Die Wirt­schaft darf die Schule nicht den Ideologen über­lassen

Wer sich fragt, weshalb es so wenig Verständnis für Wirtschaft in weiten Teilen der Bevölkerung gibt, der muss auf die Schulen blicken. Dort findet Wirtschaft nur in seltenen Fällen statt und wenn sie stattfindet, dann mit einer eher staatsgläubigen Sichtweise.

So propagiert die baden-württembergische Landeszentrale für politische Bildung in Unterrichtsmaterialien zum Thema „Wohnungsnot“ eine wahre Flut an staatlichen Instrumenten von Mietpreisbremse bis Wohngeld. Die Ursachen wie steigende Nachfrage durch Zuzug und Migration und der Wunsch nach immer größeren Flächen pro Kopf werden nicht erwähnt.

Privater Neubau und Sanierung werden nicht als positiv dargestellt, sondern als Problem, indem einseitig auf die mögliche Verdrängung einkommensschwacher Mieter aus bestimmten Vierteln fokussiert wird. Das Bild des Vermieters: dick, spießig mit Krawatte, könnte schlimmer kaum sein. Kein Wunder, dass ein immer größerer Teil der Bevölkerung der Sozialen Marktwirtschaft skeptisch gegenübersteht.

Noch schlimmer ist es beim großen Thema unserer Zeit, dem Klimaschutz. Obwohl wir global deutliche Fortschritte bei Armuts- und Krankheitsbekämpfung, Lebenserwartung und Katastrophenschutz gemacht haben und es auch bei Klima- und Umweltschutz vorangeht, schauen die 14- bis 24-Jährigen in Deutschland mit Sorgen in ihre Zukunft.

Konfrontiert man sie mit positiven Fakten, reagieren sie ungläubig, hören sie doch in Schule und Medien immer nur die negativen Nachrichten. Der Lehrer Robert Benkens bringt es in der „ZEIT“ so auf den Punkt: „Seit dem Aufkommen der Fridays-for-Future-Bewegung bedeutet ‚Follow the Science‘ für viele meiner Schülerinnen und Schüler so viel wie: Der Untergang ist nah.“ Positive Entwicklungen werden ausgeblendet, ebenso die Tatsache, dass der Klimawandel eine ernste Herausforderung ist, aber eben nicht das Ende der Menschheit, wie der Weltklimarat in seinen Studien aufzeigt.“

Dass viele Medien ähnlich agieren, macht die Sache noch schlimmer. Kein Wunder, dass viele Jugendliche tatsächlich glauben, sie gehörten zur letzten Generation. Böse formuliert, haben sie in der Schule besonders gut aufgepasst. Sie sind Opfer eines Bildungswesens, das aus Sorge, das Thema könnte nicht ernst genug genommen werden, auf Übertreibung und Verengung setzt.

Statt mit Optimismus in die Zukunft zu blicken und sich aktiv an der Lösung der Probleme zu beteiligen – als Forscher, Ingenieure oder auch Installateure von Photovoltaikanlagen –, sehen zu viele die Lösung in Verzicht und Protest. Das ist nicht produktiv.

Deutschland als Land der grauen Zellen kann sich ein solches Bildungssystem nicht leisten. Wir verdanken unseren Wohlstand Forschung und Wissenschaft. Nur mit Innovation wird es uns gelingen, unseren Wohlstand zu verteidigen. Wissenschaftliches Arbeiten lebt von der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Auffassungen, nicht vom Ausschluss abweichender Meinungen.

Schulen müssen die Diskussion befördern

Zum allseits bekannten Problem immer schlechterer Leistungen in Kernfächern wie Mathematik kommt eine zunehmende Tabuisierung von Sichtweisen. So gut gemeint diese auch sein mag, sie schädigt eine der Kernfähigkeiten für unseren künftigen Erfolg.

Die Wenigsten leugnen den Klimawandel, es lohnt aber, über den besten Weg zum Umgang mit der Herausforderung zu diskutieren, nicht nur, aber auch in der Schule. Unterrichtsmaterialien müssen die verschiedenen Sichtweisen widerspiegeln und damit die Diskussion befördern.

Wenig spricht dafür, dass die Bildungspolitik hier einen Kurswechsel vollzieht. Umso wichtiger ist, dass die Wirtschaft aktiv wird. Die Wirtschaft darf die Schulen nicht länger Aktivisten und Ideologen überlassen, im eigenen Interesse, aber auch mit Blick auf den Klimaschutz.

→ handelsblatt.com: “Die Wirtschaft darf die Schule nicht den Ideologen überlassen”, 15. Januar 2023