, entgegenzustellen, dürfte laut BIZ eine der größten Herausforderungen für die Notenbanken in den kommenden Jahren sein. Gelingt es den Notenbanken nicht, droht die Rückkehr der Inflation.”

    Ich les doch immer, dass die Notebanken sich an Inflation versuchen und diese nicht schaffen. Rückkehr wäre doch “Good News”… oder hab ich da was falsch verstanden? Wat denn nu? ;)

    Oder ist der Mechanismus (Angebots- und Nachfragerückgang), der zur Inflation führt, der falsche? Also nicht Stagflation, sondern Shriflation (von shrivel)?

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Thomas M.

      “Ich les doch immer, dass die Notebanken sich an Inflation versuchen und diese nicht schaffen. Rückkehr wäre doch „Good News“… oder hab ich da was falsch verstanden? Wat denn nu?”

      Es kommt immer auf die Perspektive an:

      Wenn Sie hohe Schulden haben, ist Inflation gut, weil sie die Schulden entwertet.

      Wenn Sie hohe Geldforderungen haben (zum Beispiel weil Sie eine Lebensversicherung haben, die wiederum in Staatsanleihen investiert hat), dann ist Inflation schlecht, weil sie Ihre Forderungen entwertet.

      Und wenn die Inflation außer Kontrolle gerät, dann ist das sehr schlecht für alle, weil dann die Wirtschaft zusammenbricht und die ganze Staats- und Gesellschaftsordnung heftig ins Wackeln gerät.

      Antworten
      • Aegnor
        Aegnor sagte:

        “Wenn Sie hohe Schulden haben, ist Inflation gut, weil sie die Schulden entwertet.”

        Wenn damit der klassische Hauskredit gemeint ist, wäre ich da nicht so sicher. Meist steht im Kreditvertrag im Kleingedruckten, dass in Fällen von stark steigender Inflation und davon abh. steigenden Nominalzinsen, auch die Kreditzinsen angepasst werden dürfen oder ein Nachschießen erforderlich wird (ähnlich wie wenn der Hauswert aufgrund eines Immo-Crashs sinkt). Und selbst wenn das nicht zulässig sein sollte, kommt spätestens dann der Staat und sagt: “So, mein Lieber. Du bist dank der Inflation Deine Schulden (aufs Haus oder was auch immer) losgeworden. Jetzt teilst mal schön solidarisch mit denen, die durch die Inflation ihr Geld verloren haben.” Inflation wird auch für Schuldner (mit Vermögen) selten gut ausgehen.

        Spannend wird auch, was passiert in Deutschland, wenn die gewünschte Inflation (>5%) tatsächlich kommt. Der politische Druck der geschröpften Bevölkerung auf die Bundesregierung wird dann ins Unermessliche steigen, für höhere Nominalzinsen zu sorgen. Gibt sie dem nicht nach oder kann sie es nicht, folgt Revolution. Auch im biederen Deutschland. Irgendwann wird auch dem deutschen Frosch das Wasser zu heiß.

      • Joerg
        Joerg sagte:

        @Aegnor
        “Der politische Druck der geschröpften Bevölkerung auf die Bundesregierung wird dann ins Unermessliche steigen, für höhere Nominalzinsen zu sorgen. Gibt sie dem nicht nach oder kann sie es nicht, folgt Revolution.”
        Haben Sie dazu Indizien oder geschichtliche Bsp, Quellen (wo haben Sie diese Idee her?), die Sie zu dieser Spekulation kommen lassen?

        REVOLUTION aus Hunger, Auswegslosigkeit, oder was noch (schon bei “nur Ungerechtigkeit” wird’s schwammig)? Kann ich mir vorstellen, aber wegen “fehlenden Nominal-Zinsen”??? Come on!
        Oder was meinen Sie mit “Revolution” (Stammtisch-Unmut?, sozialer Medien Shit-Storm? – wird bald zensiert …)?

        Sind sie Zins-Sparer?

        LG Joerg

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Aegnor

        “Meist steht im Kreditvertrag im Kleingedruckten, dass in Fällen von stark steigender Inflation und davon abh. steigenden Nominalzinsen, auch die Kreditzinsen angepasst werden dürfen oder ein Nachschießen erforderlich wird”

        Welche Bank macht das denn so? Da halte ich für eine höchstwahrscheinlich unwirksame (und ganz schön dreiste) Klausel, wenn die Bank sich bei einer Immobilienfinanzierung mit vereinbartem Festzins über 10 gar oder noch mehr Jahre solche Zinserhöhungen vorbehält. Für den umgekehrten Fall wird die Bank dem Kreditnehmer ja auch kein Zinssenkungsrecht einräumen.

        “Und selbst wenn das nicht zulässig sein sollte, kommt spätestens dann der Staat und sagt: ‘So, mein Lieber. Du bist dank der Inflation Deine Schulden (aufs Haus oder was auch immer) losgeworden. Jetzt teilst mal schön solidarisch mit denen, die durch die Inflation ihr Geld verloren haben.'”

        Klar, sowas kann immer kommen, egal ob man es nun “Hauszinssteuer” oder “Lastenausgleich” nennt und egal ob es die Weimarer Regierung, die nationalsozialistische Regierung oder die Bonner Regierung vereinnahmt.

        Mit etwas Pech bekommen wir in nächster Zeit sogar eine besonders merkeldumme Variante davon serviert, in der wir Deutschen sogar ohne Inflation “schön solidarisch” unsere Immobilienvermögen wegen “Corona-Wiederaufbau” mit den Italienern und Spaniern teilen müssen damit dort keine Zwangshypothek auf Immobilienbesitz eingeführt werden muss…

        “Revolution. Auch im biederen Deutschland. Irgendwann wird auch dem deutschen Frosch das Wasser zu heiß.”

        Dem deutschen Frosch wahrscheinlich nicht. Hungrige Wanderkröten sehen das eventuell anders, besonders diejenigen, die bisher an üppige Fütterung ohne jegliche Eigenleistung gewöhnt worden sind…

      • Aegnor
        Aegnor sagte:

        @Joerg Ja klar gibt es bei Inflationsraten von deutlich >5% bei gleichzeitigem Nullzins Revolution. Dann wird immerhin die gesamte deutsche Bevölkerung (teil-)enteignet. Vor allem die Rentner, immerhin DIE Stütze der CDU/CSU, wird es dann erwischen. Die Regierung muss dann tätig werden oder sie ist Geschichte. Auch die Antifa als neue Regierungsschlägertruppe kann mit ihren paar tausend Hanseln immer nur Einzelne einschüchtern aber keine 30-40 Mio Geprellte.

        @Richard Es ist rechtlich anerkannt, dass der Kreditgeber im Falle sich verändernder Vertragsparameter (wie dem Wert des Hauses als Sicherheit oder eben auch dem verbleibenden Kreditbetrag) das Recht zur Anpassung hat. Selbst wenn das im Vertrag nicht detailliert so aufgeführt ist – im Falle eines solchen Szenarios wird die Bank das tun und dann entscheiden die Gerichte. Auf einen Sieg dort würde ich nicht wetten. Es sei denn der politische Druck wird wieder zu groß, wenn hunderttausende Häuslebauer vor dem Nichts stehen. Eines hab ich diesbzgl. in den letzten Jahren gelernt – wenn der politische Wille da ist, ist alles möglich. Dann ist auch ein Vertrag nicht das Papier wert…

      • Joerg
        Joerg sagte:

        @Aegnor
        Verstehe ich nicht. Rentner sind alt. Revolution geht nur mit Juengeren?!

        Rentner bekommen natuerlich bei 5% Inflation p.a. eine jaehrliche Rentenerhoehung von 2-4%. Das kann man ja dann irgendwie zaertlich benennen. Rentengesetze kann man schnell anpassen. Geld ist genug da (ZEB: Money for nothing).

        Zins-Sparer: bis Real-Rendite von -2% pa passierte ja nix, wie die letzten 5-8 Jahre zeigten?! Wieso sollten die Waehler nicht -3%, -4% usw aushalten (sind ja schon konditioniert: fuer Europa oder fuer die Umwelt oder fuer Opa&Oma)?

        CDU/CSU??? meine Guete, ueberlegen Sie, wie es in Griechenland war: EGAL wer regierte, links, rechts, geradeaus ;-) alle haben mehr oder weniger “brav funktioniert”. Verhungert ist keiner. Die jungen Leute / wer konnte sind abgehauen … Die Alten hauen nicht ab sondern schraenken sich sowieso ein …
        Sind Sie schon Rentner? Keine Angst!
        LG Joerg

      • markus
        markus sagte:

        Nach Paragraph 490 Absatz 1 BGB darf die Bank bei starkem Wertverlust Nachschuss aufgrund der gesunkenen Sicherheit verlangen und kann, falls dieser nicht erfolgt, den Kreditvertrag kündigen. Aktuell kann ich mir nicht vorstellen, dass der nominale Wert einer Immobilien sinken kann (ausser in Ausnahmefällen aufgrund der Lage oder ähnlichem).

      • markus
        markus sagte:

        Zur Revolution:
        Die Rentner, die ich kenne, sitzen meist in fetten Häusern, von denen jüngere nur träumen können in ihrer Mietwohnung. Und von den “bald-Rentnern”, den Babyboomern, höre gerne ich oft, dass sie ja jetzt genug gearbeitet haben und nun wohlverdient in die Altersteilzeit verabschieden werden. Die sitzen auch in Eigenheimen und freuen sich darauf, nicht mehr auf Erwerbsarbeit angewiesen zu sein. All diese Gruppen brauchen keine Revolution machen. Sie brauchen nur zum Wählen zu gehen.

    • Joerg
      Joerg sagte:

      @ThomasM

      “Die Angst vor Volatilität ist noch größer als die Inflationsangst.”

      Was wohl die Haupttreiber sind (Mehrfachnennung moeglich)?
      – Angst vor Schwankung, OK, fuer wieviel % Hauptgrund? 30-50%?
      – Unwissenheit/Nichtbeachtung? “Wirtschaft und Finanzen sind langweilig, ich will nur in Ruhe leben …” 60-80%?
      – Lethargie/Faulheit? “Das mag schon sein mit Inflation, morgen oder naechste Woche oder naechstes Jahr kuemmere ich mich um meine Vermoegensbildung/Altersvorsorge” 50-70%?
      – Resilienz gegenueber Milchmaedchen-Wirtschaftstheorien? “Wer weiss schon, was in Zukunft kommt? Vielleicht wird’s nicht so schlimm, oder es kommt doch ganz anders?” 10-20%?
      Oder was sind noch “Haupttreiber”?

      “dass die Notenbanken sich an Inflation versuchen und diese nicht schaffen”
      Was vielleicht tatsaechlich neu ist: Die Dimension und Gleichschaltung weltweit fuer Null- oder Negativ-Zinsen (erst Japan, dann lange nix; dann EZB, dann kuerzer nix; jetzt sogar FED – jetzt wird’s ernst?)?
      Sozusagen: Wenn es kein Schlupfloch/Abfluss mehr gibt (zB fuer Anlage in Zinspapiere anderer Laendern), wird der Stausee endlich voller und der Inflations-Damm kriegt Risse/kann brechen (vorher nicht)?
      Macht das Sinn?

      Erst jetzt schwindet langsam Vertrauen in Geldwerte? Dann kommt der Crack-Up Boom in Sachwerten – beobachten wir das gerade an den Weltboersen / Immo-maerkten?

      LG Joerg

      Antworten
      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        @Jörg: Jetzt, da die positiven Zinssätze bei Reservewährungen fast komplett “aufgebraucht” sind, bleiben noch die Emerging Markets. Da geht noch was. Die Frage ist: Darf (der Institutionelle) und will man dort für “fixed income” anlegen?

        Bzgl. des Crack Up-Booms: Die Kunst dürfte sein, ihn nicht erst im Nachhinein zu erkennen. Ich halte die nächsten 6 Monate für hochinteressant. Wenn ungeachtet schlechter 2. und 3. Quartalszahlen der S&P500 freundlich nach oben läuft und alle anderen Aktienmärkte damit korreliert auch, stehen die Chancen gut für den Crack up. Denn dann haben sich die Kurse von Value und Aussicht auf Value entkoppelt.

        Aber zur Zeit ist m.E. noch alles offen (basierend auf Kaffeesatzlesen der Preisbewegungen :)

        @Hr. Ott: Die Klauseln gibt’s tatsächlich bei Immo-Finanzierungen. Hatte ich vor zig Jahren nach der Finanzkrise selbst recherchiert und mit eigenen Augen gesehen :)

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Thomas M.

        “@Hr. Ott: Die Klauseln gibt’s tatsächlich bei Immo-Finanzierungen. Hatte ich vor zig Jahren nach der Finanzkrise selbst recherchiert und mit eigenen Augen gesehen :)”

        Ich kann mir nicht vorstellen, dass solche Vertragsklauseln rechtlich wirksam werden können, wenn sie irgendwo in einem Kreditvertrag mit mehrjähriger Zinsbindung (!) versteckt sind. Das widerspricht ja völlig dem Sinn des Produkts.

        Haben Sie irgendwo ein Beispiel für so einen Kreditvertrag? Ich würde das gerne mal lesen.

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Das ist schon ewig her – ich weiß nicht mal mehr, bei welchen Banken ich das recherchiert hatte. Das waren sinngemäß “aber Katastrophenklauseln”. Die Klauseln, die ich gelesen hatte, waren Richtung Währungsreform und Hyperinflation formuliert. Im Prinzip ging es dabei nicht darum, dass die Bank ein paar %-Punkte Inflation vermeidet, sondern darum, dass der Kreditnehmer das Darlehen nicht mit plötzlich wertlos werdender Währung tilgt. (Also genau entgegen dem Traum des Crash-Goldbugs: “Und dann hab ich ‘ne Münze gegen 1.000.000 € getauscht, damit mein Haus abbezahlt und dem Filialleiter gesagt ‘stimmt so'”…)

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