FDP: Kompromissbereitschaft bei der Schuldenpolitik angezeigt

Die Chancen stehen gut, dass die FDP wieder in einer Bundesregierung vertreten sein wird. Weder für Schwarz-Grün noch für Rot-Grün dürfte es nach den derzeitigen Umfragen reichen. Doch was bedeutet eine Regierungsbeteiligung der Liberalen?

Blickt man in die Wahlprogramme der möglichen Koalitionspartner, fällt auf, dass die FDP die einzige Partei ist, die nicht auf den Staat als Löser aller Probleme setzt. Eine Haltung, die angesichts des eklatanten Versagens des Staates in den letzten Jahren bei entscheidenden Themen – Energiewende, Zuwanderung, Corona-Politik, Hochwasserwarnung und außenpolitische Konflikte, zuletzt Afghanistan – durchaus berechtigt ist. Auch liegt der Schwerpunkt im Programm der Liberalen allen Vorurteilen zum Trotz nicht bei den darin enthaltenen Ideen zur Steuer- und Abgabensenkung, sondern bei den nötigen Reformen, um Deutschland zukunftsfest zu machen. Dabei geht es um mehr staatliche und private Investitionen, regelmäßige Stresstests für eine sichere Energieversorgung, eine Orientierung der Zuwanderung an unseren wirtschaftlichen Bedürfnissen und als Schwerpunkt um bessere Bildung. In der Klimapolitik setzen die Liberalen auf ein hartes CO2-Limit, das über ein umfassendes Emissionshandelssystem eingehalten wird. Wie die Einsparungen realisiert werden, bleibt dem Markt überlassen. Sicherlich besser als die Vorstellung, Politiker könnten den Weg zur CO2-Einsparung definieren.

Koalitionen erfordern Kompromisse

Im Sinne der Sicherung unseres Wohlstands wäre es gut, wenn die genannten Punkte Regierungsprogramm würden. Kompromissbereit sollte die FDP an anderer Stelle sein: der Verschuldung des Staates. Trotz steigender Ausgaben und der Senkung von Steuern und Abgaben hält die FDP am Ziel des ausgeglichenen Haushalts fest und will die Quote des Schuldenstands rasch wieder unter das Maastricht-Niveau von 60 Prozent des BIP drücken. Das ist weder realistisch noch sinnvoll.

Allein aufgrund der demografischen Entwicklung wird das Wachstum in Deutschland in den kommenden Jahren zurückgehen, während gleichzeitig die verdeckten Verbindlichkeiten für Renten und Pensionen offensichtlich werden. Ein Herauswachsen aus den Schulden wird deutlich schwerer.

Außerdem teilen wir unsere Währung mit Staaten, die wesentlich höher verschuldet sind und keinerlei ernsthafte Absicht haben, ihre Neuverschuldung zurückzufahren. Diese Länder leiten aus unserer geringen Staatsverschuldung die Forderung nach höheren Transfers und gemeinsamer Schuldenaufnahme ab und fordern zusätzlich die Garantie der EZB, die Zinsen tief zu halten. Wer in diesem Umfeld auf Sparen setzt, agiert wie ein Geisterfahrer auf der Autobahn.

Es kommt nicht darauf an, dass der Staat keine Schulden macht

Es kommt darauf an, wofür diese Schulden gemacht werden. Hier sollte die FDP ihr politisches Kapital einbringen und dafür sorgen, dass nicht Konsum und ideologische Projekte finanziert werden, sondern die Sicherung künftigen Wohlstands. Genug zu tun gibt es.

handelsblatt.com: “Die FDP sollte ihr politisches Kapital nicht für die schwarze Null aufbrauchen”, 27. August 2021