Atomkraft­werke sind die einzige Chance, die Energie­wende noch zu schaffen

Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der Politik ist die laut „Wall Street Journal“ „dümmste Energiepolitik der Welt“ krachend gescheitert. Blickt man auf Kosten, CO2-Bilanz, Versorgungssicherheit und Flächenverbrauch, war schon vor dem russischen Angriffskrieg klar, dass niemand dem deutschen Sonderweg des gleichzeitigen Ausstiegs aus Atomkraft und Kohle folgt.

Nun klafft eine große Lücke: Erdgas sollte die Brückentechnologie in eine klimaneutrale Energieerzeugung sein und bis 2035 doppelt so viel Strom erzeugen wie 2018 und noch 2040 mehr zur Stromerzeugung beisteuern als vor vier Jahren. Undenkbar, dass das über Flüssiggas aus anderen Regionen erfolgen kann, ganz abgesehen von der erheblichen Klimaschädlichkeit.

Statt dies einzugestehen, handelt Deutschland nach einem Zitat von Mark Twain: „Nachdem wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“

Dabei basieren viele der Modelle, auf die sich die Energiewende stützt, auf überoptimistischen Annahmen: Das Tempo des Ausbaus der erneuerbaren Energien soll auf ein Mehrfaches der vergangenen Jahre steigen, ohne zu beantworten, woher die Materialien und die Fachkräfte dafür kommen sollen.

Wie groß die Gefahr ist, die Herausforderungen der Energiewende zu unterschätzen, zeigt das Beispiel der „Dunkelflaute“, in der weder Wind- noch Solarkraft einen Beitrag leisten. Von Verteidigern der Energiewende als „Mythos“ abgetan (weil leicht überbrückbar), zeigt eine neue Studie der Forscher Oliver Ruhnau und Staffan Qvist über die vergangenen 35 Jahre, die massive Unterschätzung des Risikos.

Risiko Dunkelflaute: Deutschland muss bis zu 84 Tage überbrücken können

Deutschland muss sich demnach nicht für eine Phase von vier bis zehn Tagen rüsten, sondern für bis zu 84 Tage! Die gängigen Modelle unterschlagen, dass Dunkelflauten mehrfach kurz hintereinander auftreten und deshalb die Speicher von beispielsweise Wasserstoff zu Beginn der nächsten Dunkelflaute nicht wieder aufgefüllt sein können.

Technisch ist das lösbar: Wir müssen nur noch höhere Überkapazitäten an Wind- und Solarkraft aufbauen und die Speicher entsprechend dimensionieren. Kostengünstig ist es ganz sicher nicht.

Umso skurriler ist daher die aktuelle Diskussion über die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Alle noch funktionsfähigen Anlagen sollten wieder in den Betrieb genommen werden und dies dauerhaft. Das wäre kostengünstig – die Anlagen stehen ja bereits –, gut für das Klima und könnte den Erneuerbaren besser als russisches Gas zum Durchbruch verhelfen.

Statt mit den Erneuerbaren in Konkurrenz zu treten, sollten die Kernkraftwerke billigen Wasserstoff erzeugen, also genau jenen Stoff, den wir für die Energieversorgung der Zukunft benötigen.

Im Falle einer Dunkelflaute könnten die Kernkraftwerke außerdem helfen, die Lücke zu schließen. Wenn sich dann in Zukunft herausstellen sollte, dass es ohne Atomkraft geht, können wir die Anlagen immer noch stilllegen.

handelsblatt.com: “Atomkraftwerke sind die einzige Chance, die Energiewende noch zu schaffen”, 26. Juni 2022