So oder so ist Griechenland nicht zu helfen

Ein Gastbeitrag von Professor Gunnar Heinsohn

Für Griechenland rechnen renommierte Ökonomen des In- und Auslandes mit dem Wiedergewinn globaler Konkurrenzfähigkeit erst dann, wenn es endlich keine Geschenke mehr bekomme, sondern mit einer jederzeit abwertbaren Heimwährung seine bisher Euro-gefesselten Kräfte frei entfalten könne. Gegenstimmen sehen es kaum anders, meinen aber, dass die bisher verabreichten 240 Milliarden Euro noch einmal üppig aufgestockt werden sollten, bevor das sonnenverwöhnte Gestade auf den Weltmärkten wieder vorne mitrudern könne.

Doch was wären Griechenlands Potenzen, die von zu hohen Wechselkursen stranguliert würden? Spitzentalente sind ungemein rar und werden täglich weniger. Bei der 1995er Premiere der vierjährigen Mathematik-Olympiade TIMSS ist Griechenlands Teilnahme noch Ehrensache. Nachdem man unter 25 Teilnehmern – vor Portugal – nur den 20. Platz erreicht, tritt man niemals wieder an. Bei Mathematik-PISA wird dennoch offensichtlich, dass es nur noch abwärts geht. Von 2006 (28. Platz) über 2009 (39.) bis 2012 (42.) wird das Erwachen immer böser. Zugleich verlassen von je 10.000 Einwohnern jährlich fast fünfzig der Beweglichsten das Land (Stichjahr 2013; Bloomberg-Businessweek; 19.-25.1.2015).

Unter 142 Ökonomien in der 2013er Innovationsrangliste schafft man hinter Uruguay, Mauritius – sowie dem EU-Kandidaten Serbien – einen deprimierenden 55. Rang.

Global Innovation Index 2014

Es gibt zwischen Thessaloniki und dem kretischen Chania schlichtweg keine Tüftler, die in der elterlichen Garage chinesische Mobiltelefone demontieren, um sie beim Kopieren noch zu verbessern und danach zu unschlagbaren Preisen auf die Weltmärkte zu werfen. Auch deshalb geht es beim vierteljährlichen Bruttoinlandsprodukt von 63 Milliarden Euro 2008 (Juni-August) herunter auf 48 Milliarden Euro sechs Jahre später. Bei der Kaufkraft wird 2013 global sogar nur noch der 63. Platz erreicht

The World Factbook

Und doch würde aus einem Rückblick des Jahres 2030 auf die heutige Misere die Gegenwart wie eine rosengebettete Zeit anmuten. Von den 10,8 Millionen Einwohnern des Jahres 2014 (Gipfel 2010 mit 11,1 Mill.) wird es beim jetzigen Abwanderungstrend unter 10 Millionen gehen. Schon heute kommen auf 10.000 Einwohner nur 88 Geburten, aber 110 Sterbefälle. Das 2002 noch vitale Durchschnittsalter von 38 Jahren, das 2014 mit 44 immer noch klar vor dem deutschen (46) liegt, soll dann knapp 50 erreichen. Als drittälteste Nation (2014: Platz 10) der Menschheit will man 2030 seine Touristen empfangen. Selbst die Besucher aus Deutschland ‒ mit gut 48 Jahren dann nur noch die sechstälteste Bevölkerung (heute Platz 3 nach Monaco und Japan) – werden ihren fragilen Gastgebern zur Hand gehen müssen.

Auf vordere Plätze drängen Griechen bestenfalls noch bei der Fremdenfeindlichkeit. Bei der Roma-Ablehnung erreichen sie im Mai 2014 unter sieben europäischen Nationen den 3. Platz, bei der Islamophobie den 2. Platz und beim Antisemitismus den ersten Platz (47 % der Bevölkerung gegen 5 % in Deutschland an Platz 7).

PewResearch Center: Views of Roma, Muslims, Jews

Niemand in dem schönen Land wüsste überzeugende Faktoren für eine ökonomische Himmelsstürmerei zu nennen – weder 1981 beim EU-Beitritt noch morgen wieder mit Drachme. Deshalb bekennen – bei allem Heulen und Zähneklappern für die Außendarstellung ‒ noch vor der Wahl vom 25. Januar 74,2 Prozent der Griechen, unbedingt im Euro bleiben zu wollen.

Greek Reporter: New Opinion Poll Shows Greek Citizens Want SYRIZA, Samaras and Euro, 4. Januar 2015

Auch einem Alexis Tsipiras und seinen Anhängern muss niemand die Köstlichkeiten einer Transferzahlung erklären. Wie kein vernünftiger Sozialhilfeempfänger in Länder ohne „Staatsknete“ abwandert, so will auch kein Land weg von der EU, ohne deren stetige Megamilliarden es in der Tat härter würde. Die europäischen Partner haben also nur die Wahl zwischen Zahlen oder Nichtzahlen. Einen bezahlten Weg vom Schlusslicht zur Weltmarktfähigkeit jedoch ist mit den Griechen nicht zu schaffen.