Schon Goethe erkannte die Folgen des alchi­mis­tischen Wirtschafts­systems

Gestern hatten wir an dieser Stelle die Erklärung der Wirtschaftsordnung durch Heinsohn und Steiger, die Eigentumsökonomik.

Heute nun die Deutung der Wirtschaft aus Goethes Faust. Professor Hans-Christoph Binswanger hat in seinem 1985 erschienenen Buch “Geld und Magie – Deutung und Kritik der modernen WirtschaftGoethes Faust neu – und wie ich finde – überzeugend interpretiert: nämlich als Darstellung unseres Wirtschaftssystems, das mithilfe des Papiergeldsystems nicht nur Wachstum ermöglicht, sondern erforderlich macht, weshalb es zwangsläufig zu einem immer höheren Ressourcenverbrauch führen muss. Es ist letztlich nur mit einem steigenden Energieeinsatz denkbar, Wirtschaftswachstum zu erzeugen.

Ich will aus dem sehr lesenswerten Büchlein zitieren.

  • Zunächst ist es wichtig, dass Binswanger den Faust als eine Schrift deutet, die die erfolgreiche Weiterentwicklung der Alchemie beschreibt und erfasst: „Wie in allen alchimistischen Schriften wird auch in Goethes Faust nur angedeutet, worin das große Werk besteht, was also der Stein der Weisen ist. Die Natur des Steins lässt sich darum nur aus dem Gesamtzusammenhang erfassen. Wir müssen uns daran erinnern, dass es im alchimistischen Prozess um die Quintessenz, um das fünfte Element geht, dass sowohl am Anfang wie am Ende des Prozesses steht.“ (Seite 46).
  • Und was ist dieses „große Werk“? „Das große Werk ist – das wissen wir – im Bereich der Wirtschaft die Schaffung eines künstlichen Geldwertes. Es geht um eine Wertschöpfung durch Faktoren, die nicht einer erkennbaren Leistung zugeordnet werden und die daher im Sinne der ökonomischen Wissenschaft nicht ursächlich erklärt werden kann, um eine Wertschöpfung also, die auf Zauberei oder Magie beruht.“ (Seite 46) – bto: Und das ist der wichtige Unterschied. Haben die Alchemisten davor versucht, künstlich Gold zu erzeugen, war es nun leichter. Das Papiergeld hat denselben Effekt. So erwähnt Binswanger später, dass der Regent von Frankreich alle Alchemisten entließ, sobald John Law sich als viel effektiverer Alchemist erwiesen hatte.
  • „Wir haben festgestellt, welche Kräfte der Magie Goethe am Werk sieht. Entscheidend ist, dass sie nur im Zusammenwirken eine magische Wirkung erzielen. Diese Kräfte sind:
    – die Imagination, mit der es möglich ist, die vergrabenen Bodenschätze in (Papier-) Geld zu verwandeln; es geht um die Vorstellung von der Deckung des Papiergeldes durch das vergrabene Gold;
    – die Impression durch die staatliche Macht, die das (Papier-) Geld legitimiert;
    – die menschlichen Leidenschaften, die mit der Eigentumsergreifung zusammenhängen: Gewalt, Habgier, Geiz; (bto: Da geht es vor allem um den neuen Eigentumsbegriff des Code Napoleon, der eben auch das Recht zur Zerstörung von Eigentum durch den Eigentümer beinhaltet. Es gibt also keine Pflicht mehr, es für kommende Generationen zu erhalten)
    – die Erweiterung des menschlichen Bewegungsraums durch die Transportmittel, die Multiplikation der Geschwindigkeit;
    – die Erweiterung der Produktionskräfte durch die nicht-menschliche Energie, die Multiplikation der Arbeit;
    – die Erfindungsgabe und der technische Fortschritt.“ (Seite 46f.)

    Das ist deshalb interessant, weil es eben die Kombination von Faktoren ist und vor allem auch die Dynamik andeutet. Man hat mit dem Papiergeldsystem die Grundlage für ewiges Wachstum, das allerdings auch mehr Ressourceneinsatz beinhaltet.

    • Die entscheidende Änderung ist, dass man die Bergwerke nicht erst erschließen muss. Man kann auch so bereits wirtschaften: „Das Urmaterial, die materia prima der alchimistischen Wertschöpfung ist der Goldschatz, der im Boden liegt. Die Quintessenz dieses Goldes, die auf allen Stufen des alchimistischen Prozesses in Erscheinung tritt, ist der Geldwert – der Geldwert des Papiergeldes, der Geldwert des Eigentums, der Geldwert des Realkapitals. Der Stein der Weisen muss im Stande sein, diesen Geldwert zu erhöhen, wenn er mit weiteren Materialien in Berührung kommt. Wenn man dies bedenkt, so kann der Stein nichts anderes sein als das Geldkapital, das, selber Geld, wiederum Geld schafft.“ (Seite 48). – bto: In der Tat kann Geld zu mehr Geld führen, allerdings, wie Binswanger betont, nicht einfach so. Es erfordert weitere Geldschöpfung.
    • „Das Wort „Kapital“ ist abgeleitet vom Wort capitalis (capitalis = zur Hauptsache gehörend). Capitalis pars debiti ist der Hauptteil der Schuld der von einer Nebenschuld, nämlich dem Zins, begleitet wird. Geldkapital im weitesten Sinn sind alle Geldmittel, die man entweder sozusagen sich selbst auf Gewinn (als Eigenkapital) oder anderen auf Zins (als Fremdkapital) ausleiht. Gewinn oder Zins kann gesamtwirtschaftlich, d. h. in Saldo aller Gewinne und Verluste, nur dann erwirtschaftet werden, wenn alle Erträge bzw. alle Einnahmen zusammengenommen größer sind als alle Aufwendungen bzw. alle Ausgaben zusammengenommen. Dies ist aber nur möglich, wenn ständig Geld in die Wirtschaft ein fließt. Dies setzt, sofern die Goldgewinnung nicht mehr genügt, die Schaffung von stoffwertlosem Geld wie z. B. Papiergeld voraus.“ (Seite 48) – bto: Wir wissen ja, dass der Goldstandard genau deshalb nicht beliebt ist. Er begrenzt das Wachstum und verstärkt deflationäre Tendenzen einer immer produktiver werdenden Wirtschaft.
    • Und wo kommt das neue, zusätzliche Papiergeld her? „Dieses kommt, sofern es nicht in rein inflationärer Weise der Staatsverschuldung dient, durch Kredite in Umlauf. Kredite können aber nur vergeben werden, wenn ein realer Zins bezahlt beziehungsweise ein realer Gewinn erwirtschaftet werden kann. So schließlich ist der Kreis. Voraussetzung dafür ist, dass mit dem zusätzlichen Geld im Bereich von Handel und Industrie immer mehr real Kapital geschaffen wird und mit diesen das Instrument, welches die Wirtschaft benötigt, um sich die Natur an zu eignen. Durch diese Aneignung erhalten Bestandteile der Natur, die vorher keinen monetären Wert gehabt haben, mit einem Schlag ein Geldwert. Auf diese Weise kommt es durch den Einsatz von Geldkapital auf dem Weg über die Geldschöpfung, die Eigentumsergreifung der Natur und die Realkapitalbildung tatsächlich zu einer Schöpfung aus dem Nichts – d. h. aus der wertlosen Natur –, zur Produktion von Werten, die nicht durch menschliche Leistung erklärt werden können, also von Mehr-Werten.“ (Seite 48f) – bto: Jetzt gibt es zwar, wie wir aktuell beobachten können, auch zunehmend eine Kreditvergabe, die nicht dazu dient, mehr Realkapital zu schaffen, sondern zu Konsum und Spekulation/Kauf vorhandener Vermögenswerte. Aber das ändert nichts an der grundsätzlichen Beobachtung.
    • „Goethe deckt durch die alchimistische Deutung der Wirtschaft Kräfte auf, die in ihr wirken, die aber von der herrschenden – der klassischen und der modernen Nationalökonomie – totgeschwiegen werden. Die Natur – worunter wir im weitesten Sinne alles verstehen können, was nicht der menschlichen Leistung zugesprochen werden kann – kommt in der grundlegenden Produktionsfunktion der Nationalökonomie nicht zum Vorschein. Diese ist daher eine ‘Philosophie des Als-ob’. Sie tut so, als ob das Sozialprodukt tatsächlich nur das Ergebnis von Arbeit (Fleiß), Kapital (Konsumverzicht) und technischen Fortschritt (Lernen und Forschen), also in seiner Totalität ein Ergebnis menschlicher Leistung sei. Umso ungehinderter kann sich so hinter dieser Leistungsillusion der alchimistische Prozess der Verwandlung der Natur in Rohstoffe und der Verwandlung der Rohstoffe in Geld vollziehen.“ – bto: Das leuchtet ein und ist natürlich ein Grund dafür, weshalb die Ökonomen heute eine Internalisierung der Kosten fordern. Nichts anderes sind CO2-Steuern etc.
    • Binswanger/Goethe erkennen aber auch das Problem des Vermögens/Kapitals: der konstante Druck, es zu riskieren, wie es Gunnar Heinsohn erklären würde. Weil immer Wettbewerber mit besseren Ideen kommen können, unterliegt der Kapitalbesitzer dem konstanten Druck, weiter zu investieren, um sein Vermögen zu erhalten: „Der (…) Verlust ist die zunehmende Unfähigkeit, den Reichtum, die man erzeugt, auch wirklich zu genießen. Denn mit dem Reichtum nimmt auch die Sorge zu. Diese ist sozusagen systemnotwendig mit der modernen Wirtschaft verbunden. Indem man nicht mehr wie früher auf Bestellung, sondern für den Markt produziert, d. h. für den unbekannten Konsumenten, weiß man erst nach erfolgter Produktion, ob man die Waren, die man hergestellt hat, auch zu kostendeckenden Preisen verkaufen kann; mit jeder Produktion ist daher die Sorge um den künftigen Absatz verbunden. Sie nimmt mit der Größe des Marktes zu, aber noch mehr mit der Kapitalisierung des Produktionsprozesses. Das Kapital kann man, wenn es einmal in bestimmten Maschinen und Gebäude angelegt ist, nicht einfach wieder daraus herausziehen (oder es schrumpft, wenn man es doch tut, auf einen geringen Liquidationswert zusammen). Der eigentliche Wert des Kapitals ist der Gegenwartswert der künftigen Gewinne. Wenn die Gewinne ausbleiben, geht somit praktisch das ganze Kapital verloren. Wer weiß aber, wenn er heute das Kapital angelegt, wie die Erträge und damit die Gewinne morgen, übermorgen, überübermorgen usw. sein werden?“ – bto: Und wie gesagt, das ist kein freiwilliger Prozess, sondern Zwang. Wer nicht riskiert, wird mit Sicherheit sein Kapital verlieren, weil es durch bessere Prozesse/Produkte verdrängt wird.
    • War es die ursprüngliche Aufgabe der Alchemie, in den unendlichen Metallen den ‘Samen des Goldes wachsen zu lassen und es schließlich dazu zu bringen, dass sie sich in Gold verwandeln, handelt es sich bei der modernen Alchemie bzw. der Fortsetzung der Alchemie mit anderen Mitteln darum, den GeldWert der Dinge so zu fördern, bis alle Dinge in Geldwerte verwandelt sind. Indem diese Dinge in Geldwerte transmutiert werden, erhalten Sie eine dauerhafte Existenz. Das Geld ist der einheitliche Nenner aller Werte, der im Verhältnis zum subjektiven, individuellen Nutzen ein objektiver Wert ist. Durch die Reduktion aller Dinge auf diesen einheitlichen Nenner wird im Sinne des alten philosophischen Satzes Unum et esse converguntur (das Eine – der gemeinsame Grund aller Dinge – ist die eigentliche Existenz) eine höhere neue Seinsstufe erreicht. Äußerlich manifestiert sich diese höhere Seinsstufe darin, dass das Geld nicht verderblich ist und beliebig angehäuft werden kann. Das Streben nach Geld ist keiner Sättigung unterworfen. (…) Aber – und darin liegt die Gefahr – durch diese Objektivierung entstofflicht sich die Welt. Sie entzieht ihr das Leben, das sich gerade – wie Goethe immer wieder betont hat – im dauernden Wechsel, in der Vielfalt manifestiert, und damit auch die Voraussetzung – das Lebendige –, an den der alchimistische Prozess anknüpft. Man kann daher geradezu sagen: Das Gelingen des alchimistischen Prozesses ist die Ursache seines Scheiterns. (S. 80ff) – bto: Was ist damit gemeint? Nun, der inhärente Wachstumszwang aus der Vorfinanzierung mit Eigen- und Fremdkapital. Es muss also darum gehen, dass Geldvolumen immer weiter zu steigern und damit immer mehr Ressourcen zu nutzbaren Gütern zu machen.
    • Seit der Renaissance verfolgt die Menschheit einen Pfad, der gekennzeichnet ist durch den auch für die Alchemie maßgebenden Wahlspruch Kaisers Karls V.: Plus ultra – immer weiter. (…) Die Idee des plus ultra konnte sich allerdings damals noch nicht auf längere Dauer durchsetzen. Dazu bedurfte es noch der Papiergeldschöpfung, der Institutionalisierung des neuen Eigentumsrechts und der technischen und industriellen Revolution, die dem modernen Wirtschaftsstreben erst eine tragfähige Grundlage verlieh.“ (Seite 90) – bto: Bei genauerer Betrachtung ist es aber nicht eine Frage des Wollens, sondern der Zwangsläufigkeit.
    • Das wirf die Frage auf, woher Goethe schon diese Einsicht hatte: „Wenn wir uns heute fragen, wie konnte Goethe in so erstaunlich klarer Weise vorhersehen, wohin dieser durch die Renaissance eingeleitete Prozess führen würde, woher also die große Aktualität des FaustDramas stammt, so können wir nur antworten: Goethe benötigt nicht eine besondere prophetische Gabe, sondern er hat diesen Prozess als einen alchimistischen Vorgang erkannt und dessen innere Logik verstanden, die sich im Laufe der Geschichte entwickelt hat und zweifellos noch weiterentwickeln wird.“ (Seite 90f) – bto: Denn es gab das gescheiterte Experiment John Laws bereits und das funktionierende Modell der Bank of England, die damit einen wesentlichen Beitrag zum Aufstieg des Vereinigten Königreichs gelegt hat.
    • Die moderne Welt wird also bestimmt durch den Sieg der Wirtschaft über die Zeit. Dieser Sieg mag ein vorläufiger sein, aber es ist zweifellos ein Sieg. Diesen Sieg erobert die Wirtschaft, in dem sie die Güter in zeit–überdauernde Geldwerte umwandelt und zu diesen Geldwerten vordringt durch das ‘Tor der Zukunft’. Das Geld ist der Natur nach eine Anweisung auf die Zukunft, auf das, was man in der Zukunft kaufen kann, wenn man das Geld ausgibt, oder in Zukunft als Ertrag bzw. Zins gewinnen kann, wenn man es investiert. Man kann daher gerade zu sagen: Geld ist Zukunft. Allerdings geht durch die Ausrichtung der Wirtschaft auf Geldwerte wieder Zukunft verloren, in dem der Geldwert nur gesichert werden kann durch einen ständigen mehr Verbrauch von Welt, denn dieses Geld muss durch reale Güter gedeckt werden, die dem Bergwerk der Welt entnommen werden. Die Zukunft wird dann in dem Ausmaß bedroht, als die Welt begrenzt ist, als das Bergwerk der Welt leer gebaggert wird.“ – bto: Nach dieser Logik geht die Fortsetzung des Geldwachstums nur durch immer höheren Ressourceneinsatz. Ein Blickwinkel, dem Gunnar Heinsohn in meinem Gespräch mit ihm widersprochen hat.
    • Aber wo ist die Grenze der Welt? Gerade durch die Ausrichtung der Wirtschaft auf den Geldwert kann die Grenze der Welt offensichtlich immer weiter hinausgeschoben werden; die Erschließung immer neuer Stollen wird lukrativ. Die Welt weitet sich aus. Die Geldwirtschaft ermöglicht damit ein Wachstum der Wirtschaft, was ein stets größeren Wohlstand verspricht. Goethe sieht diese künftigen Wohlstand und begreift die Faszination, die von ihm ausgeht.“ – bto: Wir sehen ihn heute und können auch erkennen, dass das Wachstum auch die Armut in der Welt deutlich reduziert hat.
    • Und Goethe sagt auch, was der Grund dafür ist: Er liegt im Wandel der Wirtschaftsweise, in der Ablösung der Substanz – oder Versorgungswirtschaft, der voralchimistischen Wirtschaft, in der Natur und Arbeit dominieren, durch die Erwerbswirtschaft, der alchimistische Wirtschaft, in der das Geld und das Geldkapital die entscheidende Rolle spielen. Die Substanz – oder Versorgungswirtschaft ist ausgerichtet auf die Befriedigung der physischen Bedürfnisse des Menschen; diese sind ersättlich. Die Substanz – oder Versorgungswirtschaft hat daher endliche Zwecke. Die Erwerbswirtschaft dagegen zielt auf die imaginären Bedürfnisse, die durch die Fantasie des Menschen stets ausgeweitet werden können – wir sind unersättlich. Der Erwerbswirtschaft wohnt daher ein unendliches Streben inne. Sie folgt aus dem Geldstreben, weil das Geld durch die Geldschöpfung (Papiergeld!) schneller und leichter vermehrbar ist als die Güter, die mühsam aus dem Material der Welt gewonnen werden müssen. Daher besteht die Tendenz, zuerst Geld zu produzieren und dann, durch den Geld Gewinn verlockt oder angelockt, diesem Geld als Geldkapital durch entsprechende Ausweitung des imaginären Bedarfs und der dazugehörigen Güterproduktion zusätzliche Geltung zu verschaffen. Die Vision einer immer besseren – immer noch besseren – Zukunft ist ein notwendiger Bestandteil der Geld- und Erwerbswirtschaft. Alles, was sie daran hindert, was Begrenzung vermuten lässt, muss beseitigt werden. Durch die Beseitigung dieser inneren Grenzen des Wirtschaftens nimmt die Wirtschaft immer mehr überhand und schlägt die ganze Welt ihren Bann.“ (Seite 143f) – bto: was zu der Interpretation führt: Die Ordnung, in der wir leben, ermöglicht und erzwingt Wachstum und damit eine immer höhere Umwandlung von Natur in Ressourcen.

    Die Antwort aus der Binswangerschen Sicht auf die Frage nach der Notenwendigkeit des Systemwechsels, um den Klimawandel aufzuhalten, wäre so gesehen „ja“. Andererseits dürfte es nicht so leicht sein, einen solchen Wandel zu vollziehen und es ist auch die Frage offen, wie denn die Alternative aussehen könnte. Dazu habe ich mit Mathias Binswanger, dem Sohn von Hans-Christoph Binswanger gesprochen. Er ist ebenfalls Professor für Volkswirtschaftslehre und das Gespräch war sehr aufschlussreich, weil auch er an die Anpassungsfähigkeit des Systems glaubt. Doch dazu in zwei Wochen mehr.

    Kommentare (27) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
    1. weico
      weico sagte:

      @troodon

      Oliver Richters Buchtitel sagt ja schon ALLES aus .. !
      “Entwurf einer freiheitlichen, gerechten und nachhaltigen UTOPIE”

      Antworten
    2. troodon
      troodon sagte:

      Ich bin mehr als 24 Stunden hinterher, aber erlaube mir auch hier zu verlinken:
      “„im Juni 2020 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg mit Auszeichnung verteidigten Dissertation relativiert Richters die These des bekannten Umweltökonomen Hans Christoph Binswanger, dass in der Geldwirtschaft ein unüberwindlicher struktureller Wachstumszwang gegeben sei.“
      https://www.bdvb.de/presse/02-11-2020-muss-die-wirtschaft-wirklich-wachsen/#:~:text=In%20seiner%20interdisziplin%C3%A4ren%2C%20im%20Juni,un%C3%BCberwindlicher%20struktureller%20Wachstumszwang%20gegeben%20sei
      Und dazu dann die zusätzlichen Links zu Oliver Richters aus meinen Posts zu dem gestrigen Blog-Thema…

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        Habe mal reingehört, hier:

        https://www.bdvb.de/mitmachen/bdvblounge-digital/

        Richters:

        „Die real existierende Marktwirtschaft unterliegt einem ökonomischen Wachstumszwang, der Umweltpolitik konterkariert“

        Lösung (Auslobung zur Preisverleihung):

        >Mögliche Auswege aus dem Dilemma der stetig wachsenden Wirtschaft seien institutionelle Verbrauchsbegrenzungen und die Begrenzung von Akkumulation, also „das Setzen kluger Grenzen“, so der Preisträger.

        INSTITUTIONELLE VERBRAUCHSBEGRENZUNGEN heißt:

        Bei KONSEQUENTER Durchführung ABKEHR von der Markwirtschaft und daher dem Kapitalismus.

        Man kann NICHT beides HABEN wollen:

        Ein marktwirtschaftlicher Kapitalismus ins UNVEREINBAR mit der konsequenten Minderung des Ressourcenverbrauchs.

        Antworten
        • troodon
          troodon sagte:

          @Dietmar Tischer
          Ich fände es sehr spannend, wenn Dr.Stelter Oliver Richters zu einem Interview einladen würde, damit dieser seine Sichtweise erläutern könnte. Am besten dann noch Renée Menéndez dazu…

          Zitat”>Mögliche Auswege aus dem Dilemma der stetig wachsenden Wirtschaft seien institutionelle Verbrauchsbegrenzungen und die Begrenzung von Akkumulation, also „das Setzen kluger Grenzen“,”

          Etwas anderes Zitat von Richters mit wichtiger Ergänzung:
          “Ein Ausweg aus dem Dilemma könnten institutionelle Verbrauchsbegrenzungen (Cap & Trade) und die Begrenzung von Akkumulation sein. Die überwindung von Marktwirtschaft ist dafür nicht erforderlich. ”
          https://www.marktwirtschaft-reparieren.de/forschung.htm

          Ich bin weit davon entfernt, zu behaupten, die Sichtweise von Richters sei der Weisheit letzter Schluss. Dafür stecke ich insgesamt viel zu wenig in dem Thema drin.
          Und so, wie aktuell die “soziale Marktwirtschaft” umgesetzt wird, sehe ich tatsächlich einen Wachstumszwang. Dies hheißt aber nicht, dass dieser generell bestehen würde.
          Begrenzung der Boom&Bust Zyklen wäre schon einmal ein erster Schritt, ohne dass die Marktwirtschaft deshalb abgeschafft würde.
          BANK-Kredite (=neu geschaffenes Geld) (fast) nur für die Realwirtschaft. Nicht von 100% auf Null sofort, das ginge nicht, aber in Etappen. Und natürlich ergeben sich dann auch Themen, wie die Abgrenzung dann genau zu machen ist bzw. ob gewisse Ausnahmen davon gelten sollten.

        • Dietmar Tischer
          Dietmar Tischer sagte:

          @ troodon

          >Ich fände es sehr spannend, wenn Dr.Stelter Oliver Richters zu einem Interview einladen würde, damit dieser seine Sichtweise erläutern könnte. Am besten dann noch dazu…>

          Genau das habe ich auch schon gedacht.

          Aber einen nach dem anderen.

          Dr. Stelter könnte Renée Menéndez in Berlin treffen, soviel ich weiß, lebt er da.

          Oliver Richters müsste anders als bei bdvb knallhart Stellung nehmen:

          Ich würde hören wollen, was FUNKTIONAL geändert werden MUSS, damit weniger Ressourcen verbraucht würden.

          Und zwar nachgefragt nach ALLEN offensichtlichen Konsequenzen.

          Und dann würde ich mich fragen:

          Ist noch so viel Kapitalismus und Markt übrig, um Änderungen IM System oder DES Systems feststellen zu können?

        • troodon
          troodon sagte:

          @Dietmar Tischer
          “Ich würde hören wollen, was FUNKTIONAL geändert werden MUSS, damit weniger Ressourcen verbraucht würden.

          Und zwar nachgefragt nach ALLEN offensichtlichen Konsequenzen.

          Und dann würde ich mich fragen:

          Ist noch so viel Kapitalismus und Markt übrig, um Änderungen IM System oder DES Systems feststellen zu können?”

          Völlig d’accord.

        • Richard Ott
          Richard Ott sagte:

          “Mögliche Auswege aus dem Dilemma der stetig wachsenden Wirtschaft seien institutionelle Verbrauchsbegrenzungen”

          Ein sehr schöner Euphemismus für “staatliche Rationierung”. Rhetorisch top, aber eine neue Idee ist das nun wirklich nicht, im 1. und 2. Weltkrieg und auch in der Zeit danach gab es solche “institutionellen Verbrauchsbegrenzungen” auch schon, und sie waren sehr unpopulär.

    3. JürgenP
      JürgenP sagte:

      • „Die Antwort aus der Binswangerschen Sicht auf die Frage nach der Notwendigkeit des Systemwechsels, um den Klimawandel aufzuhalten, wäre so gesehen „ja“.

      Systeme sind integrierte Ganzheiten, deren Eigenschaften sich nicht auf die kleinerer Einheiten reduzieren lassen (Fritjof Capra). Systeme der Kategorie Ultra-ultra-komplex (= Volkswirtschaft eines entwickelten Landes) kann man nicht wie Hemden „wechseln“. Was für ein Quatsch.

      • „(…) auch Professor für Volkswirtschaftslehre und das Gespräch war sehr aufschlussreich, weil auch er an die Anpassungsfähigkeit des Systems glaubt“.

      Statt Systemwechsel geht es (dem Sohn) wohl eher um Veränderungen von Eigenschaften des bestehenden Systems „Volkswirtschaft“ im Sinne von Anpassung an zwischenzeitlich veränderte Rahmenbedingungen. Das passiert in großen und kleinen Systemen tagtäglich. Man bezeichnet es Evolution. Daran kann man glauben, warum nicht. Und man kann die dahinterliegenden Gesetzmäßigkeiten geschickt nutzen und mit größer Vorsicht wenige Eingriffe vornehmen, um zu schauen, was dann passiert.

      • „Es ist letztlich nur mit einem steigenden Energieeinsatz denkbar, Wirtschaftswachstum zu erzeugen“.

      Nichts Neues: In geschlossenen Systemen können die Ordnung und die nutzbare Energie nur abnehmen (Entropie). Es handelt sich bei dem System „Wirtschaft“ offenbar um eines der Kategorie „offenes System“, welches ständiger Energiezufuhr zur Existenz bedarf – ganz wie biokybernetische Systeme. Die sind erforscht. Naja, deswegen nicht ganz so verwunderlich, der Einsatz von Energie für das Wirtschaftswachstum.

      • „Wir haben festgestellt, welche Kräfte der Magie Goethe am Werk sieht. Entscheidend ist, dass sie nur im Zusammenwirken eine magische Wirkung erzielen“. (…) „Das ist deshalb interessant, weil es eben die Kombination von Faktoren ist und vor allem auch die Dynamik andeutet“.

      Die Kombination (= Vernetzung) der Faktoren des Systems „Wirtschaft“ entfalten durch dynamische Wechselwirkungen ihre „Magie“. Das war wohl schon in der der Antike so und auch zu Lebzeiten Goethes. Magie ist es, wenn Überraschendes für Nichtsahnende dabei herauskommt. Ganz so wie die Magie der berühmt-berüchtigten Mikrobe, das die Menschen überraschte und nun magisch vor sich hertreibt.

      Warum nur, werden „Volkwirtschaftsprofessoren“ nach der Funktionalität von Systemen befragt? Und warum müssen die sich in Goethes Faust versteigen, um Banalitäten zu erklären. Haben die überhaupt die richtigen Tools zu verstehen von Systemen? Bei den Systemwissenschaftlern und Kybernetiker gibt‘s auch Professoren, die das Erklären von Zusammenhängen in Sachen „Geld“ und „Mikrobe“ hinkriegen. Das ist deren Tagesgeschäft. Der Rest ist systemgerechtes Prozessmanagement – eben dem/den “System(en)” gerecht werdend. Das kann man in Bezug auf den aktuellen Umgang mit Mikroben nicht bestätigen. Und beim Geld, habe ich das Gefühl, läuft’s wohl auch nicht richtig …

      Antworten
      • weico
        weico sagte:

        JürgenP
        “Warum nur, werden „Volkwirtschaftsprofessoren“ nach der Funktionalität von Systemen befragt? ”

        Weil es lustig ist , ein netter Zeitvertreib und man sicherlich die Antwort bekommt die einem gefällt, wenn man genug dieser “Wissenschaftler” befragt.!

        Ähnlich wie bei Meteorologen ….je ferner die Prognose ..desto mehr geht es in Hose !

        Antworten
        • JürgenP
          JürgenP sagte:

          @ weico
          Meteorologen haben sich – nach einer Vielzahl wider der “Vorhersage” ins Wasser gefallener Wochenenden – zum Glück darauf besonnen, die “Systeme der Witterung” als solche auch mal zu sehen. Deswegen wagen sie sich trotz ihrer Rechenkünste und immensen Rechnerkapazitäten nicht mehr all zu weit vor mit ihren Prognosen und raten, vorsichtig wie sie ob der systembedingten Überraschungen geworden sind, auch mal bei strahlendem Sonnenschein zum Friesennerz. Das sind Profis auf dem Gebiet der Systeme.

          Ganz im Gegensatz zu den Wirtschaftswettervoraussagen von Volkswirtschaftlern und ähnlichen Prozentpropheten, die z.B. vor der Tagesschau auftauchen, und schließlich den alchemistischen Goethe Wolfgang bemühen für ihre abstrusen Ableitungen ultrakomplexer Vorgänge.

          Ausnahmen wie Dr. Stelter bestätigen selbstverständlich wohltuend die Regel.

        • Dietmar Tischer
          Dietmar Tischer sagte:

          @ JürgenP

          >Das sind Profis auf dem Gebiet der Systeme.>

          Sie waren schon IMMER Profis auf dem Gebiet IHRES Systems.

          Der wesentliche Unterschied zu früher:

          Heute deutlich MEHR Messstation übers Land verteilt mit ONLINE-Datenverfügbarkeit der Rechenzentren, DAZU auch Satelliten-Daten und BESSERE Rechenprogramme (besser wegen mehr Erfahrung, d. h. akkumuliert mehr Daten im Lauf der Jahre für adäquatere Modellierungen und mehr Rechnerleistung für verfeinerte Algorithmen).

          Unterm Strich:

          Es ist im Wesentlichen der technische Fortschritt, der heutige Wetterprognosen sehr viel treffender macht.

          Für die „Wirtschaftswettervoraussagen“ gibt es keine vergleichbaren Voraussetzungen.

          Also können sie auch nicht leisten, was den Wettervoraussagen entsprechen würde.

          Das Urteil „abstruse Ableitungen“ ist daher nicht angebracht.

          Sie sind einfach NICHT so TAUGLICH, wie man sich das wünscht.

        • JürgenP
          JürgenP sagte:

          @DT
          “Für die „Wirtschaftswettervoraussagen“ gibt es keine vergleichbaren Voraussetzungen.
          Also können sie auch nicht leisten, was den Wettervoraussagen entsprechen würde”.

          Weder die Wetter- noch die Wirtschaftspropheten kommen in Bezug auf belastbare Prognosen über eine sehr überschaubare Frist bemessen in Tagen, vielleicht in seltenen Fällen Wochen, hinaus. Und das, obwohl sie Profis auf dem Gebiet “IHRES” System sind, wie sie schreiben.

          Dabei haben die Wirtschaftspropheten doch die besseren Voraussetzungen. Sie haben das statistische Bundesamt im Rücken …

    4. Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      >Kredite können aber nur vergeben werden, wenn ein realer Zins bezahlt beziehungsweise ein realer Gewinn erwirtschaftet werden kann.>

      >bto: Jetzt gibt es zwar, wie wir aktuell beobachten können, auch zunehmend eine Kreditvergabe, die nicht dazu dient, mehr Realkapital zu schaffen, sondern zu Konsum und Spekulation/Kauf vorhandener Vermögenswerte. Aber das ändert nichts an der grundsätzlichen Beobachtung.

      Das AUCH verweist auf additive Kreditvergabe, die es gibt.

      Obiger Satz ist aber dennoch FALSCH.

      Das „nur vergeben“ macht ihn falsch, wie der Blog ausgiebig festgestellt hat:

      Kredite können auch vergeben werden, OHNE dass die Zinsen REAL erwirtschaftet werden, d. h. OHNE dass dem Bergwerk der Welt Güter entnommen werden.

      Diese Kredite werden DE FACTO vergeben, DAMIT die Zinsen gezahlt werden können aus den Guthaben, die mit den Krediten geschaffen werden (Zombiefirmen).

      Kurzum:

      Die Bedingung, dass die Zinsen REAL erwirtschaftet werden MÜSSEN, kann und ist aufgegeben worden.

      Die VERPFLICHTUNG aus dem VERTRAG, der dem Kredit zugrunde liegt, ist maßgebend für bestimmte Kreditgewährung und NICHT ein realwirtschaftliches AGIEREN, ihr nachzukommen.

      > … in dem der Geldwert nur gesichert werden kann durch einen ständigen mehr Verbrauch von Welt, denn dieses Geld muss durch reale Güter gedeckt werden, die dem Bergwerk der Welt entnommen werden. Die Zukunft wird dann in dem Ausmaß bedroht, als die Welt begrenzt ist, als das Bergwerk der Welt leer gebaggert wird.“ – bto: Nach dieser Logik geht die Fortsetzung des Geldwachstums nur durch immer höheren Ressourceneinsatz. Ein Blickwinkel, dem Gunnar Heinsohn in meinem Gespräch mit ihm widersprochen hat.>

      Ich bin gespannt, WIE Gunnar Heinsohn dieser Auffassung widerspricht.

      Ich widerspreche schon mal:

      Das Bergwerk der Welt muss NICHT leer gebaggert werden, wenn die Menschen genügende Güter HABEN und weitere so hinreichend VERWEIGERN, dass im Bergwerk der Welt KEINE mehr entnommen werden.

      Heißt:

      Die Alchemie des Geldes wäre so ERFOLGREICH, dass sie ÜBERFLÜSSIG geworden ist, WEITERE derartige Erfolge zu verlangen.

      >Versorgungswirtschaft ist ausgerichtet auf die Befriedigung der physischen Bedürfnisse des Menschen; diese sind ersättlich.>

      >Die Erwerbswirtschaft dagegen zielt auf die imaginären Bedürfnisse, die durch die Fantasie des Menschen stets ausgeweitet werden können – wir sind unersättlich.>

      Der Unterschied ist signifikant, aber so nicht richtig.

      Die Erwerbswirtschaft zielt NICHT auf die imaginären Bedürfnisse, sondern auf REALE Bedürfnisse, die allerdings die Befriedigung GRUNDLEGENDER physischer Bedürfnisse zumindest in Teilen der Welt weit ÜBERSTEIGEN.

      Oder will jemand den Leuten sagen, dass sie IMAGINÄRE Bedürfnisse haben, wenn sie auf einer Kreuzfahrt in Kairo anlegen und sich die Pyramiden ansehen wollen?

      Ich sicher nicht, aber vielleicht demnächst Frau Baerbock oder Frau Esken, die jüngst den Verzicht auf “Fliegen, Fahren, Fleisch” gepredigt hat.

      Tapfer sein, es gibt genügend kompetent Leute, die das Geldproblem verstanden haben und sich seiner KONSTRUKTIV annehmen ; -)

      Antworten
    5. Bauer
      Bauer sagte:

      @ foxxly (heute 10:21)

      Ab heute duze ich Dich, nicht aus Missachtung, sondern aus Sympathie. Gefühlt könntest Du mein Enkel sein. Was Dich umtreibt und immer wieder reizt, hier im blog gegen den Stachel zu löcken, kann ich nachfühlen und versuchen es in andere Worte zu kleiden.

      Zins ist notwendig aus vielen Gründen. Ohne Zins gäbe es keinen Kredit, weder von einem Freund, noch viel weniger von einer Bank. Zinseszins ist ebenso notwendig, denn am Ende einer Rechnungsperiode (Jahr) wird geschuldeter Zins der Hauptschuld zugeschlagen. Anderenfalls gäbe es nur einjährige Kredite, die bei Nichterfüllung zwar prolongiert werden können ( nicht müssen), aber eben inklusive der angelaufenen und geschuldeten Zinsen, was am Ende dasselbe ist.

      Daraus zu schließen, dass Zinseszins eine Falle ist, die zu fortgesetztem Wachstum und Kreditvolumen führt, ist so ohne weiteres nicht schlüssig. Hier musst Du unterscheiden, wozu der Kredit verwendet wurde. Handelt es sich um einen Konsumkredit, auch einen Staatskredit für konsumptive Ausgaben an das Wahlvolk, dann sind Deine Bedenken und wiederkehrenden Mahnungen völlig berechtigt, denn woher soll die Fähigkeit zur Rückzahlung kommen?

      Handelt es sich jedoch um einen Handels- oder Investitionskredit, so ist es die Intention des Kreditnehmers, daraus mehr zu machen, weil er eine Marktchance sieht, und zwar mehr als die paar Prozent Zins, und er wird auf dieser Welle reiten, solange seine Rendite den vereinbarten Zinssatz wesentlich überschreitet. Fällt er aus der Welle (erfahrene Surfer kennen dieses vorauseilende Gefühl und steigen rechtzeitig aus), dann steht der Kreditgeber natürlich nackt auf dem Marktplatz. Aber auch dazu braucht es kein permanentes Kreditwachstum oder den Zwang dazu. Bis vor etwa 30 Jahren funktionierte dieses System noch so lala.

      Was heute das Problem so gross und unbeherrschbar werden ließ, ist die Tatsache, dass die westlichen Staaten und ihre Zentralbanken sich auf dieses Spiel einließen, um den sekulären Wandel im Weltwirtschaftssystem , der ihnen entgegen lief, zu kaschieren und die Fête noch zu verlängern. Nun stehen diese nackt im Regen.

      Es ist schon richtig, dass die Zentralbanken alles, aber auch wirklich alles, mit neuem Geld zukleistern können. Aber das korrumpiert unser immer noch vorhandenes und trotz aller Pannen gar nicht so schlechte System des Kapitalismus bis zur Unkenntlichkeit und letzten Endes zum Kollaps.

      Mein Rat ist, nicht als Don Quichotte gegenan zu reiten, sondern wie der erfahrene Surfer rechtzeitig vom Brett zu steigen.

      Antworten
      • weico
        weico sagte:

        “Mein Rat ist, nicht als Don Quichotte gegenan zu reiten, sondern wie der erfahrene Surfer rechtzeitig vom Brett zu steigen.”

        Genau !

        Dabei ist die Welle möglich gut zu reiten und dann das Erfolgsergebnis mitzunehmen. Aus Investorensich natürlich eine völlige Normalität .

        Mit solchen “tollen” Leuten wird die Welle immer HÖHER werden ..danke Deutschland!
        https://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-linke-vorstand-das-sind-janine-wissler-und-susanne-hennig-wellsow-a-7e6ed86d-4e58-42cc-90db-d5c5279d0fe3

        Antworten
      • foxxly
        foxxly sagte:

        @ bauer 27.02.2021 15:13

        danke für das DU. (ich muss nur damit aufpassen, dass ich dabei bleibe) deine einschätzung zum alter ist weit daneben: ich bin rentner!

        deine einlassung zum zins, sind kein widerspruch zu mir!

        ich hatte schon versucht den unterschied zu erklären:

        mir geht es ausschließlich um den “UR”-zins, der das BIP-wachstum als schuld stellt. und dies bedingt eine fatale exponentielle entwicklung als folge davon.

        >>Mein Rat ist, nicht als Don Quichotte gegenan zu reiten, sondern wie der erfahrene Surfer rechtzeitig vom Brett zu steigen.<<

        das hast du schon recht!
        aber auf der anderen seite wiederholen sich auch ständig die versuche den exponentiellen wachstumszwang bändigen zu können.

        ich versuche mich etwas zurück zu nehmen.

        andereseits sind wir schon in der diskussion an dem punkt angekommen, wie der wachstumszwang bzw. deren folgen zu lösen sein könnten. das ist ja schon ein riesen fortschritt.

        Antworten
    6. Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Goethe benennt die zwei wesentlichen Wachstumskräfte klar und deutlich:

      Natur und Geisteskraft!

      Es ist eben nicht nur die Geisteskraft unserer Geldordnung, sondern zugleich die Kräfte der Natur, die in Form von (Sonnen)Energie diesen Wachstumsprozess erst ermöglichen. Geld ist hierfür notwendige Voraussetzung, aber ohne die Energie der Sonne sowie ihrer Derivate wäre ein solches Wachstum der letzten 200 Jahre unmöglich gewesen.

      Es ist immer wieder ein Genuss, Goethe im Original zu hören. Insbesondere mit Bruno Ganz als Mephisto. Die zwei zentralen Szenen zur alchimistischen Geldschöpfung sowie ihrer Folgen hatte ich hier verlinkt: https://zinsfehler.com/2019/01/23/warum-konnen-wir-unser-geldsystem-nicht-richtig-verstehen/. Auch die Asset-/Immobilienblasen hatte Goethe bereits auf dem Schirm.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Stöcker

        “Es ist eben nicht nur die Geisteskraft unserer Geldordnung, sondern zugleich die Kräfte der Natur, die in Form von (Sonnen)Energie diesen Wachstumsprozess erst ermöglichen. Geld ist hierfür notwendige Voraussetzung”

        Was für ein Blödsinn. Wirtschaftswachstum gab es auch schon ohne Geld, als alles per Tauschhandel abgewickelt wurde.

        Antworten
      • foxxly
        foxxly sagte:

        @ stöcker 11:29
        dass die produkte aus/mit der natur keinen orginären preis haben ist völlig irr-relevant.
        der preis ergibt sich durch die kosten der gewinnung.

        dass hiebei die schürfer und ernter nicht super wohlhabend werden, dafür sorgt die konkurrenz und teilweiser überprodunktion.

        statt dessen profitiert der handel sehr viel mehr.

        Antworten
    7. weico
      weico sagte:

      “Das wirf die Frage auf, woher Goethe schon diese Einsicht hatte: „Wenn wir uns heute fragen, wie konnte Goethe in so erstaunlich klarer Weise vorhersehen, wohin dieser durch die Renaissance eingeleitete Prozess führen würde, woher also die große Aktualität des Faust–Dramas stammt, so können wir nur antworten: Goethe benötigt nicht eine besondere prophetische Gabe, sondern er hat diesen Prozess als einen alchimistischen Vorgang erkannt und dessen innere Logik verstanden, die sich im Laufe der Geschichte entwickelt hat und zweifellos noch weiterentwickeln wird.”

      Da hat Herr Binswanger wohl schlicht übersehen, dass es schon in Goethe’s Zeiten viel Literatur zu solchen Geld-Theorien gab und sie auch Goethe durchaus bekannt war.

      “Goethe was introduced to the work of Sir James Steuart as early as 1777. Steuart was well known in Germany at the time, and
      his Principles of Political Oeconomy (1767) was in fact more prominent there during the 1780s and 1790s than Smith’s Wealth of Nations (1776).”
      https://core.ac.uk/download/pdf/38935895.pdf

      Antworten
    8. foxxly
      foxxly sagte:

      bto: ……… dies ist wieder ein artikel, der wunderbar erklärt und erkennen lässt, wie exponentielles wachstum entsteht und dieser zwanghaft weiter geht.

      der mechanismus ist der gleiche, ob einzelbetrieb, oder globale wirtschaft.
      sobald ein wirtschaftsubjekt beginnt mit krediten seinen ertrag zu optimieren, setzt sich eine endlos welle in gang. dies aber nur, weil es eine konkurrenz gibt, die sich in einen wettbewerb begeben, der den vorzeitigen wirtschaftlichen tod bedeutet, oder in einer exponentiellen geschwindigkeit in einigen jahrzehnten, die unwucht zum zerbersten führt.

      das kreditgeldsystem führt zu einen exponentiellen wachstumszwang, der niemals zu gewinnen ist.
      die welt ist so komplex, so dass manche schon wieder glauben, wachstum sein unendlich.

      das ist der riesen irrtum! moderne alchemisten wollen uns vom gegenteil überzeugen.

      ich sehe das kernproblem (neben anderen auch wichtigen parametern) des kreditgeldsystems, dass die geldschöpfung von der realwirtschaft augelagert ist.
      wenn die geldschöpfung teil der realwirtschaft wäre, dann würde sich der zineszinseffekt aufheben und alle sonstigen geldgeschäfte, keine asymetrie verursachen.

      Antworten

    Ihr Kommentar

    An der Diskussion beteiligen?
    Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

    Schreibe einen Kommentar zu JürgenP Antworten abbrechen

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.