Irrtümer in der Diskussion der Energie­wende

Erneut veröffentliche ich hier einen Beitrag von Prof. Dr.-Ing. Gonde Dittmer, der mein Gesprächspartner im Podcast vom 16. Januar 2022 war. In Vorbereitung meines Podcasts erschien sein Gastbeitrag “Die Ineffizienz einer auf Erneuerbaren Energien basierenden Energieversorgung”. Dass Energiegewinnung auf der Basis von Erneuerbaren Energien effizient sei, ist nur ein Irrtum von 22 in der Diskussion zur Energiewende, sagt Gonde Dittmer. Aber lesen Sie selbst:


Menschen haben Hunderttausende von Jahren die Ressourcen der Erde als gnadenlose Ökovandalen ausgebeutet. Waren die Ressourcen im besiedelten Gebiet verbraucht, sind sie weitergezogen, bis sie neue Ressourcen fanden. Heute ist u. a. die Aufnahmefähigkeit der Ressource Atmosphäre erschöpft. Die Menschen haben keine Reserveatmosphäre.

Die Energiewende ist ein hochkomplexes Projekt einer Größenordnung, wie es bisher noch nie von der Menschheit bewältigt werden musste. Es betrifft sowohl die komplizierte technische Realisierung als auch die hochkomplexe Wandlung der Gesellschaft. Es ist daher erklärbar, dass die mediale Diskussion weniger naturwissenschaftlich als eher mit religiösem Eifer geführt wird, wodurch sich zahlreiche Irrtümer entwickelten. Die Auflistung der Irrtümer soll zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen. Es geht dabei nicht um die Ursachen des Klimawandels.

Irrtum Nr. 1: Man kann Energie verbrauchen, erzeugen und erneuern.

Tatsächlich können wir Energie weder verbrauchen noch erzeugen oder gar erneuern, sondern nur von einer Form in eine andere wandeln, z. B. von kinetischer Energie (Wind) in elektrische Energie und diese wiederum in Wärme. Man kann noch nicht einmal Strom speichern. Windenergieanlagen (WEA) entziehen die von ihnen gelieferte Energie dem Wind (die dann dem Wind fehlt und entgegen der allgemeinen Vorstellung von diesem nicht erneuert wird). Die Sonne, ein riesiges Kernkraftwerk, schickt zwar für noch lange Zeit Energie zur Erde, jedoch ist diese ebenfalls nicht erneuerbar, sondern endlich.

Selbst in seriösen Medien wird die Klimaerwärmung mit erhöhtem Verbrauch von CO2 begründet. Wir verbrauchen fossile Energieträger und nutzen die darin gespeicherten Kohlenwasserstoffe. Durch Oxidation (Verbrennung) wird diese chemische Energie gewandelt und dabei CO2 emittiert.

Irrtum Nr. 2: Die Sonne schickt kostenlose Energie zur Erde. Wir müssen sie einfach nur nutzen, dann können wir auf fossile Energie verzichten.

Träger von sogenannter scheinbar Erneuerbarer Energie (EE) sind z. B. Wasserkraft, Geothermie, Gezeiten, Wind und Sonne. Für die quantitativen Anforderungen an die Energieversorgung kommen in erster Linie Wind und Sonne in Betracht. Tatsächlich sendet die Sonne weit mehr Energie zur Erde, als wir technisch nutzen. Die in den Energieträgern transportierten Energien können wir mithilfe von Wandlern [z. B. Windenergieanlagen (WEA), Photovoltaikanlagen (PVA)] in elektrische Energie wandeln.

Unser gegenwärtiges fossiles Energieversorgungssystem ist extrem vorteilhaft.

Fossile Energieträger sind

  • praktisch kostenlos (wir zahlen nur für die Förderung und den Profit der Besitzer der Energieträger).
  • in beliebiger Menge und Art (fest, flüssig, gasförmig) verfügbar.
  • beliebig lange lagerfähig.
  • hoch verdichtet (d. h. sie haben eine hohe Energiedichte).
  • leicht transportierbar.
  • einfach verarbeitbar, daher grundlastfähig.

Von den sogenannten Erneuerbaren Energieträgern Laufwasser, Geothermie, Gezeiten, Wind und Sonne sind nur Wind und Sonne wirklich von Bedeutung. Sie sind durch unveränderbare physikalische Gesetze gekennzeichnet.

Erneuerbare Energieträger (EE)

  • haben sehr geringe Leistungsdichten (3 Zehnerpotenzen geringer als fossile Energieträger);
  • sind volatil, d. h. sie haben keine zeitlich konstanten Leistungsdichten;
  • müssen durch Wandler (wie z. B. WEA, PVA) verdichtet werden;
  • sind nicht lagerfähig und nicht transportierbar;
  • sind aufwendig in der Verarbeitung.

Aus den geringen Leistungsdichten folgt zwangsläufig: Wir benötigen

  • gigantische Wandler (um EE zu verdichten);
  • riesige Netze (zum Transport der Energie zu den Nutzern);
  • eine gigantische Ladeinfrastruktur (zum Laden von Fahrzeugbatterien).

Aus der Volatilität der Energieträger folgt zwangsläufig: Wir benötigen

  • gigantische Speicher (zur Energiebevorratung);
  • ein Regel-System (um Amplitude und Frequenz der Leistung konstant zu halten);
  • gewaltige Umformer (um Spannungen von Gleich- in Wechselstrom und umgekehrt umzuformen);
  • Oberwellenfilter (um die beim Umformen entstehenden Blindleistungen herauszufiltern).

Strom ist nicht speicherfähig, sondern muss für die Lagerung gewandelt werden (Akkus, Wasserstoff). Alle diese technischen Systeme benötigen daher gewaltige Mengen an Material und Energie für Herstellung, Betrieb, Wartung, Entsorgung, Ersatz etc. und riesige Flächen zu ihrer Aufstellung und werden im Mittel nur im unteren Teillastbereich genutzt. Unvermeidbar würde ein auf EE beruhendes Energieversorgungssystem (EEVS) für Deutschland

  • je gelieferte KWh bis zu 50-mal so viel Material- und Energieeinsatz erfordern wie eine KWh aus einem Kernkraftwerk,
  • ein Mehrfaches des gesamten Geldvermögens der Deutschen an Kosten verursachen und
  • die gesamte Agrarfläche Deutschlands in einen Industriepark verwandeln.

    Das kann man rechnen. Ohne zu rechnen, kann man die Energiewende nicht verstehen.


    Erneuerbare Energieträger Wind und Sonne sind durch ihre – auch durch Forschung und Entwicklung nicht veränderbaren ‒ sehr geringen Leistungsdichten und Volatilität gekennzeichnet.

    Energiewandler werden durch ihre maximal lieferbare Nennleistung gekennzeichnet. Die volatile Leistung liegt zwischen null und der Nennleistung und im Mittel bei 10 bis 20 % davon. Folglich müssen alle technischen Systeme jeweils fünf- bis zehnfach vorgehalten werden. WEA entnehmen die von ihnen gelieferte Leistung dem Wind, die entgegen allgemeinem Glauben nicht erneuert wird. Dabei entsteht in großflächigen Windparks ein „Wake Effect“, der zur Leistungsminderung durch Abschattung und Wirbel führt.

    Politiker und Bürger verengen ihren Blick nur auf Wandler und Netze, weil diese unmittelbar sichtbar sind. Sie nehmen daher nicht wahr, dass die Hauptkosten der Energiebereitstellung durch Systeme zwischen Wandlung und Transport entstehen.


    Die Energiewende in Deutschland soll jährlich 400 Mio. Tonnen hoch verdichteter, nicht erneuerbarer fossiler Energieträger durch Investitionen in Milliarden Tonnen hochwertiger, nicht erneuerbarer Materialien ersetzen.

    Irrtum Nr. 3: Die wegen nicht beherrschbarer Technik erforderliche Abschaltung der Kernkraftwerke dient dem Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Schäden.

    Jährlich sterben auf der Welt ca. 3 Millionen Menschen an den Folgen der Emissionen aus Kohlekraftwerken (Schwefeldioxid, Stickoxid, Feinstaub). Allein das ist Grund genug, möglichst schnell aus der Kohleverstromung auszusteigen. Das realisierte Risiko (Tote je gelieferte Energie) liegt bei Kohlestrom etwa 500-fach höher als bei Kernkraftwerken.

    Nach einer amerikanischen Studie hat der Ausstieg aus der Kernenergie seit 2011 in Deutschland jährlich etwa 1.100 Todesopfer zur Folge (durch die dadurch erforderliche längere Kohleverstromung).


    Der deutsche Ausstieg aus der Kernenergie zum Wohle der Gesundheit von Menschen wird demnach mit dem jährlichen Tod von mehr als tausend Menschen erkauft.

    Jährlich sterben weltweit etwa 1,3 Millionen Menschen im Verkehr. Die Verkehrsmittel werden trotzdem nicht als unbeherrschbar betrachtet. Autonome Fahrzeuge könnten diese Zahl dramatisch verringern.

    Jeder Staudamm stellt ein erhebliches potenzielles Risiko für Tausende von Menschen dar.

    Allein ein lokaler Starkregen in Deutschland 2021 hat fast 200 Menschen das Leben gekostet und einen Schaden von 30 Milliarden Euro verursacht. Sollten die Vorhersagen der Klimaforscher eintreten, ist das Leben von Hunderten Millionen Menschen gefährdet.

    Natürlich ist der Betrieb von Kernkraftwerken (KKW) ebenfalls mit Risiken verbunden. Die Tatsache, dass 440 KKW über einen Zeitraum von bis zu einem halben Jahrhundert fast ohne menschliche Opfer betrieben wurden, zeigt, dass die Technik beherrscht werden kann. Die großen Unfälle (Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011) sind nicht auf eine unbeherrschbare Technik zurückzuführen, sondern auf vermeidbares und vorhersagbares Fehlverhalten von Menschen. Nachweislich sind im bisher schwersten Reaktorunfall in Tschernobyl 50 Menschen an den Folgen von Strahlen gestorben.

    Es ist daher nachvollziehbar, dass die Mehrzahl der Staaten der Welt eine Zukunft in der emissionsfreien Kernenergie sieht, zumal neue Entwicklungen eine drastische Verringerung von strahlenden Abfällen versprechen. Die Diskussion über Kernenergie wird in Deutschland nicht sachlich geführt. Wir können es uns aber gar nicht leisten, an der Entwicklung nicht teilzunehmen, wenn wir langfristig wettbewerbsfähig bleiben wollen.

    Deutschland wird sich auch intensiv um die Abscheidung und Bindung oder Speicherung von CO2 beschäftigen müssen.

    Irrtum Nr. 4: Aus Wind und Sonnenenergie gewandelte Energie ist CO2-frei.

    Wie in Irrtum Nr. 2 dargestellt, erfordern die technischen Einrichtungen zur Nutzung von EE aus Sonne und Wind für Wandlung, Aufbereitung, Vorratshaltung und Transport eine erhebliche Investition in Material und Energie, bevor die erste KWh EE geliefert wird.

    Manche als „erneuerbar“ geführte Energie erfordert für die zu ihrer Gewinnung nötigen Aktivitäten einen fossilen Energieeinsatz, der die Menge an geernteter Energie übersteigt (siehe Irrtümer 20 und 21). Es kommt auf den energetischen Wirkungsgrad an. Die Wandler mögen sich zwar im Einzelfall für den Betreiber durch Subventionen und hohe Energiepreise finanziell lohnen. Sie leisten aber keinen Beitrag zur CO2-Reduktion.

    Irrtum Nr. 5: Eine KWh Energie ist gleich einer KWh Energie.

    Gemäß Irrtum Nr. 2 steht die aus EE gewonnene volatile elektrische Leistung nur dann in wechselnder Menge ohne Bezug zum Bedarf zur Verfügung, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Mit Einbruch der Dämmerung geht die Sonne stets unter und der Wind schläft in der Regel ein. Man nennt sie daher volatile Leistung. Wenn man mit einer KWh eine Kanne Kaffee kochen kann, reicht dazu eine Leistung von 100 W über 10 Stunden nicht, obgleich die Energie auch eine KWh ergibt. Wenn einem Kühlschrank tagelang zu wenig oder keine Leistung und manchmal ein Mehrfaches zugeführt wird, kann er seine Aufgabe nicht erfüllen.

    Es gibt prinzipiell drei Möglichkeiten, die Bereitstellung und den Bedarf von Leistung aufeinander abzustimmen:

    1. eine so große Wandlerkapazität, dass der Bedarf zu allen Zeiten gedeckt ist;
    2. Speicher von ausreichender Größe, die eine grundlastfähige Versorgung sicherstellen;
    3. Anpassung des Bedarfs an die volatile Verfügbarkeit.

      Variante 1 ist technisch mit EE aus Wind und Sonne nicht möglich, weil ein Mehrfaches von Null auch Null bleibt. Variante 2 ist (noch und wahrscheinlich noch lange) unbezahlbar. Variante 3 ist wegen Ineffizienz bis auf Spezialfälle nicht akzeptabel (siehe Irrtum Nr. 17).

      Diese niedrige Ausbeute liegt u. a. daran, dass die gewandelte Leistung einer WEA der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit folgt. Das bedeutet, dass die Leistung bei halbierter Windgeschwindigkeit um den Faktor 1/23 = 1/8 = 0,125 sinkt.

      Die nicht direkt nutzbare Überschussenergie von WEA bei Volllast ist etwa 5-mal so groß wie der durchschnittliche Bedarf und muss für die übrige Zeit des Jahres bevorratet werden, um Schwachwindzeiten (unter 25 km/h) und sogenannte Dunkelflauten zu überbrücken. Die geernteten Mengen Windenergie pro Monat unterscheiden sich im Verhältnis von etwa 1:3.

      Um eine KWh volatiler Energie in eine KWh grundlastfähige Endenergie zu wandeln, damit sie dem Verbraucher bedarfsgerecht zur Verfügung steht, muss man erhebliche Mengen an Energie und Material für Speicherung, Aufbereitung und Verteilung aufwenden. Dabei vervielfachen sich die Kosten (etwa um den Faktor 5 ‒ 7, siehe Irrtum Nr. 6).

      Irrtum Nr. 6: Die Sonne stellt keine Rechnung. Erneuerbare Energie wird immer preiswerter.

      Die EEG-Umlage steigt von Jahr zu Jahr. Um die von den Wandlern gelieferte Leistung in grundlastfähige Form (lastunabhängig mit konstanter Amplitude und Frequenz) zu wandeln, benötigt man zusätzlich Speicher, Umformer, Regler, Ladesäulen, Netze, Filter usw. (siehe Irrtümer Nr. 2 und 5).

      Dividiert man nur die einmaligen Investitionskosten für die Errichtung einer WEA an günstigem Standort (30 % Ernte) durch die während ihrer Lebensdauer gelieferte volatile Energie, erhält man ca. 2 Cent/KWh (das sind keine Vollkosten, sondern nur der Kapitaleinsatz umgelegt auf die geerntete KWh). Durch die vielen Zusatzsysteme, die zwangsläufige Nutzung von schlechteren Standorten und den „Wake Effect“ bei großflächigen Windparks in einem grundlastfähigen EEVS erhöhen sich die Kapitalkosten auf ca. 15 Cent/KWh. Die Gesamtkosten sind deutlich höher.

      In Wahrheit wird EE beim weiteren Ausbau immer kostenintensiver.

      Da Kapitaleinsatz immer mit Energieeinsatz verbunden ist, gilt eine entsprechende Aussage auch für den Energieeinsatz. Das heißt, die Kosten bzw. die benötigte Energie für ein solches System steigen rapide mit zunehmendem Ausbau. Darin sind noch keine Kosten für den Verbrauch von Landschaft enthalten.


      Die Kosten für Wandler sind daher kein geeignetes Maß für die Höhe der Kosten von grundlastfähiger Endenergie.

      Irrtum Nr. 7: Windstrom ist billiger als Strom aus Kohle- und Kernkraftwerken.

      Dieses Argument wurde auch in der Bundestagsdebatte im Dezember 2021 als Begründung für die Abschaltung von 3 Kernkraftwerken genannt.

      Dieser Irrtum hat einen einfachen Grund, wie in Irrtum Nr. 5 und Nr. 6 begründet wurde: Volatiler Windstrom ist etwas ganz anderes als z. B. grundlastfähiger Kohlestrom. 50 Gramm Weizen (ca. 3 Cent) sind auch viel preiswerter als ein Brötchen aus 50 Gramm Weizen (50 ‒ 70 Cent). Beides hat gleichen Kaloriengehalt und kann in Gramm gemessen werden.

      Irrtum Nr. 8: Die günstigen Preise an den Strombörsen sollen an die Bürger weitergegeben werden.

      Das werden sie bereits. Jedoch (entgegen den Erwartungen) erhöhen niedrige Börsenpreise die Kosten. Die Bürger zahlen nämlich für die Differenz zwischen Garantiepreis und Börsenpreis. Je niedriger der Börsenpreis ist, desto höher sind die Kosten für die Bürger.

      Irrtum Nr. 9: Wir beziehen bereits heute etwa 50 % unserer Energie aus Erneuerbaren Quellen.

      Im Juli 2020 ging die Nachricht durch die Presse, im ersten Halbjahr sei so viel Energie aus Sonne und Wind geerntet worden, dass man damit den Bedarf aller deutschen Haushalte ein Jahr lang decken könnte. Tatsächlich hätte davon kein einziger Haushalt seinen Kühlschrank, seine Heizung, sein Smartphone oder sein E-Auto betreiben können (siehe Irrtum Nr. 5).

      Hier kommt es auf die präzise Sprache an. Z. B. bezieht ein Unternehmen in der Regel 100 % seiner Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit. Das bedeutet aber nicht, dass der Gewinn mit der Höhe der Einnahmen gleichgesetzt werden darf. Von den Einnahmen müssen die Aufwendungen und Abgaben abgezogen werden, die erforderlich sind, um den Gewinn zu erzielen.

      Bei der Angabe der EE gilt diese Regel jedoch offensichtlich nicht. Häufig wird auch nicht unterschieden zwischen gesamter und elektrischer Energie. Elektrische Energie beträgt nur ca. 20 % vom Gesamtenergiebedarf. Bei EE wird nur die Ernte, aber nicht der dazu nötige Energieeinsatz berücksichtigt. Der Anteil von EE am Energiebedarf liegt heute netto bei nicht mehr als 5 %. Z. B. werden Beiträge von EE auch dann voll mitgerechnet, wenn der fossile Energieaufwand zu ihrer Gewinnung nahe oder sogar über der Ernte liegt (z. B. Biodiesel, Agrargas, Holz). Dies verbessert die deutsche Bilanz, insbesondere wenn die Rohstoffe aus dem Ausland kommen (z. B. Biodiesel aus Südostasien, PVA aus China).

      Unsere scheinbar gute CO2-Bilanz (Vergleich mit 1990) resultiert zu einem Großteil aus der Stilllegung von energetisch ineffizienten DDR-Betrieben und daraus, dass zahlreiche energieintensive Prozesse (u. a. Herstellung von Solarzellen und Textilien) in Drittweltländer ausgelagert wurden.

      Irrtum Nr. 10: Der Verlust an Arbeitsplätzen durch den Kohleausstieg wird mehr als kompensiert durch neue Arbeitplätze in der Erneuerbaren Energiewirtschaft.

      Wir haben bereits heute die höchsten Strompreise in Europa. Irrtum Nr. 6 zeigt, dass die Hauptkosten für die Aufbereitung der volatilen EE erst noch kommen. Je mehr zusätzliche Arbeitsplätze in der EE-Wirtschaft entstehen, desto teurer wird zwangsläufig die Energie.

      Irrtum Nr. 11: Wir müssen nur mutig weitere WEA und PV-Anlagen installieren, dann können wir das Klima retten.

      Das ist eine gefährliche Illusion. Erstens besitzen wir in Deutschland nicht annähernd die erforderlichen Ressourcen (Geld, Energie, Material, Fläche), um unseren derzeitigen Energiebedarf durch CO2-freie Energie zu decken.

      Zweitens kann von der heute gewandelten volatilen Wind- und Sonnenenergie schon bis zu einem Drittel in Deutschland keine Abnehmer finden, weil die Energie nicht dann verfügbar ist, wenn sie gebraucht wird (sie ist nicht lager- und nicht transportfähig). Ein Zubau weiterer Wandler ohne zusätzliche Netze und Speicher würde das Problem noch erheblich verstärken.

      Ein theoretisch CO2-freies EEVS mit den effizientesten Wandlern (WEA) würde die gesamte Agrarfläche Deutschlands in einen riesigen Industriepark verwandeln, ist also unrealisierbar.

      Man muss im Übrigen bezweifeln, ob die Bevölkerung die Zerstörung aller Landschaften ohne Protest hinnehmen wird. Bereits 2019 und 2020 haben landesweite Bürgerproteste die Aufstellung von weiteren WEA fast zum Erliegen gebracht. 2021 wurden etwa gleich viele WEA neu in Betrieb genommen wie abgebaut.

      Am 24.11.2020 brachte ARTE eine französische Dokumentation „Umweltsünder E-Auto?“, in der gezeigt wird, welche katastrophalen Umweltschäden und CO2-Emissionen durch die Gewinnung und Aufbereitung von hochwertigen Materialien (z. B. Nickel, Lithium, Kobalt, Aluminium, Kupfer, Tantal, Grafit, seltene Erden etc.), die für die Energiewende benötigt werden, in Ländern wie z. B. Kongo, China, Brasilien oder Chile verursacht werden. Weite Landschaften werden verwüstet und sind nicht mehr als Lebensraum für die wachsende Zahl von Menschen verfügbar (siehe Irrtum Nr. 9).

      Irrtum Nr. 12: Die Umsetzung der Energiewende wird nur Akzeptanz finden, wenn die direkt betroffenen Bürger am Betrieb von WEA finanziell beteiligt werden.

      EE ist schon jetzt sehr teuer und wird noch sehr viel teurer. Es müsste die gesamte Agrarfläche für technische Einrichtungen der Energiewende genutzt werden (siehe Irrtum Nr. 11), sodass die Landbevölkerung sich selbst entschädigen müsste. Bürger sollen Geld erhalten, um ihre Zustimmung zu geben zur Errichtung von WEA in einer Landschaft, die nicht ihnen allein, sondern allen Bürgern gehört. Die Landschaft ist der Lebensraum aller Menschen. Das Angebot ist daher sittenwidrig (Prämien für Landschaftszerstörung).

      Mit dem gleichen Recht könnten Bürger Entschädigungen für Verkehrswege, Schienen, Flugrouten, Kitas, Schulen, Fabriken usw. fordern.

      Irrtum Nr. 13: Die Klimarettung ist ohne Wohlstandsverlust möglich.

      Unser Wohlstand beruht auf dem Einsatz kostenloser fossiler Energie. Ohne Energie geht gar nichts. Wir zahlen nur für Förderung und den Gewinn der Besitzer von Energieträgern.

      Die Reduktion der CO2-Emission allein durch Ersatz fossiler Energie durch EE kann nicht gelingen, solange wir nicht-erneuerbare fossile Energieträger durch nicht-erneuerbare hochwertige Materialien ersetzen. Wir müssen unseren Energiebedarf drastisch reduzieren, in erster Linie durch Effizienzverbesserung. Aber ohne Verzicht wird es nicht gelingen.

      Wenn wir die gigantischen Kosten für den Aufbau und Betrieb eines EEVS aufbringen, steht dieses Geld nicht für Konsum zur Verfügung. Die internationale Finanzwirtschaft schichtet ihre Investitionen bereits auf Aktivitäten der CO2-Vermeidung um (unabhängig von ihrer Sinnhaftigkeit), weil in Zukunft dort die großen Gewinne winken.

      Wenn z. B. weniger Menschen fliegen, werden Millionen Urlauber, Mitarbeiter der Reiseanbieter, Luftverkehrsgesellschaften, Flughäfen, Flugzeughersteller, Flugzeugwartung und Menschen in den Zielländern einen Verlust an Wohlstand erleben und viele ihre Lebensgrundlage dauerhaft verlieren. Das gilt gleichermaßen für alle Lebensbereiche.

      Irrtum Nr. 14: Wir können das Klima retten, wenn wir auf Fleischkonsum verzichten.

      Es gibt selbst ernannte Experten, die vorrechnen können, dass eine Kuh angeblich mehr Klimagas-Emission verursacht als ein Mittelklasseauto.

      Vereinfacht funktioniert die Fotosynthese wie folgt: Pflanzen wandeln anorganische Stoffe aus der Luft (H2O und CO2) mithilfe von Sonnenlicht in energiereiche organische Biomoleküle (Kohlenhydrate). So entsteht u. a. auch Viehfutter.

      Tiere fressen die Biomoleküle, entziehen ihnen durch Verdauung die gespeicherte Energie (die sie zum Leben brauchen) und emittieren CO2 und Methan (CH4). Tiere können keinen Kohlenstoff herstellen. Methan zerfällt langfristig wiederum in stabiles CO2. Es handelt sich dabei um einen geschlossenen Kreislauf. Tiere produzieren Proteine, d. h. komplexe Aminosäuren, die Menschen und Tieren als Nahrung dienen. Die Luft, die Menschen ausatmen, enthält 100-mal so viel CO2 wie die Luft, die sie einatmen.

      Das Problem liegt in der industrialisierten Tierhaltung. Im eigenen Land stehen für die große Zahl der hier gehaltenen Tiere nicht ausreichend Biomoleküle zur Verfügung. Wir nutzen große landwirtschaftliche Flächen für den Anbau von Mais und Raps zur Herstellung von Biodiesel und Biogas und beziehen fast Dreiviertel unseres Viehfutters aus Ländern wie Südamerika, das dort auf gerodeten Urwaldflächen angebaut wird.

      Für das Klima wären eine drastische Reduktion der Tierzucht und Anbau von Nahrung als Ersatz für Fleisch oder eine Aufforstung mit Wald viel günstiger. Andere Quellen der Methanemissionen sind z. B. der Reisanbau, Fracking und fossiles Gas.

      Irrtum Nr. 15: Ohne Elektromobilität kann die Klimarettung nicht gelingen.

      Fast jeder weiß, dass die veraltete Dieseltechnologie durch die moderne E-Mobilität ersetzt werden muss. Kaum jemand weiß jedoch, dass das angeblich moderne E-Auto erstmalig 10 Jahre vor dem ersten veralteten Dieselauto gebaut wurde. Das moderne E-Auto ist also 130 Jahre alt. Im Jahr 1900 wurden in den USA 40 % aller Autos mit Dampf, 38 % mit Elektromotor und 22 % mit Benzinmotor angetrieben. Die deutsche Paketpost hatte noch in den 1950er-Jahren E-Transporter in Dienst. Schon damals scheiterte das E-Auto am Akku und dessen geringer Reichweite.

      Es ist keine Frage, dass ein E-Auto weniger CO2-Emission verursacht, wenn keine fossilen Energieträger mehr genutzt werden und der gesamte Strom weltweit aus erneuerbaren Quellen gewandelt wird. Das heißt jedoch nicht, dass dann E-Autos umweltfreundlich wären. Davon sind wir jedoch noch mehr als Jahrzehnte entfernt.

      Die Analyse der Klimafreundlichkeit von E-Mobilen kann in weitem Maße durch mehr oder weniger physikalisch realistische bzw. spekulative Annahmen beeinflusst werden. Die tatsächliche von einem E-Mobil verursachte CO2-Emission wird mindestens durch folgende Parameter bestimmt:

      1. tatsächlicher Bedarf an Elektroenergie für den Fahrbetrieb einschließlich Ladeverluste;
      2. Größe des Akkus für eine wettbewerbsfähige Reichweite;
      3. zusätzlicher Energieeinsatz für Herstellung und Entsorgung des Akkus sowie des Betriebs der Ladeinfrastruktur;
      4. mit der Bereitstellung der elektrischen Energie für 1 bis 3 verbundene CO2-Emission.

      Der große Einsatz der Automobilindustrie für E-Mobilität ist u. a. damit begründet, dass die Politik gegen die Naturgesetze definiert hat, E-Autos verursachten keine CO2-Emission.

      Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen über die Klimafreundlichkeit von E-Autos. Zum Nachweis der Überlegenheit der E-Mobilität werden angenommen:

      • Kleinwagen mit meist unrealistisch niedrig unterstelltem Elektroenergiebedarf für den Fahrbetrieb bei mäßig warmem Wetter, häufig Vernachlässigung der Energie für Heizung, Klimatisierung, Licht, Ladeverluste usw.;
      • geringe Reichweiten von 100 bis 150 km (um mit kleinem Akku auszukommen, dessen Lebensdauer als genauso lang angenommen wird, wie diejenige des Fahrzeugs);
      • Nutzung von volatiler und/oder mehr oder weniger erneuerbarer Ladeenergie (Autofahren bzw. Laden nur bei Wind/Sonne).
      • Diese Autos werden dann mit durchschnittlichen Autos verglichen, die 800 km Reichweite bieten. Das ist praxisfremd.

        Ein in den Verkehr gebrachtes E-Auto ist ein zusätzlicher Verbraucher von elektrischer Energie, die zusätzlich mit dessen Inbetriebnahme bereitgestellt werden muss.


        Da sich durch die Inbetriebnahme eines zusätzlichen E-Autos die Menge an EE nicht erhöht, muss sie unvermeidbar aus zusätzlichen fossilen Energieträgern gewandelt werden. Denn EE kann nicht zweimal verwendet werden: einmal zum Ersatz von fossiler Energie und dann noch einmal für den Antrieb eines E-Autos. D. h. E-Autos verändern selbst den theoretisch für die Rechnung angenommenen Strommix.

        Solange noch fossile Kraftwerke betrieben werden müssen, um den Energiebedarf zu decken (und deshalb nicht stillgelegt werden können), kann die zusätzliche Energie nur durch Weiterbetrieb der fossilen Kraftwerke mit hoher CO2-Emission bereitgestellt werden.

        Folgende Modellrechnung mit zwei gleich großen Fahrzeugen wäre realistisch:
        • Golf ID3 vollelektrisch (Normverbrauch: 14,4 KWh/100km; Praxistest im Durchschnitt: 22,6 KWh/100km; Akku brutto 58 KWh, Lebensdauer 140.000km, Reichweite theoretisch im Neuzustand 250 km, praktisch 200 km; Gewicht 1.800 kg;)
        • VW Golf Diesel 2,0 TDI (Normemission: 97 g CO2/km; Praxistest 150 g CO2/km; Reichweite 800 km; Gewicht 1.300 kg,)

          Es sollen folgende allgemeingültigen Annahmen gelten:

          • jährliche Fahrleistung 14.000 km;
          • CO2-Emission (Kohle: 790 ‒ 1230 g/KWh; Erdgas: 640g/KWh);
          • Energieaufwand für Akkuherstellung: 140 KWh/KWh.
          • Weitere Energieaufwendungen für Infrastruktur und Umweltzerstörung werden zunächst vernachlässigt.
              Es gibt 3 verschieden Szenarien:
              1. Es muss noch mindestens ein Braunkohlekraftwerk betrieben werden:
                Jeder weitere in den Verkehr gebrachte Golf ID3 verursacht: (140.000 km • 22,6 KWh/100 km + 58 KWh • 140 KWh/KWh) • 1.230 g/KWh = 48.904.800 g (entspricht 349 g/km)
                → Ein Golf 2,0 TDI verursacht 150 g/km.
              2. Es muss noch mindestens ein Erdgaskraftwerk betrieben werden:
                Jeder weitere in den Verkehr gebrachte Golf ID3 versursacht: 349 g • 640/1230 (entspricht 182 g/km)
                → Ein Golf 2,0 TDI verursacht 150 g/km.
              1. Es gibt keine fossilen Kraftwerke mehr, sondern nur noch gewandelte EE und nur E-Autos (Golf ID3: 40 KWh/100 km, gemessen ab Ausgang Wandler).

              Um 50 Millionen PKW mit EE zu versorgen, müsste nur für den Fahrbetrieb dazu eine Kraftwerkskapazität zusätzlich bereitgestellt werden, die so viel CO2-freie Energie liefern könnte wie alle heutigen KKW und Kohlekraftwerke zusammen (ca. 220 TWh/a). Allerdings wird diese Kapazität in den nächsten Jahren schrittweise vom Netz genommen.

              Die Umweltbelastung durch Millionen Ladesäulen und Gewinnung der Materialien (z. B. Kupfer, Aluminium, Kobalt, Nickel und Lithium) sind dabei nicht berücksichtigt. Für das Recycling der Akkus müsste eine Industrie aufgebaut werden, die alle wertvollen Materialien trennt und zurückgewinnt.

              Der Golf 2,0 TDI kostet 12.000 € weniger als die E-Variante, ist 60 km/h schneller und 500 kg leichter. Ein Golf ID3 mit 800 km Reichweite wäre 2.500 kg schwer, würde 30.000 Euro teurer sein und hätte keinen Kofferraum.

              Auch die riesigen versiegelten Verkehrs-, Parkplatz-, Wohn-, Sport- und Industrieflächen tragen zum Temperaturanstieg bei. Wir erachten es heute als notwendig, dass für jedes Fahrzeug Verkehrs- und Parkflächen z. B. am Wohnort, Arbeitsort, beim Einkaufen, an Sportstätten, im Urlaub, zum Rasten, zum Tanken und an vielen anderen Orten vorgehalten werden. Wir müssen uns nur die täglichen Verkehrsströme anschauen, um festzustellen, dass diese Mobilitätsform aus dem 19. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß ist.


              Was den Einsatz von Ressourcen angeht (Material, Fläche, Energie), ist unsere Individualmobilität extrem ineffizient.

              Dieses System ist nur möglich, weil fossile Energieträger in beliebigen Mengen praktisch kostenfrei verfügbar sind. Dies hat uns Menschen ermöglicht, ein total ineffizientes Individualverkehrssystem aufzubauen und zu unterhalten.

              Es ist ein Irrtum, wir könnten all das durch immer mehr WEA und PVA kompensieren.

              Schlussfolgerung:

              Priorität muss die Stilllegung aller fossilen Kraftwerke haben, da ihre Emissionen am höchsten sind (640 bis 1.230 g CO2 pro KWh). Angesichts der enormen Kosten und des gigantischen Landschaftsverbrauchs für die Gewinnung von EE ist ein Ersatz der 50 Mio. fossil betriebenen Autos durch 50 Mio. E-Autos eine einfältige Vorstellung. Wir müssen zunächst ein Gesamtbild unseres zukünftigen Energiesystems entwickeln.

              Ein heutiges Auto wird im Durchschnitt nur 2 bis 3 % der Jahreszeit genutzt. Ein solcher energetisch ineffizienter Betrieb mit EE ist undenkbar. Aus der im 19. Jahrhundert entwickelten Uralt-Technologie der E-Mobilität kann nur eine moderne Technologie in Kombination mit autonomem Fahren werden.

              Wenige Millionen autonom fahrende E-Autos bedienen dann den gesamten Individualverkehr online. Dafür ist nur ein Bruchteil der heutigen Infrastruktur (Verkehrs- und Parkflächen, Ladeinfrastruktur usw.) erforderlich. Nicht mehr benötigte Verkehrsflächen könnten neu genutzt werden. Die gigantischen Parkflächen in den Städten können klimafreundlich begrünt werden. Es ist daher nicht sinnvoll, den individuellen Kauf von E-Mobilen zu subventionieren und dafür die zugehörige Infrastruktur zu schaffen, wodurch noch mehr Flächen verbraucht und noch mehr Energie benötigt werden.


              Es sollten nur Ressourcen eingesetzt werden für den Aufbau eines autonomen Individualverkehrssystems.

              Irrtum Nr. 16. Man könnte die Akkus aller E-Mobile nutzen, um volatile Energie zwischenzuspeichern.

              Von den Befürwortern der E-Mobilität wird unterstellt, die Akkus in den E-Autos könnten als Zwischenspeicher für volatile Energie dienen. Sind sie leer, kann man nicht fahren; sind sie voll, darf man nicht fahren, sonst steht die gespeicherte Energie nicht zum Ausgleich zur Verfügung. Jedes E-Auto müsste immer am Netz hängen und brauchte keine Räder.

              Irrtum Nr. 17: Grundlast ist von gestern. Wir können die Energienutzung der Volatilität der Erneuerbaren Energien anpassen.

              Jeder versteht, dass ein Kühlschrank nicht mit volatiler Energie betrieben werden kann. Für jede Fabrik gilt das ebenfalls. Man müsste fünf Fabriken mit Personal bereitstellen, wenn man im Mittel die Nennproduktion nur einer Fabrik erzielen wollte. In weniger als 10 % eines Jahres würden alle fünf Fabriken gleichzeitig arbeiten und ansonsten nur ein Teil zeitweise oder gar nicht. Das wäre enorm ineffizient. Trotzdem müsste jede der fünf Fabriken vollen Personalbestand haben, der ebenfalls im Mittel nur 20 % der Zeit arbeitet.

              Irrtum Nr. 18: Eine Reduktion des Bedarfs an fossilen Energieträgern hilft sofort dem Klima.

              Das ist eine Illusion. Es bedarf in jedem Fall zunächst erheblicher Energie-Investitionen z. B. in ein öffentliches Verkehrssystem, bevor Individualverkehr reduziert werden kann. Soll der Energiebedarf z. B. für Gebäudeklimatisierung verringert werden, muss zunächst eine Menge Energie in die Isolierung der Gebäude und moderne Heizsysteme investiert werden. Die energetische Amortisationszeit kann im Einzelfall mehrere Jahrzehnte betragen. Bei der Betrachtung der einzelnen Sektoren muss auch jeweils die benötigte Infrastruktur betrachtet werden. Zum Schienenverkehr gehören auch die Trassen, Stellwerke, Bahnhöfe und Wartungseinrichtungen usw. Hinzu kommen die gewaltigen Energieaufwendungen für die Herstellung des CO2-freien Energiesystems.

              Solange es keinen weltweit gültigen Preis für CO2-Emission gibt, gelten diese Aussagen ohnehin nicht. Reduziert Deutschland einseitig seinen Bedarf an fossilen Energieträgern, reduzieren sich deren Weltmarktpreise, so dass sich andere Nutzer mehr davon leisten können.

              Im Juli 2020 forderte unser damaliger Wirtschaftsminister die Industrie auf, auf fossile Energie zu verzichten. Da es keine Alternative gibt, wäre das vergleichbar mit der Aufforderung an uns Menschen, auf Essen zu verzichten.

              Irrtum Nr. 19: Klimaschutz und Umweltschutz sind kein Widerspruch.

              Wenn wir unsere freie Landschaft für die Aufstellung aller technischen Systeme zur Wandlung, Aufbereitung und Verteilung von EE in Industrieparks verwandelt haben, stellt sich die Frage nicht mehr, welche Umwelt dann noch geschützt werden soll. Wo auch immer in Deutschland wir stünden, wir würden in der Landschaft nur Windparks (statt Landschaftsparks), Hochspannungstrassen, Speicher, Umformer, Filter und Ladesäulen sehen. Das Fraunhofer Institut schlägt vor, Freiflächen-PVA auf Stelzen zu setzen und darunter Blumen zu pflanzen.

              Irrtum Nr. 20. Nachwachsendes Holz ist klimaneutral und kann Kohle ersetzen.

              Dies erscheint intuitiv als richtig: Wenn Holz verbrannt wird, wird nur das darin gespeicherte Kohlendioxid freigesetzt, das vorher der Atmosphäre entnommen wurde. Es wird wiederum von ersatzweise gepflanzten Bäumen aus der Atmosphäre entfernt. Es scheint ein geschlossener Kreislauf zu sein. Daher plant die Politik, das Kohlekraftwerk Stöcken bei Hannover zur Klimarettung auf Holzfeuerung umzustellen.

              Leider wird u. a. der Zeiteffekt vernachlässigt, der in unterschiedlicher Größenordnung für alle fossilen Energiespeicher gilt. Ein Jahrzehnte alter Baum wird gefällt und verbrannt. Stattdessen könnte er weitere Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte mit wachsender Größe immer mehr Kohlendioxid binden. Der als Ersatz des gefällten Baumes gepflanzte junge Baum benötigt Jahrzehnte, um die gleiche Menge an Biomolekülen durch Fotosynthese herzustellen. Über Jahrhunderte gesehen, wird die industrialisierte Waldbewirtschaftung nicht annähernd so viel Kohlenstoff binden, wie die gefällten Bäume über ihre gesamte Lebensdauer von Jahrhunderten im Mittel hätten binden können. Studien kommen sogar zum Ergebnis, dass Holzverbrennung mehr Kohlendioxid freisetzt als die Verbrennung von Kohle. Denn die heutige Bewirtschaftung von Wäldern setzt zusätzlich viel im Boden gespeichertes CO2 frei.

              Irrtum Nr. 21: Biogas und Biotreibstoffe, die dem Benzin und Diesel beifügt werden, sind aus nachwachsenden Rohstoffen und daher klimaneutral.

              Diese Energiespeicher werden aus Mais, Zuckerrohr, Ölsaaten, Getreide und Palmöl gewonnen. Dazu werden Pflanzen mit fossilem Energieeinsatz angepflanzt, geerntet und transportiert. Die dafür benötigten Flächen werden der Nahrungsmittelproduktion entzogen oder vorher gerodet. Experten kommen zu dem Ergebnis, dass damit mehr CO2 freigesetzt wird als mit fossilen Energiespeichern.

              Irrtum Nr. 22: Einen Teil des emissionsfreien Stroms beziehen wir nach Bedarf von Europäischen Nachbarn.

              Die deutsche Planung geht von der Annahme aus, in Zukunft große Mengen an elektrischer Energie, auch gespeichert in Wasserstoff, von den Nachbarn beziehen zu können.

              Alle Nachbarn stehen genau wie Deutschland vor der Aufgabe, ihren gesamten fossilen Energiebedarf durch emissionsfreie Kraftwerke liefern zu müssen. Es ist nicht zu erkennen, wie sie zukünftig Überschüsse an uns liefern könnten. Das Gegenteil ist realistischer.

              Resümee

              Die Energiewende wird durch folgende unveränderbare Tatsachen charakterisiert:

              • Erneuerbare Energie erfordert den Einsatz von deutlich mehr Ressourcen (Material, Geld, Fläche) als das bisherige System mit fossilen Energieträgern.
              • Die Größe des Ressourceneinsatzes erlaubt keine quantitativ gleichwertige Energieversorgung wie bisher.
              • Ein Verzicht auf nukleare Energie wird Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit deutlich schwächen.
              • Die Alternative, auf das Abscheiden, Binden oder Lagern von Kohlendioxid zu verzichten, existiert nicht.