“Fair, warm und steueroptimiert”

Dieser Beitrag erschien in der Dezemberausgabe des Cicero:

Hunderte von Milliarden Euro werden in den kommenden Jahren auf die nachfolgende Generation übergehen. Eine Erbengeneration, die deutlich älter und vermögender sein wird, als jede Generation vor ihr. Die potenziellen Erben sehen das naturgemäß positiv. Jener Teil der Bevölkerung, der keine Erbschaft zu erwarten hat, sieht das kritisch und unterstützt Bemühungen, dem Staat über höhere Erbschaftssteuern einen größeren Teil am Kuchen zuzuschanzen.

Viel ist da von leistungslosen Einkommen die Rede, die schon alleine aus Gerechtigkeitsgründen hoch besteuert werden sollten. Verwiesen wird auf andere Länder wie die USA, die bei Erbschaften deutlich mehr hinlangen. Verdrängt wird allerdings, dass dort im Gegenzug auch die Besteuerung von Einkommen deutlich unter der hiesigen liegt. Wer es ernst meint mit sozialer Mobilität, muss eigene Leistung belohnen und kann dann Ererbtes höher besteuern. Zweimal hoch zu besteuern, ist schlichtweg nur gierig.

Für mich gibt es kein Recht auf Erbe aber ein Recht vererben zu können. Es ist zutiefst menschlich, etwas hinterlassen zu wollen. Ein Erbe für die Nachkommen ist die konsequente Fortsetzung des eigenen Lebens, in dem man eine Familie gegründet und hoffentlich lange Zeit begleitet hat.

Erben wiederum ist ein Privileg, auf das man keinen Anspruch hat. Ausnahme mögen Familienunternehmen sein, die schon zuvor von einer Generation auf die nächste übergegangen sind. Gerade hier gilt die Weisheit von Goethe, der im ersten Teil von Faust mahnte: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“ Erst durch eigenen Einsatz und Anstrengung eignet man sich das Erbe wirklich an. 

Doch wie packt man das mit dem Vererben am besten an? Die Antwort auf diese Frage ist höchst individuell, doch glaube ich, ein paar Grundsätze definieren zu können:

  • Stellen Sie sich dem Thema: so unangenehm es ist, an den eigenen Tod zu denken. Er ist nun mal unabwendbar und vor allem zeitlich unbestimmt. Besser, Sie regeln das Thema frühzeitig.
  • Professioneller Rat: Es lohnt sich, bei der Abfassung des Testaments Experten hinzuzuziehen. So stellen Sie sicher, dass keine rechtlichen oder steuerlichen Probleme entstehen.
  • Kein Regieren mit der kalten Hand: Nichts entzweit Familien so, wie der Streit um das Erbe. So verlockend es sein mag, über Testament und Erbe die Familiengeschicke auch nach dem Tod zu gestalten, tun Sie es nicht. Am Ende gewinnt niemand und das eigene Ansehen leidet. Seien Sie fair und behandeln gleiche Erben (zum Beispiel Ihre Kinder) gleich.
  • Lieber warm als kalt: Nichts ist schlimmer, als wenn Ihr Tod die Voraussetzung für einen Vermögensübergang ist. Helfen Sie Ihren Kindern, wenn sie es brauchen, zum Beispiel, um ein Haus zu kaufen. Schenken ist besser als Vererben. Außerdem ermöglicht es, über die Ausnutzung von Freibeträgen die Steuerlast zu reduzieren.
  • Ihre Erben geben sich auch mit weniger zufrieden: Vergessen Sie nicht, ihr eigenes Leben zu genießen. An die kommenden Generationen zu denken ist ehrenwert, jedoch sollte es nicht übertrieben werden. Ein Bekannter hatte folgende Empfehlung: „Fliegen Sie erster Klasse, Ihre Schwiegersöhne werden es sicherlich tun.“

Vor allem vergessen Sie nicht: Das wichtigste Erbe, welches Sie Ihren Nachkommen hinterlassen, sind Werte und eine gute Ausbildung. Alles andere ist nur ein Extra.

 

Kommentare (8) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Thomas
    Thomas sagte:

    Erben ist keine Leistung?
    Ich weiß, was gemeint ist. Kind zu sein von reichen Eltern X oder armen Eltern Y ist Zufall und keine Leistung. Aber es gibt auch Eltern, die sparsam leben und deshalb etwas zu vererben haben.
    Meine Eltern und wir 3 Kinder sind nie in den Urlaub geflogen (nur 1 Mal pro Jahr im Sommer nach Holland oder Österreich mit dem Auto gefahren) und Skifahren war etwas für Reiche. Als Kinder (nicht als Jugendliche) haben wir selbstverständlich gebrauchte Kleidung getragen und ein gebrauchtes Fahrrad gefahren.
    Dafür haben meine Eltern ein zweites Haus gebaut, so dass wir 3 Kinder 2 Häuser erben werden.
    Ich weiß, jetzt kommen all die Kritiker, die mir vorrechnen wollen, wieviel man so spart und das man davon kein Haus bauen kann. Ok, wenn man Eltern hat, die saufen und rauchen und vor dem Fernseher hocken, dann geht das natürlich nicht.

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  2. Marcel Rose
    Marcel Rose sagte:

    Herr Ziegler, wir reden hier nicht von Vermögen im 50 Millionen-Bereich. Dass diese “Klein”-Unternehmen Ausnahmen brauchen sehe ich ein. Es gibt Familienunternehmen, die den Wert von Milliarden erreichen…! Warum sollen diese Big Player in den Genuss der Ausnahmen kommen?

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  3. Paul Ziegler
    Paul Ziegler sagte:

    Guter Beitrag, insbesondere der Hinweis auf die Ausbildung.
    Was viele Freunde der Erbschaftsteuer vergessen: Welcher Unternehmer (und die Mehrzahl dieser sind Klein-/”Familien”unternehmen, oft im Handwerk) bildet seine Kinder ordentlich, d.h. im eigenen Betrieb aus, wenn er weiß, die Erben müssen ihn bei Erbschaft liquidieren? Viel eher wird er mit 50-70, je nach Lust und Laune, den Betrieb verkaufen, oft natürlich unter Wert, oder aufgeben. Das verändert die Unternehmerstruktur deutlich zuungunsten von Kleinunternehmen. Und andererseits fördert man gerade dadurch, dass es junge Menschen gibt, die außer Geld eben nichts geerbt haben, Verantwortung, Unternehmerisches Denken, etc.
    Besser, man besteuert nicht, belässt Leuten ihr Erbe, und hofft dass sie es zusammen mit dem gleichen unternehmerischen Geist einsetzen, wie derjenige, der es ursprünglich geschaffen hat.

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  4. Thomas
    Thomas sagte:

    Wobei ich mich ja immer frage, ob das Besteuern zu Gerechtigkeitszwecken überhaupt so nötig ist, oder ob sich das Vermögen nicht ohnehin “automatisch” wieder verteilt.

    Ich schätze mal, dass man aus psychologischen Gründen das Geld umso leichter ausgibt, je weniger man selbst dafür getan hat. (Aus dem Aufwand des Erwerbs leitet sich der Wert ab.)

    Auch ist es weitaus leichter, viel Geld auszugeben, als viel Geld einzunehmen… rein statistisch spricht schon einiges dafür, dass die Entropie die Verteilung übernimmt.

    Vielleicht gibt es hierzu auch Statistiken; hab auf die Schnelle schon mal das gefunden:
    https://www.forbes.com/sites/toddganos/2014/02/05/how-the-wealthiest-families-make-and-lose-their-money/#606f240d77d6

    Kurios finde ich im Bekanntenkreis übrigens die sozialistischen Erbkapitalisten, die sozialistische Reden schwingen, Börse verteufeln und den eigenen Ruhestand schon mit der Vermietung oder dem Verkauf der Häuser Ihrer Eltern planen.

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  5. michael
    michael sagte:

    Es ist meines erachtens ein Aspekt der neoliberalen Ideologie das Einkommen aus Erbschaften und Kapital niedriger besteuert werden als solche durch eigene Arbeit. Das ist zufiefst leistungsfeindlich und ungerecht.

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    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      Ich glaube, es ist nicht nur Ideologie. Interessanterweise sind beispielsweise unglaublich viele eher linke Deutsche gegen die Erbschaftsteuer, obwohl sie selbst nie in die Situation kommen werden, etwas Nennenswertes zu erben oder zu vererben. Und natürlich nutzen das die wirklich Vermögenden völlig ideologiefrei zur persönlichen Lobbyarbeit. Ich vermute nur, dass die Politik auch um Arbeitsplätze fürchtet, wenn die Unternehmer im fortgeschrittenen Alter die Motivation verlieren sollten.

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  6. Markus
    Markus sagte:

    Ich kann Ihren Beitrag unterstützen. Dem hinzuzufügen wäre aus meiner Sicht:

    – Ich finde es gut, dass Sie das “leistungslos” nicht in Anführungszeichen gesetzt haben. Es ist nun einmal keine Leistung eine Erbe zu erben.
    – Ich verstehe grob die wirtschaftliche Logik, dass Familienunternehmen weniger belastet werden sollten. Das sollte aber nicht überstrapaziert werden, dem Primat der Wirtschaftlichkeit muss nicht alles untergeordnet werden. Gerechtigkeit ist wichtig.
    – In überschaubaren Rahmen sollte es möglich sein, ohne zu große finanzielle Belastung zu vererben. Wer zu weit vom Median der “Erbmasse” abweicht, sollte allerdings auch mehr Steuern zahlen.
    – Und ich bin völlig bei Ihnen, dass die Einkommenssteuer eigentlich aus Gerechtigkeitssicht ein Unding ist. Diese Steuer sollte haushaltsneutral abgebaut und entsprechend die Erbschafts- und Vermögenssteuer aufgebaut bzw. eingeführt werden. Die hohe Einkommenssteuer ist obendrein noch unsinnig: da besteuert die Politik die Arbeit und beklagt oder befürchtet gleichermaßen, dass Arbeitsplätze abgebaut werden… Lieber sollte das “scheue Reh” besteuert werden. Zugegebenermaßen ist das schwieriger, da beim Lohn der Zugriff ja so einfach ist. Aber nur weil es schwieriger ist, heißt es nicht, dass es nicht richtig wäre. Das wäre eine Aufgabe für intelligente, empathische, durchsetzungsstarke Politiker…

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