Stelters Thesen für 2018

Dieser Kommentar von mir erschien bei WirtschaftsWoche online:

Niemand kann ernsthaft Vorhersagen für Dax, Zinsen und Euro für 2018 treffen. Alle, die es dennoch versuchen, ersetzen den Zufall durch den Irrtum.

Vor einem Jahr habe ich mich zum ersten Mal mit zehn Thesen für das kommende Jahr aus dem Fenster gelehnt. Inspiriert von den Großen der Szene habe ich mich verleiten lassen, meine persönlichen Prognosen für Märkte und Politik abzugeben. Dies, obwohl ich weiß, dass es nur den Wenigsten gelingt, durch ständige Umschichtungen in ihrem Anlageportfolio den Markt dauerhaft zu schlagen. Die in meinen Augen einzig Erfolg versprechende Anlagestrategie besteht darin, kostengünstig an der strategischen Asset-Allokation, wie sie hier und anderswo immer wieder gepredigt wird, festzuhalten: Aktien, Immobilien, Gold und Cash/Anleihen. Aus gutem Grunde heißt diese Kolumne „Stelter strategisch“, nicht „Stelter taktisch“. Kurzfristige Empfehlungen sind nicht mein Ding.

Trefferquote von 55 Prozent

Als ich meine Top-Ten-Thesen für 2017 formulierte, habe ich mir eine Trefferquote von über 50 Prozent gewünscht und versprochen, nach einem Jahr zurückzuschauen. Ich muss gestehen, ich hätte mir ein besseres Ergebnis gewünscht, wobei ich bei dem finanziell wohl entscheidendsten Thema immerhin richtiggelegen habe:

Hier der Blick auf meine Top Ten für 2017:

  1. Die Deflation kehrt zurück: Anfang 2017 sprach man überall von der Rückkehr der Inflation. Ich hielt mit Blick auf die hohe Verschuldung die schwache Konjunktur in China, das strukturelle Überangebot an Rohstoffen (Öl) und Arbeitskräften entgegen und prognostizierte eher eine Rückkehr der Deflationsfurcht. Ganz so weit kam es nicht. Aber die Suche nach der Inflation dauert an, deshalb würde ich mir einen halben Punkt geben: 0,5.
  2. Die USA stürzen in die Rezession: Das war falsch. Wir erleben einen weltweiten, synchronen Aufschwung und die USA stehen gut da, wenngleich die breite Mittelschicht nichts davon hat. Die Steuerreform wird das weiter befeuern. Ganz klare Fehlprognose: 0 Punkte.
  3. Der US-Dollar verliert: Während alle Welt eine weitere Dollarstärke erwartete, habe ich auf eine Abschwächung des US-Dollars gesetzt. Zwar habe ich dann in der zweiten Jahreshälfte eine erneute Schwäche des Euro erwartet, wegen der weiterhin ungelösten Probleme der Eurozone. Da – wie erwartet – die Amerikaner doch am besten wissen, wie man die eigene Währung schwächt, ist das bisher noch nicht der Fall. Eine richtige Prognose allemal: 1 Punkt.
  4. Gespaltenes Jahr für Anleihen: Hier habe ich einen Anstieg der Zinsen für zehnjährige Treasuries auf über drei Prozent im ersten Halbjahr prognostiziert, gefolgt von einer Rallye in der zweiten Jahreshälfte. Für das Ende des Jahres hatte ich dann 1,5 Prozent geweissagt, in Erwartung einer neuen Rezession. Diese lässt bekanntlich noch auf sich warten. Die Zinsen entwickelten sich in der Tat in dieser Richtung, wenngleich nicht im genannten Ausmaß. Stiegen die Zinsen zunächst bis auf über 2,6 Prozent, sanken sie dann auf unter 2,1 Prozent, bevor sie ab September wieder zulegten. 0,5 Punkte.
  5. Verluste an den Börsen: so was von falsch. 0 Punkte.
  6.  Einstiegschance bei Gold: Das stimmte, denn Gold war letztlich ein Gewinner des Jahres (in Dollar gerechnet) und legt auch in den ersten Tagen des Jahres 2018 weiter zu. Ohnehin gehört Gold in jedes Portfolio, egal ob der Preis steigt oder sinkt. Die Prognose war insofern richtig, wenngleich Gold verglichen mit den Aktienmärkten natürlich hinterherhinkt. 1,0 Punkte.
  7. Der Verfall der Eurozone geht weiter: Weder kam es zum Wahlsieg von Geert Wilders noch zum Sieg von François Fillon. Richtig war es jedenfalls nicht, auf einen Sieg von Marine Le Pen zu setzen. Der Verfall der Eurozone hat sich dennoch fortgesetzt, wenngleich er von der vordergründig guten Konjunktur und der Politik der EZB verdeckt wird. Es kam nicht so dramatisch wie erwartet, ist aber die Fortsetzung der chronischen Krise. 0,5 Punkte.
  8.  Die EZB lässt letzte Hemmungen fallen: Die EZB ist nicht in die direkte Staatsfinanzierung eingestiegen und kauft auch (noch) keine Aktien auf. Sie hat auch nicht den Ausstieg aus dem Anleihenkaufprogramm verschoben. Insofern kam es zu keiner Verschärfung der geldpolitischen Maßnahmen. Hier denke ich jedoch, dass es mit der (noch) nicht eingetretenen Rezession zu tun hat, und würde mir deshalb einen halben Punkt zugestehen: 0,5.
  9. Der Deal mit der Türkei platzt: Ich habe eine Verschlechterung des Verhältnisses der EU zur Türkei erwartet. Auch dass die türkische Strategie im Nahen Osten und die Bereitschaft, die türkischen Interessen notfalls auch militärisch durchzusetzen immer offensichtlicher wird. Dies ist zwar eingetreten, doch bisher hält das Abkommen mit der Türkei zur Begrenzung der Migrationsströme. Noch ist die Balkanroute nicht wieder zum bevorzugten Weg für die Einwanderer aus Afrika und dem Nahen Osten geworden. 0,5 Punkte.
  10. In Deutschland regiert Schwarz-Rot-Grün: Richtig war meine Erwartung deutlicher Verluste für Union und SPD, einer stabilen Linken und eines Einzuges von AfD und FDP in den Bundestag. Richtig war auch die Erwartung einer schwierigen Regierungsbildung. Falsch war die Erwartung, dass es für Union und SPD alleine nicht mehr reichen würde und deshalb eine Regierung von Schwarz-Rot-Grün gebildet wird. Verfolgt man allerdings die aktuelle Diskussion, könnte man durchaus den Schluss ziehen, dass eine Regierung von CDU, SPD und Grünen mehr Gemeinsamkeiten hätte als eine Regierung von CDU, SPD und CSU – nicht, dass das mit Blick auf den Zustand des Landes eine erfreuliche Nachricht ist. Deshalb: 1,0 Punkte.

Womit wir beim Fazit wären: Wie vermutet, ist es keine gute Idee, Prognosen abzugeben, vor allem mit dem kurzen Zeithorizont von nur einem Jahr. Meine Trefferquote von 5,5 aus 10 möglichen Punkten dürfte das unterstreichen.

Und was für 2018?

Trotz der gemischten Bilanz haben mich Leser um meine Prognosen für 2018 gebeten. Ich kann das nur darauf zurückführen, dass sie vergessen haben, wie schlecht meine Prognosequalität für das abgelaufene Jahr war. Andererseits ist es ein interessantes Gedankenexperiment. Hier also meine Top Ten für 2018 – in der Hoffnung, dieses Jahr etwas besser abzuschneiden:

  1. Bitcoin-Blase platzt: Dass sich Kryptowährungen trotz der unzweifelhaften Attraktivität der Technologie in einer Blase befinden, erkennt man schon daran, dass Firmen, die ihren Namen ändern, wie zuletzt die “Long Island Iced Tea Corporation” – neu “Long Blockchain Group“ – Kurssteigerungen von mehreren hundert Prozent über Nacht erfahren. Die Getränkefirma sprach lediglich von “a new smart contract platform for building decentralised applications that provides scalability beyond currently available options”, was die FINANCIAL TIMES zu einem direkten Vergleich mit einer früheren ähnlich gelagerten Unternehmung veranlasste, die ihren Geschäftszweck so umschrieb: “company for carrying on an undertaking of great advantage, but nobody to know what it is”. Gemeint ist die South Sea Company, die zur berühmten Südseeblase geführt hat. Schon jetzt ist die Bitcoin-Blase die wohl größte der Finanzgeschichte, weitaus ausgeprägter als die Südseeblase oder die Tulpenmanie. Meine Erwartung deshalb: Zum Jahresende stehen Bitcoins nach zahlreichen Skandalen und staatlichen Eingriffen deutlich tiefer als heute. Können sie davor noch auf 100.000 US-Dollar steigen? Ja klar. Genauso gut aber auf 100 fallen.
  2. Börsenboom und Crash: 2017 hat es nicht gecrasht, im Gegenteil die Märkte sind weltweit gestiegen. Getrieben von billigem Geld und Konjunkturaufschwung legten die Märkte zu. Dabei gibt es trotz der vordergründig fehlenden Euphorie vielfältige Zeichen der Sorglosigkeit, wie ich schon vor einigen Wochen an dieser Stelle zusammengefasst habe. Diese Zeichen haben sich weiter verstärkt. Immer mehr Bären finden sich damit ab, dass der Boom wie auch schon 1998 trotz offensichtlicher Überbewertung (namentlich in den USA) noch weitergehen kann. Jeremy Grantham vom angesehen Vermögensmanager GMO erwartet gar einen finalen Boom mit Preissteigerungen von bis zu 60 Prozent, bevor es dann umso dramatischer bergab geht. Deshalb meine These für 2018: es geht noch ein paar Monate bergan, bevor es zu einer deutlichen Korrektur kommt. Die Märkte schließen unter dem Stand von heute.
  3. Schwellenländer, Russland, Japan und Europa relativ besser: Dabei gehe ich davon aus, dass sich die fundamental bessere Bewertung von Japan, Europa, Russland und den Emerging Markets in einem relativ besseren Abschneiden dieser Märkte niederschlagen wird. Sie dürften von einem Crash an der Wall Street natürlich sehr betroffen sein, dennoch am Ende des Jahres im Vergleich besser abschneiden.
  4. Blutbad bei Unternehmensanleihen: Die Zinsen dürften zunächst weiter steigen. Zum einen, weil die Notenbanken sich – wenngleich langsam – von der Politik des billigen Geldes verabschieden. Zum anderen, weil die Märkte weiter auf Aufschwung und damit perspektivisch höhere Inflationsraten setzen (wenngleich diese auch 2018 nicht in bedeutendem Umfang zunehmen dürfte). Dies wird sich an der Rendite von Staatsanleihen zeigen, jedoch überproportional im allgemeinen Zinsniveau. Dies liegt daran, dass die Fähigkeit der Schuldner, ihren Verpflichtungen nachzukommen, abnimmt, sobald die Zinsen steigen. Da die Qualität der Schuldner in den letzten Jahren dramatisch gesunken ist, wäre eine Flucht der Investoren aus den dann wieder als hoch-riskant angesehenen Papieren die Folge. Der Markt für Unternehmensanleihen sieht hierbei am gefährdetsten aus. Und zwar global. In Europa hat die EZB den Markt so weit verzerrt, dass der Bank of America European High Yield Index (enthält BB-Papiere) weniger als der korrespondierende US-Staatsanleihen Index erbringt. Kreditschwache europäische Unternehmen zahlen also weniger als die größte Militärmacht der Welt. Das dürfte sich im Laufe des Jahres ändern und die Kurse von Unternehmensanleihen deutlich fallen, vor allem von Unternehmen schwacher Bonität.
  5. Der US-Dollar erholt sich: Vor einem Jahr war breiter Konsens, dass der US-Dollar weiter steigen würde und die Parität zum Euro bald erreicht wäre. Heute ist es umgekehrt. Der Euro wird als die kommende starke Währung gesehen, dem Dollar mit Blick auf die Politik von Donald Trump weitere Schwäche prophezeit. Meine Sicht auf beide ist klar: es ist keine Frage von „gut“ und „schlecht“, sondern von „weniger schlecht“. Im Zuge der von mir erwarteten Turbulenzen an den Märkten und im Euroraum dürfte der Dollar wieder aufholen. Kann aber sein, dass erst im zweiten Halbjahr.
  6. Öl wird wieder billiger: Der Preis von Öl hat in den letzten Monaten deutlich zugelegt, von unter 45 auf über 60 US-Dollar für das Barrel. Allgemein wird ein weiterer Anstieg erwartet, getrieben von Konjunkturaufschwung und Angebotsverknappung. Da ich skeptisch auf die Konjunkturentwicklung blicke und die Öl exportierenden Länder dringend auf Einnahmen angewiesen sind, um ihre laufenden Ausgaben zu bewältigen, dürfte das Angebot stärker als die Nachfrage wachsen und Öl wieder unter Druck setzen. Am Jahresende 2018 definitiv tiefer.
  7. Gold enttäuscht: Bekanntlich bin ich ein Fan von Gold und rate jedem einen gewissen Anteil physischen Goldes im Portfolio zu halten, egal wie sich der Preis entwickelt. Letztes Jahr hat Gold zugelegt, blieb aber weit hinter den Börsen zurück. In diesem Jahr dürfte es zwar besser abschneiden als die Aktienmärkte, absolut gesehen aber enttäuschen. Die derzeitige Rallye mag sich noch ein paar Wochen fortsetzen, dann aber wird der Preis des Metalls wieder unter die Räder kommen.
  8. Italien erpresst erfolgreich: Eurokritische Parteien – allen voran die Cinque-Stelle-Bewegung – gewinnen die Wahlen im März. Nicht verwunderlich nach jahrzehntelanger Stagnation und trotz massiver Hilfe der EZB, die im Vorfeld der Wahlen überproportional Anleihen des Landes aufkauft, um das den Risikoaufschlag gegenüber deutschen Staatsanleihen zu drücken. Die neue italienische Regierung wird mit Referendum zu Euromitgliedschaft und Schuldenschnitten zulasten ausländischer Gläubiger drohen, um weitgehende Zugeständnisse im Rahmen der Verhandlungen zur Neuordnung der Eurozone zu erzielen. Dies spielt vor allem dem französischen Präsidenten Macron in die Hände, dessen erklärtes Ziel eine Sozialisierung bestehender und künftiger Schulden zulasten Deutschlands damit realisiert wird.
  9. Kraftlose Regierung: Das hat auch damit zu tun, dass in Deutschland eine kraftlose Regierung agiert, die weiterhin statt das Wohl des Landes im Blick zu haben, Energie und Fokus auf Nebenkriegsschauplätzen verschwendet (mehr Umverteilung, Einheitsversicherung auf englischem Niveau, etc.) und im Irrglauben, wir seien ein „reiches Land“ den Wohlstand verschleudert. Die Liste der Versäumnisse ist schon lang und wird noch länger werden.
  10. Migrationskrise weiter ungelöst: Was die größte Herausforderung für Deutschland und Europa angeht, sehe ich schwarz. Obwohl immer deutlicher wird, dass wir es mit einer Migrations- und keiner Flüchtlingskrise zu tun haben, obwohl immer klarer wird, dass die langfristigen Kosten der Zuwanderung überwiegend unqualifizierter Menschen die finanzielle Leistungsfähigkeit bei Weitem übersteigt und den sozialen Frieden gefährdet, werden wir weder in Deutschland noch in Europa eine Begrenzung erreichen. Weder werden Menschen ohne Bleiberecht abgeschoben noch wird die Zuwanderung insgesamt gesteuert. Die Antwort der Regierungen bleibt vor allem eine Verharmlosung und Leugnung der Probleme, was die radikalen Kräfte in ganz Europa weiter stärkt.

Soweit meine Top Ten für 2018. Die EU wird das Jahr noch überleben, wie auch der Euro. Allerdings wird sich der Prozess der schleichenden Zersetzung weiter fortsetzen. Dennoch kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Viele spannende Ereignisse erwarten uns in diesem Jahr und viele Gelegenheiten, durch die richtigen Entscheidungen Vermögen zu erhalten und zu mehren.

In diesem Sinne wünsche ich meinen Lesern alles Gute für 2018!

→ WiWo.de: “Meine Prognosen für 2018”, 11. Januar 2018

 

Kommentare (17) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. SB
    SB sagte:

    Ein erstaunliches, ja denkwürdiges Urteil des OLG Koblenz

    http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/7qe/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentenanzeige&showdoccase=1&doc.id=KORE242742017&doc.part=L

    Der interessanteste Teil der Begründung:

    “Zwar hat sich der Betroffene durch seine unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG strafbar gemacht. Denn er kann sich weder auf § 15 Abs. 4 Satz 2 AufenthG noch auf § 95 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 GFK berufen. Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt.“

    Noch einmal:

    Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt…

    …urteilt das Oberlandesgericht.

    Es hätte noch dazuschreiben sollen “defacto außer Kraft gesetzt”, denn einen irgendwie gearteten formell ordnungsgemäß zustandegekommenen (Parlaments-) Beschluss gab es dazu nicht.

    Ich warte gespannt darauf, ob Frau Merkel demnächst zur Abwechslung auch mal das Asylrecht, oder gerne auch das Steuerrecht außer Kraft setzt. Aber das sieht der große Plan ganz und gar nicht vor.

    Antworten
  2. Michael
    Michael sagte:

    Sehr geehrter Herr Stelter,

    vielen Dank für die interessanten Prognosen für 2018. Besonders die Vorhersage über das Verhaltens der Bundesregierung ist erschreckend und macht mir große Sorge, dahingehend komme ich aber zum gleichen Schluss was diese Verräter und deren Verhalten anbelangt.

    Beim Ölpreis kann ich allerdings keinen Einbruch erkennen, außer es kommt zu drastischen Nachfragenkürzungen. Die natürlichen decline rates aller Ölfelder werden mit zwischen 4.5% und 8% angegeben. Nach dem Investitionsstau der letzten Jahre, fällt es mir schwer, zu erkennen, wo diese Abnahme durch neue Förderungen erschlossen werden sollen. Ich sehe den Ölpreis daher eher auf einem wesentlich höheren Niveau, als dies heute der Fall ist. Sehr gute Analysen gibt es hier zu auf dem FB Blog “Energy – Oil and Gas Market Analyses”.

    Gruß

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Vontobel zu den wahren Kosten der Ungleichheit:

      >Je ungleicher die Kaufkraft verteilt ist, desto mehr muss nämlich – und damit sind wir beim dritten Kostenblock – die Wirtschaft bestrebt sein, mit viel Werbeaufwand denen etwas zu verkaufen, die eh schon alles haben. Es müssen viele Prestigeprodukte (Golf, Luxusautos, Zweitresidenzen) hergestellt und mit Prestige aufgeladen werden.>

      Abgesehen davon, dass Prestigeprodukte nicht immer, aber in vielen Fällen Innovationen finanzieren, die dann über Skaleneffekte auch denen günstig zugute kommen, die nicht schon alles haben:

      Die Aussage ist zwar nicht falsch, aber unvollständig und damit verfälschend.

      Der Werbeaufwand bringt Leute in Beschäftigung, die sonst möglicherweise keine Arbeit haben würden.

      Sie erzielen dadurch EINKOMMEN.

      Was ist falsch oder negativ dabei?

      Nichts, was mit “Kosten” suggeriert wird.

      Im Gegenteil:

      Mehr Menschen sind beschäftigt, der Staat erzielt mehr Steuereinnahmen und kann mehr ausgeben.

      Vontobel liefert mit seiner Aussage ein zwar intelligent gebasteltes, aber nicht destotrotz treffendes Beispiel für das, was ich anderswo Neiddebatte genannt habe, wenn er mit „eh schon ALLES haben …“ operiert.

      Umverteilung ist dann ein Thema, wenn es um die Vermeidung von Instabilität der Gesellschaft geht.

      Sie hat eine fixe Größe mit Blick auf die Existenzsicherung und ist darüber hinaus abhängig davon, wie weit die Menschen erkennen, dass zu viel Umverteilung auch für sie kontraproduktiv sein kann.

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  3. Ingolf
    Ingolf sagte:

    Sehr geehrter Herr Dr. Stelter,

    mit der Auswertung Ihrer Gold-Vorhersage für 2017 bin ich überhaupt nicht einverstanden. Ich lebe in Deutschland und auf meinem Konto habe ich Euro und keine Dollar. In Euro gerechnet ist der Goldpreis 2017 praktisch garnicht gestiegen. Der gesamte Anstieg des Dollar-Goldpreises im Jahr 2017 beruhte auf der Dollarschwäche.

    Mehr noch, sie prognostizierten für 2017 zunächst eine schwache Goldpreis-Entwicklung, und erst später im Jahr sollte der Goldpreis aufholen und zu einem der Gewinner des Jahres werden. Tatsächlich lief es – in Euro gerechnet! – jedoch genau anders herum: Zunächst gab es eine starke Entwicklung, aber ab Mitte April war die Luft dann komplett raus.

    Daher 0 Punkte für Ihre Goldpreis-Prognose für 2017.

    Antworten
  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Es ist in der Tat keine gute Idee Prognosen abzugeben.

    Aber Auffassungen darf und soll man schon äußern und, wenn sie begründet sind, können sie auch sehr konstruktiv sein.

    Wo ich widerspreche, ohne allen anderen Punkten so zuzustimmen:

    Italien wird nicht erpressen und ich bin auch nicht der Meinung, dass Macrons Ziel, eine Sozialisierung bestehender und künftiger Schulend zulasten Deutschlands damit REALISIERT wird.

    Selbst wenn irgendeine deutsche Regierung dem ausdrücklich zustimmen würde – nicht vollständig ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich – dann wird Macron nicht ans Ziel gelangen.

    Er wird es nicht, weil erstens auch ALLE andere Regierungen dafür sein müssten und die Verträge mit Einstimmigkeit geändert bzw. ergänzt werden müssten.

    Das halte ich für ausgeschlossen.

    Zum zweiten würde uns das auf einen Weg führen, der innerhalb kürzester Zeit die AfD in eine Position brächte, die eine andere deutsche Politik bis hin zur Aufkündigung der Verträge in den Blick rücken lassen würde.

    Wenn so, ist nichts mehr wie es war.

    Wenn die heute getroffenen Beschlüsse das o.k. der SPD-Parteibasis erhalten – m. A. n. möglich, aber wohl nur mit Selbstverleugnung der Parteiführung und mit riesigem medialen Druck zu erreichen –, dann haben wir die beiden nächsten Jahre keine schwache Regierung.

    Sie wird stark in hauptsächlich die falsche Richtung regieren bis Merkel abtritt.

    Dann, vermutlich Mitte 2019, wird die SPD sich ihre desaströsen Umfragewerte ansehen und unter irgendeinem Vorwand den Ausstieg beschließen.

    Denn nur mit dann sofortigen Neuwahlen lässt sich verhindern, dass sich ein(e) CDU-Nachfolger(in) zwei Jahre mit ihrer Hilfe als Kanzler(in) profilieren kann.

    >Die EU wird das Jahr noch überleben, wie auch der Euro. Allerdings wird sich der Prozess der schleichenden Zersetzung weiter fortsetzen.>

    Zweifel sind hier fehl am Platz.

    Solange führende Politiker mit der Beschwörungsformel „Wertegemeinschaft“ die Realität vernebeln statt sich ihr zu stellen, ist das eine sichere, wenn auch von relativen Optimismus getragene Vorhersage.

    Antworten
  5. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Meine Prognose für 2018

    Marc Meyer, der ja hier von einigen Foristen immer mal wieder ins Gespräch gebracht wird, wird auch 2018 seine steilen Thesen zum Besten geben. Mal schauen, ob er dies auch weiter so bis zum Ende des Jahres durchzieht. Der Auftakt ist jedenfalls mal wieder fulminant: https://insideparadeplatz.ch/2018/01/10/ubs-praesident-axel-weber-wird-sein-blaues-wunder-erleben-mit-der-zahlungsunfaehigkeit-der-snb/. Jeder blamiert sich eben so gut wie er kann.

    Ansonsten sympathisiere ich mit Ihren Prognosen. Es wird in jedem Fall weiter spannend bleiben; denn die Spannungen sind unmittelbare Folge der nationalen und internationalen Disparitäten bei den Geldvermögen/Geldschulden. Die aufgeblähten Zentralbankbilanzen sind das Spiegelbild dieser Disparitäten.

    LG Michael Stöcker

    Antworten
  6. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Lieber Herr Dr. Stelter, vielen Dank für Ihre 10 Punkte und noch größeren Dank für die selbstkritische Rückschau. Ich würde als 11. Punkt für 2018 noch ergänzen wollen, dass die allseits angestrebte und für nötig gehaltene Digitalisierungsoffensive mal wieder versandet und sich gerade im öffentlichen Bereich weder bei der Infrastruktur noch bei e-governance irgendetwas verbessern wird, während zumindest die Automobilindustrie bei der Elektromobilität Fortschritte machen wird.

    Antworten

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