Mit der Energie­wende scheitert auch Deutsch­land

„Scheitert die Energiewende, scheitert Deutschland“, warnt das Centrum für Europäische Politik (CEP) in einer aktuellen Studie. Und weiter: „Was niemand aussprechen will, kann gleichwohl passieren: dass die Energiewende scheitert. Die sprunghaft gestiegenen Energiepreise spiegeln reale Knappheit wider. Deutschland und Europa könnten mit den grünen Technologien auch die nächste industrielle Revolution verpassen und Wohlstand dauerhaft verlieren, wenn der nächste Investitions- und Innovationszyklus verpasst wird.“ Wie real die Gefahr eines Scheiterns ist, mussten wir in den vergangenen Monaten erfahren.

Basierte die Strategie zunächst darauf, wegfallende Atomkraft und volatilen Strom der Erneuerbaren mit Gaskraftwerken auszugleichen, ist das mit dem Krieg in der Ukraine hinfällig geworden.

Statt heimische Gasvorkommen zu erschließen, was zügig und ohne große Umweltrisiken mit Fracking möglich gewesen wäre, setzt man auf umweltschädliches und teures Flüssiggas. Statt die vorhandenen und voll funktionsfähigen Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen, setzt man auf dreckigen Kohlestrom.

Allein die von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zu „Freiheitsenergien“ erklärten Windkraftwerke und Solaranlagen sollen künftig die Industrienation am Laufen halten. Entgegen allen Beteuerungen ist das Problem der Speicherung großer Mengen an Energie zum Ausgleich von jahreszeitlich oder meteorologisch bedingten Produktionsschwankungen nicht gelöst. Und selbst wenn es gelingt, bedeutet die Notwendigkeit, Überkapazitäten und Doppelstrukturen zu bauen, dauerhaft hohe Energiepreise.

Die deutsche Energiewende, die laut CEP „bislang aus allem aus-, aber in nichts eingestiegen ist“ führt, wenig überraschend, zu hohen Energiepreisen, denen man nun staatlicherseits mit Subventionen begegnen will.

Energie als Lebenselixier der Wirtschaft

In Anbetracht der Tatsache, dass die Industriestrompreise bei uns um ein Mehrfaches höher sind als beispielsweise in China, könnten Subventionen bestenfalls ein paar Monate Erleichterung bringen. Da es aufgrund des stark reduzierten Angebotes an Strom aus günstigen heimischen Quellen keine Aussichten auf günstigere Marktpreise gibt, wird es nichts daran ändern, dass Industrie abwandert.

Die Bundesregierung glaubt wirklich, dass neue Industrien an die Stelle der alten treten und so das von ihr gern beschworene Wirtschaftswunder auslösen. Die Eigentümer des Heizungsbauers Viessmann haben durch ihre Entscheidung, das Unternehmen ausgerechnet jetzt in die USA zu verkaufen, demonstriert, dass Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit in vielen der Zukunftsmärkte fehlt.

Wärmepumpen sind ein Massenmarkt, in dem schon lange vor allem asiatische Unternehmen dominieren. Genau die freuen sich nun auf den durch das Gas- und Ölheizungsverbot der Bundesregierung erzeugten und mit Subventionen befeuerten Boom.

Die Windkrafthersteller sollen derweil ihre Kapazitäten nach den Vorstellungen der Bundesregierung verfünffachen, so Staatssekretär Dr. Patrick Graichen (Grüne) jüngst bei einer Branchenkonferenz.

Woraufhin der Chief Operating Officer von Siemens Gamesa, Tim Dawidowsky, mit Blick auf die Verluste der Branche klarmachte, dass dies nur mit direkten Subventionen möglich sei. Es ist aber – wie schon bei der Photovoltaik – absehbar, dass die Branche künftig von China dominiert wird.

Energie ist das Lebenselixier einer Wirtschaft. Die Transformation der Energieinfrastruktur in Richtung Klimaneutralität ist selbst sehr energieintensiv. Wer erst die Energie verteuert, um danach den Umstieg zu gestalten, darf sich nicht wundern, wenn er vom Exporteur von Technologien zum Importeur wird. Dies mit Subventionen zu kaschieren mag politisch opportun sein, führt jedoch nur schneller in den Niedergang.

Die Energiewende ist gescheitert. Um das Scheitern Deutschlands abzuwenden, bleibt nicht mehr viel Zeit. Einer der Gründe, warum das CEP fordert, mehr „Klimakapitalismus zu wagen“.

→ handelsblatt.com: “Mit der Energiewende scheitert auch Deutschland”, 7. Mai 2023