Italien braucht keine Hilfe – Rom sol­lte die priva­ten Ver­mögen belasten

Der Zinsaufschlag (Spread) für italienische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen ist auf über zwei Prozentpunkte gestiegen. Die Märkte reagieren auf die absehbare Straffung der Geldpolitik, um die die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts hoher Inflationsraten nicht mehr herumkommen wird.
Fällt die EZB als Käufer der Staatsanleihen aus, so die Logik, werden die Staatsschuldenprobleme Italiens wieder akut, ist doch die Verschuldung des italienischen Staates seit 2019 um 35 Prozentpunkte auf 172 Prozent des BIP gestiegen.
Die Angst vor einer Neuauflage der Euro-Krise ist berechtigt. Die EZB soll sogar bereits an Instrumenten arbeiten, um einen weiteren Anstieg des Spreads zu verhindern.
Das würde auf eine weitergehende Staatsfinanzierung durch die Notenbank hinauslaufen. Daneben drängt die italienische Politik gemeinsam mit anderen hoch verschuldeten Staaten, allen voran Frankreich, auf mehr europäische Schulden und Transfers.
Dass solche Transfers nichts am grundlegenden Problem Italiens ändern würden, zeigt die Verwendung der Mittel aus dem sogenannten Wiederaufbaufonds. Programme, die den Erhalt von Infrastruktur in abgelegenen Dörfern finanzieren, mögen politisch opportun sein, das Wachstumspotenzial des Landes erhöhen sie nicht.
Aber nur mit deutlich höheren Wachstumsraten gibt es Hoffnung, die Staatsschulden zu stabilisieren. Ohne grundlegende Reformen ist das angesichts einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung unerreichbar.
Ob Arbeitsmarktliberalisierung, Entbürokratisierung oder Kampf gegen Korruption (Italien liegt hier laut Transparency International gemeinsam mit Saudi-Arabien auf Platz 52 ) – Maßnahmen, die zu höherem Wachstum führen, brauchen kein Geld, sondern politischen Willen. Je höher die Wahrscheinlichkeit, dauerhaft von EZB und Euro-Partnern finanziert zu werden, desto eher wird es genau daran mangeln.
Ohnehin sind die Staatsschuldenprobleme Italiens, um mit dem französischen Ökonomen Thomas Piketty zu sprechen, die Folge einer „falschen Verteilung von Vermögen zwischen dem Staat und dem Privatsektor“. Der Staat ist hoch verschuldet. Die italienischen Privathaushalte erfreuen sich erheblicher Vermögen.
Die Italiener haben relativ zur Wirtschaftsleistung nicht nur deutlich höhere Privatvermögen als beispielsweise die Deutschen, sie sind mit 43,8 Prozent Schuldenquote relativ zum BIP auch geringer verschuldet. Die Gesamtschuldenquote Italiens liegt bei 289 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland liegt sie bei 206 Prozent und in Frankreich bei 361 Prozent.
Es wäre also ein Leichtes für den italienischen Staat, die Finanzen zu sanieren, indem er die privaten Vermögen belastet. Stattdessen liegt beispielsweise die Erbschaftsteuer deutlich unter der deutschen. Diese Umstände sollten unsere Politiker bedenken, wenn sie eine Transferunion und zugleich eine höhere Steuerbelastung hierzulande fordern.

handelsblatt.com: “Italien braucht keine Hilfe – Rom sollte die privaten Vermögen belasten”, 16. Mai 2022

Kommentare (44) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. @foxxly
    @foxxly sagte:

    @@
    mit weiterern wachstum die probleme lösen?

    dies muss allen intelligenten menschen langsam befremdlich wirken:
    in der vergangenheit haben wir keinerlei probleme wirklich gelöst, sondern nur in die zukunft verlagert.

    ist das die lösung unserer intelligenz???
    sind wir nicht in der lage oder willens die probleme zb. der verschuldung und transfer´s intelligenter zu lösen, als zu verdrängen?

    es kann doch kein argument von angeblich klugen leute sein,
    entweder wir verschulden uns weiter und damit schieben wir wachstun an, oder es gibt aufstand und zusammenbruch
    wie armselig ist dass denn!
    denkt doch mal darüber nach!

    ich weiß:
    wirkliche nachhaltige lösungen sind immer schwerer, als ein weiterso, oder das fehler-machen selber.
    bisher gehen wir immer den leichteren weg…………. immer mit der folge der bitteren enden?
    ist das klug?

    Antworten
    • PW
      PW sagte:

      Lieber Zweifler,

      machen Sie als italienischer Staatsbürger auch mal einen Realitätscheck? Als Euro-19 Mitglied ist die von Ihnen reklamierte Souveränität bezüglich der Staatsdefizite ein Phantom. Bezüglich der Staatsverschuldung sind alle Euro-19 Staaten faktisch in Fremdwährung verschuldet.

      Es gibt zur demokratisch legitimierten Konfliktlösung auf der Ebene keine Institution, keine gemeinsame Öffentlichkeit, und keine gemeinsamen Willensbildungsprozesse. Das gibt Ihnen aber nicht das Recht auf Canceln, wenn Ihnen ‘fremde’ Äußerungen nicht passen.

      Antworten
      • Zweifler
        Zweifler sagte:

        Lieber PW

        Es gibt aber auch niemandem das Recht, über mein Privateigentum zu verfügen.

      • PW
        PW sagte:

        Ich denke halt, Italien ist zu groß, als dass die EZB die haltlose Staatsfinanzierung auf ewig entgegenkommend begleiten kann, ohne selbst zu scheitern.

        Zu Ihrem ‚Privateigentum‘ zählt doch letztendlich auch ‘ihr Anteil’ an der italienischen Staatsverschuldung. Wenn Sie ehrlich bereit sind, ihren Anteil am zukünftig steigenden Schuldendienst zu schultern, dann wär alles OK. Bei offiziellen Bestrebungen die eigenen Schulden auf die Nachbarn zu überwälzen, müssen Sie aber ein paar Fragen zum Privateigentum akzeptieren. Vielleich schlagen die Nachbarn eine kleine staatliche Zwangshypothek auf ihr vermeintlich unantastbares Privateigentum vor, bevor sie dann sowieso ebenso geschröpft werden…

      • weico
        weico sagte:

        @PW

        “Zu Ihrem ‚Privateigentum‘ zählt doch letztendlich auch ‘ihr Anteil’ an der italienischen Staatsverschuldung. Wenn Sie ehrlich bereit sind, ihren Anteil am zukünftig steigenden Schuldendienst zu schultern, dann wär alles OK. ”

        (An)Sprüche wie … “Ihr Anteil”… sind halt immer eine sehr “relative Angelegenheit” …und erzeugen höchstens Gegen(An)sprüche .

        Wenn man Privateigentum/Schulden nicht von Staatseigentum/Schulden trennen will, dann wird es sehr schwierig mit der Haftung bzw. “RECHTENS”.

        Wie langwierig und verworren solche Schuldfragen/Haftung/Forderungen/Ansprüche usw. sein können , sieht man ja an folgendem Beispiel:

        https://www.welt.de/politik/ausland/article238541009/Klage-vor-UN-Gericht-Deutschland-verklagt-Italien-wegen-Entschaedigungsforderungen-von-NS-Opfern.html

        Ähnliche Klagen sind ja in vielen Länder hängig .

        Man kann sich also selber “Ausdenken”, was da noch für Forderungen auf Deutschland zukommen werden…wenn wirklich “RECHTENS” gesprochen wird !

  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Aber nur mit deutlich höheren Wachstumsraten gibt es Hoffnung, die Staatsschulden zu stabilisieren. Ohne grundlegende Reformen ist das angesichts einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung unerreichbar.>

    Richtig.

    Also, der ERKENNTNIS entsprechend der POLITISCHE Wille:

    Die italienische Regierung geht GRUNDLEGENDE Reformen an.

    Folge:

    Instabilität, Unregierbarkeit, STEIGENDE Kosten der Neuverschuldung des italienischen Staats wegen gestiegener Zinsen, die nervöse Investoren verlangen.

    WER will dies?

    NIEMAND in Italien und außerhalb des Landes auch nicht.

    Daher:

    Die Staatsschulden müssen auf ANDERE Weise stabilisiert werden.

    Das geschieht durch TRANSFERS aus dem Topf der EU-Verschuldung UND durch die EZB via Aufkauf italienischer Staatsanleihen.

    Wozu noch weitere Diskussionen?

    Weil es Klärungsbedarf gibt hinsichtlich der URSACHE hoher italienischer Staatsverschuldung.

    Feststellung:

    „Ohnehin sind die Staatsschuldenprobleme Italiens, um mit dem französischen Ökonomen Thomas Piketty zu sprechen, die Folge einer „falschen Verteilung von Vermögen zwischen dem Staat und dem Privatsektor“. Der Staat ist hoch verschuldet. Die italienischen Privathaushalte erfreuen sich erheblicher Vermögen.“

    Forderung daraus:

    „Es wäre also ein Leichtes für den italienischen Staat, die Finanzen zu sanieren, indem er die privaten Vermögen belastet.“

    Ein LEICHTES!

    Das ist die rechnerische, aber NICHT die politische LÖSUNG.

    Würde DIESE Lösung auch nur ganz zart angefasst werden, wäre Italien dort, wo es mit grundlegenden Reformen sein würde:

    Instabilität, Unregierbarkeit, STEIGENDE Kosten der Neuverschuldung des italienischen Staats wegen gestiegener Zinsen, die nervöse Investoren verlangen.

    Ich verstehe nicht, warum immer wieder um den heißen Brei herumgeredet wird.

    Die ALTERNATIVE ist völlig KLAR und jeder, der sich damit befasst, KENNT sie:

    Entweder Transfers und EZB-Käufe

    ODER

    ungeordnetes Verlassen Italiens der Eurozone/EU und ZERFALL der EU.

    Wer etwas anderes behauptet, irrlichtert herum.

    Antworten
    • weico
      weico sagte:

      @DT

      “Entweder Transfers und EZB-Käufe
      ODER
      ungeordnetes Verlassen Italiens der Eurozone/EU und ZERFALL der EU.

      Wer etwas anderes behauptet, irrlichtert herum.”

      Richtig !

      Darum mit offenen Augen das sinkende BOOT verlassen ,bevor der Sturm zunimmt und
      auch das Rettungsboot nichts mehr nutzt.

      UK war das ERSTE Land, dass die völlige Fehlkonstruktion der EU und den zukünftigen undemokratisch und zentralistische Rettungsweg deutlich ERKANNT hat.

      Nicht die Frage ob ein zweites Land folgt ist interessant …sondern WANN und WELCHES !

      Antworten
  3. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “Diese Umstände sollten unsere Politiker bedenken, wenn sie eine Transferunion und zugleich eine höhere Steuerbelastung hierzulande fordern.”

    Hm, mit dieser Einstellung gilt Herr Dr. Stelter in weiten Kreisen von Politik und Medien wahrscheinlich als fremdenfeindlich, auch wenn es von der Logik her natürlich korrekt ist.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Wolfgang Selig

      Aber auch nur in den entsprechenden “Kreisen” in Deutschland.

      In anderen Staaten ist es völlig normal, das eigene Handeln an den eigenen Interessen auszurichten.

      Antworten
      • Ewald
        Ewald sagte:

        maßlose Umverteilung und die sinnlosen Sanktionen schädigen alle auch Italien.
        Steuererhöhungen helfen dabei überhaupt nicht

  4. Gnomae
    Gnomae sagte:

    “Aber nur mit deutlich höheren Wachstumsraten gibt es Hoffnung, die Staatsschulden zu stabilisieren. Ohne grundlegende Reformen ist das angesichts einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung unerreichbar.”

    Eine Stabilisierung der Staatsschulden mit höherem Wachstum zu erreichen ist zweifelhaft, wie man am Beispiel der USA sieht. Auch in den USA sieht man eine enorme Ausweitung der Staatsschulden. Eine Stabilisierung ist nicht in Sicht. Die konservative Staatsschuldentheorie muss wohl von einer neuen Theorie abgelöst werden.

    Italien hat in Bezug auf die Bevölkerung wenigstens zwei enorme Pluspunkte: Kein Bevölkerungswachstum und keine Reformen wie die Agenda 2010. Von einer derartigen Reform, die ausschließlich zu Lasten der Bürger geht, sollte Italien strengstens abgeraten werden. Die Agenda 2010 hat einen riesigen Niedriglohnsektor geschaffen, den jetzt die Steuerzahler wieder ausgleichen müssen, sei es über Hartz IV oder über lebenslange Alimentierung, weil die Renten ebenfalls nicht reichen, auch in Zukunft bei 7 % Inflation nicht reichen werden.

    Vernünftig für die Bürger ist auch eine deutlich niedrigere Erbschaftssteuer.

    Man sieht ja, wie man mit hohen Steuereinnahmen auch ein Industrieland langsam, aber sicher, an die Wand fahren kann. Da hilft weder eine höhere Besteuerung noch ein Bevölkerungswachstum.

    Eine Erhöhung des Wachstums ist aufgrund der EU-Taxonomie ohnehin für Italien ausgeschlossen, weil es hierzu mehr fossiler Energie bedarf, die aber in Zukunft nicht mehr zur Verfügung steht.

    Landschaften in Italien, die agrarisch bewirtschaftet werden, sollten eigentlich von der EU stärker gefördert werden.

    Im übrigen nicht zu vergessen ist, dass sowohl Italien als auch Frankreich politische Akteure haben, die wirtschaftlich erstklassig qualifiziert sind. Sie werden sich nicht gegen die eigene Bevölkerung stellen.

    Ferner bedeutet ja die Straffung der Zinspolitik nicht, dass Anleihen von der EZB nicht mehr aufgekauft werden. Solange die EZB als Abnehmer der Staatsanleihen fungiert, spielt letztendlich das Zinsniveau eine untergeordnete Rolle, weil die Refinanzierung immer gesichert ist.

    Die Steuervermeidung durch internationale Groß- und Immobilienkonzerne hat der EU über Jahrzehnte geschadet. Hieran sollte gearbeitet werden.

    Antworten
    • markus
      markus sagte:

      @Gnomae:

      “Vernünftig für die Bürger ist auch eine deutlich niedrigere Erbschaftssteuer. ”

      Aber die Erbschaftsteuer ist doch schon enorm niedrig. Ein Standardopa mit Ehefrau, 2 Kindern und 4 Enkelkindern kann 2356000€ steuerfrei vererben (756000+2*400000+4*200000). Man vergleiche das mal mit dem Kinderfreibetrag. Und die Zinssätze darüber sind auch einiges niedriger als Einkommensteuersätze.

      Antworten
      • Ewald
        Ewald sagte:

        eine Erbschaftssteuer innerhalb der Familie würde ich abschaffen. Die Freibeträge werden gerade durch die verantwortungslose Inflationspolitik gemindert und sind daher nicht als politisches Instrument geeignet.

  5. @foxxly
    @foxxly sagte:

    @ ott 13:42
    >>……..aber keine gemeinsame Regierung haben.<<
    sie plädieren nach ihrer einlassung für eine gemeinsame EU-regierung ??

    wenn dies geschied, dann haben wir jugoslawische verhältnisse:
    zunehmende anfeidungen zwischen geber- und nehmerländer, bis zur explosion.

    eine gemeinsame regierung heilt genauso wenig wie eine gemeinsame währung die ungleichheiten, wie zb.kultur, arbeitsleistung/mentalitäten und ständige transfer`s.

    eine gemeinsame EU erkaufen wir uns mit mehr freiheitsentzug, mehr überwachung, geringere leistungsmotivationen, höhere steuern, – als kurz: verstärkten zentralismus mit all seinen negativen begleiterscheinungen.

    ………… ist eine fortsetztung der bereits jetzt schon laufenden erscheinungen, maßnahmen und neg. entwicklungen

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @foxxly

      “sie plädieren nach ihrer einlassung für eine gemeinsame EU-regierung ??”

      Nein, ich beschreibe, was grundsätzlich funktionieren kann und was nicht.

      Wenn ich zu Ihnen sage: “Immer, wenn Sie auf eine glühend heiße Herdplatte fassen, werden Sie sich die Hand verbrennen”, dann fassen Sie das doch auch nicht als Plädoyer auf, oder?

      “wenn dies geschied, dann haben wir jugoslawische verhältnisse:
      zunehmende anfeidungen zwischen geber- und nehmerländer, bis zur explosion.”

      Die konnten sich damals in Jugoslawien immerhin unkompliziert anfeinden, weil alle die gleiche Sprache verstanden. ;)

      Die Errichtung eines EU-Superstaates würde schon daran scheitern, zumindest auf die nächsten 100 Jahre hinaus.

      Antworten
  6. Zweifler
    Zweifler sagte:

    Die Italiener haben ihr Erspartes schlauer angelegt (Aktien, Immobilien) als die Deutschen (Sparbuch, Girokonto). Und jetzt kommt ein Herr Doktor daher und fordert von einem Staat, dem er gar nicht angehört, dieser solle seinen Bürgern sein mühsam erspartes und gut angelegtes Vermögen wegnehmen. Eigentlich eine unglaubliche Anmaßung.
    Erinnert mich ein wenig an die Arroganz, die manche deutschen Touristen an den Tag legen, wenn sie unser Land überfluten.
    Stellen Sie sich einmal vor, es käme ein italienischer Ökonom daher und würde Berlin empfehlen, eine Vermögenssteuer einzuführen. Ich stelle mir schon die Schlagzeilen in den 4Buchstabenmedien vor.
    Wenn eine Vermögenssteuer in einem EU-Land kommt, kommt sie auch in Deutschland. Garantiert! Tolles Eigentor also.
    Den Italienern geht es im Durchschnitt schlechter, als den Herren aus dem Norden. Viel schlechter!
    Um das zu erfahren, müsste man halt auch mal andere Gegenden besuchen, als Gardasee und Südtirol.

    Antworten
    • PW
      PW sagte:

      „Den Italienern geht es im Durchschnitt schlechter, als den Herren aus dem Norden. Viel schlechter!“

      @Zweifler

      Im Beitrag geht’s um die Frage, was passieren soll, wenn Italien aufgrund folgerecht steigender Spreads seine Verschuldung zu teuer wird.
      Was schlagen denn Sie zur Lösung vor? Die Lösung des eigenen Problems in der Ausdehnung von Transfers zu propagieren, und dabei den folgegerechten Eigenanteil auszuschließen, das ist freilich eigentlich eine unglaubliche Anmaßung. Und funktionieren tut’s seit 100 Jahren selbst in Italien selbst nicht.

      Antworten
      • Zweifler
        Zweifler sagte:

        Die Forderung eines Nichtitalieners “Rom sollte die privaten Vermögen belasten”, ist in meinen Augen eine unverschämte Einmischung in die Belange eines souveränen Staates.
        Mit derart unsensiblen Sprüchen bringt man Europa auseinander, aber das wird ja von vielen gewünscht.
        Wie angenehm dies dann am Ende für Deutschland sein wird, wird man erst spüren, wenn es zu spät ist.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Zweifler

        Sind Sie eigentlich italienischer Staatsbürger? Oder mischen Sie sich da gerade unverschämterweise in die Belange eines souveränen Staates ein? ;)

        Falls die Wortmeldungen aus Deutschland für die Italiener zu belastend werden, können sie ja jederzeit den Austritt aus der EU erklären…

      • Chris
        Chris sagte:

        Die Forderung eines Nichtitalieners, private (italienische) Vermögen zu belasten, mögen Sie vielleicht als unverschämte Einmischung in die internen Angelegenheiten eines souveränen Staat sehen. Die in meinen Augen erheblich größere Unverschämtheit würde jedoch darin bestehen, wenn die italienische Politik aufgrund unsolider Staatsfinanzen sofort nach der „Solidarität“ der anderen Euro-Länder rufen würde, ohne zuvor die eigenen finanziellen Möglichkeiten (nämlich die eigene Bevölkerung zur Kasse zu bitten) ausgeschöpft zu haben. Das ist so, als würde Familie A (Italien) dauerhaft über die eigenen finanziellen Verhältnisse leben und das Oberhaupt von Familie A (Regierung) den eigenen Familienmitgliedern aber keinen Sparkurs zumuten wollen um die eigenen Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Stattdessen ruft Familie A sofort nach finanzieller Unterstützung durch die Familien B, C und D (also der anderen Euro-Länder). Und genau hierin liegt ein zentraler Grund, warum ich persönlich eine Schuldenunion oder solche irrsinnigen Ideen wie Euro-Bonds ablehne: mir als deutschem Staatsbürger und Steuerzahler ist es im Fall einer europäischen Vergemeinschaftung von Schulden nicht möglich, finanziell unsolide wirtschaftenden Länder bzw. ihre Regierungen an der Wahlurne abzustrafen. Verglichen mit dem deutschen Staat ist der italienische Staat relativ arm und verglichen mit dem Privatvermögen der italienischen Bevölkerung ist das Privatvermögen der deutschen Bevölkerung relativ gering. Das hat auch etwas mit Steuerehrlichkeit und Abgabentreue in den jeweiligen Ländern zu tun. Ich sage nicht, dass es in Deutschland keine Steuerhinterziehung gibt, aber in den südlichen Euro-Ländern wird Steuerhinterziehung von der Bevölkerung noch eher als Kavaliersdelikt angesehen. Und genau dies führt eben zu der Situation Italiens (relativ armer Staat, relativ reiche Bevölkerung). Wenn also die italienische Bevölkerung ihrem Staat die Finanzmittel durch Hinterziehung verwehrt und dieses Geld stattdessen in die private Vermögensbildung steckt, dann sehe ich nicht ein, dass Gelder anderer Euro-Länder nach Italien fließen soll.

    • Peter Grotmann
      Peter Grotmann sagte:

      Im Grunde richtig.

      Aber wenn ich mit meinem (geringeren) Vermögen für die Schulden anderen aufkommen soll, natürlich nicht mehr.

      Der Euro wird noch zu weiterem Streit führen……leider das Gegenteil eines Friedensprojektes.

      Antworten
    • Gregor_H
      Gregor_H sagte:

      “Die Italiener haben ihr Erspartes schlauer angelegt (Aktien, Immobilien) als die Deutschen (Sparbuch, Girokonto).”

      “Den Italienern geht es im Durchschnitt schlechter, als den Herren aus dem Norden. Viel schlechter!”

      Finde den Fehler!

      Antworten
  7. PhilSt
    PhilSt sagte:

    Finde ich spannend: Liberal sein bedeutet also in Deutschland für geringere Steuern einzutreten. Und den Italienern aber den bevormundenden Staat zu wünschen?

    Ich würde erstmal sagen: Respekt an die Italiener, die sich nicht ihren Wohlstand und Sozialsystem nicht haben nehmen lassen.
    Der Deutsche hat HartzIV und Rentenkürzung beklatscht und freut sich über den Sozial Abbau. Das ist der unterschied zwischen liberal und neoliberal.
    Der eine freut sich über seinen Wohlstand und individuell geischerte Grundrechte. Der andere möchte gerne das eine Sozialleistung mittels Großunternehmen “ganz effizient” privatisiert wird.
    Aldous Huxley warnte damals (zu Recht) vor beidem BigGoverment und BigBusiness.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @PhilSt

      “Finde ich spannend: Liberal sein bedeutet also in Deutschland für geringere Steuern einzutreten. Und den Italienern aber den bevormundenden Staat zu wünschen?”

      Ich verstehe nicht, wieso Sie das jetzt unbedingt in eine Liberal-versus-Neoliberal-Diskussion pressen möchten.

      Vielleicht geht es ganz grundsätzlich darum, dass jeder Staat langfristig nur so viel ausgeben kann wie er auch einnimmt – es sei denn natürlich, er findet einen anderen Staat, der blöd genug ist, ihn ohne Gegenleistung zu finanzieren? ;)

      Antworten
      • PhilSt
        PhilSt sagte:

        Da sagt ja auch keiner was gegen. Wobei auch da wieder die Frage von Schulden im Raum steht.
        Aber warum sind da jetzt “die Italiener” die Sündenböcke. Wenn jeder sich um seinen eigenen Kram kümmert wäre es doch in Ordnung. Hätten sich “die Deutschen” nicht so belügen und betrügen lassen, gäbe es das Problem nicht.

        Und wir hätten noch unseren Wohlstand. Ob das jetzt Sozialerwohnungsbau, die DM, ein vernünfitges Arbeitslosengeld oder Rente ist (aus linker Perspektive) oder halt eine starke DM, mehr Eigentum und eine besseres Eigentum (aus liberaler Perspektive)

        Ich tu mir immer schwer damit, andere “Gruppen” für das eigene Scheitern verantwortlich zu machen. Gerade weil man auch für die Zukunft so wenig daraus lernt.
        Die Italiener stehen nicht bewaffnet vor der Deutschen Bank und wollen ihre Knete, sondern die deutsche Regierung gibt sie bereitwillig Richtung EU weiter. “Die Deutschen” sind hier nicht das Opfer sondern billigen stillschweigend das Handeln.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @PhilSt

        “Wenn jeder sich um seinen eigenen Kram kümmert wäre es doch in Ordnung.”

        Ja, das hätte ich auch viel lieber!

        In einer EU mit Währungsunion funktioniert das aber leider nicht mehr.

      • PhilSt
        PhilSt sagte:

        Da sind wir uns soweit einig.
        Nur das die Italiener dann wieder rum heulen das wir zu viel Exportieren. Und wir rum heulen das die Italiener nicht genug sparen. Die gleiche Leier seit 2009.

        Deshalb ist die Währungsunion in teilen einfach falsch umgesetzt.
        Entweder Rückgänig machen, oder korrigieren.
        Bei zweitem bin ich aber pessimistisch gerade weil da auch viel schief gehen kann und wir dann in einem noch größeren Planwirtschaft aufwachen.

        Es kann nicht sein das wir den Italienern die Rente bezahlen. Es kann aber auch nicht sein das man den Italienern aus liberaler Denkrichtung den gleichen “Steuergierigen” Staat wünscht wie wir ihn haben.

        Die Lösung liegt nicht darin das wir größere und fettere Bürokraten in Deutschland oder Italien bekommen. (egal ob sie privatwirtschaftlich oder staatlich entstehen)
        Glaubt denn wirklich einer das einer hier die Steuern senkt nur weil die Italiener mehr steuern zahlen? :-D
        Die werden dann für andere Grütze ausgegeben.

  8. Lele Castello
    Lele Castello sagte:

    Wird nicht passieren. Salvini hatte ja diesen Vorschlag bei der letzten Wahl. Raus aus dem Euro und Schulden mit Vermögen decken. Wurde damals heftigst diskutiert. Aber versuchen Sie mal einem Italiener offen sein Vermögen zu nehmen. :) Viel Spass. Das geht nur über Inflation.

    Antworten
    • PhilSt
      PhilSt sagte:

      Und da das Vermögenspreisinflation war und die Wohneigentumsquote hoch war. Tut die sogar gar nicht sovielen Italienern weh.

      Antworten
  9. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    Ich mache mir große Sorgen: Wird für Italien noch genügend deutsches Geld übrig sein, wenn die Ukraine in die EU aufgenommen worden ist?

    Antworten
    • Gnomae
      Gnomae sagte:

      Wir sollten dann Irland einfach vor die Wahl stellen, das Steuerdumping sofort zu beenden, oder sich wieder UK anzuschließen.

      Allerdings wird in der Ukraine so viel Geld versickern, dass Italien ein Waisenknabe ist. Die Verschuldung der Ukraine belief sich 2020 auf 129 Mrd. USD, mangels Staatseinnahmen wohl abzuschreiben. Den Wiederaufbau finanzieren wir über die Target 2 Salden oder über Eurobonds. Bei durchschnittlichen 0,37 % Emissionskosten freuen sich die Emissionsbanken.

      Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Carsten Pabst

      Das stimmt schon so, die privaten italienischen *HAUSHALTE* (nicht der Staats-Haushalt!) haben eine erstaunlich niedrige Schuldenquote. Erscheint mir auch plausibel, wenn die meisten Italiener in ihren eigenen, abbezahlten Immobilien wohnen und es für Modernisierungen ja den staatlichen “Superbonus 110%” aus dem EU-“Wiederaufbauprogramm” gibt. ;)

      Die Datenquelle scheint die Bank für Interationalen Zahlungsausgleich zu sein, exakt die gleichen “43,8%” finde ich auch:
      https://tradingeconomics.com/italy/households-debt-to-gdp

      Antworten
      • Carsten Pabst
        Carsten Pabst sagte:

        Hallo Herr Ott,
        Danke für die Aufklärung und den Link.
        Freundliche Grüße
        Carsten Pabst

    • Ofelas Andre
      Ofelas Andre sagte:

      EU Vermögensregister und kommen Vermögensabgabe
      Länder ohne Katasteramt, oder wo eine Bewertung individuell erfahren wird, werden uns in Mitte und Nordeuropa eben weiter voraus bleiben. Werden die höheren Privatvermögen in Italien dann zu einer höheren Vermögensabgabe führen?

      Antworten
  10. @foxxly
    @foxxly sagte:

    @ bto: altes thema.
    die EU setzt alles daran, dass die mitgliedsländer nicht abtrünig werden.
    und diese transferabhängigen länder wissen dies und nutzen es weidlich aus; – haben sie doch einen großen garanten (D), der bei bedarf alles bezahlt.
    zudem politische akteure, welche deutschland von innen demontieren.

    mit dieser einstellung ist zb in italien und anderswo, keine änderung zu deren lasten zu erzielen.
    im gegenteil: die forderungen werden im gleichklng der verschuldens-entwicklung, immer höher, – bis zur impolsion.

    Antworten
    • Rolf Peter
      Rolf Peter sagte:

      Es wohl eher im Interesse der Deutschen, dass die anderen EU Länder nicht abtrünnig werden. Wer soll sonst die deutschen Aussenhandelsueberschuesse absorbieren?

      Wie so oft, zerlegt Herr Stelter ein grosses Problem in viele kleine Teilprobleme und aeußert sich dann zu diesen in der Erwartung, dass die Lösung der Einzelprobleme auch das Gesamtproblem löst. Das funktioniert bei einem komplexen System natürlich nicht, und das Problem EU (-Zusammenhalt) ist ein komplexes Problem. Was dabei herauskommt, sieht man ja oben im Beitrag von Zweifler. Gegenseitige Anschuldigungen, mehr nicht. Das führt vielleicht zu Einladungen in Talkshows, leistet aber keinen konstruktiven Beitrag.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Rolf Peter

        “Es wohl eher im Interesse der Deutschen, dass die anderen EU Länder nicht abtrünnig werden. Wer soll sonst die deutschen Aussenhandelsueberschuesse absorbieren?”

        Kommt jetzt wieder die vollkommen hirnrissige Idee, dass wir den anderen EU-Staaten Geld schenken sollten damit die unsere Produkte kaufen???

        “Das funktioniert bei einem komplexen System natürlich nicht, und das Problem EU (-Zusammenhalt) ist ein komplexes Problem. Was dabei herauskommt, sieht man ja oben im Beitrag von Zweifler. Gegenseitige Anschuldigungen, mehr nicht.”

        Das Herumsülzen über “komplexe Systeme” hilft hier überhaupt nicht weiter.

        Solche Konflikte bekommt man unvermeidlich *IMMER*, wenn mehrere Staaten eine gemeinsame Währung haben (und schlimmstenfalls noch gemeinsam Schulden aufnehmen…) aber keine gemeinsame Regierung haben.

        Genau das ist ja der Grund, wieso solche Währungsunionen in der Vergangenheit nie lange gehalten haben, wann immer sie ausprobiert wurden.

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