“‚Mehr Kommunismus wagen‘ ist erst der Anfang”

Dieser Kommentar von mit erschien bei WirtschaftsWoche Online:

Die Mieten steigen – und schon wird mehr Kontrolle durch die Regierung,  ja sogar mehr staatliches Wohneigentum gefordert. Wer glaubt, sein Vermögen durch Immobilienbesitz zu retten, sollte endlich aufwachen.

Erinnern Sie sich noch an den Zustand ostdeutscher Städte vor der Wiedervereinigung? Teils schöne, alte Gebäude verfallen und verwahrlost. Seit Jahrzehnten wurde nicht mehr investiert, es gammelte alles vor sich hin.

Die Ursache liegt auf der Hand. Es war der Mangel an Baumaterialien und Handwerkern. Vor allem aber war es eine wirtschaftliche Entscheidung der Eigentümer.  Die Mieten waren gedeckelt, weit unter jedes wirtschaftliche Niveau gedrückt und deshalb blieb den Eigentümern keine andere Wahl, als auf Investitionen zu verzichten. Kann man gut verstehen, soll man denn noch gutes Geld schlechtem hinterherwerfen?

Wohnen wird teurer

Liegt doch lange zurück, mag man da denken. Heute sehen ostdeutsche Städte (Ausnahmen wird es sicherlich geben) wieder schnieke aus und die Altbauwohnungen sind heiß begehrt. Allerdings ist Wohnen deutlich teurer als früher und gerade in den Ballungszentren, die von wachsender Wirtschaft und anhaltender Zuwanderung profitieren, sind in den letzten Jahren die Mieten erheblich gestiegen. Hinzu kommt der wirtschaftliche Aufschwung, der sogar in Städten wie Berlin die Einkommen steigen lässt. Das führt zu einer Verdrängung der „alteingesessenen Bevölkerung“, die sich die Mieten in bestimmten Gegenden nicht mehr leisten kann oder will.

Ein Ärgernis für Mieter und damit ein wichtiges Thema für die Politik. Man braucht keinen Mathematikleistungskurs, um auszurechnen, dass wesentlich mehr Wähler Mieter als Eigentümer sind. Wohnimmobilien waren schon immer ein politisches Thema und der Markt funktioniert lange nicht mehr in diesem Bereich. Folgendes sollte den überzeugtesten Immobilienanleger zu denken geben.

Erste Verschärfungen drohen

Die Regierung arbeitet an einer Verschärfung der Mietpreisbremse und will die Modernisierungsumlage kürzen. Statt bisher elf Prozent soll diese nur noch acht Prozent betragen. Harmlos denkt man? Nun, lassen Sie uns kurz rechnen.

Nehmen wir an, Sie modernisieren das Bad in der von Ihnen vermieteten Eigentumswohnung. Diese Modernisierung kostet 10.000 Euro und nach derzeitiger Regelung können Sie 1.100 Euro davon auf den Mieter umlegen, macht eine Erhöhung der Monatsmiete um rund 92 Euro. Auf den ersten Blick sieht das nach einer attraktiven Verzinsung aus. Immerhin elf Prozent vor Steuern.

Bei genauerer Betrachtung kommt man aber ins Grübeln. Wenn die Miete heute schon im Rahmen des Mietspiegels liegt, dürfen Sie zwar die Miete darüber hinaus erhöhen, doch spätestens in drei Jahren, wenn die nächste Mieterhöhung möglich wäre, haben Sie ein Problem. Zwar sind die Mieten auch nach Mietspiegel gestiegen, doch lediglich auf das Niveau, auf dem sie schon liegen. Sie dürfen also nicht weiter erhöhen. Damit haben Sie genau drei Jahre, in denen Sie Ihre Investition zurückverdienen müssen. Danach sind sie nämlich auf dem Mietniveau, das Sie auch ohne Modernisierung realisiert hätten. 36 Monate à 92 Euro ergeben jedoch nur 3.312 Euro. Die anderen 6.688 Euro bekommen Sie nicht zurück.

Natürlich ist es eine vereinfachte Betrachtung. Vermutlich wäre es ohne eine Modernisierung des Bades irgendwann schwer, die Miete nach Mietspiegel durchzusetzen. Solange aber der Markt wie heute durch eine Übernachfrage gekennzeichnet ist, ist es bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung keine gute Idee zu modernisieren. Senkt man die Umlage auf acht Prozent erst recht nicht.

Dabei ist das Bad noch ein gutes Beispiel, weil der Mieter seine Modernisierung im Zweifel als eine Verbesserung empfindet. Die politisch gewünschte Wärmedämmung hingegen bedeutet ein Verlustgeschäft für Mieter wie Vermieter.

Anders ist es natürlich in den Fällen, wo die Ist-Miete so weit unter dem Mietspiegel liegt, dass es quasi nur über Modernisierungen möglich ist, die Lücke rasch zu schließen. Diese führen zu der Kritik und statt sich auf diese Fälle zu konzentrieren, macht die Politik lieber allen Investoren das Leben schwer.

DDR kommt nicht wieder?

Doch damit nicht genug. SPIEGEL ONLINE (SPON) geht bei der Besprechung einer Talkshow zum Thema sogar so weit, zu fordern, „mehr Kommunismus zu wagen“. Auf nach Ostberlin!, kann man da nur sagen. Und tatsächlich ist es so gemeint!

In der Tat stellt SPON fest, dass alle Vertreter der Bundespolitik in der Talkshow nichts Vernünftiges gesagt hätten. Stattdessen dann dies: „Kein Wunder, dass der Star der Plasberg-Runde kein Minister oder Bundestagsabgeordneter war, sondern ein Lokalpolitiker, der vor Ort konkrete Maßnahmen ergreift: Florian Schmidt, grüner Baustadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, der in den Berliner Kiezen Grundsätzliches plant: Per Vorkaufsrecht will er erreichen, dass in 20 Jahren die Hälfte des Wohnungsbestandes landeseigenen Unternehmen bzw. Genossenschaften gehört, damit sind Mieterinnen und Mieter vor Spekulation, Luxussanierung und Umwandlung in Eigentum geschützt.“ Und weiter: „Der linke Grüne, eine seltene Spezies, die es so nur noch in Berlin gibt, ist auf einem guten Weg – seit 2015 hat der Bezirk so fast 1000 Wohnungen angekauft, wöchentlich werden es mehr. Statt einer Neuauflage der Mietpreisbremse, an der die Regierungskoalition zurzeit herumdoktert und die von der nächsten Regierung wieder gekippt werde, so Schmidt, brauche das Land in Sachen Wohnen dauerhaft stabile Verhältnisse.”

Ich zitiere dies hier entgegen meiner sonstigen Gepflogenheit so ausführlich, damit die Leser von Stelter Strategisch, die immer noch glauben, sie könnten ihr Vermögen angesichts von Euro-, Schulden- und Demografie-Krise mit dem Kauf von Immobilien retten, endlich aufwachen! Was hier völlig reflexionslos gelobt wird, ist eine Neuauflage der DDR-Wohnungspolitik.

Friedrichshain lag  ja im Osten

Richtig, Friedrichshain lag ja im Osten und Kreuzberg sah vor der Wende ähnlich aus. So gesehen könnte man die Schultern zucken und sagen: „Lass die in Berlin doch machen.“ Das Problem dabei: Es beeinflusst die Bundespolitik, die in den kommenden Jahren – wie hier immer wieder beschrieben – unter einen massiven Druck kommen wird, über Umverteilung die Kosten der Alterung zu bewältigen, für die jahrzehntelang nicht vorgesorgt wurde. Was immer getan werden kann, ohne den Staatssäckel zu belasten, wird man tun. Mietbegrenzungen bieten sich da an!

Denken wir durch, was passiert, wenn der Staat zunehmend Eigentümer von Immobilien wird, mit dem erklärten Ziel, die Mieten relativ zum Marktpreis zu senken:

  1. Zunächst ist das eine Subvention der glücklichen Ist-Mieter zulasten der Allgemeinheit. Mit demselben finanziellen Aufwand könnte man neue Wohnungen bauen und so das Angebot vergrößern (was den Mietanstieg dämpft) oder aber allen Mietern einen staatlichen Zuschuss geben. Es ist offensichtlich, dass die Verwendung von Staatsmitteln zum Aufkauf vorhandener Wohnungen der ineffizienteste Weg ist.
  2. Schnell wird sich ein Markt bilden für die Vergabe von Wohnungen in den so subventionierten Häusern. Da die Miete gedeckelt ist, werden andere Formen der Bezahlung an Bedeutung gewinnen. Dies reicht von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe (Partei, Beruf, …) bis hin zu Korruption. Letztere blüht besonders da, wo die Preise nicht marktgerecht sind.
  3. In die Immobilien im Staatsbesitz wird allerdings weniger investiert. Das liegt daran, dass auch die Taschen des Staates nicht beliebig tief sind. Zunächst wird das von den Mietern nicht beanstandet, können sie doch besonders günstig wohnen.
  4. Der Anteil der staatlichen Immobilien nimmt zu. Da auch diese Wohnungen in den Mietpreisspiegel einfließen, drückt das tiefe Mietniveau der subventionierten Wohnungen das Mietniveau insgesamt. Schön für Mieter, wenig rentabel für Vermieter.
  5. Für die Eigentümer der Wohnungen, die nicht im Staatsbesitz sind, wird es immer unattraktiver die Wohnungen zu halten, auch sie verkaufen an den Staat oder kürzen ihre Investitionen.

Kommunismus endet immer gleich: mit dem Verfall der Immobilien und einem Neustart, wenn die staatliche Wohnungskaufgesellschaft wieder verkauft wird, weil die Löcher im Haushalt zu groß sind.

Schuss geht nach hinten los

Damit geht der Schuss aber nach hinten los. Heute gehören rund 13,5 Millionen Wohnung in Deutschland privaten Investoren und nur rund 6,5 Millionen großen Immobilienverwaltern. Die privaten Investoren haben zumeist nur eine Wohnung oder ein Haus, weshalb – von Ausnahmen abgesehen – die Verwaltung nicht so professionell ist, wie bei den großen Investoren. Bisher sind die Mieter die Nutznießer der Unprofessionalität der Vermieter. Mieten wachsen langsamer, weil die Vermieter den Konflikt scheuen. Instandhaltungen werden früher durchgeführt, als sie technisch eigentlich erforderlich wären, Modernisierungen, obwohl sie sich eigentlich nicht rechnen.

Bei den professionellen Vermietern ist das anders. Sie betreiben ein aktives Portfoliomanagement und wissen, wo und wie sich eine Investition rechnet. Und vor allem, wie sie ihre Ansprüche gegenüber den Mietern durchsetzen.

Am Ende des „kommunistischen Weges“ dürfte damit ein Konzernkapitalismus stehen. So ist das, wenn die Politik agiert. Bekanntlich ist ja das Gegenteil von „gut“, „gut gemeint“.

Aus Sicht von Investoren ist die Schlussfolgerung eindeutig: In einem Staat, der überaltert, sich finanziell übernimmt (Euro, Migration, Rente, Energiewende), in dem Umverteilung als die Lösung für alles gesehen wird, sollte man nicht in Immobilien investieren. Besser das Geld außerhalb Europas anlegen. Aber das wussten Sie als Leser dieser Kolumne ja schon.

→ wiwo.de: “‚Mehr Kommunismus wagen‘ ist erst der Anfang”, 14. Juni 2018