Der einsame Wolf

Dieser Kommentar erschien in der April-Ausgabe 2017  von Cicero: 

Nötig hat er es nicht, freuen wird es ihn dennoch. Der Starinvestor Warren Buffett, immerhin der zweitreichste Mensch der Welt, ist um eine Million US-Dollar reicher. Der Grund dafür ist eine gewonnene Wette. Im Jahr 2007 wettete Buffett, dass es den besten Hedgefonds über einen Zeitraum von 10 Jahren nicht gelänge, mehr Gewinn zu erzielen als der Käufer eines Indexfonds. In der Tat liegen die Manager der Hedgefonds, die mit besonders ausgeklügelten Modellen und Strategien versuchen, den Markt zu schlagen, weit zurück. Allen Anstrengungen und Millionengehältern zum Trotz. Kein Wunder, dass Buffett, der sein Milliardenvermögen durch aktive Geldanlage gemacht hat, seiner Frau empfiehlt, nach seinem Tod 90 Prozent ihres Erbes in einen Indexfonds von Vanguard zu stecken.

Index ist nicht ETF

Vanguard, der führende Anbieter von Indexfonds, wurde vor mehr als 40 Jahren von Jack Bogle gegründet. Seine Idee war einfach: Statt wie zuvor das Geld in Aktienfonds von aktiven Managern betreuen zu lassen, sollten die Anleger lieber in den Index investieren. Die Geldmanager wären zu teuer und meist zu schlecht. Nach Kosten wäre mit einfachen Indexfonds mehr zu verdienen.

Heute ist Vanguard globaler Marktführer und verwaltet mehr als drei Billionen US-Dollar. Die Idee ist schon lange nicht mehr auf Aktien beschränkt. Auch im Bereich der Anleihen ist das Prinzip mit großem Erfolg umgesetzt.

Oftmals werden Indexfonds mit börsengehandelten Fonds (ETF für „Exchange Traded Fund“) gleichgesetzt. Dabei widerspricht die ständige und leichte Handelbarkeit der Philosophie sowohl Buffetts wie auch Bogles. Die Investoren sollten möglichst wenig handeln. Und in der Tat reduziert das ständige Hin und Her die Rendite deutlich. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Anleger in ETF regelmäßig geringere Renditen erzielen, als der Index, was neben den Handelsgebühren vor allem am schlechten Timing liegt. Sie kaufen und verkaufen zum falschen Zeitpunkt.

Übersetzt bedeutet dies, dass man als Privatinvestor langfristig am besten fährt, wenn man neben einem Indexfonds auf den weltweiten Aktienmarkt, Gold, Immobilien und Liquidität setzt und einmal im Jahr die Ursprungsgewichtung von je 25 Prozent wiederherstellt. Finanznachrichten liest man am besten nicht, um nicht in Versuchung zu geraten, doch zu handeln.

Von Wölfen und Schafen

Wie bei allen Trends in den Finanzmärkten ist jedoch auch hier Vorsicht geboten. Immer, wenn sich ein breiter Konsens bildet, steht eine Trendwende bevor. Ich wage die These, dass dies auch für Indexfonds gilt. Der Aufstieg von Vanguard & Co. fällt zusammen mit einem historisch einmaligen Aufschwung der Kapitalmärkte. Wenn alle Boote steigen, ist es schwer, schneller hochzutreiben als andere. Wenn die Ebbe kommt, zeigt sich jedoch, wer nackt schwimmt.

Die Bewertungen an den Kapitalmärkten haben nicht zuletzt dank der Großzügigkeit der Notenbanken luftige Höhen erreicht. Aktive Manager schnitten schlecht ab, weil sie nicht voll investiert waren, sondern mit Blick auf die Bewertungen den Anteil liquider Mittel erhöht haben. In den kommenden Jahren dürfte der Auswahl der Aktien eine größere Bedeutung zukommen als in den letzten Jahren. Je mehr Geld über Indexfonds angelegt wird, desto größer die Chance, unterbewertete Aktien zu finden.

Ein bekannter Fondsmanager verglich die Investoren in Indexfonds mit Schafen und die aktiven Investoren mit Wölfen. Die Wölfe sind umso erfolgreicher, je mehr Schafe und je weniger Wölfe es gibt. Gute Zeiten also für Wölfe. Das gilt auch für den berühmtesten Wolf von allen: Warren Buffett. Kann gut sein, dass seine Empfehlung für Indexfonds nicht ganz so uneigennützig ist. Für den normalen Anleger gilt sie allemal.