Gibt es einen Wachs­tums­zwang im Kapita­lismus?

Im Podcast am kommenden Sonntag nähere ich mich dem Thema Wachstumszwang des Kapitalismus. Eine der Fragen, die schon seit Karl Marx diskutiert wird, ist, wie es den Kapitalisten gelingt, mehr aus dem Kreislauf herauszunehmen als reinkommt. Ein Umstand, der meines Erachtens nur mit der Zunahme an Geld (über die schuldenbasierte Geldschöpfung) erklärt werden kann.

Ich hatte bei bto dazu eine ausführliche Besprechung und Diskussion im Februar 2017, aus der ich eines der ausführlicheren Stücke heute nochmals bringe. Es läuft bei bto (und nicht nur dort) unter dem Begriff → Debitismus und ich greife auf einen Auszug aus meiner Dissertation aus dem Jahr 1990 zurück:

Deflationäre Depression – Konsequenzen für das Management

Es ist der Originaltext, ergänzt um a) Hervorhebungen und b) um Anmerkungen aus heutiger Sicht.

Grundlagen

Basis dieser umfassenden Wirtschaftstheorie bilden die Untersuchungen von Gunnar Heinsohn und Otto Steiger, die in einer Analyse von Entstehung und Funktionsweise der Geldwirtschaft aufzeigen, dass die nur in einer Privateigentümergesellschaft bestehende Überschuldungsgefahr zu Mehrarbeit und Produktivitätssteigerungen zwingt. Die einem derartigen Wirtschaftssystem inhärente Dynamik erklärt dessen Überlegenheit gegenüber allen anderen Wirtschaftsformen.[i]

Die Entwicklung der Geldwirtschaft geht mit der Entstehung der griechischen Stadtstaaten (Polis; ca. 700 v. u. Z.) einher, die nach dem Zusammenbruch der davor bestehenden Feudalherrengesellschaft gegründet wurden. Auslöser für den Aufstand der Leibeigenen waren vermutlich heftige Naturkatastrophen, die zu einer Zersetzung der vorherrschenden Gesellschaftsformen beigetragen haben.[ii]

Im Zuge der erfolgreichen Revolution der Leibeigenen kam es zu einer völlig neuen Gestaltung der Eigentumsverhältnisse: Im Bestreben, nicht erneut einem Feudalherren dienen zu müssen, erfolgte eine gleichmäßige Aufteilung von Grund und Boden auf die beteiligten Revolutionäre.

Die Privateigentümer genossen fortan nicht mehr die Sicherheit des Kollektivs mit gemeinsamer Lagerhaltung und waren gezwungen, individuelle Vorsorge für den Fall von Notlagen (Missernten etc.) zu treffen, weshalb sie Vorräte anlegten. Diese sollten ihr “existenzielles Risiko” absichern.[iii]

Geriet ein Privateigentümer dennoch in Not, so konnte er sich von einem anderen Saatgut und Lebensmittel leihen. Da der Kreditgeber damit jedoch seine Reserve aus der Hand gab, verlangte er eine Liquiditätsprämie, die ihn für das Existenzrisiko entschädigte, welches er durch Preisgabe seines Notvorrates einging. Mit der sofortigen Schuldknechtschaft seines Schuldners (und meist auch dessen Familie) sicherte sich der Gläubiger gegen das Risiko ab, “(…), dass er vor Fälligkeit seines weggeborgten Vorrats in Not gerät (…).”[iv] Die Schuldknechtschaft fungierte also als erste Materialisierung der Liquiditätsprämie und damit als Vorstufe des Zinses.

Nach Abschaffung dieser Form der Schuldknechtschaft musste der Kreditgeber in anderer Weise für die Aufgabe seiner Sicherheit entschädigt werden. Diese Entschädigung war der Zins, der damit erfunden wurde. Es genügte nicht mehr, wenn der Schuldner die ursprünglich geliehene Menge eines Gutes zurückerstattete, hinzukam eine im Voraus festgelegte Menge als Zins. Auf diese Weise entstand Leistungsdruck, da der Schuldner gezwungen wurde, ein Mehrprodukt zu erzeugen.[v]

Mit zunehmender Kreditvergabe stieg das Bedürfnis nach Dokumentation und Beurkundung durch einen neutralen Dritten, eine Aufgabe, die meist den Priestern übertragen wurde, was zu einem Aufgabenwandel der Tempel beitrug. Immer mehr übernahmen diese auch die Aufbewahrungsfunktion für die privaten Eigentümer, die sich so von der Vorratsbewirtschaftung entlasten konnten.[vi]

Wachsende Lagerhaltung der Tempel, die praktisch Banken gleich zu setzen waren, führte wegen der Verderblichkeit der gelagerten Waren zu steigenden Kosten. Dies war der Grund dafür, dass Metalle als Warenersatz verwendet wurden. Knappheitserscheinungen und fehlende Rechtssicherheit führten letztlich zur Entstehung von Münzen im Sinne von “gesetzlichen Zahlungsmitteln”.[vii]

Der Schuldner musste nunmehr einen bestimmten Geldbetrag (Anzahl Münzen) bei Fälligkeit der Schuld zahlen, welchen er durch Verkauf seiner Waren am Markt beschaffen konnte. Der Markt ist folglich Ort der Beschaffung von Schulddeckungsmitteln und damit “(…) kein Tauschplatz, wo verknappte Güter ihren Besitzer wechseln, sondern die Institution, wo Schuldner ihr Produkt gegen das Medium verkaufen müssen, in dem sie ihre vertraglichen Verpflichtungen eingegangen sind”. (Geld ist folglich nichts anderes als „umlauffähig gemachte Schulden“).[viii])

Wachsende Lagerhaltung der Tempel, die praktisch Banken gleich zu setzen waren, führte wegen der Verderblichkeit der gelagerten Waren zu steigenden Kosten. Dies war der Grund dafür, dass Metalle als Warenersatz verwendet wurden. Knappheitserscheinungen und fehlende Rechtssicherheit führten letztlich zur Entstehung von Münzen im Sinne von “gesetzlichen Zahlungsmitteln”.[vii]

Der Schuldner musste nunmehr einen bestimmten Geldbetrag (Anzahl Münzen) bei Fälligkeit der Schuld zahlen, welchen er durch Verkauf seiner Waren am Markt beschaffen konnte. Der Markt ist folglich Ort der Beschaffung von Schulddeckungsmitteln und damit “(…) kein Tauschplatz, wo verknappte Güter ihren Besitzer wechseln, sondern die Institution, wo Schuldner ihr Produkt gegen das Medium verkaufen müssen, in dem sie ihre vertraglichen Verpflichtungen eingegangen sind”. (Geld ist folglich nichts anderes als „umlauffähig gemachte Schulden“).[viii])

Martin erklärt die Einführung des Zinses damit, dass im Verlauf der Erntezyklen heftige Preisschwankungen der Agrarerzeugnisse aufgetreten sind. Der Besitzer eines Getreidevorrats nach einer Missernte musste damit rechnen, dass die kreditierte Menge Getreide im darauffolgenden Jahr – nach einer guten Ernte – deutlich weniger wert war als zum Zeitpunkt der Kreditvergabe. Diesen Verlust wollte er durch den Zins ausgeglichen wissen, was die hohen Zinssätze der Antike erklärt.[xi] Mit Einführung der Metallmünzen kam es zu deutlichen Zinsrückgängen, was auf deren Optionscharakter zurückgeführt werden kann. Letztlich wurde das Preisrisiko auf den Schuldner überwälzt, der am Markt die erforderlichen Preise erzielen musste, weil er ja einen bestimmten Geldbetrag schuldig war.[xii]

Meines Erachtens ist Martin zuzustimmen, wenn er die Schuldknechtschaft erst im Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und nicht schon bei Eingehen des Schuldverhältnisses annimmt.[xiii] Zinsen werden folglich gleich zu Beginn der Privateigentümergesellschaft erhoben, wobei diese zuerst als die Liquiditätsprämie zu werten sind. Erst nach der Erfahrung heftiger Preisschwankungen kommt es zu höheren Zinsforderungen, quasi als Zuschlag für zu erwartende Wertverluste der kreditierten Ware.

Der Zins setzt sich folglich aus zwei Elementen zusammen, der Liquiditätsprämie und der Risikoprämie zum Ausgleich von Preisschwankungen. Mit Einführung des Metallgeldes kann auf Letztere weitgehend verzichtet werden, da zwar der Preis des einen oder anderen Gutes bei einer guten Ernte verfallen wird, der Gläubiger jedoch nicht verpflichtet ist, eine bestimmte Ware zu beziehen. Münzen geben ihm ein Optionsrecht, dass er zu einem ihm genehmen Zeitpunkt ausüben kann.

Aufbauend auf dieser wirtschaftshistorischen Untersuchung entwickelt Martin einen neuen Erklärungsansatz für die bestehende Wirtschaftsordnung, den er als Debitismus bezeichnet und der im Folgenden charakterisiert werden soll.

Der Debitismus

Ausgangspunkt bildet die Überlegung, dass ein Unternehmer gezwungen ist, seine Produktion vorzufinanzieren, und er demnach mehr aus dem Wirtschaftskreislauf entnehmen will und muss, als er an Faktorentgelten eingeleitet hat (auf diesen Aspekt hatte auch schon Schumpeter hingewiesen).[xiv] Dieses “Mehr” dient Zinszahlungen beziehungsweise Eigenkapitalverzinsung. Gleichzeitig setzt ihn die Zinsverpflichtung unter Druck, sodass er gezwungen ist, zumindest in dieser Höhe ein Mehrprodukt zu erzeugen, was denn auch die Ursache des Wirtschaftswachstums ist, wobei dieses Wachstum der Summe der Vorfinanzierungskosten entspricht. „Das Schuldverhältnis wird somit zum Bestimmungsgrund für die Produktivität der Arbeit“, d. h. der Schuldner “muss heute die Liquiditätsprämie für den Gläubiger zusätzlich aufbringen und kann mit seiner Leistung von gestern nur noch untergehen”.[xv]

Das Problem liegt nun darin, dass der Unternehmenssektor nur dann mehr aus dem Kreislauf entnehmen kann, als er an Faktorentgelten ausbezahlt hat, wenn jemand bereit ist, sich in dieser Höhe zu verschulden. Die neu eingegangenen Schuldverhältnisse müssen also mindestens so hoch sein, “dass die Zinsverpflichtungen aus den früheren Schulden bedient werden können”.[xvi] Wird diese Bedingung nicht erfüllt, kommt es zu einer Krise im System.

Diese Zusammenhänge sollen nun anhand von Beispielen verdeutlicht und diskutiert werden. Ausgangspunkt der Überlegungen ist das Kreislaufmodell der Nationalökonomie, welches nach wie vor Basis der volkswirtschaftlichen Ausbildung ist.

A) Das Kreislaufmodell in der traditionellen Nationalökonomie

Beispiel: Geschlossene Volkswirtschaft, 1 Unternehmen, 1 Produkt, nur Arbeitseinsatz, nur eine Periode, Ersparnisse der Arbeiter = 0, Unternehmer finanziert alles unentgeltlich.

Abb. 1: Kreislaufmodell in der traditionellen Nationalökonomie

 

Quelle: Daniel Stelter, Deflationäre Depression

Grundüberlegung ist hierbei, dass sämtliche Kosten gleichzeitig Einkommen sind und folglich die Produktion sich ihre Nachfrage selber schafft. Diese Annahme wird immer aufrechterhalten, auch dann, wenn Vorfinanzierungskosten (=Zinsen und Gewinne) anfallen. Kritik an diesem Ansatz, der auf Say[xvii] zurückgeht, wird unter anderem wegen der Vernachlässigung der Zeitverschiebung zwischen Ersparnisentstehung und Ersparnisbenutzung geübt. Wie sich aus der nachfolgenden Diskussion ergibt, ist dies der zentrale Kritikpunkt am volkswirtschaftlichen Kreislaufmodell, da gerade die Vernachlässigung des Zeitablaufs das Modell in dieser Form ad absurdum führt.

B) Erste Erweiterung der Modellannahmen

Nunmehr wird von dem realistischen Fall ausgegangen, dass der Unternehmer eine Entschädigung für das von ihm eingegangene Risiko verlangt. Davon ist besonders dann auszugehen, wenn man sich vor Augen hält, dass es sich hierbei um einen Privateigentümer handelt, der sich vorübergehend von seinem Notvorrat trennt. Dafür wird er, wie oben gezeigt, eine Liquiditätsprämie fordern, den Gewinn. Wiederum soll der Zusammenhang am Kreislaufmodell aufgezeigt werden.

Beispiel: Geschlossene Volkswirtschaft, 1 Unternehmen, 1 Produkt, nur Arbeitseinsatz, nur eine Periode, Ersparnisse der Arbeiter = 0, Unternehmer finanziert alles vor, kalkulierter Gewinn 10 %.

 

Abb. 2: Kreislaufmodell mit Gewinnstreben

 

 Quelle: Daniel Stelter, Deflationäre Depression 

Offensichtlich bleibt der Unternehmer auf einem Teil seiner Produktion sitzen, da die Konsumenten nur in Höhe der von ihm ausgezahlten 100 Geldeinheiten konsumieren können. Ersparnisse bestehen gemäß den getroffenen Annahmen nicht, und selbst wenn sie bestünden, würde dies bedeuten, dass die Arbeiter in jeder Periode entsparen, was sie nur begrenzte Zeit (ebenso lange die Ersparnisse genügen) tun können. Folglich kann der Unternehmer nur einen Gewinn in Form von Waren erzielen (Warenüberschuss), jedoch keinen Geldgewinn. Sein Ziel ist es aber, eine Liquiditätsprämie auf dem eingesetzten Geldbetrag zu erwirtschaften. Mit dem so erzielten Überschuss vermag er nichts anzufangen, da er bereits ein Unternehmerlohn bezieht (enthalten in der Lohnsumme von 100), den er zum Konsum eigener Produkte verwendet.

Ist die geschilderte Lage im Fall einer 100%ige Eigenfinanzierung für den Unternehmer tragbar, so stellt sich die Situation im Falle einer völligen oder teilweisen Fremdfinanzierung gänzlich anders dar:

C) Zweite Modifikation der Modellannahmen

Diesmal erfolgt eine Vorfinanzierung durch einen Dritten zu 100 %. Der Zinssatz liegt bei 10 % und ist gemeinsam mit der kreditierten Summe am Ende der Periode an den Kreditor in Geldeinheiten zu leisten. Die übrigen Modellannahmen bleiben unverändert.

Abb. 3: Kreislaufmodell mit Vorfinanzierung

Quelle: Daniel Stelter, Deflationäre Depression  

An dieser Stelle ist folgender Einwand zu erwarten: Die vom Unternehmer zu leistenden Zinszahlungen stellen ebenfalls Faktoreinkommen dar und gehen (wenn auch mit einer Periode Verzögerung) in den Wirtschaftskreislauf ein. Diese Annahme trifft auch die traditionelle Volkswirtschaftslehre, die Zinseinkommen der laufenden Periode in ihren Darstellungen berücksichtigt. Hier liegt jedoch meines Erachtens das grundlegende Problem der Erklärung wirtschaftliche Zusammenhänge. Gerade der Timelag zwischen Zinseinkommen und dem daraus resultierenden Konsum stellt den Unternehmer vor ein unlösbares Problem. Sein Gläubiger wird, wenn überhaupt, erst in der nächsten Periode seine Waren nachfragen. Entspräche der Konsum der Höhe des vereinbarten Zinses, so hätte auch er sein Ziel, eine Liquiditätsprämie in Geld zu erhalten, nicht erreicht.

Entgegen der Auffassung der Neoklassik kann man eben nicht von Zeitverschiebungen abstrahieren. Der verschuldete Privateigentümer (Unternehmer) muss am Ende der Periode einen bestimmten Geldbetrag leisten, den er durch Verkäufe am Markt, wie gezeigt, nicht realisieren kann. Zinseinkommen werden eben frühestens in der nächsten Periode nachfragewirksam.

Nimmt man nun jedoch an, dass sich dieser Prozess jede Periode wiederholt, so könnte man argumentieren, dass jeweils die Zinseinkünfte auf Ausleihungen der letzten Periode in der laufenden Periode nachfragewirksam werden. Unterdessen vergeht jedoch Zeit. Wie soll der Unternehmer diese überbrücken? Leiht er sich wiederum Mittel, um diese Lücke zu schließen, so sind zu einem späteren Zeitpunkt mehr Zinsen fällig, was zu einer immer größeren Zusatzverschuldung des Unternehmers führen muss.

Nun kann sicherlich eingewendet werden, dass die Annahme nur eines Unternehmers zu restriktiv ist, weshalb nachfolgend eine Gruppe von Unternehmungen betrachtet wird.

D) Dritte Modifizierung der Modellannahmen

Mehrere Unternehmen (zehn) finanzieren sich zu 100 % mit Fremdmitteln vor. Die übrigen Annahmen bleiben unverändert.

 

Abb. 4: Kreislaufmodell mit mehreren Unternehmen

Quelle: Daniel Stelter, Deflationäre Depression  

Die Problematik stellt sich in diesem Modell genauso wie in den zuvor betrachteten. Der Unternehmenssektor als Ganzes muss am Ende der Periode 100 Geldeinheiten zusätzlich erwirtschaftet haben, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können. Doch auch hier stellt sich die Frage, woher die Unternehmer die benötigte Liquidität bekommen.

Wären alle Unternehmer zu 100 % mit eigenen Mitteln ausgestattet (wie oben im Modell B), so könnten sie den erzielten Warenüberschuss untereinander tauschen.[xviii] Dadurch könnten sie zwar ihren individuellen Nutzen erhöhen, Liquidität im Sinne von Schulddeckungsmittel erhalten sie dadurch jedoch nicht.

Eine Möglichkeit der Problemlösung wäre der Konkurs einer beteiligten Unternehmung, die gar nichts verkauft hat. Dann konzentriert sich die Nachfrage der Konsumenten auf nur 9 Unternehmen, die dann den Zinskostenzuschlag am Markt realisieren können (gilt nur unter der Annahme, dass die entlassenen Arbeiter dennoch ihren ganzen Lohn zum Konsum verwenden). Selbstverständlich sind beliebige Kombinationen denkbar (neun Unternehmungen, Verlust, eines Gewinn, etc.).

Folge einer derartigen Entwicklung wäre ein Konzentrationsprozess in der Wirtschaft, bis letztlich nur noch ein Unternehmen verbleibt. Dieses wäre dann jedoch in der Position der oben dargestellten Unternehmung.

Ziel dieser ausführlichen Darstellung war es, dem Leser vor Augen zu führen, dass im “debitistischen” System, also unserer Wirtschaftsordnung, immer Liquidität fehlt. Niemals können (unter diesen Annahmen) alle vorfinanzierten Unternehmer ihre Vorfinanzierungskosten im Markt realisieren.

Denkbar wäre jedoch, dass die Kreditgeber in Erwartung zukünftiger Zinsen bereits heute konsumieren und damit die Erarbeitung der Zinsen erst ermöglichen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die heutige Wirtschaftsordnung im Kern der hier behandelten entspricht, weshalb kaum erwartet werden kann, dass die Kreditgeber ihre Liquiditätsprämie bereits vor deren Erhalt verbrauchen.

Bedenkt man nun, dass die Wirtschaftssubjekte danach trachten, ihr Geldvermögen zu erhöhen, was zum Beispiel mit dem gestiegenen Wohlstandsniveau begründet werden kann, sie also sparen, so erkennt man schnell, dass Nachfrage fehlt. In der Nationalökonomie wird angenommen, dass in Höhe der Ersparnis Investitionen getätigt werden. Ex post ist dies auch in den hier dargestellten Modellen der Fall. Derartige unfreiwillige Lagerinvestitionen sind für einen vorfinanzierten Unternehmer jedoch nicht tragbar. Wie soll er seinen Schuldverpflichtungen nachkommen?

E) Der Lösungsansatz: Nachverschuldung

In diesem Fall ist ein Wirtschaftssubjekt bereit, sich zur Nachfrage der angebotenen Güter zu verschulden. Tut es dies in Höhe der Zinsschulden des Unternehmers, so befindet sich das System in einem Gleichgewicht in dem Sinne, dass der Unternehmer die Möglichkeit hat, am Ende der Periode die vereinbarte Summe in Geldeinheiten an den Kreditgeber weiterzugeben.

Folge dieser Neuverschuldung ist wiederum ein neuer Schuldendruck, da jetzt ein weiterer gezwungen ist, den Zins in Geldeinheiten am Markt durch Arbeit oder Verkauf selbst erstellter Waren zu realisieren. Damit er dies kann, muss sich erneut jemand bereitfinden, Schulden einzugehen. So ergibt sich die Notwendigkeit ständigen Schuldenwachstums in dieser Wirtschaftsform.

Abb. 5: Kreislaufmodell mit Nachverschuldung

 Quelle: Daniel Stelter, Deflationäre Depression 

Die Praxis scheint diese Schlussfolgerung zu bestätigen, ist doch das Verhältnis von Schulden zu Sozialprodukt in den USA über Jahrzehnte konstant bei etwa 1,4 zu 1 geblieben. Dass dieses Verhältnis nicht mehr Gültigkeit besitzt, hat andere Ursachen, die im nachfolgenden Abschnitt behandelt werden.

Der freie Markt ist folglich ein Ort der Schuldenregulierung, wo die verschuldeten Unternehmer einen Dritten zur (notwendigen) Neuverschuldung animieren wollen, da sonst niemals alle Schuldner in der Lage sind, die benötigten Schulddeckungsmittel zu beschaffen.[xix]

Verschuldetes Privateigentum (Kapital) und der damit verbundene Schuldendruck, d. h., der Zwang, einen Nachschuldner zu finden, kennzeichnet also das in den westlichen Industrienationen bestehende Wirtschaftssystem. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich als Schlussfolgerung zum einen, dass die Schulden mit der Zeit immer größer werden (absolut, relativ zum BIP können sie stagnieren oder gar sinken), zum anderen, dass es in diesem System niemals ein Gleichgewicht (wie es die Nationalökonomie definiert) geben kann, da erst die Zusatzverschuldung den störungsfreien Ablauf des Prozesses ermöglicht. Nur der Konsum der Gläubiger im Sinne einer als endgültig akzeptierten Leistung führt zu einem Schuldenabbau, sodass sich die Existenzberechtigung des Systems wie folgt formulieren lässt:[xx]

Abb. 6: Die Formel des Debitismus

Quelle: Martin 1986  

Die Ursache der kommenden Krise

Nun tritt im oben beschriebenen System der Staat als vermeintlich infallibler Schuldner auf, was dazu dient, den debitistischen Prozess der Neuverschuldung möglichst lange fortzuführen, also den üblichen Ausgleich durch Leistung (Konsum) beziehungsweise Forderungsvernichtung hinauszuzögern.[xxi] Erste Folge staatlichen Schuldenmachens ist ein Anstieg des Preisniveaus (Inflation), da der Staat im Gegensatz zu Privatschuldnern nicht verpflichtet ist, eine zusätzliche Leistung zu erbringen. Dieser fehlende Druck führt darüber hinaus zu einer entsprechenden Verlangsamung des Wirtschaftswachstums.

In einem staatsfreien debitistischen System ist das stabile Preisniveau per saldo der Normalzustand, da zwar jeder Kredit zu zusätzlichem Geld und damit zu einer zeitweisen inflationären Nachfrage führt, gleichzeitig jedoch der Schuldner zu zusätzlicher Produktion verpflichtet ist, mit der Folge eines entsprechenden deflationären Angebotsüberhangs. Meines Erachtens besteht in diesem Fall sogar, bedingt durch technischen Fortschritt und Produktivitätszuwächse, eine anhaltende Preissenkungstendenz. Dies würde auch erklären, weshalb in den von Kondratieff aufgezeigten langen Wellen der Konjunktur die Preise für gleichartige Güter jeweils wieder ein wenig unter den vorausgegangenen Tiefpunkt gefallen sind.

Abb. 7: Typisierte Preisentwicklung im gesunden debitistischen System


Quelle: Daniel Stelter, Deflationäre Depression  

Die vom Staat in Gang gesetzte Inflation wird durch private, auf einen weiteren Preisanstieg spekulierende Verschuldung zusätzlich verstärkt[xxii], sodass sich die Gesamtverschuldung im System am Ende der Inflation auf ihren Höchststand befindet. Da jede Inflation zwangsläufig dann, wenn “die Kosten einer weiteren Inflationierung (…) höher sind als die Gewinne aus der Inflationierung”, in eine Deflation umschlagen muss, kommt es zum offenen Ausbruch einer Schuldenkrise. Die Kosten bestehen zu Hauptsache aus Zinsen, da “jede Inflation einen Kredit voraussetzt”. [xxiii] (Aus heutiger Sicht fehlt in dieser Diskussion natürlich die Asset-Preis-Inflation, die wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben. Dahinter steckt m. E. die Globalisierung mit dem Angebotsschock von Millionen neuer Arbeitnehmer, der die klassische Inflation unterdrückt hat. Dennoch gilt die hier dargelegte Mechanik natürlich gleichermaßen).

Abb. 8: Preisniveauentwicklung im Fall von anhaltender Verschuldung ohne Leistungszwang

 Quelle: Daniel Stelter, Deflationäre Depression 

Der Übergang von Inflation zu Deflation stellt sich im Detail wie folgt dar:[xxiv]

Die staatlich verursachte inflationäre Entwicklung entlastet in der Anfangsphase die Unternehmungen, da es leichter wird, die Kosten der Vorfinanzierung zu realisieren. Mit der Zeit kommt es zu einem Anstieg von Zinsniveau und Kosten (Löhne, Vorleistungen), was den Schuldendruck wieder erhöht. Dies besonders dann, wenn die Unternehmungen im Hinblick auf eine Fortsetzung der Inflation ihren Fremdkapitalanteil ausgeweitet haben. (Was sie gemäß Martin auch müssen, da sie sonst im Wettbewerb mit verschuldeten Unternehmen nicht bestehen können. Eine Einschätzung, die ich teile und die wir heute sehr gut auch am reinen “Financial Engineering” wie z. B. Aktienrückkäufen beobachten können.)

Durch eine erneute Beschleunigung des Preisauftriebs (Verschuldung) kann dieser Druck zwar gemildert werden, da sich dieser Beschleunigungsprozess jedoch nicht dauerhaft fortsetzen lässt, steigt die Belastung erneut.

Dies zwingt den Unternehmer, seine Waren immer schneller abzusetzen, das heißt, den Zinskostenanteil so gering wie möglich zu halten, um zahlungsfähig zu bleiben.

Zu gleicher Zeit befinden sich die Staatsdefizite auf noch nie gekannter Höhe, ohne aber den gewünschten expansiven Effekt zu erzielen, da der Großteil der Neuverschuldung Zinszahlungen dient, der Staat also aufschuldet. Dies führt, eventuell verschärft durch eine Sparpolitik, dazu, dass der im System erforderliche Nachschuldner fehlt. Für den verschuldeten Unternehmenssektor wird es zunehmend schwerer, die zur Bedienung des gestiegenen Fremdkapitalanteils nötigen Mittel zu erwirtschaften.[xxv] Mit dem Ende der Inflation werden die hohen Schulden, gepaart mit dem überhöhten Zinsniveau, zu einer immer stärkeren Belastung. Hier zeigt sich, dass Inflation nichts anderes als die Folge eines anhaltenden Aufschuldungsprozesses ist, bei dem die Selbstregulierung durch Leistung und/oder Forderungsvernichtung (Verzicht/Bankrott) nur aufgeschoben wurde.

Unternehmen und Konsumenten gehen im Verlauf der Inflation Verbindlichkeiten ein, was sie unter normalen Umständen niemals in diesem Maße getan hätten, bedeuten Schulden doch letztlich Leistungsdruck. Mit Ende des inflationären Preisauftriebs stehen die Schuldner vor der schwierigen Aufgabe, Mehrprodukt zu erzeugen, wobei dieser Leistungszwang, angesichts der aufgelaufenen Schuldenlast und der hohen Realzinsen, besonders hoch ist. Es wird zunehmend schwerer, neue Schuldner zu gewinnen, die eine Bedienung der alten Schulden ermöglichen. Zur Aufrechterhaltung ihrer Liquidität gehen sie dazu über, ebenso wie der Staat, Kredite zur Bedienung ihrer Schulden aufzunehmen. Dabei sind sie bereit, jeden Zins für sofort verfügbares Geld zu entrichten. (Heute haben wir die andere Strategie. Nachdem Banken und Schuldner gleichermaßen pleite sind, tut man mithilfe von Nullzinsen so, als wäre noch alles in Ordnung und hofft auf ein Wunder.)

Ist es nicht mehr möglich, Geld auf den Kapitalmärkten zu beschaffen (oder wird es einfach zu teuer), so setzen Notverkäufe ein. Die Unternehmer werden, im Bestreben der Illiquidität vorzubeugen, damit beginnen, Preissenkungen vorzunehmen, die sofort von der Konkurrenz nachvollzogen werden. Es beginnt ein Preissenkungswettlauf, der seine Ursache im Versuch der Schuldner hat, “um jeden Preis” die zum Schuldendienst erforderlichen Mittel zu beschaffen. Die nun einsetzende Pleitewelle ist der Beginn einer deflationären Spirale, die so lange abläuft, bis alle jene Schulden verschwunden sind, die in der Inflation gemacht wurden, die also die Inflation überhaupt ermöglicht haben. (Heute droht diese Entwicklung, wie ich bei bto immer wieder diskutiere, unter anderem aus China.)

Dass der hier geschilderte Ablauf des Umschlags von Inflation in Deflation durchaus wahrscheinlich ist, zeigt ein Blick auf die Verschuldungslage US-amerikanischer Unternehmen. (Tja, da war ich damals schon viel zu früh dran. Zugegeben!)

Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Unternehmen mit außerordentlich hoher Liquidität, wobei Siemens gerne als Beispiel genannt wird. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Minderheit von Unternehmungen, da sich der überwiegende Teil nicht in einer derart komfortablen Lage befindet. Letztlich ist dies das Spiegelbild zur Aufschuldung im System, da Schuldner (vor allem der Staat) die Zinsen zur Schuld schlagen und so ein exponentielles Wachstum ihrer Schulden (Zinseszinseffekt), damit aber auch der entsprechenden Guthaben, auslösen. Zudem ist Liquidität ein Zeichen für fehlende Investitionsbereitschaft, deren Ursache nicht zuletzt in dem durch staatliches Aufschulden bedingten hohen Realzinsniveau zu sehen ist.[xxvi] Aufgrund ihrer hohen Zinserträge neigen diese Unternehmen dazu, ihre Produktion zu subventionieren, was den „Überlebenskampf“ der anderen Unternehmungen zusätzlich erschwert. (Das ist so nicht eingetreten, vor allem dank des kontinuierlich sinkenden Zinsniveaus. Dennoch ist es richtig, dass es sich nicht lohnt, in echte Kapazitäten zu investieren, weil das Wachstum zu gering ist. Dieses ist tief wegen der demografischen Entwicklung, aber auch wegen der geringen Produktivitätszuwächse, die letztlich bedingt sind durch unzureichende Investition und Innovation. Die Schuldenlast wirklich zusätzlich wachstumshemmend, auch dies ist Lesern von bto wohlbekannt.)

Da, wie bereits erwähnt, die Deflation erst dann ihr Ende findet, wenn sämtliche in der Inflation angehäuften spekulativen Schulden beseitigt sind, muss dieser Schuldenvernichtung eine entsprechende Forderungsvernichtung gegenüberstehen. Dies bedeutet, dass die liquiden Mittel und Wertschriften der Unternehmen (“Kriegskassen”) im Laufe einer deflationären Entwicklung einer Verminderung unterliegen würden.[xxvii]

Die hier dargestellte Wirtschafts- und Krisentheorie ermöglicht auch eine Erklärung der oben festgestellten Häufung von Basisinnovationen in Zeiten von Depressionen beziehungsweise deren Rückgang im Zuge eines Wirtschaftsaufschwungs: Fehlt der Schuldendruck, was durch das Auftreten des Staates als vermeintlich infalliblen Aufschuldner und Inflationserzeuger erklärt werden kann, so sinkt die Neigung zur Innovation. Hinzukommt ein Anstieg des Zinsniveaus, der Finanzanlagen attraktiver macht. Es ist dann leicht, das erforderliche “Mehr” am Markt zu realisieren. Erst mit dem Ende der Inflation nimmt der Druck deutlich zu und löst einen Innovationsboom verschuldeter Privateigentümer (Unternehmer) aus, die ums Überleben kämpfen und versuchen, durch neue Produkte zum Kauf und damit zur Verschuldung zu animieren. (Heute sehen wir, dass es nicht nur die Inflation ist, die hilft, sondern “Financial Engineering” und immer tiefere Zinsen. Dies ändert jedoch nichts an der grundlegenden Mechanik.)

Gemäß den Analysen von Martin befindet sich die Weltwirtschaft zurzeit in der Umbruchphase von Disinflation zu Deflation mit zu erwartender deflationärer Depression. Seines Erachtens wird die vor uns liegende Krise derart gravierende Auswirkungen haben, dass mit dem Zusammenbruch des bestehenden Wirtschaftssystems zu rechnen ist. Dies wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass es zu einem Untergang dieser Wirtschaftsform kommt, da bereits in der Antike kapitalistische Gemeinwesen bestanden haben (Rom, Athen, Sparta), die dann jedoch an den immer schärferen Gegensätzen zwischen Gläubigern und Schuldnern zugrunde gingen. So ist Rom letztlich in einer Überschuldungskrise untergegangen.[xxviii]

Erst im 14. Jahrhundert kam es nach der Aufhebung der Leibeigenschaft in England zu einem kapitalistisch-debitistischen Neubeginn, dem Ausgangspunkt der heutigen westlichen Wirtschaftsordnung.[xxix]

Gerade die bereits angesprochene weltweite Ausschöpfung der Verschuldungskapazitäten lässt es immer schwerer erscheinen, Nachschuldner zu finden. So steigt der Liquiditätsdruck, der wirtschaftliche Turbulenzen und eine deflationäre Entwicklung zur Folge haben könnte. (Oh je, das war auf der Zeitachse natürlich völlig daneben. Es erschien damals undenkbar, dass es zu einer derartigen Fortsetzung der Schuldenwirtschaft kommen würde. So wie uns vieles von dem, was heute passiert, auch vor nur wenigen Jahren als völlig undenkbar erschien. Insofern kann es noch Jahre weitergehen.)

Würdigung

Diese Krisentheorien und besonders die Kritik am Kreislaufmodell der traditionellen Nationalökonomie verdient meines Erachtens eine gründliche Untersuchung und Prüfung. Aus meiner Sicht ist sie in sich konsistent und einleuchtend. Erstmals ist es möglich, eine Erklärung für die Dynamik des westlichen Wirtschaftssystems, aber auch für das Auftreten von Krisen abzugeben.

Soweit der Auszug aus meiner Dissertation aus dem Jahre 1990. 

Relevant in diesem Zusammenhang ist etwas anderes: Es ist die Logik, dass das System auf Wachstum angelegt ist und deshalb nur mit Wachstum funktioniert. Dies wirft dann die Systemfrage auf.


[i] (Heinsohn 1984) Heinsohn, G., Privateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaft – Eine sozialtheoretische Rekonstruktion zu Antike, Frankfurt 1984

[ii] (Heinsohn/Steiger 1985) Heinsohn, G., Steiger, O., Marx, Keynes und die Lösung des Geldrätsels, in: Öffentlicher Sektor, Heft 4, Dezember 1985, S. 3-40

[iii] Heinsohn/Steiger 1985

[iv] Heinsohn/Steiger 1985

[v] Heinsohn 1984

[vi] Heinsohn/Steiger 1985

[vii] Heinsohn/Steiger 1985

[viii] (Martin/Lüftl 1984) Martin, P., Lüftl W., Die Pleite – Staatsschulden, Währungskrise und Betrug am Sparer, München 1984, S. 190

[ix] Heinsohn/Steiger 1985, S. 22f

[x] Heinsohn/Steiger 1985, S. 21

[xi] (Martin/Lüftl 1986) Martin, P., Lüftl W., Der Kapitalismus – ein System das funktioniert, München 1984, S. 164

[xii] Martin/Lüftl 1986, S. 170 iV.m. 137

[xiii] Martin/Lüftl 1986, S. 172f

[xiv] Martin/Lüftl 1986, S. 29

[xv] Heinsohn 1984, S. 113

[xvi] Martin/Lüftl 1986, S. 43

[xvii] siehe z. B. (Say, 1979), Say, J., Briefe an Maltus, auszugweise editiert in Wirtschaftskrisen (Hrsg.: Diehl, K/Mombert, P.), Frankfurt, Berlin, Wien 1979, S. 53-87

[xviii] „Tauschen“ ist hier m. E. das richtige Wort, da kein Schuldendruck hinter den Transaktionen steht; im Unterschied zum Markt, auf dem nicht getauscht, sondern gekauft wird, im Sinne eines Prozesses der Beschaffung von Schulddeckungsmitteln und der Neuverschuldung.

[xix] Martin/Lüftl 1986, S. 80

[xx] Martin/Lüftl 1986, S. 188

[xxi] Martin/Lüftl 1986, S. 235

[xxii] Martin/Lüftl 1986, S. 242

[xxiii] Martin/Lüftl 1986, S. 180

[xxiv] Martin/Lüftl 1986, S. 241ff

[xxv] Martin/Lüftl 1986, S. 243

[xxvi] (Martin 1985), Martin, P., Cash – Strategie gegen den Crash, München 1985, S. 110ff.

[xxvii] Andernfalls werden die Unternehmen zu Investitionen gezwungen, (Martin 1988) Martin, P., Aufwärts ohne Ende – eine neue Theorie des Reichtums, München 1988, S. 196 und S. 406

[xxviii] Martin 1988, S. 149 (FN 44), S. 150 und S. 188ff.

[xxix] Heinsohn 1984 S. 158f

Kommentare (57) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    @ troodon

    Auch Ihnen ein Dankeschön für die Verlinkung.

    Die Lage ist komplex, die Veränderungen sind es und die Fragen sind es sowieso.

    Ich kann für mich nur sagen:

    Ich sehe über die letzten Jahrzehnte SIGNIFKANTE Veränderungen in den entwickelten Volkswirtschaften, die MESSBAR sind.

    Sie betreffen u. a. die Subsysteme Realwirtschaft, Geldsystem, Staatsaktivitäten.

    Die Frage ist, wie man die Einzelteile zusammensetzt, damit das Puzzle ein Gesamtbild ergibt.

    WENN es so IST, dass sich das bestehende Gesamtsystem STRUKTURELL verändern wird, wenn es nicht mehr Nachfrage gibt, dann reihen sich die Fragen wie auf der Schnur:

    Ist es unmöglich, dass es MEHR Nachfrage gibt?

    Wenn nicht, WIE kommt sie in Gang?

    WER setzt den Mechanismus in Gang?

    Ist es einer der ohne Impulse von außen im Gleichgewicht verharrt, SICH abschwächt oder
    verstärkt?

    Ist es einer der auf Impulse von außen reagieren MUSS?

    WIE reagieren die Subsystem MIT oder OHNE Veränderungen?

    ODER:

    Wollen wir etwas GANZ anderes, etwa die Bekämpfung des Klimawandels und GREIFEN daher in eine WEISE in das System ein, die alle diese Fragen ÜBERFLÜSSIG macht, aber ganz ANDERE aufwirft?

    Ich halte ein STABILES Wirtschaftssystem mit NULLWACHSTUM für DENKBAR.

    >Die These, dass Nullwachstum aus systemimmanenten Gründen unabhängig vom Verhalten der Akteure nicht möglich sei, wie sie beispielsweise Hans Christoph Binswanger oder Mathias Binswanger geäußert hatten,[66][67][68] wurde zurückgewiesen.>

    Was heißt Verhalten DER Akteure?

    Wenn ich ihnen AUTONOMIE zugestehe, also z. B. die WILLKÜRLICHE aus REIN subjektiven Präferenzen erfolgende Aufteilung ihre Einkommens in Nachfrage und Sparen, dürfte Nullwachstum im gegenwärtigen System NICHT möglich sein.

    >Allerdings ließen sich Bedingungen für Verhaltensgleichungen wie der Konsumfunktion ableiten, die eine notwendige Bedingung für Nullwachstum sind.>

    Das glaube ich.

    Wenn diese Bedingungen allerdings erfordern, dass die Wirtschaftssubjekte NICHT mehr AUTONOM über ihr Einkommen entscheiden können, ist man wo?

    In einem ANDEREN System.

    Ich würde es jedenfalls nicht MARKTWITSCHAFTLICH geprägt nennen.

    Bewegen wir uns nicht bereits dahin?

    Wenn – was m. A. n. UNVERMEIDLICH geschehen wird, weil FUNKTIONAL überlegen – ohne Bargeld NUR noch elektronisch bezahlt wird, ist eine MÖGLICHKEIT geschaffen, die Menschen dahingehend zu KONDITIONIEREN, dass GEWÜNSCHTE Systembedingungen erfüllt werden.

    Und dann sind wir zurück bei der Frage:

    Welches System WOLLEN wir – ein konditioniert STABILSES mit Nullwachstum ODER eines, das auf INDIVDUELLEN Willensentscheidungen beruht, aber nicht stabil ist?

    oder ODER:

    Sind wir vielleicht irgendwann in einer Situation, in der sich DIESE Alternative nicht mehr stellt, weil sie den DANN herrschenden Bedingungen gemäß als ABSURD angesehen würde?

    Alles NICHT auszuschließen, aber alles UNGEWISS.

    Antworten
    • ruby
      ruby sagte:

      @ Tischer&troodon
      Hatte gerade Ihre Diskussion mitgelesen, daher ein zukünftiger Nachfragedriver, der Jahrzehte niedergemetzelt wurde, aber eintreten wird: der Osten also Westrussland, genauer die faire und freie Erschliessung dieses gegenseitigen Potenzials, das Ursache zweier Weltkriege war.
      Mein Gymnasium bot Russisch als Wahlfach an 80er leider steht Deutschland vor verschlossenen Vergangenheiten.
      Trotzdem sind Chancen heute besser denn je.
      Wo Wille ist, da liegen die Leistungen

      Antworten
    • foxxly
      foxxly sagte:

      @ tischer 13:54
      >>Ich halte ein STABILES Wirtschaftssystem mit NULLWACHSTUM für DENKBAR.<<

      das dürfte sich mit hoher wahrscheinlichkeit im kreditgeldsystem, NICHT ausgehen!

      ein wachstum entsteht ja durch arbeistleistung und erfindungen. (und teuerungen!?)
      der systemfehler ist, dass der ganze umfang an arbeitsleistung von mensch und maschine eine schuld ist, mit zinsverpflichtung.

      eine stabile wirtschaft wäre-

      – vorstellbar, wenn diese kreditschuld in höhe des BIP, -lastenfreie zahlung jährlich pro kopf an die konsumenten ausbezahlt und damit egalisiert würde.

      – oder die banken/geldschöpfung in die realwirtschaft völlig integriert wäre.

      solange wir die exponentielle funktion des wachsen-müssens nicht egalisieren/beseitigen können, haben wir keine lösungen gegen die systemische verwerfungen in diesen system!

      Antworten
      • troodon
        troodon sagte:

        @Dietmar Tischer
        “Wenn – was m. A. n. UNVERMEIDLICH geschehen wird, weil FUNKTIONAL überlegen – ohne Bargeld NUR noch elektronisch bezahlt wird, ist eine MÖGLICHKEIT geschaffen, die Menschen dahingehend zu KONDITIONIEREN, dass GEWÜNSCHTE Systembedingungen erfüllt werden.”
        Die Möglichkeit der extremen Konditionierung (z.B. Zustimmung zu BGE von der Abschaffung von Bargeld abhängig zu machen) ist aus meiner Sicht eine große Gefahr für die Freiheit. Entsprechend bin ich gegen Abschaffung von Bargeld, aber die Realität geht in eine andere Richtung. D.h. aber auch für mich nicht, dass man Transaktionen mit Bargeld in jeglicher Höhe unbedingt zulassen muss.

        “Welches System WOLLEN wir – ein konditioniert STABILSES mit Nullwachstum ODER eines, das auf INDIVDUELLEN Willensentscheidungen beruht, aber nicht stabil ist?”
        Das muss jeder für sich beantworten. Persönlich bin ich gegen zu stark konditioniert. Was “zu stark” ist, kann ich nicht allgemeingültig definieren.
        Mir ging es letztlich darum, darauf hinzuweisen, dass es eben bei weitem nicht gesichert, dass man einen “WachstumsZWANG” in einem System haben muss, welches noch marktwirtschaftlich ausgerichtet ist. Der WachstumsDRANG, der nächsten Generation soll es besser gehen, besteht aus meiner Sicht ganz klar. Ob dies dann immer erreicht wird, ist schon wieder ein anderes Thema.
        Eingriffe und Beschränkungen der Freiheit in die Marktwirtschaft (z.B. gegen Kartelle, Monopole) können nun einmal durchaus sinnvoll sein.
        Es lohnt sich darüber zu diskutieren, wie das System aufgestellt werden sollte, welche Regeln und Beschränkungen es geben sollte, damit das Ziel einer weiteren Wohlstandsmehrung bei Beibehaltung möglichst großer Freiheit zukünftig erreicht werden kann.

        @foxxly
        “das dürfte sich mit hoher wahrscheinlichkeit im kreditgeldsystem, NICHT ausgehen!”
        Beschränkung bis hin zum Verbot der BANK-Kreditvergabe für den Kauf bestehender Assets, wäre notwendig und sinnvoll. Das geht nur nicht von heute auf morgen. Wenn man morgen den Stecker komplett zieht, hat (kaum) jemand einen Vorteil davon. BANK-Kreditvergabe (fast) nur für die Realwirtschaft und gleichzeitige Dezentralisierung der Kreditvergabe und man würde eine deutlich stabiler Entwicklung erreichen. Ist dies schwierig zu erreichen ? Definitiv, da es den Bestrebungen der echten Geldelite widerspricht. Unmöglich ist es aber nicht, aktuell aber auch nicht realistisch.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        >Eingriffe und Beschränkungen der Freiheit in die Marktwirtschaft (z.B. gegen Kartelle, Monopole) können nun einmal durchaus sinnvoll sein.

        Es lohnt sich darüber zu diskutieren, wie das System aufgestellt werden sollte, welche Regeln und Beschränkungen es geben sollte, damit das Ziel einer weiteren Wohlstandsmehrung bei Beibehaltung möglichst großer Freiheit zukünftig erreicht werden kann.>

        Selbstverständlich.

        Ein Thema wäre der konsequente ENTKOPPELUNG der Kreditvergabe:

        Trennung von „Krediten für die Realwirtschaft“ von „Krediten für das Spielcasino“(Spekulation).

        Aber wir reden hier über etwas anderes:

        KANN man überhaupt, und wenn so, WIE den Ressourcenverbrauch in einer Marktwirtschaft einschränken.

        Das ist eine Grundsatzfrage, die das GESAMTSYSTEM betrifft, nicht nur eine partielle Adjustierung.

  2. Renée Menéndez
    Renée Menéndez sagte:

    Da es ja nicht so toll ist sich selbst zu zitieren hier einfach der link zu meinem seinerzeitigen Kommentar:
    https://think-beyondtheobvious.com/debitismus-von-der-zwangslaeufigen-krise-ii/#comment-22391

    Darin wird die Behauptung aufgestellt, daß eine angemessene(!) Behandlung des Nachschuldnerproblems nicht mit einer komparativ-statischen Argumentation geleistet werden kann. Über die komparativ-statische Methodik gehen die von Ihnen präsentierten Modellvarianten nicht hinaus. Das entscheidende Defizit hierbei liegt in einem fehlenden “out-of-the-box”-Denken, wie man es häufig bei Testpersonen findet, die das “9 Punkte Problem” lösen sollen. Die Lösungsblockade liegt üblicherweise darin, daß für das Lösungsverfahren eine implizite Annahme getroffen wird, die – weil unbewußt – mit Sicherheit das Finden einer korrekten Lösung unmöglich macht.

    Dieser Fall liegt auch hier vor. Da Sie zwar von dynamischen Elementen sprechen, aber den Schritt zu einer dementsprechend dynamischen Behandlungsweise nicht vollziehen, bleibt Ihre Argumentation auf der komparativ-statischen Ebene kleben. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, daß Sie immer wieder auf dasselbe Ergebnis hinauskommen, denn das einfache Grundmodell vom Anfang wurde ja durch die “Erweiterungen” in keiner Weise angetastet. Was Sie also bewiesen haben ist, daß mit einer komparativ-statischen Methodik eine Lösung für das Gewinnproblem in einer Zusatzverschuldung anderer Marktteilnehmer liegt. Nicht bewiesen wurde dagegen, daß ein komparativ-statisches Modell geeignet ist die Bedingungen selbst einer abstrakt stilisierten ökonomischen Welt angemessen zu erfassen.

    Langer Rede kurzer Sinn: vor 30 Jahren war an Simulationssoftware für “kleine Anwender” noch nicht zu denken. Mit den Hilfsmitteln, die Anfang der Nuller-Jahre auf den Markt gelangten war es dann möglich dynamische Entwicklungen mit vertretbarem Aufwand zu simulieren. In o.g. Kommentar findet sich auch ein link zu einer Modellbesprechung, die klipp und klar eine stationäre Ökonomie mit einem um einen Mittelwert oszillierenden Kreditvolumen als möglich nachweist. Nach den Regeln der Logik ist eine Allaussage (Der Kapitalismus unterliegt einem WachstumsZWANG!) dann widerlegt, wenn auch nur ein einziges Gegenbeispiel angegeben wird, welches diese Aussage als falsch nachweist. Das ist hier geschehen.

    Warum das so ist ergibt sich relativ leicht aus der “Sägezahngraphik”, aus der man erkennt, daß bei identischen zeitversetzten mehrperiodigen Investitionsprozessen (Kruschwitz: Eine Investition ist eine Zahlungsreihe, die mit einer Auszahlung anfängt!) nicht so etwas wie eine “Geldknappheit” vorkommt, die erzwingen würde, daß ein Nullgewinn realisiert werden müßte. Aus diesem einfachen Grund ist “immer genug Geld” im Umlauf, so daß der Kapitaldienst (Zins + Tilgung) kontinuierlich geleistet werden kann. In dem Modell genügen zwei 10-periodige Investitionsprozesse, die jeweils um 5 Perioden versetzt sind – und schon hat sich der Wachstumszwang in einem logischen Rauchwölkchen aufgelöst.

    Hinweis: zum einen ist das eine modelltheoretische Konstruktion die, wie rudimentär auch immer, in jeder beliebigen Weise erweiter- und ergänzbar ist. Zum anderen ist das Erklärungsziel die Lösung des Marx´schen “Realisationsproblems”, welches ja auch der Vorläufer der WachstumsZWANGthese ist. Argumente wie: “da fehlt ja…” oder “nicht realistisch” etc p.p. gehen daher ins Leere, denn zur Analyse anderer Sachfragen lassen sich derartige Modelle immer anpassen.

    Antworten
    • foxxly
      foxxly sagte:

      @ renee m. 18:21

      ich weiß nicht, ob theoretische modelle weiter helfen?

      fakt ist doch, dass über jahrzehnte stets mehr geld geschöpft wurde, als wirtschaftswachstum da ist. sieh auch usa.

      es nützt wenig, wenn sich zunehmend geld aus der zahlverantwortung entzieht, welche für zins und tilgung theoretisch benötigt würde. das heisst: von der gesamt menge geld beteiligt immer weniger geld aus der realwirtschaft an den zinzahlungen. dass dieser bereich dann eine neuverschuldung benötig für zinzahlung, ist wohl klar.

      hier ist auch wieder das großkapital gefragt, welches sich an den lasten immer weniger beteiligt.
      systemisch findet auch eine umverteilung von der realwirtschaft hin zum finanzsektor, zb mit jeden konsum ist dieser effekt da.

      die asymetrie erzwingt ein exponetielles wachstum!

      Antworten
    • Thomas M.
      Thomas M. sagte:

      @Renée Menéndez

      Lässt sich denn sagen, was an den Unis zu diesem Thema gelehrt wird? Gibt es eine Mainstream-Sicht? Es ist ja grundlegend zu *wissen*, ob ein kreditbasiertes Geldsystem inhärent instabil ist, weil es Wachstum gegen Unendlich als Erfordernis eingebaut hat oder auch stabil laufen kann.

      Antworten
      • troodon
        troodon sagte:

        @Thomas M
        “was an den Unis zu diesem Thema gelehrt wird”
        Wenn an Unis immer noch gelehrt wird oder zumindest bis vor wenigen Jahren noch gelehrt wurde, dass Banken Intermediäre sind und Einlagen verleihen bzw. das Modell des Geldmengenmultiplikator gilt, dann ist das vielsagend.

        “Manche Kritiker des Mainstreams behaupten, dort werde ein unrealistisches Modell des Geldmultiplikators gelehrt, in dem die Zentralbank über die Zuteilung von Zentralbankengeld die Menge des Geschäftsbankengeldes eng und mechanistisch steuern kann. Was sagen Sie dazu?

        Ich will nicht bestreiten, dass in manchen Einführungsvorlesungen ein solches Modell noch gelehrt wird. Wenn die Studenten nur dieses Modell kennenlernen sollten, gäbe es tatsächlich ein Problem. Aber die Modelle in Einführungsvorlesungen sind aus pädagogischen Gründen sehr einfach; später lernen die Studenten dann realistischere Modelle kennen.

        Das ist nicht überraschend, denn schon vor Jahrzehnten fanden sich in Lehrbüchern realistischere Ansätze zur Theorie des Geldmultiplikators. Wie lehren Sie und andere moderne Makroökonomen heute Geldpolitik?

        Man geht am Anfang häufig von einem ISLM-Modell aus, in dem die Zentralbank die Geldmenge bestimmt. Dies geschieht aus Gründen der Vereinfachung. In einem nächsten Schritt werden realistischere Modelle behandelt, indem die Zentralbank zum Beispiel mit einer Taylor-Regel den Zinssatz setzt.”
        https://blogs.faz.net/fazit/2017/07/09/8879-8879/

        Man hat die Dinge einfach gemacht, damit falsch, damit man es später richtig lernen kann…
        Liest sich wie schreiben nach Gehör…
        Nur sind das dann an der Uni eben keine Kleinkinder mehr. Die sollten das eigentlich schon richtig verstehen können und müssen kein Babybrei serviert bekommen.
        Kann man sich eigentlich gar nicht ausdenken…
        Was soll man von Wirtschafts”wissenschaftlern” im Durchschnitt dann noch erwarten?
        Dauert dann einige Generationen, bis das ausläuft…

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        >Ich will nicht bestreiten, dass in manchen Einführungsvorlesungen ein solches Modell noch gelehrt wird.

        Das wäre dann in etwas so, als ob man im Bachelor noch lernt, dass die Erde eine Scheibe ist. Später kommen dann die “realistischeren Modelle”. Ist dann nur ein Problem, wenn die Studenten schon nach dem Bachelor gehen oder andere Kurse belegen und die “realistischeren Modelle” nie kennenlernen und basierend auf dem Scheibenmodell im Berufsleben praktizieren.

        Ich stelle jedenfalls fest, dass meine Recherchen zu ökonomischen Themen in aller Regel weniger fruchtbar und wissensstiftend im Vergleich zu denen zu anderen Wissenschaften ist. Es ist mühselig. Ich glaub, ich mach’s mir zukünftig auch einfacher und *glaub* einfach denen, die ich sympathischer und überzeugender *empfinde* ;)

      • troodon
        troodon sagte:

        @Thomas M
        “„realistischeren Modelle“ nie kennenlernen und basierend auf dem Scheibenmodell im Berufsleben praktizieren.”
        Jep
        ” Es ist mühselig.”
        Das empfinde ich ebenso und meine Sichtweise auf Wirtschaftsthemen hat sich in den letzten 30 Jahren auch deutlich gewandelt, exponentiell in einigen Dingen in den letzten Jahren ;) Sie schrieben dies letztens über ihre Sichtweise zum Thema “Austerität”.
        Gerade deshalb finde ich es aber auch höchst interessant, da es ein Thema ist, welches unser aller Leben extrem beeinflusst.
        Aber das UnWISSEN scheint in dieser “Wissenschaft” besonders ausgeprägt zu sein. Das aber wiederum stellt eine Möglichkeit dar, sich auch als Normalo an Diskussionen zu beteiligen und man erkennt, wer noch weniger Ahnung hat als man selbst, auch wenn diese dann Titel xy oder berufliche Positionen bis in die höchsten Ebenen haben. Z.B. Sparkassenpräsident Schleweis, der immer noch davon schreibt, dass Banken Einlagen verleihen. Erschreckend…

    • Bernhard-Albrecht Roth
      Bernhard-Albrecht Roth sagte:

      @ Renée Menéndez

      Modelle sind abhängig von den dafür benutzten Parametern, ergo bestimmen Anzahl und Qualität der Parameter das Ergebnis.

      “Warum das so ist ergibt sich relativ leicht aus der „Sägezahngraphik“, aus der man erkennt, daß bei identischen zeitversetzten mehrperiodigen Investitionsprozessen (Kruschwitz: Eine Investition ist eine Zahlungsreihe, die mit einer Auszahlung anfängt!) nicht so etwas wie eine „Geldknappheit“ vorkommt, die erzwingen würde, daß ein Nullgewinn realisiert werden müßte. Aus diesem einfachen Grund ist „immer genug Geld“ im Umlauf, so daß der Kapitaldienst (Zins + Tilgung) kontinuierlich geleistet werden kann.”

      Die Sägezahngrafik zeigt doch nur deshalb das immer genug Geld in Umlauf ist, um den Kapitaldienst zu erbringen, weil nicht berücksichtigt wird, dass es in gewissen Abständen immer zu einem Abbau von Schulden und Vermögen durch platzende Blasen kommt.

      Die Sägezahngrafik ist also noch lange kein Beweis dafür, dass es keinen Wachstumszwang gibt!

      Beste Grüße,
      Bernhard-Albrecht Roth

      Antworten
  3. Bauer
    Bauer sagte:

    Ich melde grundsätzlichen Widerspruch an. Das Modell der “traditionellen Nationalökonomie” war und ist kein brauchbares Modell. Ich verweise auf Abb. 1 Kreislaufmodell in der traditionellen Nationalökonomie im blog.

    Die Prämisse, dass Entgelte zu 100 % in den Konsum fließen gab es nie in der Geschichte der Menschheit und kann nur in den Gehirnen von Nationalökonomen entstehen, für deren Alimente bis ans Lebensende der Staat, sprich die Allgemeinheit aufkommt. Ich äussere das so unverblümt, weil ich persönlich die Geschichte erlebt habe, dass ein solcher seine Tochter anpumpen musste, um sich ein Auto bezahlen zu können (was in als künftigen Schwiegervater diskreditierte).

    Seit der Mensch wirtschaftet, musste er Zukunftsvorsorge betreiben. Selbst Sammler und Jäger wussten das schon und handelten dementsprechend, umso mehr die ersten Ackerbauern, die jedes Jahr einen Teil der Ernte zurücklegen mussten als Saatgut für die nächste Wachstumsperiode und Lebensunterhalt bis zu nächsten Ernte. Selbst Eichhörnchen haben das längst begriffen, aber offensichtlich die Dres. rer. oec. nicht. Somit tritt vom ersten Moment an die Zeit als Faktor ins Spiel.

    Damit müssen die Buchungsansätze der Abb.1 für beide Seiten richtig lauten:

    . Erlöse 100
    .Aufwand, bzw. Konsum 90
    .Rückstellung, Reserven 10

    Ob der Posten ‚Rückstellung, Reserven‘ voll benötigt wird, um das Überleben im nächsten Jahr zu sichern (Saatgut, Werkzeuge, Waffen) oder tatsächlich zur Bildung einer mehrjährigen Reserve verwendet werden kann, entscheidet die Zukunft. Das ist wirtschaftliches Risiko. Erfolg wird belohnt, indem man im Bedarfsfall auf eigene Reserven zurückgreifen kann, also sozusagen, einen Kredit bei sich selbst nehmen kann ohne gleich zum Wucherer zu rennen. In jedem Falle kostet das einen Bruchteil dessen, was sonst zum Konsum verfügbar wäre. Wir nennen das heute Zins, entweder kalkulatorisch oder an einen Dritten zu entrichten. Und immer ist Zinszahlung ein Konsumverzicht. Darum wäre es auch niemand bis vor etwa einem Menschenalter in den Sinn gekommen, Kredit für Konsumausgaben in Anspruch zu nehmen.

    Man darf unsere Altvordern der letzten 5 – 8 tausend Jahre nicht für so dumm einschätzen, als ob sie das nicht schon gewusst hätten und sich nicht entsprechend verhalten hätten.

    Damit ist auch Abb. 2: Kreislaufmodell mit Gewinnstreben bereits obsolet und der Rest hängt in der Luft.

    Merke: Das Gewinnstreben ist dem Menschen angeboren und wesentlicher Antrieb für all sein Handeln, mit Sicherheit schon seit er von den Bäumen herabgestiegen ist. Es bedarf keiner gelehrten Theorie.

    Und Zeit ist eher noch wichtiger als Geld. Die Wirtschaft reagiert auf diese Tatsache mit Abzinsung.

    Genug für heute.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Bauer

      “Seit der Mensch wirtschaftet, musste er Zukunftsvorsorge betreiben. Selbst Sammler und Jäger wussten das schon und handelten dementsprechend, umso mehr die ersten Ackerbauern, die jedes Jahr einen Teil der Ernte zurücklegen mussten als Saatgut für die nächste Wachstumsperiode und Lebensunterhalt bis zu nächsten Ernte. Selbst Eichhörnchen haben das längst begriffen, aber offensichtlich die Dres. rer. oec. nicht. Somit tritt vom ersten Moment an die Zeit als Faktor ins Spiel. (…) Man darf unsere Altvordern der letzten 5 – 8 tausend Jahre nicht für so dumm einschätzen, als ob sie das nicht schon gewusst hätten und sich nicht entsprechend verhalten hätten.”

      Es gab sicherlich schon vor unserer Zeit reichlich Versuche, Modelle einer “Ökonomie” ohne Reservenbildung zu entwickeln und dann auch umzusetzen.

      Nur können wir die Betroffenen nicht mehr fragen, denn sie sind alle relativ schnell verhungert oder ihre Gesellschaften wegen anderen Mangelsituationen untergegangen…

      Antworten
      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ R. Ott

        >> “Nur können wir die Betroffenen nicht mehr fragen, denn sie sind alle relativ schnell verhungert oder ihre Gesellschaften wegen anderen Mangelsituationen untergegangen…”

        … oder haben sich der Nationalökonomie zugewandt.

    • jobi
      jobi sagte:

      @Bauer, Ott

      Anfang allen Übels ist wohl die unausrottbare, weil so bequeme Abgabe von Selbstverantwortung des Einzelnen an eine Instanz, die mit Hilfe von Heilsversprechen die Entscheidungsmacht anstrebt.
      Diese Instanz entlastet sich anschließend selbst von der Verantwortung für (falsche) Entscheidungen, indem sie sich auf eine höhere Macht beruft, die infrage zu stellen als Ketzerei gilt.

      Ob Astrologie, die Götter, die Kirche oder heute eben passende “wissenschaftliche” Modelle. Das Prinzip ist dabei mmer dasselbe. Es dient vor allem dem Zweck, politisches Handeln als alternativlos zu rechtfertigen.

      Komplexe adaptive Systeme, deren Regeln sich ständig und in oft irrationaler und nicht vothersehbarer Weise verändern, weil sie von Menschen gemacht werden, lassen sich durch statische Modelle nur unzureichend beschreiben.

      Das richtige Modell für eine Katze ist eine Katze – am besten dieselbe Katze.

      Antworten
    • Stoertebekker
      Stoertebekker sagte:

      @Bauer

      👍👏 Das ist ein kleines Juwel im ganzen Gebabbel im Blog. Wer mit dem/im Primärsektor zu tun hat, geht anders ans Leben ran.

      Reich wird der, der das als unmöglich Deklarierte versucht UND schafft.

      Gefunden:
      Why aren’t professors of economics rich?
      THOSE who can – do. Those who can’t – teach.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Stoertebekker

        Man kann ja der Meinung sein, dass hier am Blog gebabbelt wird.

        Das ist eine Frage des Standpunkts.

        Man sollte dann aber auch mal schauen, wo man SELBST steht, wenn sich dem anschließt.

        Ich würde sagen:

        Ihr Beitrag hier hat es spielend geschafft, sich in der untersten Schublade ganz unten zu platzieren.

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @D Tischer

        👍😉Das mit der Schubladenhöhe bestreite ich nicht. Und nett, dass Sie diese nur auf DIESEN Beitrag beziehen.

        Aber es sollte ausnahmsweise auch mal kurze politically incorrect statements geben dürfen.

        PS Im Übrigen bin ich selbst ein von @Bauer „gehauener“ Nationalökonom. Und betrachte heute die Nicht-Lebensrelevanz der einst gelernten Theorien mit ungläubigem Staunen. Betrachten Sie die untere Schublade daher bitte auch ein wenig als Galgenhumor.

        PS2 Und was die Lebensnähe von @Bauer angeht – ich fand sein Büchlein aufgrund des breiten Erfahrungsschatzes sehr erfrischend und denkanregend. (Auch wenn ich ob einiger Zeilen leicht schmerzverzerrt war – das waren aber alles eher NICHT-ökonomische Einlassungen.)

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        @ Stoertebekker bzw. Herr Bauer: Hätten Sie vielleicht den Titel des Büchleins für mich?

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @Thomas M.

        Klar doch. „Wirtschaft und Finanz für meinen Sohn.“ Veröffentlicht unter Pseudonym Henry Meltemi (letzteres ist ein Wind in der Ägäis, die Pseudonymwahl klärt sich im Buch)

        PS Und bei den Anlagetipps vielleicht eine oder zwei Nullen runternehmen. 😉

  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Es ist die Logik, dass das System auf Wachstum angelegt ist und deshalb nur mit Wachstum funktioniert. Dies wirft dann die Systemfrage auf.>

    Das ist so, weil mittlerweile auch die Verschuldungskapazität der Konsumenten nahezu ausgeschöpft ist.

    Welche Optionen bestehen?

    a) >Seines Erachtens (Martin, D. T.) wird die vor uns liegende Krise derart gravierende Auswirkungen haben, dass mit dem Zusammenbruch des bestehenden Wirtschaftssystems zu rechnen ist>

    oder

    b) Abschaffung des Kapitalismus, Ersatz durch ein anderes System – den interventionistischen Zentralismus.

    Option a) ist nicht akzeptabel, weil sie nicht kontrollierbare gesellschaftliche Verwerfungen nach sich ziehen würde. Das ist geschichtlich hinreichend belegt durch die Ereignisse im letzten Jahrhundert.

    Sie wird daher von den Entscheidern (Politikern, Unternehmenseignern, Gewerkschaften etc.), sowie mehrheitlich von der Bevölkerung und durchweg allen Ökonomen abgelehnt.

    Es ist die Option des konsequenten Vermeidens.

    Option b) wird wissenschaftlich untermauert und medial betrieben als Kampf gegen den Klimawandel durch eine mehrheitlich GEWOLLTE Energiewende realisiert.

    Hier oft genug beschrieben und diskutiert, so dass nur noch einmal darauf zu verweisen ist:

    Die Energiewende MUSS finanziert werden, kann aber NICHT – zumindest NICHT annähernd – durch die noch möglichen kapitalistischen Verschuldungsmechanismen finanziert werden.

    Der Staat muss sich die Mittel beschaffen, damit die Energiewende finanziert werden kann.

    Das wird letztlich MONETÄRE STAATSFINANZIERUNG erfordern.

    Die enormen RISIKEN liegen

    a) bei der technischen REALISIERUNG der Energiewende, bei der NICHT mehr Marktmechanismen über den Ressourceneinsatz und die Funktionalität entscheiden, sondern die ZIELSETZUNG CO2-Neutralität, der Produktion und Konsum untergeordnet werden.

    Die Folgen könnten schwer oder nicht zu beherrschend Akzeptanzprobleme der Bevölkerungen sein.

    b) bei dem enormen Finanzierungsvolumen, das sowohl für die Entwertung konventionellen Vermögens wie auch die Subventionierung der neuen Produktion sowie teilweise auch für ihren Konsum erforderlich ist.

    Irgendwann nicht mehr kontrollierbare Inflation ist sehr realistisch.

    Treten die Risiken a) und/oder b) ein, wäre GELUNGEN, was man dem Kapitalismus nicht überlassen will:

    Den Systemzusammenbruchs herbeizuführen.

    Antworten
    • Christian Anders
      Christian Anders sagte:

      @DT

      “b) Abschaffung des Kapitalismus, Ersatz durch ein anderes System – den interventionistischen Zentralismus.”

      Ich halte – mit Verlaub – diese Art von Zentralismus für eine bestimmte Spielart IM Kapitalismus, kein anderes System.

      Auf die Frage, wie man gesellschaftliche Zielsetzungen erreichen kann (wie auch immer diese in die Köpfe der Gesellschaft gelangt sind), wenn die Zeit für knapp gehalten wird, Externalitäten ohne Preise eine zentrale Rolle spielen, hat der Mechanismus des Marktes keine Antwort. Es liegt nicht in seiner Natur, derlei zu können.
      Wie kann ein solches Ziel außerhalb der Marktsphäre, zu der auch die Kreditvergabe gehört, also bei Kreditwünschen überhaupt berücksichtigt werden? Man kann buchhalterisch nicht an einem Produkt (z. B.) CO2 verdienen bzw. es “sparen”, wenn es keinen Preis hat. Auch Folgewirkungen einer unterlassenen Energiewende kann keiner bepreisen. Folgewirkungen einer durchgeführten Energiewende kann keiner bepreisen. Der Markt kann aus nicht bepreisten Dingen nichts machen.

      Ich halte Interventionismus deshalb für wahrscheinlich und bin da bei Ihnen.

      Meine Frage wäre eine andere: Welchen anderen Mechanismus zur Zielerreichung gäbe es denn? Dass schon alleine aus Angst vor dem Systemkollaps dieser Weg gegangen wird, ist nur eine einzelne Begründung, ich sehe mehr als diese.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        >Der Markt kann aus nicht bepreisten Dingen nichts machen.>

        Das ist richtig.

        Aber richtig ist auch:

        Wenn man Dinge WILLKÜRLICH bepreist, etwa die Nutzung von fossilen Brennstoffen verteuert, dann kann man das VERHALTEN der Menschen ÄNDERN.

        >Meine Frage wäre eine andere: Welchen anderen Mechanismus zur Zielerreichung gäbe es denn?>

        Ich kenne keinen REALISTISCHEN Mechanismus außer dem, der durch GEWOLLTEN Zentralismus die Wirtschaft (Produzenten, Konsumenten) ERZWUNGEN auf die Zielerreichung ausrichtet.

        Die Auffassung von Dr. Stelter, dass mit einem für INNOVATIONEN entfesselter Kapitalismus die Zielerreichung zu schaffen ist, halte ich für eine Illusion.

        Denn IM Kapitalismus ist das Renditeziel maßgebend für das, was geschieht.

        Da es durch Markt und Wettbewerb (Kapitalismus!) nicht in ÜBEREINSTIMMUNG mit der Zielsetzung CO2-Neutralität 2050 zu bringen ist, können Innovationen IM(!) Kapitalismus NICHT das Mittel für diese Zielerreichung sein.

        Sie könnten es ANDERS sein, etwa so wie richtungsweisend die Generierung von Impfstoffen zur Immunisierung gegen COVID-19:

        Wir, der Staat stellvertretend für die Gesellschaft, FINANZIEREN Innovationsanstrengungen mit Blick auf die Zielsetzung CO2-Neutralität 2050 und, wenn sie aussichtsreich erscheinen, die Zielsetzung zu erreichen, FINANZIEREN wir auch die REALISIERUNG.

        Das ist natürlich NICHT Kapitalismus.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Christian Anders

        “Ich halte – mit Verlaub – diese Art von Zentralismus für eine bestimmte Spielart IM Kapitalismus, kein anderes System.”

        Nein. Planwirtschaft ist kein Kapitalismus, sondern ein grundsätzlich anderes System.

        “Man kann buchhalterisch nicht an einem Produkt (z. B.) CO2 verdienen bzw. es „sparen“, wenn es keinen Preis hat. Auch Folgewirkungen einer unterlassenen Energiewende kann keiner bepreisen. Folgewirkungen einer durchgeführten Energiewende kann keiner bepreisen.”

        Was wäre denn der “richtige” Preis von CO2-Emissionen?

        Den kann keiner der “Klimaforscher” nennen, denn um ihn zu bestimmen, müsste man unter anderem die Klimasensitivität von CO2 genau kennen, was nicht der Fall ist.

        Dazu passend Herr Tischer:

        “Wenn man Dinge WILLKÜRLICH bepreist, etwa die Nutzung von fossilen Brennstoffen verteuert, dann kann man das VERHALTEN der Menschen ÄNDERN.”

        Und wenn der willkürlich gesetzte Preis zu hoch ist, dann zerstören Sie dabei viele Arbeitsplätze und senken unseren Lebensstandard, obwohl dafür auch im Rahmen Ihrer Argumentation keine Rechtfertigung bestanden hätte.

        @Herr Tischer

        >Es ist die Logik, dass das System auf Wachstum angelegt ist und deshalb nur mit Wachstum funktioniert. Dies wirft dann die Systemfrage auf.>

        Sie vergessen Option C: Wir lassen die Überschuldeten Pleite gehen.

        Den “Wachstumszwang” gibt es nur dann, wenn Pleiten gleichzeitig ausgeschlossen werden. Dann ist er tatsächlich der einzige Ausweg.

        Ich ahne schon, was Sie gleich antworten werden.

      • troodon
        troodon sagte:

        @Dietmar Tischer
        Mal wieder eine Verständnisfrage:
        “Da es durch Markt und Wettbewerb (Kapitalismus!) nicht in ÜBEREINSTIMMUNG mit der Zielsetzung CO2-Neutralität 2050 zu bringen ist, können Innovationen IM(!) Kapitalismus NICHT das Mittel für diese Zielerreichung sein.”
        Nach Ihrer Sichtweise haben wir aktuell keinen Kapitalismus in D und auch nicht nach 1945, richtig?

        Wenn es so ist, warum diskutieren wir hier über die Frage “Gibt es einen Wachs­tums­zwang im Kapita­lismus?” (Überschrift des heutigen Beitrags)
        Aus reiner Freude an der Theorie?
        Besteht nicht bei der Diskussion schon das Problem, dass man sich hier im Blog wahrscheinlich gar nicht einig ist, ob wir aktuell in D Kapitalismus haben ? Thema Abgrenzung Kapitalismus zum System der sozialen Marktwirtschaft…

        Wenn dem so ist, wie soll man da eine zielgerichtete Diskussion führen können?
        Das kann doch kaum etwas bringen…

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        >Ich ahne schon, was Sie gleich antworten werden.>

        Da brauche ich ja nicht mehr zu antworten.

        Dennoch kurz:

        Die Option c) liefe von den Effekten her auf die von a) hinaus.

        Deshalb wird ebenso wie bei a) zu jedem Preis versucht, sie auszuschließen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        >Nach Ihrer Sichtweise haben wir aktuell keinen Kapitalismus in D und auch nicht nach 1945, richtig?>

        Doch, wir haben ihn bis HEUTE, aber mit ZUNEHMENDEN Einfluss des Staates – abzulesen an dessen Verschuldungsanstieg zum BIP.

        >… warum diskutieren wir hier über die Frage „Gibt es einen Wachs¬tums¬zwang im Kapita-lismus?“ (Überschrift des heutigen Beitrags)>

        Wir diskutieren darüber, weil der (materielle) WACHTUMSZWANG durch den Klimawandel infrage gestellt wird.

        Es ist deshalb schon bedeutend zu fragen, ob der Kapitalismus auch OHNE Wachstumszwang fortzuführen wäre, vielleicht sogar mit WENIGER Staat.

        >Besteht nicht bei der Diskussion schon das Problem, dass man sich hier im Blog wahrscheinlich gar nicht einig ist, ob wir aktuell in D Kapitalismus haben? Thema Abgrenzung Kapitalismus zum System der sozialen Marktwirtschaft…>

        Einen reinen Kapitalismus haben wir sicher nicht und werden wir vermutlich auch nie mehr haben.

        Ich glaube daher, dass das Grundverständnis durchaus ist bzw. vernünftigerweise sein sollte:

        Wir haben in D einen Kapitalismus in Form der sozialen Marktwirtschaft, also mit gestaltendem Einfluss des Staats.

        Das Problem, für das es starke Belege gibt, aber dennoch so nicht richtig erkannt sein muss, besteht m. A. n. darin:

        Das HEUTIGE kapitalistische System kann durch ADDITIVE Gestaltung des Staats nicht mehr unsere Wünsche erfüllen, insbesondere den der VOLLBESCHÄFTIGUNG, d. h. ALLEN als fair empfundene Partizipationsmöglichkeiten zu bieten.

        Daher der WILLE zu einem anderen System – einer gesellschaftlich ERZWUNGENE Mutation des Systems zu einem ausgewachsenem interventionistischen Zentralismus, was m. A. n. ein „Quantensprung“ über einfache Regulierung hinaus ist, d. h. letztlich ein PARADIGMENWECHSEL.

        In dem befinden wir uns bereits.

      • weico
        weico sagte:

        @troodon

        “Besteht nicht bei der Diskussion schon das Problem, dass man sich hier im Blog wahrscheinlich gar nicht einig ist, ob wir aktuell in D Kapitalismus haben ? Thema Abgrenzung Kapitalismus zum System der sozialen Marktwirtschaft…”

        “Soziale Marktwirtschaft” von Heute hat NICHTS mit dem ehemaligen Ursprungsgedanken ,dem Ordoliberalismus (Eucken,Erhard), zu tun. Mit der DAMALIGEN ordoliberalen Politik ging es in Deutschland AUFWÄRTS.

        Die heutige “Soziale Marktwirtschaft” ist schlicht ein Sozialismus mit kapitalistischem Marktanstrich . Seit 1967 (Stabilitätsgesetz) mischt sich der Staat in den Markt ein….und die Folgen sind heute ja bekannt,ersichtlich und zunehmend auch spürbar .

      • weico
        weico sagte:

        @Dietmar Tischer
        “Daher der WILLE zu einem anderen System – einer gesellschaftlich ERZWUNGENE Mutation des Systems zu einem ausgewachsenem interventionistischen Zentralismus, was m. A. n. ein „Quantensprung“ über einfache Regulierung hinaus ist, d. h. letztlich ein PARADIGMENWECHSEL.

        In dem befinden wir uns bereits.”

        Das System wird nicht viel ANDERS werden, sondern schlicht viel GRÖSSER. Vom Nationalen …zum zentralistischen EU-Gebilde.

        Frau Merkel hat Dies, bei ihrer Rede zum Reformvertrag 2008,deutlich gemacht:

        “Der Grundgedanke der sozialen Marktwirtschaft ist der Grundgedanke des geordneten Wettbewerbs. Diesen Gedanken müssen wir auf die Europäische Union übertragen, weil wir als Nationalstaaten unsere
        Interessen in vielen Fragen allein nicht mehr ausreichend durchsetzen können. ”

        https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=8616473d-b134-d900-a831-85925559a3f5&groupId=252038

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @R. Ott

        Partielle Planwirtschaft machst noch keinen Sozialismus. Oder?

        „Was wäre denn der „richtige“ Preis von CO2-Emissionen?“

        Keine Ahnung. Keiner kennt ihn. Keiner kann ihn präzise ausrechnen. Der Markt kann ihn nicht bestimmen.

        Er ist deutlich größer Null, weil definitiv Schäden und Reaktionen darauf erzeugt werden, die kausal mit CO2-Verknüpft sind. Der Schätzfehler wird erheblich sein, weil der Zeitraum groß ist. Daran würde nicht mal eine perfekt bekannte Klimasensitivität mit einem Nullfehler etwas ändern.

        Was machen wir daraus? Kostenlos ist falsch, weil es real einfach so nicht ist. Jedweder Preis wird aber auch nie „der eine richtige“ sein. Und nu?

        Darauf zielte meine Frage an Herrn Tischer ab, der völlig klar geantwortet hat.

        Es gibt nicht sowas wie „den richtigen“ Preis für CO2. Es gibt ausschließlich denjenigen Preis, der das Verhalten der Menschen möglichst optimal auf ein Ziel hin moduliert und an der Zielerreichung als „richtig“ oder „falsch“ bemessen wird:

        „Wenn man Dinge WILLKÜRLICH bepreist, etwa die Nutzung von fossilen Brennstoffen verteuert, dann kann man das VERHALTEN der Menschen ÄNDERN.“

        „Und wenn der willkürlich gesetzte Preis zu hoch ist, dann zerstören Sie dabei viele Arbeitsplätze und senken unseren Lebensstandard, obwohl dafür auch im Rahmen Ihrer Argumentation keine Rechtfertigung bestanden hätte.“

        Wenn keines der Ziele Vorrang genießt (Arbeitsplätze vs. Klimaschutz) und es so sein sollte, dass nicht beides gleichzeitig geht, hat man ein unauflösbares Dilemma, genau. Ich habe nicht für eine Entscheidung votiert, weshalb ich nicht sehe, wie das meine Argumentation berührt, aber sei es drum…

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ weico

        >Das System wird nicht viel ANDERS werden, sondern schlicht viel GRÖSSER. Vom Nationalen …zum zentralistischen EU-Gebilde.>

        Das sehe ich auch so, vorausgesetzt, dass das Gebilde VOHER nicht POLITSCH bedingt auseinander fliegt.

        Merkel betreibt mit dem Zitat VOLKSVERDUMMUNG:

        Es geht in Europa nicht um einen geordneten Wettbewerb, sondern um einen VERORDNETEN, wenn man von Wettbewerb noch sprechen will.

        „Soziale Marktwirtschaft“ wird dem Volk ums Maul gewischt, weil sich damit BEIDES verkaufen lässt:

        Das „Wohlstand für alle“-Versprechen der Vergangenheit und die soziale Absicherung in unserer Zeit.

        Das zieht aber meinem Eindruck nach nicht mehr so wie früher, z. B. 2005 auf dem Parteitag der CDU in Leipzig.

      • troodon
        troodon sagte:

        @Dietmar Tischer
        Okay, dann habe ich mich offensichtlich u.a von “Das ist natürlich NICHT Kapitalismus.”
        irritieren lassen. Der Weg ist dann nicht der “kapitalistische Weg”, aber wir befinden uns immer noch im kapitalistischem System “Soziale Marktwirtschaft”?

        Grundsätzlich sehe ich den Wachstumszwang nicht und würde von daher von Wachstumsdrang sprechen. Wachstumszwang wäre es dann, wenn “es keine akzeptable politische Alternative zu wirtschaftlichem Wachstum gibt“. Und mit der politischen Alternative ist nicht ein Systemwechsel hin zu Sozialismus gemeint.
        Aber bevor ich mich weiter an dem Thema versuche, lese ich dann erst einmal die alten Kommentare aus 2017 zum gleichen Thema…
        Die hier im Blog schon mehrfach verlinkte Studie von Richters et al. hatten Sie gelesen und kommen zu einer anderen Einschätzung als die Autoren?
        .

      • weico
        weico sagte:

        @Dietmar Tischer

        “„Soziale Marktwirtschaft“ wird dem Volk ums Maul gewischt, weil sich damit BEIDES verkaufen lässt:
        Das „Wohlstand für alle“-Versprechen der Vergangenheit und die soziale Absicherung in unserer Zeit.”

        Richtig!

        Leider wissen die wenigsten Leute bzw. viele haben es vergessen, woher das Versprechen …”WOHLSTAND FÜR ALLE” …eigentlich stammt.
        Aus der Erhard-Zeit, als die soziale Marktwirtschaft noch ordoliberale Züge hatte und der Kapitalismus noch Gewinner und Verlierer zuliess !
        https://de.wikipedia.org/wiki/Wohlstand_für_Alle_(Buch)

      • troodon
        troodon sagte:

        @weico
        “und der Kapitalismus noch Gewinner und Verlierer zuliess !”
        Das gilt auch heute noch, aber man schränkt die Zahl der “Verlierer” (z.B. Insolvenzen abseits Corona) aus meiner Sicht zu sehr ein.
        und sorgt damit nur dafür, dass Probleme in die Zukunft verschoben werden bzw. das zukünftige Wachstumspotential verringert wird.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        >Der Weg ist dann nicht der „kapitalistische Weg“, aber wir befinden uns immer noch im kapitalistischem System „Soziale Marktwirtschaft“?>

        Ja, immer noch, aber Mutation zu ZUNEHMEND „Sozial“ (mit anderer Qualität als zu heute) und ABNEHMEND „Markt“.

        Ich denke, dass das gut belegbar ist.

        >Grundsätzlich sehe ich den Wachstumszwang nicht und würde von daher von Wachstumsdrang sprechen. Wachstumszwang wäre es dann, wenn „es keine akzeptable politische Alternative zu wirtschaftlichem Wachstum gibt“. Und mit der politischen Alternative ist nicht ein Systemwechsel hin zu Sozialismus gemeint.>

        Ich glaube auch, dass es keinen Systemwechsel hin zum Sozialismus, d. h. einer Vergesellschaftung der Produktionsmittel gibt.

        DIESES System ist verbrannt.

        Wachstumszwang oder Wachstumsdrang:

        Ich meine, dass das System OHNE kontinuierlich deutlich mehr Nachfrage STRUKTURELL nicht so bleibt, wie es heute ist.

        Wenn es diese Mehr-Nachfrage nicht gibt, gibt es nicht hinreichend Investitionen und damit nicht genügend Beschäftigung, was zu Instabilität des Systems führt.

        Und wenn die Beschäftigten weniger Stunden/Woche arbeiten würden bei gleicher Nachfrage?

        Wenn das FREIWILLIG der Fall wäre, gäbe es das Problem der Arbeitslosigkeit nicht, weil mehr Leute beschäftigt würden (alles andere c. p., also demografische Entwicklung, technologischer Wandel etc. weggelassen).

        Es wäre ein VERTEILUNGSPROBLEM – das der Arbeit.

        Im Augenblick und auf Sicht glaube ich nicht daran, weil damit verbunden ein Partizipationsproblem entstünde:

        Wer weniger arbeitet, würde weniger Einkommen erzielen und könnte daher nicht so viel konsumieren.

        Irgendwann vielleicht?

        Nicht ausgeschlossen.

        Habe die Richters-Studie im Augenblick nicht auf dem Schirm.

        Könnten Sie sie mir bitte verlinken.

      • troodon
        troodon sagte:

        @Dietmar Tischer
        https://www.wiso.uni-hamburg.de/fachbereich-sozoek/professuren/heise/zoess/publikationen/dp45.pdf

        “Ich meine, dass das System OHNE kontinuierlich deutlich mehr Nachfrage STRUKTURELL nicht so bleibt, wie es heute ist.”

        Aktuell sehe ich auch noch nicht die Notwendigkeit zum Übergang zu einer stationären Wirtschaft. Es ist selbst in Europa noch genügend Nachfragepotential nach xyz vorhanden. Von anderen Teilen der Welt einmal ganz abgesehen.

        Für den Übergang zu einem STABILEN Wirtschaftssystem mit Nullwachstum gibt es dann natürlich Voraussetzungen:
        “Die Frage, ob Nullwachstum stabil ist, oder ein Wachstumszwang vorliegt, wurde auch in verschiedenen postkeynesianischen Stock-Flow Consistent Models untersucht. Als Bedingung für einen stationären Zustand in diesen komplexen dynamischen Modellen ergibt sich, dass die Bestandsgrößen konstant sind und die verschiedenen Flussgrößen (Arbeitseinkommen, Zinserträge, Konsum …) gerade ausgleichen. Die These, dass Nullwachstum aus systemimmanenten Gründen unabhängig vom Verhalten der Akteure nicht möglich sei, wie sie beispielsweise Hans Christoph Binswanger oder Mathias Binswanger geäußert hatten,[66][67][68] wurde zurückgewiesen.[48][69][70][71] Allerdings ließen sich Bedingungen für Verhaltensgleichungen wie der Konsumfunktion ableiten, die eine notwendige Bedingung für Nullwachstum sind. Insbesondere muss der Konsum aus dem Vermögen größer sein als der nicht direkt wieder konsumierte Anteil der Zinserträge, damit keine Akkumulation stattfindet.[48]”
        Wikipedia zu “stationäre Wirtschaft”

      • troodon
        troodon sagte:

        und zuletzt noch ein Link zu:
        “im Juni 2020 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg mit Auszeichnung verteidigten Dissertation relativiert Richters die These des bekannten Umweltökonomen Hans Christoph Binswanger, dass in der Geldwirtschaft ein unüberwindlicher struktureller Wachstumszwang gegeben sei.”
        https://www.bdvb.de/presse/02-11-2020-muss-die-wirtschaft-wirklich-wachsen/#:~:text=In%20seiner%20interdisziplin%C3%A4ren%2C%20im%20Juni,un%C3%BCberwindlicher%20struktureller%20Wachstumszwang%20gegeben%20sei.

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Zum „richtigen“ Preis von CO2-Emissionen.

        M.E. ließe sich dieser zumindest (bzw. *nur*) in der Theorie auch marktwirtschaftlich bestimmen.

        Nehmen wir Gift X. Dieses gibt es auch in der Natur. Aber es fällt bei einem Produktionsprozess an. Der Produzent könnte dieses einfach ins Erdreich oder Abwasser einbringen. Dies ist jedoch verboten, weil es schädlich ist. Der Produzent muss nun Gift X beseitigen (z.B. Verbrennung, chemische Neutralisation). Die Kosten für Gift X sind demnach jene, die diese Beseitigung kosten. Im Wettbewerb kann sich der “richtige” Preis für die Beseitigung und damit auch Gift X herausbilden. Vielleicht kommt es auch dazu, ein anderes Produktionsverfahren zu entwickeln, bei dem Gift X nicht anfällt und das günstiger als die Beseitigung ist.

        Zu CO2. (Vorweg, mir ist schon klar, dass CO2 kein Gift ist. Also bitte nicht an der Stelle ansetzen. Es geht um den Mechanismus der Emissionsvermeidung und Preisfindung. Oder anders: Die Dosis macht das Gift / den Schadstoff.)

        Theoretisch wäre nun der “richtige” (marktwirtschaftliche) Preis für CO2 jener, den die Neutralisation kostet. Also könnten CO2-bindende oder -speichernde Unternehmen den CO2-produzierenden eine Rechnung schreiben, die Produzierenden suchen sich dabei den günstigsten Anbieter. Mit dem CO2 könnten dabei Produkte wie Holz oder flüssige Brennstoffe synthetisch hergestellt werden. Der man speichert es irgendwo – und muss wieder bezahlen, wenn man es freisetzt.

        In der Praxis (=ökonomisch und vermutlich auch wegen des begrenzten Raums für z.B. Wälder oder unterirdische Speicher) funktioniert das dann nicht wegen der gigantischen Mengen CO2 und des nötigen energetischen Aufwand für chemische Umwandlung von CO2 zu anderen Molekülen.

        Und: Weil CO2 zwar lokal emitiert wird, aber sich global auswirkt, die Rechtsräume und damit Durchsetzbarkeit der Kosten aber wieder regional sind.

        Daher die willkürlichen Ansätze mit Zertifikaten, Steuern und Grenzwerten. (Und diese lösen auch nicht das Problem der lokalen Emission mit globalen Folgen.)

        Vielleicht war das jetzt ein Beitrag der Kategorie: War schon klar… Aber ich bin da zumindest gerade drauf gekommen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Thomas M.

        >Dies ist jedoch verboten, weil es schädlich ist.>

        Die (reine) marktwirtschaftliche Theorie würde besagen, dass NICHTS verboten ist, sondern dass jenen, die GESCHÄDIGT werden durch das Gift X, – wenn es welche gibt und die den Schaden NACHWEISEN können – LEDIGLICH der Schaden zu ersetzen ist bzw. die wiederholte Schädigung untersagt wird.

        Wenn es KEINE Geschädigten gibt oder Geschädigte, die nicht klagen, dann verursacht das Gift X nach der Produktion KEINE Kosten, weil nichts zu beseitigen ist.

        Kurzum:

        Dem marktwirtschaftlichen Systemverständnis nach ist CO2 KEIN Gift.

        Wenn MAN, d. h. eine Mehrheit der Menschen, es aber aus bestimmten Gründen – ob belegbaren oder eingebildeten, sei dahingestellt -, als GIFT ansieht, wird man in das Systemverständnis eingreifen MÜSSEN und zwar dann, wenn die Akteure des Systems zwar die Giftigkeit erkennen, aber nicht so handeln, dass das Gift eliminiert wird.

        Die Beseitigung des Gifts X bzw. die damit generierten Kosten werden letztlich durch das Systemverständnis der im System agierenden Akteure BESTIMMT.

        Es ist AUCH eine ENTSCHEIDUNG darüber, ob Marktmechanismen gelten oder außer Kraft gesetzt werden.

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        @Hr. Tischer: Danke für die Präzisierung.

        >Die (reine) marktwirtschaftliche Theorie würde besagen, dass NICHTS verboten ist, sondern dass jenen, die GESCHÄDIGT werden durch das Gift X, – wenn es welche gibt und die den Schaden NACHWEISEN können – LEDIGLICH der Schaden zu ersetzen ist bzw. die wiederholte Schädigung untersagt wird.

        Das ist die Mechanismus, der zum effektiven Umweltschutz im Kapitalismus führt. Betroffene mit Eigentumsrechten (auch Gemeinschaftseigentum) können gegen Private, die Eigentum beschädigen, klagen. Nötig hierzu sind entsprechende Rechte und unabhängige Gerichte. Mein Startpunkt “Verbot” bzw. beim CO2 “Netto-0” hat dies übersprungen.

        Dieser Weg stößt an seine Grenzen, wenn die Schädigung von außerhalb des eigenen Rechtsraums stammt, der Schaden sehr schwer quantifizierbar ist und/oder die Verursachung nicht ohne massive andere Probleme vermieden werden kann – alles bei CO2-“Überproduktion” gegeben.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Thomas M.

        Entscheidend ist wie immer die ERFAHRUNG.

        Wenn die Menschen sich sagen:

        Der Schaden ist zwar außerhalb des eigenen Rechtsraums, aber er betrifft MICH, dann wird auch mal das System so GEÄNDERT, dass ein Rechtsraum GEGEBEN ist, in dem irgendjemand, der Staat z. B., handeln kann und muss.

        Es müssen nur genügend Menschen sein, die sich auf gleiche Weise geschädigt fühlen.

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @Thomas M. @DT

        Das Problem beim CO2 ist, dass

        „ Es müssen nur genügend Menschen sein, die sich auf gleiche Weise geschädigt fühlen.“

        der Schaden in einer langfristigen Zukunft liegt. Und der Schaden zuerst ökonomisch Schwache außerhalb des eigenen Rechtsraums ereilen wird.

        Das bringt mich dazu, zu folgern, dass das Problem keiner Marktlösung zugängig ist. Der Markt reagiert auf Kinder im Brunnen, nicht Kinder auf dem Weg zum Brunnen die noch 10 km weit weg sind.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Christian Anders

        Ich sehe das anders.

        Was die ENTWICKELTEN Volkswirtschaften betrifft:

        Da sieht man schon, dass der Schaden eintritt.

        Und da er auf Menschen trifft, die über ein HOHES Wohlstandsniveau verfügen, sind sie sehr SENSIBILSIERT, die Schadensentwicklung einzubremsen.

        Daher eine konsequente Energiewende mit ABKEHR vom Marktgeschehen.

        Was die sich ENTWICKELNDEN Volkswirtschaften betrifft:

        Da sieht man auch, dass der Schaden eintritt.

        Da er auf Menschen trifft, die über ein vergleichsweise niedriges Wohlstandsniveau verfügen, sind sie sehr viel WENIGER sensibilisiert, die Schadensentwicklung einzubremsen zumal sie nicht einmal die Ressourcen haben, sie nachhaltig einzubremsen.

        Sie sind daher vielmehr bestrebt, ihr Wohlstandsniveau zu erhöhen.

        Und das erfolgt sehr effizient:

        Sie kaufen u. a. Hightech der stillgelegten Kohlekraftwerke zum Schnäppchenpreis und installieren sie in bestehenden oder neuen Kohlekraftwerken.

        Wieder einmal Capitalism at its best:

        Eine WIN-WIN-Situation.

        Gut fürs alle Beteiligten, aber NICHT hinreichend, sondern kontraproduktiv für die Bekämpfung des Klimawandels.

  5. ruby
    ruby sagte:

    Sehr wichtig, daß und wie Sie das Modell ins heute kommentierend fortschreiben!
    Meiner Analyse nach fehlt etwas zusötzlich erklärendes:
    neben den Gegenpartnern Gläubiger vs. Schuldner gibt es längst den Part des Treuhänders und zwar auf Mikrobasis und auf Makrobasis sowie abschliessend und übergeordnet auf weltweiter Grundlage und Zusammenführung.
    Hier denke und entwickle ich ein zukünftiges Miteinander als fortschritllich.

    Treuhänder*:
    Genossenschaften,
    Stiftungen,
    BIZ,
    Zentrale Währung, Claringshouse und Kollateralkontoführung aller Obligationen von realen Haftern für Kreditsummen

    *zuhnehmender Konzentrationsgrad

    Antworten
  6. weico
    weico sagte:

    @Stelter

    (Oh je, das war auf der Zeitachse natürlich völlig daneben. Es erschien damals undenkbar, dass es zu einer derartigen Fortsetzung der Schuldenwirtschaft kommen würde. So wie uns vieles von dem, was heute passiert, auch vor nur wenigen Jahren als völlig undenkbar erschien. Insofern kann es noch Jahre weitergehen.)

    Es war damals auch nicht absehbar, dass so viele asiatische “Nachschuldner”/Konsumenten so schnell den Markt “bereichern” werden . Daher wird das Wachstum noch ,vermutlich Jahrzehntelang, weitergehen.
    Milliarden von Menschen wollen noch konsumieren und werden auch. Da das europäische Zeitalter ja langsam am “auslaufen” ist und durch das Asiatische abgelöst wird, sind auch die Wachstumsgewinner ersichtlich.

    Der GDP-Langzeitausblick von PcW , zeigt jedenfalls einen klaren Trend.
    https://www.pwc.com/gx/en/research-insights/economy/the-world-in-2050.html

    Nebenbei:
    Das Buch von Herrn Stelter, Deflationäre Depression (Konsequenzen für das Management), gibt es hier :
    https://1lib.ch/book/2301791/4dc796

    Antworten
  7. foxxly
    foxxly sagte:

    danke, herr d. stelter, für diesen wunderbaren und ausführlichen beitrag!!!

    was bin ich für das gleiche ergbnis und aussage meinerseits hier im forum schon vielfach “angefeindet” worden!

    Antworten
    • weico
      weico sagte:

      @foxxly

      “was bin ich für das gleiche ergbnis und aussage meinerseits hier im forum schon vielfach „angefeindet“ worden!”

      Sie sind nicht “angefeindet” worden, sondern darauf aufmerksam gemacht worden, dass Ihr EXPONENTIELLER Wachstumsgedanke ein völliger Schwachsinn ist und sie der Zinseszins-Theorie eines Bernd Senf nachreden.

      Antworten
      • foxxly
        foxxly sagte:

        @ wieco 10:57
        >>dass Ihr EXPONENTIELLER Wachstumsgedanke ein völliger Schwachsinn ist und sie der Zinseszins-Theorie eines Bernd Senf nachreden.<<

        wo sind wir den eigentlich?

        wenn sie das ergebnis aus den berericht von h. stelter anerkennen, – und anschließend 1+1 zusammenzählen, dann kommen sie auf ein exponentielles wachstum.

        dass folgekredite die zinslast weiter erhöhen, dürfte auch klar sein.

        womit haben sie eigentlich ein problem?

        ein zins, egal wo und wie er eingefordert wird, hat den effekt, dass (in der gesamtbetrachtung) das geld dazu nicht vorhanden ist. erst durch neuverschuldung können die zinsen bezahlt werden.
        das ist ansich kein widerspruch gegen den zins.
        aber der zins, der durch die geldschöpfung entsteht, entzieht sich der realwirtschaft auch in einer exponentiellen geschwindigkeit.

        und er macht die arbeitsleistung von mensch und maschine zu einer schuld. das ist für mich nicht ok!

      • Christian Anders
        Christian Anders sagte:

        @foxxly

        “wo sind wir den eigentlich?”

        In einer Welt, in der realer Ressourcenverbrauch nicht durch eingesetzte Geldmengen determiniert ist und entsprechend wachsende Ressourcennutzung nicht proportional mit Wachstum von Geldmenge und Zinslasten einhergehen muss. Zusätzlich ist die Entwertung von Geld in %/Jahr ein ebenfalls exponentieller Prozess, der dem Wachstum der Geldmenge entgegengesetzt läuft.

        Es kommt mir vor, als hätte ich dies schon mal erwähnt.

      • foxxly
        foxxly sagte:

        @ anders 14:32
        bto>>Die Praxis scheint diese Schlussfolgerung zu bestätigen, ist doch das Verhältnis von Schulden zu Sozialprodukt in den USA über Jahrzehnte konstant bei etwa 1,4 zu 1 geblieben<<

        die heutige expertenschätzung liegt bei rund 8 $ für 1$ wachstum; – also noch viel mehr ungünstiger.

        eine entwertung tifft ja wohl beide seiten.

        nochmals: wenn die regulativen kräfte so groß wären, dass sie die exponentielle verschuldung egalisieren würde, dann wäre die realwirtschaft sicherlich schon tod.

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