Insolvenz­welle nach dem Ende der Corona-Hilfen?

In meinem morgigen Podcast geht es unter anderem um die Aussichten für die deutschen Unternehmen. Droht eine Insolvenzwelle und wenn ja, wie sollten wir damit umgehen?

Zunächst die Fakten:

  • “Die milliardenschweren Staatshilfen und ausgesetzte Insolvenzpflicht haben in der Corona-Pandemie jede neunte Firma in Deutschland vor einer Pleite gerettet. Davon wären vor allem kleine Betriebe betroffen gewesen, erklärte der Internationale Währungsfonds (IWF) in Washington.” – bto: Jedes neunte Unternehmen wurde “gerettet”, steht da. In Wahrheit wurde jedem neunten Unternehmen Zeit gekauft.
  • “Der Ausstieg aus den Stützungsmaßnahmen werde für Deutschland zu einem ‘Balanceakt’ und schmerzhaft, warnte IWF-Experte Shekhar Aiyar. Der Staat müsse einen sanften Übergang zur Normalität ermöglichen, indem er – etwa von erzwungenen Schließungen zur Eindämmung der Pandemie – stark betroffene Unternehmen weiter stütze und das Ende für nicht lebensfähige Firmen erleichtere, heißt es in der IWF-Analyse.” – bto: Das entspricht den Forderungen der G30, die ich im letzten Podcast besprach.
  • “Ein Teil der Staatshilfen wird in Form von Krediten gezahlt. Experten warnen, dass das die Unternehmen langfristig schwächen könnte. ‘Ich fürchte, dass die niedrigen Eigenkapitalquoten die deutsche Wirtschaft über Jahre hinaus belasten werden’, sagte Michael Baur, Europachef der Unternehmensberatung Alix Partners, der Nachrichtenagentur Reuters. Bei vielen Firmen habe durch die hohen Verluste und die steigenden Schulden ‘eine komplette Kernschmelze stattgefunden’.” – bto: Bereits in meinem Buch “Coronomics” habe ich dies diskutiert und gefordert, dass wir hier Kredite in Zuschüsse umwandeln.

tagesschau.de: “IWF-Schätzung: Jede neunte Firma ohne Hilfe pleite”, 19. Januar 2021

Doch was bedeutet das in der Praxis? Dazu habe ich mit Dr. Dirk Hammes gesprochen. Herr Dr. Hammes ist Rechtsanwalt und Diplom-Betriebswirt (BA). Er ist einer der meist bestellten Insolvenzverwalter Deutschlands und setzt sich kritisch mit dem Missbrauch von Insolvenzverfahren auseinander, aber auch mit den Möglichkeiten, wie Gläubiger ihre Rechte effektiv ausüben können. Der Hauptsitz seiner Kanzlei befindet sich in Duisburg. → hammes.

Zur Vorbereitung auf das Gespräch hatte ich ihm einige Fragen geschickt, die er freundlicherweise auch schriftlich beantwortet hat. Dies ersetzt allerdings nicht den Podcast, da das Gespräch wie immer viel weiter gegangen ist.

 1. Was macht ein Insolvenzverwalter?

Seine Hauptpflicht ist die bestmögliche Verwaltung und Verwertung der Masse im Interesse der Insolvenzgläubiger. Das kann durch Sanierung des Unternehmensträgers erfolgen, durch den Verkauf im Ganzen, die Aufstellung eines Insolvenzplans (vereinfacht: Vertrag mit den Gläubigern) oder die Liquidation des Unternehmens.

2. Es geht also nicht nur darum, die Gläubiger zu befriedigen, sondern, wenn möglich, auch darum, die Unternehmen und damit die Arbeitsplätze zu retten?

Der Erhalt von Arbeitsplätzen und Unternehmen ist kein Selbstzweck und darf nicht auf Kosten der Gläubigerbefriedigung gehen. Ziel des Insolvenzverfahrens ist stets die bestmögliche und gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger (Paragraf 1 InsO).

Anmerkung: Die Insolvenzordnung (InsO) kennt mehrere Gläubigerkategorien – Massekosten nach Paragraf 54 InsO (Gericht, Verwalter, Gläubigerausschuss), Masseverbindlichkeiten nach Paragraf 55 InsO (entstehen vor allem durch die Verwaltung und Verwertung der Masse), Insolvenzforderungen nach Paragraf 38 InsO (Verbindlichkeiten, die vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Forderungen gegen den Schuldner erworben wurden = Insolvenzgläubiger, in deren Interesse das Verfahren durchgeführt wird, s. o. Frage 1).

Strukturpolitische Erwägungen spielen keine Rolle, sie können höchstens Nebenziele sein. Jeder Verwalter brüstet sich natürlich gerne damit, Unternehmen und möglichst viele Arbeitsplätze gerettet zu haben. Viel zu oft handelt es sich aber nicht um nachhaltig erfolgreiche Sanierungen, sondern um „Potemkin′sche Dörfer“, die in Folgeinsolvenzen münden und die mit höheren Kosten (mehrfache Gewährung von Insolvenzgeld, Beraterkosten, reine Verlustfinanzierung) als eine rechtzeitig und gut durchgeführte Liquidation verbunden sind.

Das Verfahrensziel negieren zuweilen selbst Gewerkschaften (IG Metall) und verstoßen vorsätzlich gegen ihre Pflichten als Gläubigerausschussmitglieder. Solchen Bestrebungen muss jeder Insolvenzverwalter entgegentreten, da er Treuhänder der Interessen aller Gläubiger ist.

3. Woran erkennen Sie denn, dass es sich lohnt, ein Unternehmen zu retten?

Wichtigster Parameter ist die Wettbewerbsfähigkeit bzw. die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells. Bestes Beispiel sind derzeit Klubs, Discos und Restaurants. Sie erhalten keine staatliche Hilfe, wenn Insolvenzreife bereits besteht; außerdem können sie keine oder keine relevanten Erträge wegen der Einschränkung der Gewerbefreiheit realisieren.

Existiert ein insolvenzfähiges Geschäftsmodell, so stellt sich die weitere Frage nach den Insolvenzursachen und der Möglichkeit, diese zu beheben. Die meisten Insolvenzen sind nicht auf einen einzigen Fehler zurückzuführen, aber fast immer auf unternehmerische Fehler, auf Blauäugigkeit und illusionäre Selbsteinschätzung (die Erkenntnisse der Verhaltensökonomik werden m. E. unterschätzt).

Ist die Insolvenzursache (zum Beispiel erdrückende Pensionsverpflichtungen) nachhaltig durch finanzwirtschaftliche Instrumente behebbar, ist die Frage nach der Sanierbarkeit schnell beantwortet. Ob ein Unternehmen aber auch leistungswirtschaftlich saniert werden kann, ist betriebswirtschaftlich eingehend zu analysieren. Hierbei spielt eine Rolle, ob die auf Schuldnerseite Beteiligten noch über ausreichendes Vertrauen bei den „Stakeholdern“ verfügen. Das ist häufig aus verschiedenen Verhaltensgründen (mangelnde Ehrlichkeit, Fairness und Einsicht) verbraucht.

Kurzgefasst: Zu analysieren ist die Entwicklung der externen und internen Ursachen der Insolvenz, der Zustand der technischen und kaufmännischen Organisation des Unternehmens sowie die fachliche Kompetenz und persönliche Integrität der maßgebenden Führungskräfte.

4. Scheitert das mehr daran, dass es sich nicht lohnt oder daran, dass die Gläubiger nicht mitziehen?

Sanierungen scheitern meistens, weil das Geschäftsmodell nicht mehr trägt, der Insolvenzantrag verspätet gestellt worden ist (Untersuchungen zufolge mehr als zehn Monate nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit) und keine immaterielle (Vertrauen) bzw. materielle Substanz mehr vorhanden ist. Gläubiger sind fast nie das Problem. Sie lassen sich von seriösen Sanierungskonzepten überzeugen (manche Berater überzeugen auch von unseriösen Konzepten).

5. Seit Jahren gehen die Insolvenzen zurück. 2020 für Ihre Branche ein besonders schlechtes Jahr. Alleine im Oktober waren es nach Daten des Statistischen Bundesamtes 31,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Das trotz Corona. Grund dafür ist, dass die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen bis zum 31. Dezember ausgesetzt wurde. Ist das nun eine gute oder eine schlechte Nachricht? Kommt da das dicke Ende noch?

Trotz sinkender Unternehmensinsolvenzen stiegen die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger im Juli 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 2,8 Milliarden Euro auf 3,9 Milliarden Euro. Das könnte aber auch damit zusammenhängen, dass mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten.

Ich befürchte, dass viele Geschäftsführer und Vorstände die Insolvenzantragstellung verschleppen. Bei der derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Situation dürften die Insolvenzzahlen jedenfalls nicht – schon gar nicht so stark – sinken, sondern wohl eher deutlich ansteigen. Wir haben offenbar eine Insolvenzblase, aus der die Luft entweichen wird. Das wird gegenwärtig noch durch staatliche Kompensation oder Staatsbeteiligungen und -hilfen verhindert, die man vor einem Jahr noch für undenkbar gehalten hätte. Mich erinnert das zwischenzeitlich an Staatswirtschaft a la DDR 2.0. In der DDR gab es de facto auch keine Insolvenzen, dafür aber „Volkseigene Betriebe“. Jedenfalls sehen wir einen Paradigmenwechsel: weg vom Gläubigerschutz, hin zum Schuldnerschutz.

6. Soweit ich verstehe, gibt es recht harte Strafen, wenn die Geschäftsführung eine Insolvenz nicht anzeigt. Nun nicht. Ist es nicht ein Problem, dass da noch Geschäfte gemacht werden, also können so nicht gesunde Unternehmen mit angesteckt werden, weil sie nicht wissen, dass sie mit insolventen Geschäftspartnern zu tun haben?

Ja, das sehe ich so. Wenn der Gläubiger keine Vorkasse oder Sicherheiten erhält, muss er sich seine Geschäftspartner genau ansehen, was angesichts asymmetrischer Informationslagen schwierig ist. Man muss genau abwägen, ob das Risiko eines Forderungsausfalls aufgefangen werden kann, ohne selbst in Existenznot zu geraten. Im Ergebnis führt die staatlich geförderte Insolvenzverschleppung zur abnehmenden Bereitschaft, Lieferantenkredite zu gewähren. Wir könnten einen allgemeinen Vertrauensverlust bei Lieferanten und Kreditgebern und eine Einschränkung der Vorleistungsbereitschaft sehen. Und: Zunehmende Fälle von Eingehungsbetrug (in schweren Fällen stehen hierauf mindestens sechs Monate Freiheitsentzug, maximal zehn Jahre Haft, für Insolvenzverschleppung „nur“ bis zu drei Jahren).

Es entspricht einem gängigen Muster, dass die Risiken einer Insolvenz umso stärker Warenlieferanten und Dienstleister treffen, je länger die Insolvenzantragstellung verzögert wird.

Forderungsausfälle sind häufig (mit) ursächlich für Insolvenzen, besonders bei Unternehmen mit geringen Umsatzrenditen.

7. Nun gibt es Stimmen, die vor einer wahren Insolvenzwelle in diesem Jahr warnen. Denn ewig kann der Staat nicht helfen, sollte er vielleicht auch nicht. Wie sehen Sie das? Welche Indikatoren haben Sie, wenn sie das Geschehen beurteilen?

Ich erwarte im Jahr 2021 keine Insolvenzwelle, aber einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um etwa 20 bis 30 Prozent. Besonders betroffen sind Restaurants, Bars, Klubs, Kinos, die Reisebranche, Automobilzulieferer und der Einzelhandel.

Indikatoren:

Tendenzen, die bereits vor der Corona-Krise erkennbar waren, zum Beispiel die Verlagerung auf den Online-Handel, beschleunigen sich und werden auch langfristig wirken Einzelhandelssterben.

Trotz staatlicher Hilfen führt die gegenwärtige Krise dazu, dass die Eigenkapitalbasis der meisten Unternehmen geschwächt wird, was die Insolvenzanfälligkeit signifikant erhöht.

Die Kaufkraft der unteren und mittleren Einkommensbezieher (besser: Kurzarbeitergeld-Bezieher) sinkt, die Arbeitslosenzahlen werden steigen. Allerdings könnten auch die Sparquoten steigen, weil diverse Konsumausgaben (für Urlaub, Restaurantbesuche, pp.) entfallen.

Wenn, ja wenn die Insolvenzantragspflicht wieder vollständig in Kraft gesetzt sein wird, wird vielleicht auch das Bewusstsein steigen, dass Eingehungsbetrug und Insolvenzverschleppung zu Strafverfolgung führen. Hier dürfte momentan das Problem liegen: Vielen Geschäftsführern dürfte nicht bewusst, nicht bekannt oder egal sein, dass sie insolvenzantragspflichtig sind.

8. Ist das deutsche Insolvenzrecht geeignet, mit diesen Anforderungen umzugehen? Es wird immer das US-Recht gelobt, welches es erleichtert, Unternehmen zu retten. Brauchen wir das auch hierzulande?

Das deutsche Insolvenzrecht bietet gute Möglichkeiten für eine Unternehmenssanierung. Allerdings hängt die Sanierbarkeit davon ab, ob das Geschäftsmodell tragfähig, das Management fähig und die Belegschaft willig ist. Übrigens ist eines der größten Sanierungshemmnisse der Paragraf 613a BGB, wonach alle Arbeitsverhältnisse zu den gleichen Konditionen auf einen Betriebsübernehmer übergehen, aus politischen Gründen nicht beseitigt worden.

Das amerikanische Recht hat m. E. eine zeitweilig kennzeichnende Tendenz zu einer Übersteigerung des Schuldnerschutzes; dem wollte der Gesetzgeber der InsO jedenfalls entgegenwirken.[1] Die im Zuge der ESUG-Diskussion (Gesetz über die Vereinfachung der Sanierung von Unternehmen vom 1.3.2012) beschworene Stärkung der Gläubigerautonomie ist in der Praxis weitgehend nur ein Schlagwort geblieben und hat zu einer Stärkung der Schuldnerautonomie geführt. Wer das Insolvenzrecht zu stark schuldnerfreundlich ausgestaltet, muss sich nicht verwundert die Augen reiben, wenn das Insolvenzverfahren taktisch und vor allem missbräuchlich eingesetzt wird und aus dem Schutz der Gläubiger der Schutz des Schuldners vor den Gläubigern wird. Der Grat zwischen Stärkung der Sanierung und Missbrauch ist manchmal schmal, zumal unter den potenziellen Trägern der »Insolvenzkultur« keine Einigkeit darüber besteht, was missbräuchlich ist und was nicht. Dass in den USA beispielsweise Fluggesellschaften alle paar Jahre einen Abflug in das Chapter-11-Verfahren unternehmen und dann mit neu lackierten Flügeln weitermachen, mag zu denken geben (in Deutschland haben wir als Beispiel Galeria Kaufhof Karstadt). Die Diskussion über den (gläubigerbenachteiligenden) Missbrauch des Chapter-11-Verfahrens scheint in den USA jedenfalls weiter vorangeschritten zu sein als hierzulande. In Deutschland muss das Thema stärker in das Blickfeld rücken.

9. Was halten Sie von alternativen Ideen wie Debt/Equity-Swaps, stille Beteiligung des Staates, Tilgung über einen Steuerzuschlag in Zukunft? Oder brauchen wir ein großes Corona-Jubeljahr?

Debt/Equity-Swaps – in der Theorie eine gute Idee, in der Praxis (soweit ich das beurteilen kann) selten relevant. Für den Staat verbietet sich das m. E. im Grundsatz (s. u.).

Stille Beteiligung des Staates – der Staat sollte sich m. E. auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Die Marktteilnehmer erkennen Opportunitäten am besten.

Tilgung über einen Steuerzuschlag – finde ich schon charmanter, wenn der „Stundungszins“ marktüblich ist und nicht 0,5 Prozent pro Monat.

Bereits bei TUI und Lufthansa habe ich mir die Frage gestellt, warum börsennotierte Unternehmen, die behaupten, ein langfristig tragfähiges Geschäftsmodell zu haben, ihre Finanzierung nicht über eine Kapitalerhöhung realisieren. Warum soll der Staat Mittel zur Verfügung stellen, wenn Anteilseigner dazu nicht bereit sind? Die (politisch) leichtfertig angeführte Systemrelevanz kann es hier jedenfalls nicht sein.

Ein Jubeljahr wird es objektiv nicht sein, wenn man die volkswirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen bedenkt. Sie haben die Fehler überzeugend dargelegt, besonders die falsche Strategie zur rechtzeitigen und ausreichenden Impfstoffversorgung. Der Gedanke, bei allen in Betracht kommenden Herstellern die für Deutschland erforderliche Gesamtmenge zu bestellen, war mir vorher auch gekommen. Die unspezifischen und m. E. unverhältnismäßigen Maßnahmen (Gastronomie) kommen den Steuerzahler teuer zu stehen.

10. Immer wieder gibt es Diskussionen zu dem Thema Zombies auch in diesem Podcast. Also Unternehmen, die eigentlich nicht genug verdienen, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen und nur am Leben sind, weil die Zinsen tief und die Banken großzügig sind. Wie sehen Sie das in Ihrer Praxis?

Eine wissenschaftlich fundierte Definition dieses Schlagwortes existiert nicht. Nach der (m. E.) zutreffenden Definition der Bundesbank sind Zombie-Unternehmen „diejenigen Unternehmen (…), die nicht aus dem Markt ausscheiden, obwohl ihre Einnahmen aus dem operativen Geschäft mittelfristig zu gering sind, um wichtige Aufwandspositionen finanzieren zu können“. Das dürften somit zumindest alle drohend zahlungsunfähigen Unternehmen sein.

Sekundärquellen, die sich auf das IAB Betriebspanel (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit) beziehen, sprechen davon, dass 17 Prozent der deutschen Unternehmen keine Gewinne erwirtschaften. „Start-ups“ mit aussichtsreichem Geschäftsmodell müsste man aber wohl herausrechnen.

Risiko-Gruppen

Zombies fallen in der Praxis durch folgende Indizien auf, bzw. Unternehmen mit den folgenden Merkmalen sind anfällig für Zombifizierung:

  • Unternehmen ohne schlüssiges Konzept
  • hohe Fixkosten: wirken sich bei großen Umsatzschwankungen gefährlich aus (Operating Leverage)
  • geringes EK
  • auslastungsempfindliche Branchen, die Mindest-Umsätze benötigen
  • Unternehmen im Projektgeschäft (Anlagenbau); anders: Unternehmen, die z.B. aus Lizenzgeschäft fortlaufend Liquidität generieren
  • „Zombies im Zombie-Clan“ – ein Zombie (z. B. Bank) lässt einen Großkunden Zombie sein, um nicht seine eigene Existenz einzubüßen (Eigeninteresse an gutem Rating des Kunden – verlässliches Umfeld garantiert höhere Überlebenschancen)
  • subventionierte Unternehmen: zum Beispiel Regionalflughäfen, aber auch solche, die langfristig Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen
  • Unternehmen mit reiner Umsatzdenke
  • Zombie, der durch wiederkehrende Gläubigerverzichte und Insolvenzgeld finanziert wird
  • von Banken falsch „eingepreiste“ Unternehmen
  • Subventionierung innerhalb einer Konzernstruktur
  • Subventionierung aus dem Privatvermögen der Gesellschafter
  • Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – falsche Wahrnehmung der tatsächlichen Voraussetzungen in der Öffentlichkeit
  • wirtschaftskriminelle Motive (Wirecard) und „Zocker“
  • Unternehmen, denen überzeugende „Hochstapler“ vorstehen

Die Gründe der Zombifizierung sind m. E. vielfältiger Art:

(1)   Als Grund der Zombifizierung wird immer wieder die Geldpolitik bzw. die Negativzinspolitik der EZB genannt. Das sehe ich differenzierter: Zwar führt die Geldpolitik dazu, dass die Banken Anreize haben, günstige Darlehen an rendite- und eigenkapitalschwache Unternehmen zu vergeben. Es soll zwischenzeitlich sogar KfW-verbürgte Kreditprogramme geben, bei denen Banken sich für herausgereichte Unternehmensdarlehen zu einem Negativzins von ein Prozent bei der EZB refinanzieren können (TLTRO-Kredite). Zinsniveau und staatliche Sicherheiten erhöhen bei den Geschäftsbanken die Risikobereitschaft bei der Kreditvergabe und mindern die Motivation, die zweckentsprechende Verwendung von Kreditmitteln zu überwachen.

(2)   Wenn Kredite vollständig vom Staat besichert werden und die Vergabe sowie die zweckentsprechende Verwendung von Kreditmitteln nicht mehr hinreichend überprüft werden, steigt das Risiko, dass eine staatliche Verlustfinanzierung und keine effektive Kontrolle mehr erfolgen.

(3)   Aus der Praxis – Todeskampfverlängerung: Partizipieren Unternehmen ohne positive Fortbestehensprognose von niedrigen Zinsen, dann wird deren Todeskampf nur künstlich verlängert. Als Insolvenzverwalter habe ich genügend Fälle erlebt, in denen nicht fortführungsgeeignete Unternehmen im Zustand drohender oder bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit (und Überschuldung) noch längere Zeit mit Kampfpreisen (also unterhalb der Kostendeckung) am Markt agiert und so Mitbewerber und Lieferanten erheblich geschädigt haben.

(4)   Lebenszyklen werden politisch nicht akzeptiert: Lockdown und COVID-Folgen beschleunigen (TURBO) bestimmte Entwicklungen (Einzelhandelssterben, E-Mobilität) oder führen zum Tod oder Siechtum diverser Geschäftsmodelle: Messebau, Caterer, Reisebranche inklusive Luftfahrt und Flugzeugbau, pp. Unternehmen und Branchen haben Lebenszyklen. Solche Sterbeprozesse mag man verlängern können, niemals aber aufhalten und das schon gar nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand, wie man in meiner Heimat, dem Ruhrgebiet mit seiner Montanindustrie gut beobachten kann.

(5)   Staatliche Beihilfe zur Insolvenzverschleppung – ordnungspolitischer und rechtlicher Sündenfall: Der Staat, dessen Wirtschaftspolitik gerade in „COVID-Zeiten“ geprägt ist durch Zuschüsse, Darlehen, Bürgschaften und Kurzarbeitergeld, kann nicht – und schon gar nicht in kurzer Zeit – unterscheiden, ob die subventionierten Unternehmen ein mittel- oder langfristig tragfähiges Geschäftsmodell haben oder eben nicht. Im letztgenannten Fall dienen die eingesetzten Steuermittel lediglich einer volkswirtschaftlich und wettbewerbsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Verlustdeckung und Verzögerung des Eintritts der Insolvenz.

(6)   Willkürlich und ungetreu finde ich es übrigens, wenn die großen Subventions- und Beteiligungsfälle mit angeblicher Systemrelevanz gerechtfertigt werden, die weder gegeben noch wettbewerbsrechtlich opportun sind. Ich denke hier an die Commerzbank, TUI und Lufthansa. Letztere wäre ein idealer Kandidat für ein Schutzschirmverfahren bzw. Eigenverwaltungsverfahren. Nur so wäre eine schnellstmögliche und kostengünstigste Restrukturierung durch Kapazitätsanpassung möglich. Eine Sanierung außerhalb der Insolvenz wäre in diesem Fall jedenfalls mikroökonomisch teurer als in einem Verfahren.

(7)  Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass die Subventionierung nicht marktfähiger Unternehmen durch das Kurzarbeitergeld verstärkt wird. Deren Arbeitnehmer stehen marktfähigen Unternehmen mit Personalbedarf nicht zur Verfügung. So wird perspektivlose Nichtbeschäftigung nicht nur schuldenfinanziert, sondern gleichzeitig volkswirtschaftlich sinnvolles Wachstum behindert. Das ist doch irre!

(8)   Es dürfte wohl weitgehend unbestritten sein, dass es aus volkswirtschaftlicher, aber auch aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht vorteilhaft ist, wenn krisenhafte Unternehmen so früh wie möglich klären, ob sie restrukturiert werden können oder ob sie liquidiert werden müssen. Handlungsspielraum und Sanierungserfolg sinken im Zeitablauf, so wie umgekehrt die Schäden für die Gläubiger steigen. Auch eine rechtzeitig eingeleitete Liquidation sichert Werte.

(9)   Schon in normalen Zeiten ist die Insolvenzverschleppung der Regelfall; in rund 90 Prozent aller Insolvenzverfahren werden wirtschaftskriminelle Tatbestände verwirklicht.

(10)  Damit dürfte die Bereitschaft zur Einleitung geeigneter und rechtzeitiger Restrukturierungen bzw. Liquidierungen sinken, und zwar sowohl außerhalb als auch innerhalb eines Insolvenzverfahrens. Diese undifferenzierte, schuldenfinanzierte Gießkannenpolitik ist ein wesentlicher Grund für die Zombifizierung und ein weiterer Schritt in Richtung Planwirtschaft.

Soweit Dr. Hammes, dem ich sehr herzlich für das wirklich sehr interessante Gespräch und diesen Beitrag danke!


[1] Ausdrücklich RegE InsO, 1992, BT-Drucks. 12/2443, S. 105.

Kommentare (30) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Bauer

      Was genau? Meinen Sie den Ausbruch eines großen Krieges?

      Das stimmt, aber der wesentliche Unterschied zu heute ist: Damals existierten bei Ausbruch dieser großen Kriege keine Atomwaffen. Und das ändert die strategische Ausgangslage grundlegend.

      Antworten
      • Dr.LucieFischer
        Dr.LucieFischer sagte:

        @Richard Ott
        Im letzten Jahrhundert wurden aber bereits chemische Waffen eingesetzt, der Chemie-Nobelpreisträger Fritz Haber ( 1918! ) erfand Chor-und Phosgen Giftgas für den Einsatz WK1 , das Entsetzen über die Heimtücke ist ungebrochen. 1922 , nach WK1, entwickelte Prof. Fritz Haber unverdrossen weiter :Zykon B, von den Nationalsozialisten ( IG-Farben-Degussa) nur wenig später präferiert in KZ-Vernichtungslagern.
        NEU ist: die Möglichkeit, Biologische Waffen herzustellen, sehr viel eleganter als Atom-Bomben, die eroberte Gebiete verseuchen. Seit dem Human-Genom-Projekt / DNA-Sequenzierung/ verfolge ich die Möglichkeiten der Gentechnik mit grösster Sorge. Möglich-positive Anwendungen in der Krebstherapie kann das nicht ändern. Dass über biologische Kriegsführung nicht öffentliche diskutiert wird, bedeutet nicht, dass es Biowaffen nicht gibt oder dass es dazu keine Forschungs-Tätigkeiten und -Labors gibt:
        https://de.rt.com/asien/112051-mikrobiologin-findet-brisante-hinweise-auf/
        Die Phantasie reicht für potentiellen Schrecken nicht aus, die technisch längst möglich sind.

  1. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Ein gutes Interviewthema und ein guter Gesprächspartner. Deswegen habe ich mal begonnen, mich mit bto zu beschäftigen. Ist auch ergiebiger als verkeilte politische Diskussionen, die auch ausserhalb von bto stagnieren.

    Antworten
  2. Mohnburg
    Mohnburg sagte:

    Ich freue mich auf die Langfassung in morgigem podcast!

    In mehreren Kommentaren wurde das Thema Golddeckung andiskutiert. Sicherlich wäre das einen eigenen podcast wert. Daher nur zwei kurze Stellungnahmen.

    „Gold allerdings kann man auch inflationieren“
    ==> NEIN. Inflationen bei goldgedeckten Währungen sind nur durch ein zusätzliches Angebot des Metalls möglich (siehe Spanien im 16.Jht.) oder durch Verschlechterung der Währung durch die Herrschenden (Stichwort Münzverschlechterung, Reduzierung des Edelmetallgehalts).

    „Gold wir wohl nicht reichen“
    ==> JEDE beliebige Menge Gold ist ausreichend, um ein edelmetallbasiertes Währungssystem zu etablieren.
    «Ethik der Geldproduktion» (2007), Prof. Jörg Guido Hülsmann

    Im Wettbewerb um die Geldfunktion haben sich in der Vergangenheit immer wieder die Edelmetalle durchgesetzt, insbesondere Gold und Silber, weil sie am relativ besten die genannten Eigenschaften erfüllen, die „gutes Geld“ ausmachen. Die politisch bewusst herbeigeführten Unterwanderungen des Goldstandards führten immer wieder zu großen Krisen, die dann fälschlicherweise dem Edelmetallgeld in die Schuhe geschoben wurden, nicht aber den staatlichen Eingriffen.
    z.B. https://www.misesde.org/2019/05/die-lange-geschichte-des-gold-geldes/

    Antworten
    • Stoertebekker
      Stoertebekker sagte:

      > JEDE beliebige Menge Gold ist ausreichend, um ein edelmetallbasiertes Währungssystem zu etablieren.<

      Das habe ich ggfs missverständlich formuliert. Ihre Aussage stimmt uneingeschränkt. Wollte nur darauf hinweisen, dass bei ggfs resultierenden SEHR hohen Metallpreisen eine Stückelung für Normalverwendungen schwierig werden könnte. 10 (Gold)Reichsmark hatten 3,58g Gold – heute irgendwo bei 170/180€. 5 Reichsmark (1,99g) gab‘s auch noch, aber unter 2g Gold wird‘s dann schwierig mit der Prägerei.

      Nun kann als Gegenargument ja kommen, dass man für die kleinen Beträge n anderes Metall nehmen kann. Das ist richtig, aber wenn Gold für den Normalverwender als Deckung in keiner Form mehr „sichtbar“ wird, wird das Vertrauen in die goldgedeckte Währung nicht unbedingt gestärkt.

      So, bliebe als nächste Aufgabe mal das Durchrechnen, welchen Goldpreis das globale BSP bei der heute vorhandenen Goldmenge ergeben würde. (Oder sollte man ne andere Größe als das BSP nehmen? Globale Vermögenswerte? Beides?)

      Antworten
      • Mohnburg
        Mohnburg sagte:

        Das Problem der Stückelung ist in der Geschichte des EM-Geldes in der Tat durch das Ausweichen auf Silber gelöst worden.
        Es gibt heute bereits unternehmerische Anstrengungen für goldbasierte Zahlungssysteme.
        Die britische Münze (the Royal Mint) hat z.B. die technische Möglichkeit geschaffen, um das Gold, das bei ihr gelagert wird, per Blockchain handelbar zu machen. Wer sein Gold bei der Royal Mint einlagert, dem wird ein handelbares digitales Zertifikat in sein elektronisches Portemonnaie (“wallet”) gebucht. Das ist EIN Weg zur Digitalisierung des Goldgeldes.

        https://www.royalmint.com/digigold/digi-gold/

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @Mohnburg

        Das könnte man machen, dann befindet man sich aber in der Token Economy. Da werden ASSETS digital abgebildet und handelbar. Und in dieser Form ist Gold dann „nur“ ein Wertspeicher, aber eben keine Währung.

        Geld/Währung sollten wir (zunächst) unabhängig von den Assets betrachten. Wir brauchen ja zuallererst ein Tauschmittel, das aber einigermaßen wertstabil sein sollte.

  3. JürgenP
    JürgenP sagte:

    @DS
    „Bei vielen Firmen habe durch die hohen Verluste und die steigenden Schulden eine komplette Kernschmelze stattgefunden“.

    „Ein Teil der Staatshilfen wird in Form von Krediten gezahlt. Experten warnen, dass das die Unternehmen langfristig schwächen könnte“.

    „Bereits in meinem Buch „Coronomics“ habe ich dies diskutiert und gefordert, dass wir hier Kredite in Zuschüsse umwandeln“.

    Langfristig schwächen wird Firmen nur eines: keine Kunden zu haben. Es gibt aber trotz „Pandemie“ noch genug Unternehmen, die Kunden haben. Vielleicht auch ganz neue Kunden, die sie vorher noch nie hatten, weil sie schnell und konsequent um Anpassung an die Situation bemühen. Ein Zuschussgeschäft des Staates zugunsten von Quasi-Pleitiers führt zur Schwächung der noch halbwegs gesunden Unternehmen, denn die müssen letztlich die „Zuschüsse“ über Steuern und Abgaben tragen.

    Kreditgewährung und Zuschussumwandlung sollte gut überlegt werden, bevor die Bazooka überstrapaziert wird.

    Antworten
  4. Stoertebekker
    Stoertebekker sagte:

    Nach mehreren no-more-than-populist Beiträgen war das endlich mal wieder echte beyond-the-obvious Kost. Und ein solides, praxisbasiertes Aufräumen mit der „lockere EZB-Geldpolitik = Zombifizierung“-Simplifizierung.

    (Wobei mich schon überrascht hat, dass Insolvenzverschleppung trotz drakonischer Strafen so häufig auftritt.)

    Gern mehr von derartigen Beiträgen. Danke!

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Stoertebekker

      Ist “Populismus” alles das, was Ihnen aus persönlicher ideologischer Sicht nicht gefällt – und “solide” alles das, was Sie sowieso gerne hören möchten?

      Antworten
      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @ROtt

        Nee. Ersteres bedient vor allem Gefühle (meist durch Bewertung, egal ob „gut, schlecht, Unsinn“ usw.), letzteres die Ratio (durch REINE Darstellung der Fakten OHNE Bewertung).

        Mir gefallen ja gerade Gegenkommentare mit ARGUMENTEN (wie zB Ihre Liste mit den Impfprozenten der letzten Woche).

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Stoertebekker

        “Mir gefallen ja gerade Gegenkommentare mit ARGUMENTEN (wie zB Ihre Liste mit den Impfprozenten der letzten Woche).”

        Die gibts nur als Antwort auf Kommentare, die etwas gehaltvoller sind als “alles was mir nicht gefällt, ist Populismus, und den finde ich blöd”. Wir sind hier schließlich nicht auf tagesschau.de oder bei Facebook. ;)

        Übrigens: Haben Sie die Zahlen und Statistiken aus den Beiträgen der letzten Tage alle überlesen oder ignoriert?

  5. foxxly
    foxxly sagte:

    es gibt verschiedene sichtweisen:
    wer auf dieses schuldgeldsystem mit seinen unlösbaren, exponentiellen wachstumszwang fixiert ist, der muss auch die “schöpferische zerstörung” fröhnen, wollen und verteidigen; – koste was es wolle; – ohne zielansprache, wo dies hinführt oder enden könne.

    wer erkannt hat, dass ein kreditgeldsystem ein antihumanistischen/asoziales machtsystem ist, welches niemals eine nachhaltigkeit erreichen kann und existenz-zerstörerisch ist, (zb umwelt)
    der erkennt dass eine schöpferischere zerstörung auch mist ist. (also auch gewollte, oder befördernde insolvenzen)

    gerade wie die jüngste, aktuelle entwicklung zeigt, läss die politik (durch teils fragwürdige politische corona-maßnahmen- entscheidungen) unternehmen, – vorwiegend klein- und mittelbetriebe in den ruin gleiten.

    hier werden gut erhaltene und meist gut geführte unternehmen zur finanz-politischen schlachtbank geführt, zu gunsten der big-player.
    diese vernichtung von substanz- und geldwerten wandern mit exponentieller geschwindigkeit in richtung hochfinanz(incl. konzernen).

    alleine diese vorgehensweise ist der sichere beweis, dass die politik durch die hochfinanz geprägt oder bestimmt wird.

    diese schnellere entreicherung durch corna, des klein- und mittelstandes (unternehmen und bürger) ist durch die krise ansich bestimmt, aber noch mehr durch politische entscheidungen..

    das kreditgeldsystem hat auch ohne krise den gleichen effekt, alledings etwas langsamer. (zunehmende entreicherung der realwirtschaft, zu gunsten der hochfinanz)

    nach corona kommen mehrere minusfaktoren zum tragen:
    – die kredite und hilfen werden über steuern und kreditbelastungen in den folge- jahren, sowohl die wirtschaft, aber noch mehr den konsumenten, stark belasten.
    – dazu kommt, dass die überlebenden produzenten, dann höhere preise brauchen und auch durchsetzen, a, um selber zu überleben, b, weil sie eine bessere markt macht/-stellung haben werden.

    die systemlenker haben zwei möglichkeiten:
    1, einen schnell eingeleiteten reset, wahrscheinlich mit krieg,
    2, oder einen schuldenschnitt etc., evtl. währungsreform, totalitäre regierung nach vorbild chinas, das system noch eine zeit lang zu verlängern.
    3. keines von den beiden, aber mit einem wunder, dass es nicht so kommen wird.

    Antworten
    • Bauer
      Bauer sagte:

      @ foxxly

      Ich muss bewundern wie Sie trotz Ihrer Fixierung auf das “schuldgeldsystem” immer wieder zu brauchbaren Schlüssen kommen. Ja, Ihre abschliessenden 1-2-3 sind realistisch, ich pflichte ihnen bei.

      Aber trotzdem: Seit es Geld gibt wird es auch verliehen. Da dies mit Risiko und temporärem Verzicht verbunden ist, ist Zins notwendig und gerechtfertigt. Alle Systeme mit Zinsverbot sind gescheitert oder verharrten im Rentenkapitalismus oder wurden trickreich umgangen. Soweit die geschichtliche Erfahrung, die nicht gering zu schätzen ist.

      Ihr “schuldgeldsystem” funktionierte auch recht ordentlich in der geschichtlichen Zeit, vielleicht mit der Randbemerkung, dass souveräne Schuldner die Zinsfrage auch oft dadurch lösten, dass sie den Gläubiger einlochten oder beiseite schafften. Aber immerhin, für die üblichen Kleinbeträge und gewohnten Risiken des Lebens war es brauchbar.

      Dieser Rahmen wurde gesprengt im 15./16. durch die Entwicklung der weltweiten Seefahrt, in Folge des Seehandels und der Kolonisierung anderer Erdteile, die bis dato in Friedenszeiten nicht gekannten Kapitalbedarf auslösten. Der von Ihnen beanstandete Wachstumszwang machte sich damals bereits bemerkbar, war jedoch willkommen, um die weissen Flecken auf der Weltkarte zu besetzen bevor es der Nachbar tat.

      Dann kam die industrielle Revolution mit James Watt et al. (Dampfmaschine) und einem steil ansteigenden Kapitalbedarf, der anders garnicht zu befriedigen gewesen wäre. Das beschäftigte die parallel dazu noch schneller wachsende Menschheit bisher. Ihr “schuldgeldsystem” wuchs dabei ebenso rasch, durchaus exponentiell. Auch diesesmal war exponentielles Wachstum angesagt und sogar verdaubar.

      Jetzt ist die Erde voll, fast jeder verfügt über all die guten Dinge des Lebens, stellenweise sogar in erheblichem Überfluss, und wir stellen fest, das dieses Wirtschaftsmodell nicht mehr angemessen ist und an allen Ecken und Enden zwickt. Dass Sie dies beanstanden, sogar sehr eindringlich, ist nicht zu beanstanden.

      Wir können allerdings an diesem Punkt nicht stehen bleiben. Ich kann in diesem Zusammenhang nur wiederholen, was ich hier vor einem Jahr geschrieben habe:

      “Ich will hier nicht polemisieren, halte es jedoch für an der Zeit, im Fachdiskurs (z. B. bto) nicht mehr nur die gegenwärtige verfahrene Situation zum n-ten Mal auszuloten. Wir sollten erörtern, wie ein neues Währungssystem auf Goldbasis und ohne Wachstumszwang, der nicht länger leistbar ist in den hoch entwickelten Staaten, aussehen könnte und wie der Übergang dahin zu bewältigen sei.”

      Antworten
      • foxxly
        foxxly sagte:

        @ bauer 16:00
        ich gehe mit den meisten ausführungen von ihnen mit!

        >Aber trotzdem: Seit es Geld gibt wird es auch verliehen. Da dies mit Risiko und temporärem Verzicht verbunden ist, ist Zins notwendig und gerechtfertigt. Alle Systeme mit Zinsverbot sind gescheitert oder verharrten im Rentenkapitalismus oder wurden trickreich umgangen. Soweit die geschichtliche Erfahrung, die nicht gering zu schätzen ist.<

        NEIN, – ich bin nicht gegen den zins. dieser ist in aller regel nicht vermeidbar und auch wichtig zb. mieten und pachten, sowie im verleih.

        der unterschied zu meinen model ist, dass das zinsgeld in der realwirtschaft bleiben muss!!
        dies würde bedeuten, dass die arbeitsleistung von mensch und maschine, etwa der BIP-zuwachs, jährlich pro kopf lastenfrei von der notenbank ausbezahlt und damit neutralisiert wird. im aktuellen system ist es eine schuld.

        und kreditzinsen, durch die realwirtschaft verursacht, müssen in der realwirtschaft bleiben, in dem diese als steuerabgabe an den staat fließen.
        im aktuellen system, zerren die zins und zinseszinsen die realwirtschaft aus, bis zum tode.

        meine einlassungen gehören klar zu ihren letzten absatz dazu.

        gold allerdings kann man auch inflationieren.
        viel wichtiger ist, dass entsprechende rahmenbedingungen herrschen und diese auch eingehalten werden. dann braucht es keine goldeckung.

        im heutigen exponentiellen system hat auch eine golddeckung, keine chance! genau deswegen wurde es abgeschafft!

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @Bauer

        Denke, wir sollten andersrum rangehen. Zuerst eine Welt ohne Wachstum skizzieren. Damit die friedlich ist, werden wir nicht umhin kommen, Wohlstand in andere Regionen abzugeben. Da werden wir schon scheitern.

        Und erst dann über Warengeld nachdenken. Gold wir wohl nicht reichen, ggfs. muss man andere Metalle mit in Erwägung ziehen. Braucht aber immer eine hohe Wertdichte. Sonst werden die Lagerbunker zu groß. Bei zu hohen Metallpreisen aber wird die Stückelung für Alltagseinkäufe wieder problematisch.

        An der Stelle würde schon heute Bitcoin scheitern (@ROtt). Eine Bitcoin-Transaktion kostet zZt 10-12 USD. Das funktioniert nicht für nen Brotkauf. Zudem gehen, glaube ich, technisch bedingt nur 7 Transaktionen pro Sekunde. VISA schafft wohl mehr als 40.000. Andere Krytowährungen sind besser, aber WEIT weg von VISA.

      • ruby
        ruby sagte:

        @ Bauer
        Et voila
        https://everydayconcerned.net/2020/04/28/new-global-quantum-banking-construct-with-postmaster-general-of-the-world-russell-jay-gould-offers-way-forward-for-freedom-from-fascist-govt-corporation-edicts-create-a-claim-of-the-life-use-quan/
        Es ist die Unendlichkeitsschleife / infinity loop die Russel Jay Gold und David Winny Miller aus den gesamten Freimaurerischen Wissenbücher neu zusammen getragen haben auf dem Prinzip der Wahrheit – ab Minute 40:15 im Video-Vortrag von Sergeant Robert Horton zum New Quantum Banking Construct der beiden Helden inklusive der Formel und Physik und Chemie Gesetze und Grundlagen.

      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ Stoertebekker

        “Denke, wir sollten andersrum rangehen. Zuerst eine Welt ohne Wachstum skizzieren. Damit die friedlich ist, werden wir nicht umhin kommen, Wohlstand in andere Regionen abzugeben. Da werden wir schon scheitern.”

        Da müssen Sie sogar scheitern. Denn zunächst ist Wachstum eine Folgerscheinung der gegebenen oder geschaffenen Randbedingungen. Es ist weder befehlbar noch bremsbar.

        Und Wohlstand bewusst an andere abzugeben, das praktizieren wir ja schon in D, und es ist schon absehbar, dass dies weder ökonomisch noch politisch gut ausgehen wird. Wie soll es also in weltweitem Masstab funktionieren. Das ist schon mehr als utopisch.

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @Bauer

        Da bin ja bei Ihnen. Allerdings scheint mir dann die Suche nach einem Geld-/Goldsystem ohne Wachstumszwang hinfällig. Bisher hat sich das Geldsystem immer in Folge der realwirtschaftlichen Gegebenheiten und nicht diesen vorangestellt entwickelt. Beim Euro sehen wir ja gerade das Desaster der Einführung einer Währung für einen Raum mit noch zu schaffenden Rahmenbedingungen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Stoertebekker

        “An der Stelle würde schon heute Bitcoin scheitern (@ROtt). Eine Bitcoin-Transaktion kostet zZt 10-12 USD. Das funktioniert nicht für nen Brotkauf. Zudem gehen, glaube ich, technisch bedingt nur 7 Transaktionen pro Sekunde. ”

        Ja, für die Brötchen beim Bäcker bräuchten wir dann wieder soewas wie “Bitcoin-Bezugsscheine”, die von einer “Bitcoin-Bank” emittiert würden. Auf denen steht dann wieder “I promise to pay the bearer the sum of 0.xxx Bitcoin”, und wir wären wieder beim inflationierbaren Papiergeld. Da stößt Bitcoin an seine systemischen Grenzen.

        “Bisher hat sich das Geldsystem immer in Folge der realwirtschaftlichen Gegebenheiten und nicht diesen vorangestellt entwickelt.”

        Das stimmt so grundsätzlich nicht. Das Deutsche Reich ist beispielsweise vom Goldstandard abgekehrt weil es gerne die Ressourcen seiner Volkswirtschaft für den Ersten Weltkrieg nutzen wollte, und zwar weit über das Maß hinaus, das bei einem Beibehalten des Goldstandards möglich gewesen wäre.

        “Wachstumszwang”

        In Afrika und Asien und Südamerika ist wirtschaftliches Wachstum und die damit einhergehende Verbesserung des Lebensstandards noch jahrzehntelang relativ einfach zu realisieren – und ich sehe auch keine Möglichkeit und keinen Grund, um das den Leuten dort vorzuenthalten. Die wachsen schon dadurch, dass sie im Westen entwickelte Technologien auch in ihren Ländern einführen und gleichzeitig (hoffentlich) die lokalen Voraussetzungen durch Bildung dazu schaffen – oder alternativ von den Chinesen kolonisiert werden, dann gehen die Waren allerdings nach China.

        Das “Wachstumszwang”-Problem ist eines der hoch entwickelten Regionen, insbesondere Europa und Japan und mit Abstrichen USA. Wachstum durch Bevölkerungswachstum gibt es hier nicht mehr, und das Produktivitätswachstum stagniert auch, weil die neu entwickelten Technologien entweder die Produktivität nicht mehr wesentlich verbessern (“Social Media”, Smartphones mit immer größeren Bildschirmen zum besseren Youtube-Gucken, und so weiter) oder es darum geht, funktionierende Technologien durch neue zu ersetzen, mit denen der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur begrenzt werden soll, das heißt dann “Green New Deal”, sieht in den volkswirtschaftlichen Statistiken scheinbar wie “Wachstum” aus, aber verschlechtert tatsächlich den Lebensstandard. Und zur Finanzierung von letzterem wie auch zur Finanzierung von immer höherem Konsum schöpfen die Zentralbanken immer mehr Geld, was dann zu den wirtschaftlichen Verwerfungen führt, an die foxxly uns mit jedem seiner Kommentare hier immer wieder erinnert.

      • troodon
        troodon sagte:

        “Wachstumszwang”
        Es wird hier ständig von “Wachstumszwang” geschrieben, obwohl es überhaupt nicht wissenschaftlich gesichert ist, dass es diesen Wachstumszwang gibt.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @troodon

        WachstumsZWANG ergibt sich nur, wenn man in einer bestimmten WENN-DANN Konstellation starre WENNs hat. WENN es jeder nachfolgenden Generation MATERIELL besser gehen soll als der davor, DANN haben wir Wachstumszwang.

        WENN wir “Wohlstand” anders definieren als nur “materiell”, bricht der Zwang schon zusammen.

      • troodon
        troodon sagte:

        @Christian Anders
        “WENN es jeder nachfolgenden Generation MATERIELL besser gehen soll als der davor, DANN haben wir Wachstumszwang.”

        Bei “soll” würde ich eher von WachstumsDRANG ausgehen/sprechen.

        Bei “Zwang”, wie er hier im Blog häufig angeführt, würde ich mich eher der Formulierung “wenn es keine akzeptable politische Alternative zu wirtschaftlichem Wachstum gibt” anschließen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Christian Anders

        “WENN es jeder nachfolgenden Generation MATERIELL besser gehen soll als der davor, DANN haben wir Wachstumszwang.

        Tja, kennen Sie irgendjemanden, der will, dass es der nachfolgenden Generation nicht besser gehen soll?

        “WENN wir ‘Wohlstand’ anders definieren als nur ‘materiell’, bricht der Zwang schon zusammen.”

        Oder die Regierung, wenn die wütende Bevölkerung den Regierungssitz stürmt weil sie sich veralbert vorkommt wenn die Regierung den Leuten in einer Wirtschaftskrise erzählen will, dass der “Wohlstand” nach neuer nichtmaterieller Definition ja in Wirklichkeit gestiegen ist…

    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @foxxly

      “1, einen schnell eingeleiteten reset, wahrscheinlich mit krieg,”

      Nein, Krieg ist keine Option, außer wenn sich die USA wieder ein kleines, militärisch eher schwaches Land zum “Demokratie”-Herbeibomben ausgucken. Das wiederum hilft aber beim “reset” nicht viel weiter, und hat gleichzeitig das Potential, den Westen mit der nächsten Flüchtlingswelle nachhaltig ins Chaos zu stürzen.

      Ein großer Krieg wäre ein Krieg zwischen Atommächten, und von dem wissen alle Beteiligten, dass es dabei nur Verlierer geben würde, reset hin oder her.

      Bliebe als letzte Variante ein Bürgerkrieg in den westlichen Ländern, aber den könnten die Systemlenker selbst durchaus verlieren.

      “gold allerdings kann man auch inflationieren.
      viel wichtiger ist, dass entsprechende rahmenbedingungen herrschen und diese auch eingehalten werden. dann braucht es keine goldeckung.”

      Gold kann man eben nicht inflationieren (man kann über Manipulationen am Warenterminmarkt für Futures-Kontrakte höchstens den Eindruck erzeugen, dass es geht), es ist bei unserem derzeitigen Stand der Technik nur unter großem Aufwand aus der Erde (oder den Ozeanen) extrahierbar, und das wird auch noch eine lang absehbare Zeit so bleiben.

      Was wären denn die “Rahmenbedingungen”, die eine Golddeckung nicht nötig machen würden? Etwa ehrliche und dem Gemeinwohl verpflichtete Politiker, Beamte und Bänker, die ihr Geldschöpfungsprivileg nicht missbrauchen? Wenn wir sowas hätten, bräuchten wir auch keine Verfassungen und keine Demokratie, sondern könnten uns von einem weisen und gerechten König regieren lassen. Völlig realitätsfremd, ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass es die grundlegende menschliche Natur und die den Menschen immer innewohnende Gier ignoriert.

      @Bauer

      “Ich will hier nicht polemisieren, halte es jedoch für an der Zeit, im Fachdiskurs (z. B. bto) nicht mehr nur die gegenwärtige verfahrene Situation zum n-ten Mal auszuloten. Wir sollten erörtern, wie ein neues Währungssystem auf Goldbasis und ohne Wachstumszwang, der nicht länger leistbar ist in den hoch entwickelten Staaten, aussehen könnte und wie der Übergang dahin zu bewältigen sei.”

      Das wahrscheinlichste Szenario dafür ist vermutlich: Schwere globale Rezession mit Gelddrucken und Hyperinflation, und dann kommt igendein Land, macht einen Währungsschnitt und gibt eine neue Währung auf Goldbasis aus – und die wird dann auch von den Bevölkerungen der anderen Länder auf dem Schwarzmarkt verwendet. Irgendwann müssen die Regierungen dann ihre eigenen Währungen an die Währung mit Goldbasis binden oder selbst eine goldbasierte Währung einführen – oder alternativ dazu wirklich dem Land mit der Goldwährung den Krieg erklären und sämtliche Wirtschaftsbeziehungen mit dem Land kappen (allein schon um die Konvertibilität der Goldwährung in Gold zu unterbinden), und dann wird die Lage sehr unübersichtlich.

      Sehen Sie irgendeine geordnete Möglichkeit für so einen Übergang zur Golddeckung?

      Wenn ich darüber nachdenke, komme ich auf die Frage: Bräuchten wir zwingend überhaupt Gold zur Deckung des Währungssystems, oder würde auch etwas anderes funktionieren? Energie als Basis des Währungssystems wäre noch viel besser, aber leider können wir sie nicht in den benötigten Mengen speichern und um die Welt schicken. Bitcoin würde auch gehen, da gefällt mir aber die Nachverfolgbarkeit aller meiner Transaktionen über die Blockchain überhaupt nicht.

      Die globalen Großkonzerne scheinen mir eher darauf hin zu arbeiten, ihre eigenen Gutscheine und Guthabenkarten als globale Ersatzwährung etablieren zu wollen. Hat jemand Lust, in Amazon-Gutscheinen und Playstation-Network-Credits bezahlt zu werden? ;)

      Antworten
      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ R.Ott

        Sie stellen die Kernfragen. Danke!

        “Sehen Sie irgendeine geordnete Möglichkeit für so einen Übergang zur Golddeckung?”

        Diese Frage habe ich schon vor fünf Jahren zu beantworten versucht. Wenn man will, ginge es über den Umweg der SDR des IMF. Diesem Verein gehören mehr als 180 Staaten an, deren Währung in einer Relation zu den SDR definiert wird. Würde nun eine Anbindung der SDR an Gold erfolgen wie es bei Gründung des IMF 1969 beabsichtigt war (1 SDR = 0.88867 g Gold), aber schon 1971 mit dem Ende von Bretton Woods schon wieder aufgegeben wurde, so wäre damit ein Anker geschaffen für das Weltwährungssystem. Die einzelnen Staaten könnten dank ihrer Souveränität die Relation ihrer Währung zu den SDR festlegen und auch ändern, was aber sofort offenlegen würde, dass es da eine (aussen-)wirtschaftliche Schieflage gibt. Zahlungsbilanzdifferenzen zwischen den Staaten wären durch Goldtransfers beim IMF periodisch (jährlich?) auszugleichen. Eine Situation wie Target2 wäre damit ausgeschlossen. Die USA machen seit über 200 Jahren vor wie das funktioniert (zwischen den Teilstaaten). Wer nicht genug Gold dafür besitzt, muss es auf dem Markt erwerben, bzw. mit seinen Devisenreserven bezahlen oder den Staatskonkurs erklären. Das Gold selbst muss dazu weder zirkulieren noch in Münzen geschlagen werden. Zur Illustration möge dienen, dass etwa die Hälfte des vorhandenen Goldes heute schon als Währungsreserve von Zentralbanken gebunkert wird, und die andere Hälfte im freien Umlauf ist, bzw. privat gehalten wird. Die jährliche Goldförderung beträgt etwa +3 % dieser Menge, was durchaus in Einklang steht mit dem mittleren Wachstum des Welt-GNP.

        Gold ist der einzige Stoff, der alle Bedingungen für einen Wertanker erfüllt. Es ist selten, seine Förderungskosten bilden den absoluten Boden der Preisfindung, seine Wertdichte ist unübertroffen, es ist nicht manipulierbar wie Kryptogeld (die Zeit der Alchimisten ist vorbei!) und es befindet sich in ausreichender Menge weit gestreut in privater Hand, um Sicherheit und Wertkontrolle zu bieten.

        Sein Wert in SDR steigt kontinuierlich und liegt derzeit bei etwa 1’350 SDR/oz., was alles aussagt über die Wertbeständigkeit unseres Fiatgeldes oder der geplanten Ersatzzahlungsmittel, die sich alle daran messen lassen müssten und die man nicht in der Hosentasche davontragen kann.

      • Markus
        Markus sagte:

        @RO:
        Interessante Meinung zur Wahrscheinlichkeit eines großen Krieges. Hat eine gewisse Logik. Andereseits kann so etwas auch aus dem Ruder laufen, ohne dass es gewollt ist.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Bauer

        “Die einzelnen Staaten könnten dank ihrer Souveränität die Relation ihrer Währung zu den SDR festlegen und auch ändern, was aber sofort offenlegen würde, dass es da eine (aussen-)wirtschaftliche Schieflage gibt. Zahlungsbilanzdifferenzen zwischen den Staaten wären durch Goldtransfers beim IMF periodisch (jährlich?) auszugleichen.”

        Das würde als System funktionieren – aber seine Einführung würde auf erbitterten Widerstand all derjenigen Staaten stoßen, die im Moment Zahlungsbilanzdefizite haben.

        @Markus

        “Andereseits kann so etwas auch aus dem Ruder laufen, ohne dass es gewollt ist.”

        Klar. Und falls es das eines Tages tut, ist es das Ende der Welt, so wie wir sie kennen. Ab dann können wir uns die Internet-Diskussionen über Corona und Klima und Geldpolitik alle sparen, dann geht es jeden Tag nur noch darum, wo wir unverseuchtes Wasser und Nahrung her bekommen, und das Internet wird vermutlich auch zusammengebrochen sein.

        Für meine Sicht spricht allerdings, dass hochrangige sowjetische Offiziere im Kalten Krieg mehrmals dabei gezögert haben, das Protokoll für den Atomschlag zu beginnen, auch im Angesicht eines scheinbaren amerikanischen Erstschlags. Ein berühmtes Beispiel finden Sie hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Stanislaw_Jewgrafowitsch_Petrow

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