“Berlin als Warnung für alle Transfereuropäer”

Dieser Kommentar von mit erschien bei manager magazin:

Zwanzig Jahre Euro. Herzlichen Glückwunsch kann man da nur sagen, allein, weil es die Gemeinschaftswährung geschafft hat, überhaupt so lange zu überleben. Das kommt schon fast einem Wunder gleich, haben sich die Wirtschaften der Mitgliedsländer doch deutlich auseinanderentwickelt, statt sich anzunähern. Divergenz statt Konvergenz lautet das Ergebnis des politischen Experiments, wie der IWF nüchtern vorrechnet.

Ohne EZB wäre schon lange Schluss

Überlebt hat der Euro nur, weil die EZB ihn zu einer frei verfügbaren, faktisch kostenfreien Ware gemacht hat sowie mit Negativzins und Wertpapierkäufen überschuldete Staaten und Privatsektoren am Leben erhält. Ganz nebenbei finanziert die EZB so die Kapitalflucht aus den Krisenländern. Das schlägt sich in immer größeren, faktisch wertlosen (da zins- und tilgungsfrei ohne Sicherheit) TARGET2-Forderungen der Bundesbank und damit der hiesigen Bevölkerung nieder.

Doch das dürfte nicht genügen, um den Euro weitere zwanzig Jahre Existenz zu ermöglichen. Im Gegenteil – dringend weitere Reformen sind nötig, wie von allen Seiten angemahnt wird, so auch im „Economist”, zitiert auf diesen Seiten. Die Ursachen der Eurokrise sind bekannt und auch was zu tun wäre:

  • Die Überschuldung ist durch Schuldenschnitte zu bereinigen
  • Das insolvente Bankensystem ist durch Schuldenschnitte und Rekapitalisierung zu sanieren.
  • Die divergierende Wettbewerbsfähigkeit durch Neuordnung der Mitglieder der Eurozone wiederherstellen.

Stattdessen wird wider besseres Wissen die Rettung in mehr Umverteilung zwischen den Ländern gesehen. So rechnet der IWF vor, dass 80 Prozent eines Schocks selbst in Ländern wie den USA und Deutschland über private und nicht über öffentliche Mittel aufgefangen wird. Unbeachtet bleibt außerdem, dass die deutlich ärmeren deutschen Privathaushalte dann für die reicheren Italiener, Spanier und Franzosen bezahlen würden.

Länderfinanzausgleich als Warnung

Gerade wir Deutschen – namentlich auch der Bundesfinanzminister, der seit Neuestem die völlig untaugliche Idee einer europäischen Arbeitslosenversicherung propagiert – sollten wissen, dass Umverteilung zwischen Ländern nur selten etwas bringt. Bayern gilt als Leuchtturm für den Nutzen des Länderfinanzausgleichs. Das Land hat sich von einem Nettoempfänger zu einem leistungsstarken Nettozahler entwickelt – durch kluge und gute Verwendung der Mittel, mit dem Ziel, die Wirtschaftskraft zu steigern.

Die Ausnahme bestätigt die Regel, mag man denken, wenn man auf die aktuelle Lage blickt. Nehmen wir Berlin als größten Empfänger aus dem Länderfinanzausgleich. Das Land sollte diese Mittel vor allem dazu nutzen, die eigene Wirtschaftskraft zu stärken, um so den Wohlstand der Einwohner zu mehren und damit perspektivisch weniger Geld aus dem Topf zu benötigen.

Doch weit gefehlt. Die Berliner Politiker setzen (wohl zu Recht) darauf, dass außerhalb der Stadt Kapitalismus und Wirtschaft funktionieren und dauerhaft das sozialistische Paradies finanzieren. Frei nach dem Motto von Margret Thatcher, wonach Sozialismus solange funktioniert, wie einem das Geld anderer Leute nicht ausgeht. Solange Bayern nicht ernsthaft mit dem Austritt aus der Bundesrepublik droht, kann Berlin weiter daraufsetzen, dass die dortige Wirtschaft floriert, um in der Hauptstadt links-grüne Rundumversorgungsträume und ideologische Kämpfe zu finanzieren.

Da ist das Vergraulen von Google aus Berlin nur ein kleines Schlaglicht. Viel eindrucksvoller ist das Verwenden staatlicher Mittel für den Kauf vorhandener Wohnungen wie aktuell in der Karl-Marx-Allee. Diese sollten – völlig legal – an die Deutsche Wohnen verkauft werden. Da die Wohnungen in einem guten Zustand sind, beabsichtigt der Käufer auch keine umfangreichen Modernisierungen, weshalb sich an den Mieten nach geltender Rechtslage (Mietpreisbremse, Mietspiegel etc.) auch nichts ändern würde. Bedeutet übersetzt, die Mieter sind genauso geschützt wie bisher auch.

Dennoch hat der Berliner Senat eine Initiative gestartet, um direkt und indirekt (über die Mieter) mittels des Vorkaufsrechtes einen Verkauf zu verhindern und stattdessen die Wohnungen zu verstaatlichen. Dazu werden Millionen Euro an Steuergeldern verwandt, die der Berliner Senat an anderer Stelle – auch zur Schuldentilgung – hätte verwenden können.

Der Kauf vorhandener Wohnungen schafft keinen Wohnraum

Denken wir durch, was passiert, wenn der Staat zunehmend Eigentümer von Immobilien wird, mit dem erklärten Ziel, die Mieten relativ zum Marktpreis zu senken:

  1. Zunächst ist das eine Subvention der glücklichen Ist-Mieter zulasten der Allgemeinheit. Mit demselben finanziellen Aufwand könnte man neue Wohnungen bauen und so das Angebot vergrößern (was den Mietanstieg dämpft) oder aber allen Mietern einen staatlichen Zuschuss geben. Es ist offensichtlich, dass die Verwendung von Staatsmitteln zum Aufkauf vorhandener Wohnungen der ineffizienteste Weg ist.
  2. Schnell wird sich ein Markt bilden für die Vergabe von Wohnungen in den so subventionierten Häusern. Da die Miete gedeckelt ist, werden andere Formen der Bezahlung an Bedeutung gewinnen. Dies reicht von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe (Partei, Beruf …) bis hin zu Korruption. Letztere blüht besonders da, wo die Preise nicht marktgerecht sind.
  3. In die Immobilien im Staatsbesitz wird allerdings weniger investiert. Das liegt daran, dass auch die Taschen des Staates nicht beliebig tief sind. Zunächst wird das von den Mietern nicht beanstandet, können sie doch oft günstig wohnen.
  4. Der Anteil der staatlichen Immobilien nimmt zu. Da auch diese Wohnungen in den Mietpreisspiegel einfließen, drückt das tiefe Mietniveau der subventionierten Wohnungen das Mietniveau insgesamt. Schön für Mieter, wenig rentabel für Vermieter.
  5. Für die Eigentümer der Wohnungen, die nicht im Staatsbesitz sind, wird es immer unattraktiver, die Wohnungen zu halten. Auch sie verkaufen an den Staat oder kürzen ihre Investitionen.

Kommunismus endet immer gleich: mit dem Verfall der Immobilien und einem Neustart, wenn die staatliche Wohnungskaufgesellschaft wiederverkauft wird, weil die Löcher im Haushalt zu groß sind.

Schuss geht nach hinten los

Damit geht der Schuss aber nach hinten los. Damit geht der Schuss aber nach hinten los. Heute gehören rund 13,5 Millionen Wohnung in Deutschland privaten Investoren und nur rund 6,5 Millionen großen Immobilienverwaltern. Die privaten Investoren haben zumeist nur eine Wohnung oder ein Haus, weshalb – von Ausnahmen abgesehen – die Verwaltung nicht so professionell ist, wie bei den großen Investoren. Bisher sind die Mieter die Nutznießer der Unprofessionalität der Vermieter. Mieten wachsen langsamer, weil die Vermieter den Konflikt scheuen. Instandhaltungen werden früher durchgeführt, als sie technisch eigentlich erforderlich wären, Modernisierungen, obwohl sie sich eigentlich nicht rechnen.

Je unattraktiver es für die privaten Vermieter wird, desto größer der Anteil der großen Immobilienunternehmen am Markt. Kommt es im Zuge der unweigerlich auf uns zukommenden Finanzierungsprobleme des Staates wieder zum Verkauf der staatlichen Wohnungen, werden diese wiederum nur an die Großinvestoren gehen. Am Ende des „kommunistischen Weges“ dürfte damit eine Konzentration im Wohnungsmarkt stehen, die letztlich den Mietern schadet. Und eher weniger als mehr Wohnungen geben. So ist das, wenn die Politik agiert. Bekanntlich ist das Gegenteil von „gut“, „gut gemeint“.

Italien ist nicht wie Berlin

Kommen wir zur Eurozone zurück. Kein Mitgliedsland ist annähernd so schlecht regiert, wie die Bundeshauptstadt. Selbst Italien ist, verglichen mit Berlin, ein funktionierendes Gemeinwesen mit einer starken Wirtschaft. Die Lombardei gehört seit Jahren zu den wirtschaftlich stärksten Regionen Europas. Trotzdem befinden sich Italien, Spanien und Frankreich in einer Abwärtsspirale steigender Schulden und abnehmender Wettbewerbsfähigkeit. Daran ändert auch die konjunkturelle Zwischenerholung der letzten Jahre nichts. Die Proteste in Frankreich zeigen, dass das Land nicht reformierbar ist, was auch den lauten Ruf Macrons nach mehr europäischer „Solidarität“ – sprich: nach mehr deutschen Mitteln auch für Frankreich – erklärt. In Italien regieren derweil Links- und Rechtspopulisten gemeinsam und sehen in höheren Staatsausgaben die einzige Rettung für das Land.

Würden diese Mittel dazu verwendet, die Wirtschaftskraft zu steigern und den Arbeitsmarkt zu reformieren, wäre das durchaus vertretbar. Doch dem ist nicht so. Verwendet Berlin das Geld aus dem Länderfinanzausgleich für den Kauf vorhandener Wohnungen, so plant die Regierung in Rom mehr Sozialleistungen. Beides mag bei den Wählern ankommen, funktioniert aber nur, solange sich jemand findet, der das bezahlt. Mögen sich die Bayern, Baden-Württemberger und Hessen die 3,6 Milliarden jährlich für das sozialistische Paradies Berlin noch leisten können, so übersteigt der Finanzbedarf der anderen Euroländer unsere Leistungsfähigkeit bei Weitem.

Egal, unter welchem Namen die europäische „Solidarität“ verkauft wird: Arbeitslosenversicherung, Eurozonen-Budget, Eurozonen-Finanzminister. Immer geht es darum, einen Umverteilungsmechanismus zu schaffen, bei dem der Geber keinen Einfluss auf die Verwendung der Mittel hat. Theoretisch soll der Länderfinanzausgleich dazu dienen, die Unterschiede zwischen den Ländern abzubauen. Das kann funktionieren, wenn man das Geld dazu nutzt, die Wirtschaftskraft zu steigern. Praktisch führt er zum Gegenteil: der Illusion der Empfängerländer, auf die eigenständige Erarbeitung der Mittel nicht angewiesen zu sein.

Auf Eurozonenebene ein offensichtlich gescheitertes Konstrukt x-mal größer etablieren zu wollen, widerspricht jeglicher Logik. Dass die potenziellen Empfänger das super finden, wundert nicht. Hoffentlich erkennen das unsere Politiker noch rechtzeitig.