Schuldenunion? Haben wir doch schon längst!

Dieser Kommentar von mir erschien bei t-online.de:

Stellen Sie sich vor, Sie betreiben eine Kneipe. Jeden Tag kommen immer wieder Ihre treuen Stammkunden zum Zechen. Chronisch klamm, schreiben Ihre Kunden an. Jeden Abend haben Sie einen größeren Stapel unterschriebener Schuldzettel, die sie in Ihre Schublade legen. Kann das lange gut gehen? Nein, schon einigen Wochen wären Sie pleite, weil sie Ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen könnten.

Funktionieren würde das nur, wenn Sie Ihre Forderungen weiterreichen könnten, zum Beispiel an eine Bank. Gibt diese Ihnen echte Euro für die Schuldzettel, wären Sie ihr Problem los. Die Bank hätte jetzt die Forderung gegen Ihre Stammkunden und müsste schauen, wie sie an ihr Geld kommt.

Keine Bank würde das machen, denken Sie? Richtig, keine Bank der Welt würde Ihnen Geld für die Schuldscheine ihrer Kunden geben, ohne dass Sie dafür weiter haften. Keine Bank der Welt? Doch, es gibt eine: die Deutsche Bundesbank.

Das Dilemma der deutschen Notenbank

Die Deutsche Bundesbank ist im Eurosystem verpflichtet, unbegrenzt Kredit zu geben. Und weil das alle wissen, passiert folgendes: Der Wirt schenkt bereitwillig aus, obwohl er weiß, dass die Zecher eigentlich nicht bezahlen können, die Zecher trinken extra viel, weil sie wissen, dass sie dafür nie bezahlen müssen.

Das Ganze funktioniert so: Die deutsche Wirtschaft exportiert seit Jahren deutlich mehr als wir importieren. Daraus entsteht der immer wieder gefeierte Status als Exportweltmeister. Innerhalb des Euroraumes bedeutet es aber auch, dass wir den anderen Ländern, die mehr importieren als exportieren, einen Kredit gewähren. Nun wissen die Unternehmen, die exportieren und die Banken, die das erst mal finanzieren, nur zu gut, dass es um die Kreditfähigkeit der Krisenländer nicht so gut bestellt ist. Also reichen sie die Forderungen an die Bundesbank weiter. Zu finden sind die Forderungen der Bundesbank dann unter der Position “Forderungen aus dem TARGET2-System” in der Bilanz der Bundesbank.

Doch nicht nur die Exportüberschüsse führen zu einem Anstieg der TARGET2-Forderungen. Mit ihrem Aufkaufprogramm für Wertpapiere fördert die EZB die Kapitalflucht aus den Krisenländern. Nicht, dass man es den dortigen Sparern und Spekulanten verdenken könnte. Sie verkaufen ihre Anleihen mit Gewinn an die EZB und bringen den Erlös nach Deutschland. Auch das ist eine Art von „Anschreiben“ bei der Bank. Neben den Exportüberschüssen sind diese Transfers ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Forderungen der Deutschen Bundesbank im Rahmen des TARGET2-Systems.

Das alles wäre ja noch verkraftbar, ginge es nicht um enorme Beträge. Die Forderungen der Bundesbank belaufen sich mittlerweile auf über 855.000.000.000 Euro. Das sind mehr als 10.000 Euro pro Kopf der Bevölkerung Deutschlands, die die Bundesbank ohne jegliche Sicherheit, ohne Zins und ohne Aussicht auf Tilgung an die Krisenländer Europas verliehen hat. Und jeden Tag werden die Forderungen größer.

Zum Geldverschenken gezwungen

Länder wie Norwegen, Singapur und die Schweiz, die ebenfalls erhebliche Handelsüberschüsse ausweisen, machen das anders. Sie kaufen dafür über eigens geschaffene Staatsfonds oder im Falle der Schweiz über die Notenbank global werthaltige Vermögenswerte auf: Aktien, Immobilien und sichere Anleihen. So ist eine Anlage sicherer und erbringt wenigstens eine Rendite. Wir hier in Deutschland hingegen sind gezwungen, unsere Ersparnisse so schlecht anzulegen, dass es einem Verschenken gleichkommt.

Jedem Beobachter, der das nüchtern betrachtet, ist klar, dass diese Kredite niemals wieder zurückgezahlt werden. Die betroffenen Länder müssten über Jahre hinaus einen Handelsüberschuss mit uns erzielen und dann auch noch bereit sein, diesen für die Tilgung der Kredite zu verwenden.

Kritiker dieser Art der Betrachtung sehen in den TARGET2-Forderungen keine echte Forderung, sondern nur eine buchhalterische Größe. Doch vor einigen Monaten erklärte die EZB höchst offiziell, dass ein Land diese Verbindlichkeiten tilgen müsse, sollte es aus dem Euro austreten. Spätestens seitdem ist klar, dass es sich eben um mehr handelt als um ein buchhalterisches Problem.

Politik geht grundlegende Probleme nicht an

Damit stehen wir in Deutschland vor erheblichen Verlusten, die jeden Tag weiter anwachsen. Schuld daran ist weniger die EZB als die Politik, denn die EZB tut eben alles Erdenkliche, um den Euro und damit die eigene Existenz zu „retten“. Aber die Politik hat sich seit Ausbruch der Eurokrise konsequent geweigert, die grundlegenden Probleme anzugehen:

  • die Überschuldung weiter Teile des privaten und öffentlichen Sektors in den Krisenländern.
  • die Insolvenz des europäischen Bankensystems.
  • die unzureichende Wettbewerbsfähigkeit vieler Länder in der Eurozone

Stattdessen wurde an Symptomen gedoktert und eine Inszenierung aufgeführt, die an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ erinnert. Mit jedem Tag verschlechtert sich dabei die deutsche Verhandlungsposition, weil die anderen Länder wissen, dass wir mit jedem Tag mehr zu verlieren haben, sollte der Euro zerfallen. Die Idee, dass beispielsweise Italien im Falle eines Austritts aus dem Euro seine rund 400.000.000.000 Euro Schulden bei uns begleicht, ist naiv. Das Land ist schon ohne diese Verbindlichkeit faktisch bankrott.

Warnung vor “Schuldenunion” ist verlogen

Deshalb ist es auch verlogen, wenn unsere Politiker vor einer „Schuldenunion“ in Europa warnen. Wir haben sie schon und wir haben dabei die dümmste Rolle übernommen, die man haben kann: die des Gläubigers. Egal wie das Spiel weitergeht, am Ende wird und muss der Gläubiger verlieren.

Noch könnte die Politik dagegen steuern und zumindest versuchen, den Schaden zu mindern. Doch danach sieht es nicht aus. Thema für die nächste Woche.

→ t-online.de: “Schuldenunion? Haben wir doch schon längst!”, 12. Dezember 2017

Kommentare (47) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Thomas Stümmler
    Thomas Stümmler sagte:

    Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Unsere Unternehmen haben doch für alle im Ausland verkauften Waren echte Euros erhalten und nicht nur Forderungsgutscheine. Daher hat unsere Volkswirtschaft direkt den Vorteil aus diesem Exportboom. Diese Euros landen in den Taschen unserer Unternehmen und Beschäftigten. Wo ist da der drohende Verlust? Das Geld ist doch schon da. Der Target-Saldo zeigt doch nur an, daß unsere Buba von der EZB authorisiert wurde, mehr Euros zu drucken und an lokale Abnehmer zu verteilen, als die anderen Zentralbanken im Euroraum. Damit tragen wir stärker zur Inflation bei als andere Länder, deren Bürger aber die Folgen des Gelddruckens bei uns durch eben diese Inflation mittragen müssen. Wer das inflationierte Geld als erster erhält, der hat doch einen Vorteil. Solange wir nicht aus dem Euro austreten, wird die EZB die Salden ja nicht zurückfordern….und selbst wenn, genügt ein Knopfdruck, um genügend -D-Mark zu erzeugen..

    Daß die Buba dafür einen Saldo führt ist doch – wenn man sich mal die virtuelle Natur aller FIAT-Währungen ansieht – einfach nur eine weitere große Zahl, die sich aus der Steuerung unseres Geldsystems ergibt.

    Antworten
    • Thomas
      Thomas sagte:

      Puh, von dem Ende her gedacht überzeugendes Argument. Ist jedenfalls nicht verwunderlich, dass Edelmetalle ein Comeback haben bei dem ganzen waehrungshokuspokus, den man selbst als interessierter buerger nicht versteht…

      Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      „Das Geld ist doch schon da. Der Target-Saldo zeigt doch nur an, daß unsere Buba von der EZB authorisiert wurde, mehr Euros zu drucken und an lokale Abnehmer zu verteilen, als die anderen Zentralbanken im Euroraum. Damit tragen wir stärker zur Inflation bei als andere Länder, deren Bürger aber die Folgen des Gelddruckens bei uns durch eben diese Inflation mittragen müssen.“

      Der erste Satz ist korrekt, alles andere aber nicht richtig durchdacht. Der TARGET-Saldo zeigt an, dass die ANDEREN NZBen (also gerade NICHT die Bundesbank) des Euroraums mehr Euros „gedruckt“ und an lokale Abnehmer (= die Banken des Südens) „verteilt“ haben. Damit haben die ANDEREN Euroländer in der Vergangenheit stärker inflationiert als Deutschland. Das Geld ist also schon da, WEIL sich der Süden stärker/schneller verschuldet hat als der Norden (eben gerade keine Kreditgewährung im Gleichschritt nach Hans Gestrich: https://zinsfehler.com/2014/09/04/bankmythen/).

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Thomas
        Thomas sagte:

        Das Thema lässt ja keine Ruhe…
        Ich hatte Herrn Stümmlers Hauptargument (beim schnellen Lesen) so verstanden oder zumindest interpretiert:
        Ausländische Notenbank “druckt” Euros für ausländische Geschäftsbank, die kann diese als Kredit vergeben.
        Mit den neu geschaffenen Euros werden dann z.B. bei uns Waren bestellt; wir = genauer die deutsche Exportindustrie bekommt die frischen Euros – zwar nicht als allererste, aber immerhin im zweiten Schritt. Ist ja schon mal was…
        Mit den Euros können dann die Export-Unternehmen und -Beschäftigten einkaufen und haben den Vorteil vor – theoretisch – der steigenden Inflation durch die Geldmengenausweitung gekauft zu haben. (Zumindest wenn sie schlau sind. Vielleicht liegt es auch auf dem Konto. Dann wäre es vermutlich weniger schlau.)

        Das wäre dann zumindest ein leicht nachvollziehbares Argument, dass “wir” auch von dem Mechanismus profitieren. (Natürlich nicht “wir”, wenn man nicht in der Exportindustrie arbeitet…)

        Vielleicht gab es das Thema hier auch schon mal. Mit google und Wikipedia konnte ich mir das jedenfalls bislang nicht beantworten…

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        „Ausländische Notenbank „druckt“ Euros für ausländische Geschäftsbank, die kann diese als Kredit vergeben.“

        Andere Reihenfolge: Ausländische Geschäftsbank vergibt Kredite, mit denen direkt oder indirekt deutsche Autos gekauft werden. Wenn sich die Geschäftsbank aufgrund des beständigen Zahlungsmittelabflusses irgendwann nicht mehr hinreichend über den Interbankenmarkt refinanzieren kann, kommt die NZB ins Spiel und verhilft der Geschäftsbank gegen Verpfändung und/oder Verkauf von Sicherheiten zu der benötigten Menge an Zentralbankgeld. Mit dieser erzeugten Menge an Zentralbankgeld kann sie nun die Salden mit deutschen Geschäftsbanken ausgeglichen und die TARGET-Salden schwellen an.

        LG Michael Stöcker

    • FRK
      FRK sagte:

      @Thomas Stümmler says:
      Montag, 18UTCMon, 18 Dec 2017 11:08:12 +0000 18. Dezember 2017 um 11:08

      Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Unsere Unternehmen haben doch für alle im Ausland verkauften Waren echte Euros erhalten und nicht nur Forderungsgutscheine. Daher hat unsere Volkswirtschaft direkt den Vorteil aus diesem Exportboom. Diese Euros landen in den Taschen unserer Unternehmen und Beschäftigten. Wo ist da der drohende Verlust?

      * * * * * * *
      Bei einem Staat, wie z. B. Norwegen ist dies ja auch der Fall (die exportierenden Unternehmen haben auch Geld erhalten). Nur mit dem gravierenden Unterschied, dass der Staat Norwegen (National Bank?) aus diesen Einnahmen einen riesigen Staatsfonds gebildet hat. Die Bundesrepublik Deutschland hat hingegen 2 Billionen Schulden und noch zusätzlich RIESIGE BÜRGSCHAFTEN übernommen.

      In früheren vor Euro-Zeiten bewirkten unsere Exportüberschüsse, dass die BuBa einen beachtlichen *)Goldschatz ansammeln konnte. M. E. ist das Nichtvorhandensein eines vergleichbaren Staatsfonds und zusätzlichen Goldschatzes aus unseren Exportüberschüssen DER VERLUST.

      *) Dass dieser Goldschatz durch einen „unzweckmäßigen“ Lagerort (USA) womöglich auch nicht (mehr) vorhanden ist, ist ein anderes Thema.

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  2. FRK
    FRK sagte:

    @ Thomas says: Freitag, 15UTCFri, 15 Dec 2017 14:20:32 +0000 15. Dezember 2017 um 14:20

    >>Könnte nicht eine Institution, die dem Staat/dem Bürger gehört, auf Bundesbank-Pump Sachwerte im EU-Ausland kaufen und damit dann die Salden glattziehen? Dann hätte das Ausland praktisch gesprochen eine Auto von uns und wir eine Anteile an den Sachwerten dort.
    Ich weiß, ist jetzt ganz frei assoziiert; aber nur mal so als Gedankenspiel… So ganz abstrus ist der Gedanke ja nicht, wenn andere Notenbanken Aktien kaufen oder es halt Staatsfonds gibt<<.

    **************
    Ich hatte am 12.10.2017 unter http://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/einer-kauft-snb-aktien-wie-wild/
    ähnliche Gedanken geäußert:

    „Sehr geehrter Herr Stelter,
    unter dem Titel „Heimliches Gelddrucken in Rom und Paris“ hat die FAZ am 7. Dezember 2015 aufgedeckt, dass die nationalen Notenbanken des Euroraums in größerem Umfang auf eigene Rechnung Staatsanleihen kaufen.

    Entschuldigen Sie meine evtl. unbedarfte Anmerkung.

    Es müsste doch irgendwie möglich sein, dass die deutsche Bundesbank mittels „Target2-Guthaben“ – vielleicht über eine geeignete evtl. noch gründende Zweck-Gesellschaft – werthaltige Güter, Anlagen, Aktien, Immobilien, Schürfrechte, …..usw. in den jeweiligen „Schuldnerländern“ kauft.

    M. E. wäre diese Vorgehensweise im Gegensatz zum „heimlichen Gelddrucken in Rom und Paris“ wohl eher vertretbar, denn es handelt sich ja schließlich um Forderungen“.

    Michael Stöcker says, jetzt am 15.12.2017 dazu:
    „Ja, so macht es die SNB und so könnte es auch unmittelbar die Bundesbank machen. Damit geht sie allerdings andere Risiken ein und betätigt sich in einem Umfeld, für das sie eigentlich kein Mandat hat. Und warum sollten die kompetenter sein als die Kapitalsammelstellen?“

    ************
    Beides in diesem Zusammenhang ist mit Risiken verbunden Es ist die Frage, welche größer sind. Das Mandatsproblem könnte ggf. durch eine geeignete juristische Konstruktion sicher irgendwie gelöst werden (sh. z. B. ESM). Hochqualifizierte Fachkompetenz bzw. spezialisierte Gesellschaften kann die BuBA beauftragen.

    Vermutlich liegt dies m. E. nicht an der Machbarkeit, sondern am fehlenden politischen Willen den Amtseid zu erfüllen: „zum Nutzen des deutschen Volkes“.

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    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Ich finde es eine sehr berechtigte Überlegung. Allein, mir fehlt die Phantasie. Wenn die Buba für die Forderungen etwas anderes kaufen wollte, müsste sie im Gegenzug jemanden finden, der die Forderungen übernimmt. Denke ich zumindest. Wer sollte das sein? Denn die Tatsache, dass wir heute überhaupt die Tatget 2 Forderungen haben, ist doch die Folge davon, dass der Privatsektor es eben nicht halten möchte. Würde der Privatsektor es finanzieren, wäre die Buba außen vor. Die SNB „druckt“ CHF und kauft damit Assets in Fremdwährung. Das ist etwas anderes und nicht die Folge einer Weigerung des Privatsektors Kredit zu gewähren.

      Gäbe es einen Weg für die Buba käme der politische Aspekt hinzu. Sofort wäre die Spekulation da, dass der Euro doch nicht überlebt und eine neue Flucht setzte ein. Auch deshalb wohl keine Suche nach einer Alternative….

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      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        „Wenn die Buba für die Forderungen etwas anderes kaufen wollte, müsste sie im Gegenzug jemanden finden, der die Forderungen übernimmt. Denke ich zumindest.“

        Das denke ich nicht, Herr Dr. Stelter. Die TARGET-Salden sind eben keine Forderungen. Von daher muss die Bundesbank auch niemanden finden, der diese „Forderungen“ übernimmt. Forderungen hat die Bundesbank aus dem Ankauf von Anleihen. Ein Verkauf solcher Anleihen durch die Bundesbank an z. B. Griechenland würde doch die TARGET-Salden noch weiter anschwellen lassen.

        Die Bundesbank kann jederzeit Assets am Markt ankaufen und mit dem „unendlichen“ Vorrat an Zentralbankgeld bezahlen. Sofern es sich um Anleihen handelt, wird zusätzliche temporäre Liquidität in den Markt gebracht, die am Fälligkeitstag durch Rückzahlung entweder wieder aus dem Markt verschwindet oder aber die Anleihe wird revolviert.

        Bei sonstigen Assets (Aktien, Gold, Immobilien…) hängt der Liquiditätsentzug/Liquiditätszuführung ausschließlich am Willen der Bundesbank. Um es noch einmal ganz klar deutlich zu machen: Eine Zentralbank kann ALLE ihre Ausgaben JEDERZEIT aus dem „unendlichen“ Speicher an Zentralbankgeld bezahlen. Sie sollte dies natürlich mit Bedacht machen und nicht jeden Unsinn aufkaufen.

        „Die SNB „druckt“ CHF und kauft damit Assets in Fremdwährung. Das ist etwas anderes und nicht die Folge einer Weigerung des Privatsektors Kredit zu gewähren.“

        Die SNB hat als Vertreter eines kleinen Landes das Problem des Save Haven: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Themen/2014/2014_07_24_schweizer_franken_und_us_dollar_sind_safe_haven_waehrungen.html?nsc=true. Über Devisenmarktinterventionen versucht sie den Wechselkurs nahe der Kaufkraftparität zu halten. Nicht einfach und auch nicht ohne Risiken. Und dass QE keinen/kaum Einfluss auf die Kreditgewährung hat, sollte sich eigentlich inzwischen herumgesprochen haben. Das Problem sind weniger die Banken, als vielmehr die willigen potentiellen Schuldner (Stichwort: Tränke und Pferde).

        LG Michael Stöcker

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        Ich glaube, der politische Aspekt ist noch viel wichtiger als der Werthaltigkeitsaspekt. Wenn die Bundesbank anfängt, anderen Notenbanken innerhalb der Eurozone zu misstrauen, ist der Euro über Nacht tot. Spannend wird es, sollte die Bundesbank mal unerwartet selbst Probleme bekommen. Das sehe ich zwar momentan nicht, aber vielleicht fehlt mir die Phantasie…

    • Thomas
      Thomas sagte:

      @FRK : Wobei ich nicht ausschließen möchte, dass ich Ihren Kommentar gelesen, als interessanten Gedanken gespeichert hatte und nun als meinen vermeintlich eigenen wiederentdeckt hatte ;)

      Antworten
      • FRK
        FRK sagte:

        @Thomas
        Ich freue mich, wenn jemand einen sich doch quasi aufdrängenden Gedanken auch hat. Damals gab es zum eigentlichen Thema keine Resonanz.

  3. Michael
    Michael sagte:

    Es ist fast unerträglich, mitansehen zu müssen, wie Merkel & Co. unser Land Tag für Tag immer weiter ruinieren, und die einzige Alternative, die Lösungen aufzeigt, unerbittlich bekämpfen. So langsam bekomme ich immer mehr Verständnis mit denjenigen, die bei Demos mit einem Galgen für Merkel & Co. herumlaufen.

    Antworten
  4. Thomas
    Thomas sagte:

    >Das ist etwas anderes als verpflichtet sein, unbegrenzt (!) Kredit zu geben.

    Dass die TARGET-Salden vergleichbar zu Krediten sind, ist ja eine der (für mich zumindest…) klaren und verständlicheren Interpretationen von TARGET. Wenn nun die Bundesbank nicht “nein” sagen kann (oder könnte sie das?) zum Aufbau der Salden, ist sie durch das System letztlich doch verpflichtet unbegrenzt Kredit zu geben?

    (Sofern man der Kredit-Interpretation folgt. Die erhielt – fand ich persönlich – durch die EZB den Ritterschlag durch ihre Erklärung zur Konsequenz eines Euro-Austritts. Wenn die Salden Relevanz nach einem Austritt haben, haben sie ihn strikt logisch auch schon vor dem Austritt, also heute.)

    Ich finde nur schräg, dass wir anscheinend in Deutschland keine Mechanismen haben, um selber in ordentlicher Größenordnung Verbindlichkeiten gegenüber der EZB aufzubauen, die dann die Forderungen neutralisieren?

    Könnte nicht eine Institution, die dem Staat/dem Bürger gehört, auf Bundesbank-Pump Sachwerte im EU-Ausland kaufen und damit dann die Salden glattziehen? Dann hätte das Ausland praktisch gesprochen eine Auto von uns und wir eine Anteile an den Sachwerten dort.

    Ich weiß, ist jetzt ganz frei assoziiert; aber nur mal so als Gedankenspiel… So ganz abstrus ist der Gedanke ja nicht, wenn andere Notenbanken Aktien kaufen oder es halt Staatsfonds gibt.

    Antworten
      • Thomas
        Thomas sagte:

        Natürlich nicht komplett aufkaufen, sondern nur im Gegenwert für die 10.000 € pro Kopf bei uns Anteile an Immobilien und börsennotierten Unternehmen, damit man einen materiellen Gegenwert zu den zuvor exportierten Gütern hat und nicht nur ein paar elektronische Zahlen auf einem EZB-Server.

        (Zum Niederkonkurieren: Das klingt immer so, als ob es einen bewussten Entschluss der Deutschen gegeben hätte. Es zwingt ja nun auch niemanden Billig-Lebensmittel oder qualitativ hochwertige Autos aus Deutschland zu importieren. Umgekehrt haben auch genügend Bürger aus den Nachbarländern Anteile an unseren Firmen und besitzen hier Immobilien, die sich Deutsche im eigenen Land nicht leisten können. Ist ja keine schwarz-weiße Angelegenheit. Aber Handel sollte halt schon in beide Richtungen gehen… sonst macht er keinen Sinn.)

    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      „Dass die TARGET-Salden vergleichbar zu Krediten sind, ist ja…“

      einer der riesengroßen Irrtümer, für die Hans-Werner Sinn die Hauptverantwortung trägt. Seine Kompetenzen liegen eindeutig nicht im monetären Breich.

      „Könnte nicht eine Institution, die dem Staat/dem Bürger gehört, auf Bundesbank-Pump Sachwerte im EU-Ausland kaufen und damit dann die Salden glattziehen? Dann hätte das Ausland praktisch gesprochen eine Auto von uns und wir eine Anteile an den Sachwerten dort.“

      Ja, so macht es die SNB und so könnte es auch unmittelbar die Bundesbank machen. Damit geht sie allerdings andere Risiken ein und betätigt sich in einem Umfeld, für das sie eigentlich kein Mandat hat. Und warum sollten die kompetenter sein als die Kapitalsammelstellen?

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Thomas
        Thomas sagte:

        Ich würde ja gerne die Gegeninterpretation nachvollziehen. Was ich bis dato gelesen hab, war aber so komplex geschwurbelt, dass ich das nicht verstanden hab. (Das mag dann an meinem fehlendem Hintergrundwissen liegen; aber ich hatte eher das Gefühl, dass man verkompliziert einen Sachverhalt (v)erklärt.)

        Die Kredit-Analogie (auch wenn Kredit vielleicht nicht der richtige Begriff ist) finde ich hingegen nachvollziehbar. Weiterhin in der “physikalischen” Welt exportiert Deutschland ja anscheinend fleißig, ohne entsprechende (Waren-) Importe vorzuweisen (oder ist das auch fraglich?). Dann meinte Draghi noch, das sei zurückzuzahlen. Das deutet für mich alles in die Richtung, dass Deutschland da eben doch Forderungen aufbaut und nicht werthaltig geltend macht.

        Ich sag ja nun nicht, ich hab recht und das ist richtig; ich möchte nur beschreiben, wie ich es sehe.

        Bzgl. Kompetenz: Da bin ich ja bei Ihnen. Als irgendwer von der SPD vor ein paar Jahren mal vom deutschen Staatsfonds anfing zu erzählen, dachte ich: Super, da ist der Buyer of Last Resort aka Allergreatest Fool ;) Aber in diesem Zusammenhang denke ich mir: Lieber ne überteuerte Eurostoxx-Aktie neben Goldbarren im BuBa-Tresor als ein paar TARGET2-Bytes auf einem EZB-Server…

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        Ja, das Thema ist schwierig zu verstehen; insbesondere deshalb, weil von an sich klugen Professoren dazu schon so viel Unsinn verbreitet wurde. Und wie soll es erst der Laie verstehen, wenn noch nicht einmal unsere VWL-Professoren den Durchblick haben. Das Thema TARGET können Sie nur dann verstehen, wenn Sie das Geldsystem verstanden haben. Hier finden Sie ein weitgehend gute Aufbereitung des Themas von Rudolf Müller: http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Das_Geldrätsel:_Inhalt .

  5. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Die Deutsche Bundesbank ist im Eurosystem verpflichtet, unbegrenzt Kredit zu geben.>

    Das ist mir neu.

    Die Bundesbank ist meinem Verständnis nach eine Institution, die im Eurosystem u. a. an der Saldierung von Transaktionen zwischen deutschen Unternehmen und Banken sowie ausländischen Unternehmen und Banken beteiligt ist.

    Das ist etwas anderes als verpflichtet sein, unbegrenzt (!) Kredit zu geben.

    >Doch vor einigen Monaten erklärte die EZB höchst offiziell, dass ein Land diese Verbindlichkeiten tilgen müsse, sollte es aus dem Euro austreten. Spätestens seitdem ist klar, dass es sich eben um mehr handelt als um ein buchhalterisches Problem.>

    Genauer:

    Wenn ein Land austritt, muss es die Salden ausgleichen, WEIL die Target 2-Salden dann – aber erst dann – zu
    Verbindlichkeiten mutieren.

    Und dann, in der Tat, handelt es sich um mehr als ein buchhalterisches Problem.

    Daher ist der Konsens:

    Ein Austritt MUSS verhindert werden, damit die Salden nicht Verbindlichkeiten werden und nicht auszugleichen sind.

    >Wir hier in Deutschland hingegen sind gezwungen, unsere Ersparnisse so schlecht anzulegen, dass es einem Verschenken gleichkommt.>

    Das sind wir nicht.

    Wir könnten aus der Eurozone austreten und nur an die Kunden in der Welt unsere Waren verkaufen, die sich irgendwo anders als bei uns verschulden, um sie bezahlen zu können.

    Wir tun es aber nicht, weil der Austritt aus der Eurozone für uns TEURER wird als ein WEITER-So.

    Oder um im hier aufgerufenen Bild zu bleiben:

    Eine Kneipe, der ein Großteil der Stammgäste wegbleibt, ist existenzgefährdet.

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      „Wenn ein Land austritt, muss es die Salden ausgleichen, WEIL die Target 2-Salden dann – aber erst dann – zu Verbindlichkeiten mutieren.“

      Nein, Herr Tischer, hier mutiert nichts zu Verbindlichkeiten. Die Worte seinerzeit von Draghi waren doch nichts anderes als eine leere Drohung an unwissende Politiker, die keinen Unsinn machen sollen. Im Falle eines Austritts gibt es zwei Möglichkeiten:

      1. Die Salden bleiben exakt so bestehen wie sie sind. Dies trifft auf den Fall zu, dass alle Altverträge, die auf Euro lauten auch weiterhin in Euro bedient werden müssen.

      2. Die Salden (oder ein Teil) werden auf der Aktivseite der Bundesbank in Devisenreserven (Lira etc.) umgebucht (reiner Aktivtausch; Verbindlichkeiten befinden sich auf der Passivseite einer Bilanz), sofern die Altkredite auch auf die neue Landeswährung umgestellt werden. In diesem Fall trägt die Bundesbank das Wechselkursrisiko und wir als Steuerzahler somit ebenfalls, da die Verluste aus Abwertungen den ausschüttungsfähigen Gewinn mindern.

      Die spannende Frage ist, wie mit den Guthaben der Fluchtgelder auf deutschen Konten umgegangen wird, die ja ebenfalls einen Teil der Salden ausmachen. Aus meiner Sicht müssten diese ebenfalls per Stichtag dann auf Lira etc. umgestellt werden. Juristisch wohl nicht ganz trivial.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Michael Stöcker
        Es behagt ihnen sicher nicht von mir Zustimmung zu bekommen, aber sie haben Recht.

        >1. Die Salden bleiben exakt so bestehen wie sie sind.
        Die sich darin verbergende Schuld bleibt und die Zahlungsmittel (im Fall den Einlösens dieser Guthaben) werden “einfach” geschaffen.

        >2. Die Salden … auch auf die neue Landeswährung umgestellt…
        Auch wenn die jeweilige Landesregierung nach Abwertung ihrer neuen Währung diese Salden niemals wird tilgen können.

        Es ist ein Zombiesystem, denn wer garantiert, dass außerhalb der Eurozone Lieferanten (China) solchen Mist als Zahlungsmittel akzeptieren werden? In >10 Jahren, wenn die Demographie & Migration unseren Gesellschaften so zusetzen, dass wir “Ersparnisse” auflösen wollen?

        Dass sie keine Sorge über den Wert des Geldes teilen, aber Gedanken darüber verschwenden jemand könnte zuviel davon haben, kennzeichnet bemerkenswert.
        >Die spannende Frage ist, wie mit den Guthaben der Fluchtgelder auf deutschen Konten ….nicht ganz trivial.

        Keine Sorge, griechische Fluchtgelder im Berliner Immobilienmarkt werden eine natürliche Abwertung erfahren, gründlicher als alle Lastenausgleiche zusammen.

        Das gilt nicht nur für Berlin sondern für alle jene Standorte, wo man glaubt geschenkte Menschen ansiedeln zu müssen. Immobilienfachleute kennen nur drei Kriterien: Lage, Lage, Lage….

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Sie wissen doch auch, wie Olaf Sievert H.-W. Sinn geantwortet hat:

        http://wirtschaftlichefreiheit.de/wordpress/?p=8787

        Daraus:

        (2) Die Betrachtung der Target2-Salden macht erst Sinn, wenn man die Möglichkeit untersucht, dass die Europäische Währungsunion aufgelöst und die EZB liquidiert wird. Dann werden aus internen Verrechnungsgrößen Vermögenspositionen – beanspruchte, bestrittene, durchsetzbare, undurchsetzbare. Freilich, dann ändert sich so viel anderes zugleich, und womöglich in katastrophaler Weise, dass eine solche separate Antizipation wieder keinen Sinn macht. Auf keinen Fall darf man aber zwischen den Fällen des Going Concern und der Liquidation nach Belieben hin und her springen – wenn man möglichst ohne Missverständnisse miteinander reden will. Im einen Fall geht es um Gewinn und Verlust aus einer auf gemeinsame Rechnung laufenden Unternehmung und dessen Verteilung, im andern Fall um die Bilanz eines großen Scheiterns. Hier hilft nur separates Diskutieren. – Mit Einschränkung gilt das Gleiche für den Fall des Ausscheidens, namentlich des unfriedlichen Ausscheidens eines Mitglieds der Währungsunion.

        Dann – ERST dann – werden aus internen Verrechnungsgrößen Vermögensdispositionen …

        DANN ist der Verweis auf einen Systemwechsel, nämlich ein Wechsel vom Eurosystem zu einem anderen System in dem es die internen Verrechnungsgrößen nicht mehr gibt als DAS, was sie im Eurosystem sind – Verrechnungsgrößen.

        Genau diese Position nimmt Draghi ein in seinem Brief, wenn er sagt:

        “If a country were to leave the Eurosystem, its national central bank’s claims on or liabilities to the ECB would need to be settled in full.

        Heißt im Umkehrschluss:

        Innerhalb des Eurosystems (System der Zentralbanken der Euroländer) – wenn man es eben nicht verlässt – muss überhaupt nichts ausgeglichen werden.

        Wenn ein Land das Eurosystem verlässt, dann allerdings bestehe ich, Draghi, darauf, dass die Verrechnungsgrößen der Zentralbank dieses Landes je nach Saldo als Forderungen oder Verbindlichkeiten gegenüber dem Rest-Zentralbanksystem der verbliebenen Euroländer anzusehen sind.

        Soweit zum Thema Target 2-Salden und Forderungen.

        Ich stimme allerdings nicht mit O. Sievers überein, wenn er sagt:

        >… dann ändert sich so viel anderes zugleich, und womöglich in katastrophaler Weise, dass eine solche separate Antizipation wieder keinen Sinn macht.>

        Selbstverständlich macht die Antizipation einen Sinn, weil die Liquidierung der EZB ein mögliches Ereignis ist.

        Es macht aber keinen Sinn, konkrete Aussagen darüber zu fällen, mit welchen VERMÖGENSDISPOSITIONEN im Falle der Liquidierung der EZB zu rechnen ist.

        Denn das steht in den Sternen und ist aller Erfahrung nach Verhandlungssache (siehe Zahlungen von GB an die EU aufgrund des Brexit).

        Was mich betrifft, ist dieses Thema geklärt.

        Wer noch etwas zu klären hat, wird das ohne mich tun.

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        „Es behagt ihnen sicher nicht von mir Zustimmung zu bekommen, aber sie haben Recht.“

        Wieso sollte mir das Unbehagen bereiten? Es ist doch völlig normal, dass Menschen bei normativen Fragen unterschiedliche Auffassungen vertreten. Darüber lässt sich trefflich streiten. Aber die TARGET-Problematik ist eben keine normative Frage, sondern eine rein buchungstechnische in einem zweistufigen Geldsystem.

        „Auch wenn die jeweilige Landesregierung nach Abwertung ihrer neuen Währung diese Salden niemals wird tilgen können.“

        WIR haben es in der Hand, diese Salden zu „tilgen“; nicht die Landesregierungen oder wer auch immer. Zu diesem Zweck müssen WIR im bilateralen Austausch ganz einfach mehr importieren als exportieren. Wenn WIR aber auch in Zukunft Exportweltmeister bleiben wollen, dann sollten WIR uns auch nicht über TARGET-Salden und schwankungsanfällige Devisenreserven echauffieren. Das ist letztlich eine intellektuelle Trottelnummer.

        „Dass sie keine Sorge über den Wert des Geldes teilen, aber Gedanken darüber verschwenden jemand könnte zuviel davon haben, kennzeichnet bemerkenswert.“

        Und ob ich diese Sorge teile; denn die Stärke einer Währung wird durch die realwirtschaftliche Stärke determiniert. Und diese Stärke hängt wiederum an Bildung und Infrastruktur sowie der Fähigkeit, sich an neue Bedingungen anpassen zu können. Statt den strukturellen Wandel zu unterstützen, ist die Politik zu einseitig auf die Interessen der aussterbenden Altindustrien fixiert, anstatt den Wandel aktiv zu begleiten.

        Und wenn Sie der Meinung sind, dass in einem Kreditgeldsystem die Geldakkumulation kein Problem ist, dann sollten Sie sich mal aus makroökonomischer Perspektive darüber Gedanken machen, womit denn die Kreditnehmer ihre Kredite tilgen sollen/können.

        Beim Thema „geschenkte Menschen“ gibt es wohl keinen Dissens in unseren normativen Auffassungen und Einschätzungen.

        LG Michael Stöcker

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        „Dann – ERST dann – werden aus internen Verrechnungsgrößen Vermögensdispositionen“

        So ist es, Herr Tischer. Aber es sind und bleiben Vermögen und keine Schulden/Verbindlichkeiten.

        „Wenn ein Land das Eurosystem verlässt, dann allerdings bestehe ich, Draghi, darauf, dass die Verrechnungsgrößen der Zentralbank dieses Landes je nach Saldo als Forderungen oder Verbindlichkeiten gegenüber dem Rest-Zentralbanksystem der verbliebenen Euroländer anzusehen sind.“

        Sowenig wie TARGET-Salden Forderungen/Verbindlichkeiten sind, sowenig gilt dies auch für Devisen. Denn mit diesen Devisen wurden ja gerade die Salden der Leistungsbilanz ausgeglichen. Einfach noch mal hier vorbei schauen: https://soffisticated.wordpress.com/2013/10/24/geld-der-saldenausgleichstandard-von-geschaftsbanken/

        „Was mich betrifft, ist dieses Thema geklärt.“

        Dem möchte ich mich doch gerne anschließen.

        LG Michael Stöcker

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Michael Stöcker
        >Und wenn Sie der Meinung sind, dass in einem Kreditgeldsystem die Geldakkumulation kein Problem ist, dann sollten Sie sich mal aus makroökonomischer Perspektive darüber Gedanken machen, womit denn die Kreditnehmer ihre Kredite tilgen sollen/können.

        Warum wollen sie das System vor sich selbst schützen? Weil es klug ist für die Markteilnehmer zu denken? Wer den Menschen die Verantwortung für ihre Entscheidungen abnimmt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sie leben wie die Kinder (Moral Hazard). Die Folge:

        >Und diese Stärke hängt wiederum an Bildung und Infrastruktur sowie der Fähigkeit, sich an neue Bedingungen anpassen zu können. Statt den strukturellen Wandel zu unterstützen, ist die Politik zu einseitig auf die Interessen der aussterbenden Altindustrien fixiert…<
        Die Rettung der … fallenden Kinder.

        Risiko zulassen, damit es niemals zur kollektiven Katastrophe kommt. Die Marktteilnehmer können auch Verantwortung, man darf ihnen nur nicht helfen.

        Die systemischen Fehler korrigiert man am Ende des Durchganges sowieso nicht mehr…

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ Alexander

        „Warum wollen sie das System vor sich selbst schützen? Weil es klug ist für die Markteilnehmer zu denken? Wer den Menschen die Verantwortung für ihre Entscheidungen abnimmt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sie leben wie die Kinder (Moral Hazard).“

        Weil auch ich Bestandteil dieses Systems bin und ein Absturz wie 1929 ff. in den totalen Untergang führen kann. Daraus zu schlussfolgern, dass ich für die Marktteilnehmer denken möchte oder gar den Menschen die Verantwortung für ihre Entscheidungen abnehmen möchte, ist ein Trugschluss. Ganz im Gegenteil: Ich bin ein großer Befürworter von persönlicher Verantwortung und bin strikt gegen jede Art von Tittytainment. Es ist aber ein riesengroßer Irrglaube, dass aus den individuellen Handlungen aller schon etwas kollektiv Sinnvolles entstehen könnte. Der Matthäus-Effekt birgt in sich ein ungeheures Zerstörungspotential. Einfach zu Weihnachten mal wieder eine Runde Monopoly spielen, damit Sie sich wieder daran erinnern, wie diese Welt schon seit vielen tausend Jahren wirklich funktioniert. Auch dort gibt es immer mal wieder frische monetäre Injektionen, damit das Spiel weiter geht. Aber am Ende gibt es immer nur einen Sieger und danach gehen wieder alle zurück auf Los. Wir sollten endlich mal die gesellschaftspolitischen Konsequenzen aus diesem Spiel ziehen, damit uns zukünftige Katastrophen dieser Art erspart bleiben.

        LG Michael Stöcker

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Michael Stöcker

        Man kann den Menschen nicht vor sich selbst schützen, das ist noch nie gelungen. Obwohl die Verluste in jedem Krieg schrecklich sind, glaubt jeder Teilnehmer er würde zu den überlebenden Gewinnern gehören. Irrationalität gehört zum Menschsein.

        Ich befürchte, dass dieser Durchgang härter endet als 1929 – weil die Anzahl der Spieler größer ist und wir globalisiert sind.

        Die gesellschaftspolitische Konsequenz wäre? – nur eine, keine Politik.
        Es waren immer Führer (Könige, Kaiser, Präsidenten), die den Menschen in seine Katastrophen steuerten, für sich allein stirbt der Idiot ohne Schaden anzurichten.

        Ich glaube nicht, dass wir Führer wie Macron, Berlusconi, Trump oder Schulz brauchen um zukünftig Innovationen hervor zu bringen.

    • Lutz
      Lutz sagte:

      >Wir könnten aus der Eurozone austreten und nur an die Kunden in der Welt unsere Waren verkaufen, die sich irgendwo anders als bei uns verschulden, um sie bezahlen zu können.<

      Aha und diese dritte Volkswirtschaft ist aus der Sicht der deutschen Volkswirtschaft kein Ausland ? Es würde nicht unsere Leistungsbilanzüberschüsse zementieren bzw. noch weiter steigen lassen ? Diese Überschüsse sind aber ein riesiges Problem, für den Rest der Welt, aber ganz am Ende auch gerade für uns als Gläubigerland. Stelter schreibt doch (richtigerweise) ständig das die Forderungen nicht werthaltig sind. Anders als Stelter sehe ich in diesen Ungleichgewichten das größere Problem, als in der Überschuldung. Für mich ist die Überschuldung eher die Folge dieser Ungleichgewichte und nicht deren Ursache. Jedenfalls zu einem erhebliche Teil. .Natürlich gibt es noch andere Gründe die zu beachten sind und auch hier regelmäßig in epischer Breite diskutiert werden. Die Lösung wird auch nicht strukturell erfolgen, sondern ein technischer Vorgang sein. Schuldenschnitt, Monetarisierung oder sonst was.

      Aber fahren Sie schonmal ruhig um die Welt und erklären den einzelnen Staaten/ Volkswirtschaften, das sie Defizitländer kreditieren sollen, damit sie deutsche Produkte kaufen können. Denn die deutsche Volkswirtschaft ist ja von Natur aus Dauerexporteuer mit Leitungsbilanzüberschuss gegenüber der GESAMTEN restlichen Welt und kann das auch nicht ändern, weil wir ja an verfassungsrechtlicher Schuldenbremse und Lohnmoderation festhalten müssen.
      Und wenn der rest der welt das nicht tut, dann bricht hier alles zusammen und das wäre ja nicht fair gegenüber den Deutschen. Wir wollen doch nur die besten und Größten sein und der rest der Welt soll uns ads doch bitteschön gönnen.

      Wir werden als Gesellschaft den Preis bezahlen, weil der Gläubiger am Ende immer der Dumme ist, wenn er auf seinen Forderungen besteht und den anderen keine Chance gibt, die Defizite abzubauen. Neben den Strukturproblemen in den einzelnen Volkswirtschaften verhindern doch gerade wir mit unserer Wirtschaftspolitik das Defizitländer Überschüsse machen können. Aber nur durch den Überschuss an Exporten und den darausfolgenden Leistungsbilanzüberschüssen kann der Rest der Welt seine Defizite gegenüber Deutschland abbauen. Es geht nicht um das Defizit einer einzelnen Volkswirtschaft gegenüber Deutschland, sondern um das Defizit der gesamten Welt gegenüber Deutschland.

      Ihre Idee ist m.E.n. makroökonomischer Blödsinn und löst das Grundproblem nicht, sondern verschärft es noch. Denn es bewirkt nur das zusätzlich zu den heutigen Problemvolkswirtschaften die potenziellem Kreditgeber, selbst ins Visier der Finanzmärkte geraten, weil sie Ausfälle in Milliardenhöhe zu verkraften haben. Und das nur damit Defizitländer deutsche Produkte kaufen können. Blöd nur das die Kreditgebenden Volkswirtschaften davon nichts haben, wenn damit unsere Produkte und Dienstleistungen bezahlt werden.

      Ihre Idee ist nicht nur keine Lösung, sondern strenggenommen dummdreist. Und wir wundern uns warum das Ausland mit Fingern auf uns zeigt und uns kritisiert. Bei solchen Ideen wundert es micht nicht.

      Den Umstand das die Finanzierung über globale Kapitalmärkte abläuft und einzelne Volkswirtschaften nur bedingt die Geldströme beeinflussen können ( und auch nicht sollen), habe ich mal bewusst ausgeklammert. Tischer ist ja auch nicht weiter darauf eingegangen. Dahinter steht die Frage wie er verhindern will, das deutsche Ersparnisse die gemeinsam mit Ersparnissen aus dem Rest der Welt über den Kapitalmarkt um die ganze Welt zirkulieren, nicht als Kredite an vermeintlich unzuverlässige Schuldner gehen. Schuldner und Defiziztländer sind ja in Deutschland ohnehin das ultimativ Böse. Unglaublich diese Sichtweise, aber man bekommt sie nicht ausgerottet.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Lutz

        Ich:

        >Wir könnten aus der Eurozone austreten und nur an die Kunden in der Welt unsere Waren verkaufen, die sich irgendwo anders als bei uns verschulden, um sie bezahlen zu können.Ihre Idee ist m.E.n. makroökonomischer Blödsinn und löst das Grundproblem nicht …

        … Ihre Idee ist nicht nur keine Lösung, sondern strenggenommen dummdreist. >

        SELBESTVERSTÄNDLICH ist sie das, WENN man das Grundproblem lösen will (für meine Antwort soll Ihr Grundproblem das Grundproblem sein).

        Habe ich gesagt, dass ich es lösen will?

        Das habe ich nicht gesagt.

        Ich habe nur gesagt, was wir tun könnten (Zitat oben).

        >Tischer ist ja auch nicht weiter darauf eingegangen.>

        Richtig, wenn Sie die Lösung des Grundproblems meinen.

        Der Grund ist auch ganz einfach:

        Man kann zwar auf das Grundproblem hinweisen, aber man kann es NICHT lösen.

        Denn es gibt keine INSTITUTION in dieser Welt, die über irgendeinen durchsetzbaren Mechanismus verfügte, der zwingend zu einer Lösung führen würde.

        Deutschland ALLEIN kann das Grundproblem nicht lösen.

        Wenn es versuchte, das Grundproblem zu lösen, würde es sich schaden, weil wir die Exportwirtschaft, die eine unverzichtbare Säule unserer Einkommensgenerierung ist, weitgehen aufgeben müssten.

        Der daraus entstehende Schaden mit gewollter Arbeitslosigkeit kann aus deutscher Sicht keine Lösung sein.

        Fazit:

        Saldenmechaniker können zwar ein Problembewusstsein generieren, sind aber für die praktische Gestaltung untauglich.

        Wirtschaftlich handelnde Subjekte, zu denen man auch Staaten zählen kann, handeln nach INTERESSEN, nicht nach der Saldenmechanik.

        In anderen Staaten wird das GENAUSO gesehen.
        Deshalb verschulden sich dort Wirtschaftssubjekte, um unsere Investitions- und Gebrauchsgüter zu kaufen.

        >Unglaublich diese Sichtweise, aber man bekommt sie nicht ausgerottet.>

        Wenn so, dann ist es – mit Verlaub – dummdreist von anderen zu FORDERN, sie müssten sich um eine Lösung des Grundproblems bemühen.

  6. Fala
    Fala sagte:

    Nur ergänzend der Hinweis, dass wir auch noch eine Haftungsunion haben:

    Verstieße bspw. Spanien gegen Ceta, haftet der EU und damit auch Deutschland …

    Antworten
  7. Lele Castello
    Lele Castello sagte:

    Wenn Sie jetzt denn Satz: “die unzureichende Wettbewerbsfähigkeit vieler Länder in der Eurozone”
    in: Deutschland konkurriert die anderen Eurostaaten mit Lohndumping (Agenda 2010 etc.) nieder
    ändern, sind die Zusammenhänge so denke ich, korrekt wiedergegeben.

    Antworten
    • Wolff Baer
      Wolff Baer sagte:

      Absolut richtig @Lele.

      Die von angeregte Ergänzung “Lohndumping” ist von Dr.Stelter schon sehr häufig als “innere Abwertung” in seinen Exposes erwähnt worden.

      Antworten
  8. Wolff Baer
    Wolff Baer sagte:

    Ein erneuter fundierter Bericht aus dem Situation-Room von Dr.Stelter.

    Hier werden wieder alle meine Befürchtungen der letzten Tage eindrucksvoll bestätigt und auch der Vorwurf widerlegt, ich würde nicht system-konform denken.

    Das System der unfähigen und volksschädigenden Politiker kann von keinem aufgeklärten Wähler mitgetragen werden, es sei denn, er selbst ist Teil des Systems oder arbeitet für den Staat, dem er Pflicht-Loyalität schuldet.

    Ich danke Herrn Dr.Stelter für die schonungslose Aufklärung und hoffe, daß auch die VWL-Profis das wahre Ausmaß der katastrophalen Politik-Fehler nicht wieder seitenlang verständnisvoll relativieren.

    Die nun breitere Themenvielfalt zusätzlich zu den speziellen volkswirtschaftlichen, divergierenden Theorien erlaubt jetzt auch nicht VWLer, an den Forums-Diskussionen teilzunehmen.und sollte nicht als unqualifiziertes Geschwätz bezeichnet werden, wie das vereinzelt schon geschehen ist.

    Antworten
  9. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “Deshalb ist es auch verlogen, wenn unsere Politiker vor einer „Schuldenunion“ in Europa warnen. Wir haben sie schon und wir haben dabei die dümmste Rolle übernommen, die man haben kann: die des Gläubigers.”
    Das ist volkswirtschaftlich unbestreitbar richtig und dennoch politisch und kommunikativ m.E. vollkommen falsch, Herr Dr. Stelter! Natürlich haben wir schon eine Schuldenunion über die EZB, sie wird nur offiziell nicht so genannt. Was aber aktuell von der Politik mit dem Begriff der “Schuldenunion” gemeint ist, dass wir künftig zusätzlich auch noch gemeinsame Schuldverschreibungen, Anleihen, etc. emittieren sollen, damit uns selbst der letzte politische Ausweg langfristig versperrt wird. Heute bleibt uns wenigstens noch die Hoffnung, dass eine andere Politik/andere Regierungsparteien/ein anderer Kanzler nach dem margin call durch Austritt aus dem Euro zur Vernunft zurückkehrt. Mit einer fiskalpolitischen Schuldenunion wäre selbst diese Hoffnung obsolet, weswegen die Warnung vor einer Schuldenunion m.E. überaus berechtigt ist. Es ist politisch ein gewaltiger Unterschied, ob die Bundesbank mehrere Hundert Milliarden Euro ausstehende (wenn auch wertlose) Forderungen in die unweigerlich beinharten Verhandlungen nach dem margin call einbringen kann oder ob wir in vorauseilendem Gehorsam jetzt schon ohne Not vor den Südländern kapitulieren wollen. Denn die Wähler werden die Situation der dann unweigerlich in den medialen Brennpunkt rückenden strauchelnden Bundesbank trotz fehlender Fachkenntnisse mitverfolgen und das sollen sie auch. Das wird das unvorbereitete Deutschland in einen Aufruhr versetzen, der dazu führen kann, dass wir die Mark wieder einführen oder aus EU austreten oder was auch immer. Dann würde die Zeit der Gemeinschaftswährung als “dumme Jahre” in die Geschichte eingehen.
    Wenn wir jetzt aber anfangen, dauerhaft auch noch gemeinsame fiskalpolitische Töpfe aufzumachen, würde uns nicht einmal mehr ein Austritt aus dem Euro oder der EU helfen. Dann würden wir diese vertragswidrige Politik auch noch legalisieren. Das würde uns noch mehr viel mehr schaden.

    Antworten
    • SB
      SB sagte:

      @Wolfgang Selig:

      “Wenn wir jetzt aber anfangen, dauerhaft auch noch gemeinsame fiskalpolitische Töpfe aufzumachen, würde uns nicht einmal mehr ein Austritt aus dem Euro oder der EU helfen. Dann würden wir diese vertragswidrige Politik auch noch legalisieren. Das würde uns noch mehr viel mehr schaden.”

      Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf (Honecker). Bis er (nicht: Honecker ;-)) sich selbst zerlegt. Wie es danach aussieht, konnte man seinerzeit im Ostblock bewundern, heute schon auf vielen deutschen Straßen und in sehr vielen deutschen Schulen). Das ist seinen Apologeten aber völlig egal, denn Hauptsache ist die Herstellung gleicher Lebensverhältnisse. Das heißt dann DDR für alle.

      Antworten
      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        Ja, aber im Unterschied zur DDR geht es um die Herstellung gleicher weltweiter Lebensverhältnisse durch die Deutschen. Damals war das die Aufgabe des großen Bruders Sowjetunion. Ich sehe nicht, dass der aktuelle große Bruder USA das fordern würde…

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Sie weisen sehr zu recht auf einen Unterschied, den Dr. Stelter hier übergeht.

      Es ist der Unterschied zwischen einer Schuldenunion, die INSTITUTIONALISIERT ist mit – sagen wir – einem EU-Finanzminister und Transfers in bestimmter Höhe unseres BIP zu dessen Verfügung und der Transferunion, die es schon gibt. Letztere betreffend, können die Einzahlungen in den EU-Topf immer wieder neu verhandelt werden, im Prinzip jedenfalls. Mit dem Austritt von GB kommt das auf die Tagesordnung.

      Eine institutionalisierte Schuldenunion wird es nicht geben mit CDU/CSU (mehrheitlich unter welchem/er Kanzler/in auch immer), FDP und AfD, weil das die Mehrheit im deutschen Bundestag ist und vermutlich auf absehbare Zeit auch bleiben wird.

      Jedem verantwortlichen Politiker in diesen Parteien ist klar, dass dies ein Fass ohne Boden sein und aus meiner Sicht schlimmer noch, uns zukünftig dringender, für uns SELBST benötigter Ressourcen berauben würde.

      Da dies in anderen Ländern ebenfalls so gesehen wird und eine institutionalisierte Transferunion wegen Vertragsänderung bzw. -ergänzung nur mit der Zustimmung aller Länder realisiert werden kann, ist dieser Ansatz von Macron mausetot.

      Wenn das nicht so sein sollte, dann tritt das ein (schon vor oder ohne einem margin call), was Sie völlig korrekt so beschreiben:

      >Das wird das unvorbereitete Deutschland in einen Aufruhr versetzen, der dazu führen kann, dass wir die Mark wieder einführen oder aus EU austreten oder was auch immer. Dann würde die Zeit der Gemeinschaftswährung als „dumme Jahre“ in die Geschichte eingehen.>

      >Wenn wir jetzt aber anfangen, dauerhaft auch noch gemeinsame fiskalpolitische Töpfe aufzumachen, würde uns nicht einmal mehr ein Austritt aus dem Euro oder der EU helfen.>

      Richtig ist, dass wir bis zu einem Austritt zahlen würden und uns dabei nichts helfen würde.

      Aber:

      Der Zeitpunkt eines Austritts würde für uns schnell näher rücken. Und so schwierig er wäre, irgendwann würde er erfolgen und zwar spätestens dann, wenn ein Mehrheit nicht mehr erkennen kann bzw. ihr nicht mehr zu vermitteln ist, dass die Zahlungen TROTZ der wachsenden Misere im eigenen Land vorteilhaft für uns seien.

      Ein Austritt ist die KÜNDIGUNG aller vertraglichen Vereinbarungen und natürlich auch – siehe Brexit – der Eintritt in Verhandlungen, wie es danach weitergehen soll.

      Was es unabhängig von diesen Überlegungen geben wir:

      Wir werden mehr HAFTEN müssen, damit die Eurozone nicht kollabiert. Das betrifft u. a. die immer dringender werdende Bankenhaftung. Es wird interessant sein wie wir uns da durchsetzen oder einknicken werden.

      Antworten
      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        Ja, es wird interessant sein, Herr Tischer, wobei dieses Wort weniger den positiven Beigeschmack der deutschen Sprache als den der chinesischen haben wird, gemäß der dortigen traditionellen Beschipfung: „Mögest Du in interessanten Zeiten leben!“

  10. eth
    eth sagte:

    @Stöcker: ein kurzer Thread-Hijack – Guy Benartzi fand ich deutlich überzeugender als Bernard Lietaer.

    Zwei Einwände:
    1) wollen Sie in Zukunft mehrere hundert verschiedene Währungen in ihrer virtuellen Brieftasche (sprich “in ihrem Telefon”) mit sich herumtragen? Ihren Bäcker mit den Pfandmarken Ihres Pizzarestaurants bezahlen? und
    2) als ich in den 90er das erste Mal das Internet benutzt habe, war es voller Heilsversprechen. Heute wird es von einigen wenigen Unternehmen (Facebook, Google, Amazon, usw.) weitgehend dominiert. Netscape gehört nicht dazu. Viele Heilsversprechen haben sich nicht erfüllt. Vor allem lässt sich die menschliche Natur nicht mit technischen Fortschritt ändern. Manch einer ist vielleicht sogar in der Versuchung zu sagen, die bestehenden Probleme werden durch das Internet lediglich aggraviert.

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Hunderte sicherlich nicht, aber 4 bis 5 kann ich mir schon vorstellen: Zwei Reservewährungen (Euro und Dollar), eine nationale/regionale Währung (z. B. DEURO) und ein oder zwei lokale Währungen (Chiemgauer, Elbtaler o. ä.). Die Zukunft wird’s erweisen.

      LG Michael Stöcker

      Antworten

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