Inflation wird mittel­fristig zum Problem

Eine Kombination aus Basiseffekten, der erfreulich raschen Erholung vom Corona-Schock und vereinzelten Lieferengpässen hat zu einem Anstieg der Inflationsraten geführt. Schon im kommenden Jahr dürfte dieser Effekt verpuffen. Die Ölpreise dürften nicht weiter steigen, die Probleme Chinas zu geringerem Wachstum führen, was die Rohstoffmärkte entlastet.

Entwarnung ist beim Thema Inflation jedoch nicht angesagt. Im Gegenteil. Pessimisten verweisen auf das starke Wachstum der Geldmengen in Folge der Notenbankeninterventionen und betonen den langfristigen Zusammenhang mit der Inflation. Optimisten verweisen auf die seit Jahren rückläufige Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und den deflationären Druck von Globalisierung und technischem Fortschritt.

Bisher hatten die Optimisten recht, doch einiges spricht für einen Trendwechsel bei wichtigen Einflussfaktoren.

  • Die Globalisierung hat ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Nicht erst seit Corona gibt es zunehmende Bemühungen zur Re-Regionalisierung von Wertschöpfungsketten.
  • Die demografische Entwicklung kippt. Hatten wir über Jahrzehnte einen wachsenden Anteil Erwerbstätiger an der Gesamtbevölkerung in den Industrieländern, Osteuropa und vor allem China, schrumpfen nun die Erwerbsbevölkerungen, während der Anteil der Rentner steigt. Die Zeit der billigen Arbeitskräfte nähert sich dem Ende.
  • Die „Greenflation“ wird von Ökonomen wie dem Präsidenten des DIW, Marcel Fratzscher, ausdrücklich als „willkommen und notwendig“ begrüßt. Die gestiegenen Energiekosten schlagen sich in der gesamten Wirtschaft nieder, so zum Beispiel bei den Lebensmittelpreisen, weil Düngemittel sich überproportional verteuern.

Kein Problem für die Notenbanken?

Diese Umfeldveränderung trifft auf das von den Notenbanken geschaffene monetäre Inflationspotenzial. Die Optimisten erklären, dass es für die Notenbanken gar kein Problem ist, über eine Straffung der Geldpolitik die Inflation zu bekämpfen. Die Optimisten erklären, dass es für die Notenbanken gar kein Problem sei, über eine Straffung der Geldpolitik die Inflation zu bekämpfen.

Halten die Notenbanken die Zinsen trotz anziehender Inflation dann tief, wiederholen sie den Fehler der US-Notenbank aus den 1970er-Jahren, die damals die Einlagenzinsen zu lange unter der Inflationsrate gedeckelt hat. Die Folge war eine Flucht aus dem Geld, was die Inflation erst recht antrieb.

Inflation ist ein psycho-soziales Phänomen, deshalb ist es so schwer, Vorhersagen zu treffen. Klar ist jedoch: Das Risiko ist real und die Politik verstärkt es. Besonders gefährlich ist es für die Deutschen, ein Volk der Sparer mit einer Vorliebe für Sparbuch, Konto und Lebensversicherung.

handelsblatt.com: “Die Inflation wird bald wieder sinken – aber nur vorübergehend”, 22. Oktober 2021