Von Japan lernen?

Japan zeigt, wie es geht, meinen so manche Beobachter: Staatsschulden von 235 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und dennoch nicht pleite? Da haben wir für 2021 mit unseren 70 Prozent noch viel Luft nach oben. Die Bilanz der Bank von Japan macht 140 Prozent des japanischen Bruttoinlandsprodukts aus. Um dahin zu kommen, könnte die Europäische Zentralbank (EZB) mit weiteren massiven Staatsanleihekäufen ihre Bilanzsumme locker verdoppeln und die Staaten so zuverlässig vor steigenden Zinsen schützen.

Besonders überzeugend erscheint ein Blick auf die Inflationsraten. Die japanische Inflation liegt bei nur 2,6 Prozent, verglichen mit 8,9 Prozent in der Euro-Zone. Offensichtlich ist es falsch, auf Geldmengen und Staatsschulden zu achten, wenn man Wirtschaftspolitik betreibt, lautet die vorschnelle Schlussfolgerung derjenigen, die nicht nur die EZB vor Kritik schützen wollen.

Doch in Wahrheit ist Japan ein abschreckendes Beispiel. In Japan stagnieren die Einkommen, der Wohlstand schmilzt, die Altersarmut betrifft viele Japaner und Japanerin, was dazu führt, dass Senioren Straftaten begehen, um Armut und Einsamkeit zu entkommen. Probleme verschleppen, statt zu lösen, hat auch in der Wirtschaftspolitik negative Konsequenzen.

Nach dem Platzen der Immobilien- und Aktienblase vor mehr als 30 Jahren hat Japan lehrbuchmäßig gehandelt: (Bank-)Pleiten wurden verhindert, billiges Geld zur Verfügung gestellt und schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme wurden zum Dauerzustand.

Eine Depression mag man so verhindert haben, den Wohlstand des Landes hat es nicht erhalten. Hinzu kam der einsetzende Rückgang der Erwerbsbevölkerung, der es zusätzlich schwer machte, wirtschaftliches Wachstum zu erzielen.

Europa und Deutschland könnten Japans Fehler wiederholen

Das anhaltend billige Geld wirkt wie eine Dauersubvention der Unternehmen und fördert Zombifizierung, also Firmen, die weitermachen, obwohl sie eigentlich nicht lebensfähig sind. Die Subvention vieler Lebensbereiche durch den Staat trägt zwar dazu bei, die Inflation zu dämpfen, führt aber zu einer anhaltenden Marktverzerrung.

Gunter Schnabl und Thomas Mayer von der Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute rechnen in einer jüngst veröffentlichten Studie vor, dass der Umfang dieser japanischen Subventionen im Jahr 2020 stolze 18,5 Prozent des BIP erreicht hat.

Europa und Deutschland sind auf dem besten Wege, die Fehler Japans zu wiederholen. Die Finanz- und Eurokrise wurde mithilfr der EZB verschleppt. Die Erwerbsbevölkerung beginnt zu sinken.

Angesichts der bereits hohen Verschuldung kann und will die EZB nicht ausreichend auf die Inflation reagieren, weshalb die Politik in der EU zunehmend auf Subventionen und Transfers setzten wird, um die Inflation unsichtbar zu machen. Energiepreisdeckel sind nur ein Beispiel.

Die Wohlstandsvernichtung ist damit absehbar. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass die heterogene Bevölkerung der EU das ähnlich stoisch hinnehmen wird, wie es die japanische seit 1990 getan hat. Wenn wir also etwas von Japan lernen: so funktioniert es nicht!