Geld aus dem Nichts – nach Irland auch Italien

Der menschlichen Kreativität ist bekanntlich keine Grenze gesetzt. Dies gilt besonders dann, wenn die Lage misslich ist. Bekannten Künstlern wird nachgesagt, gerade in Zeiten finanzieller Not besondere Höchstleistungen erbracht zu haben. Was für Individuen gilt, trifft natürlich auch auf die Entscheidungsträger in Politik und bei den Zentralbanken zu.

So hat Irland – weitgehend unkommentiert in den Medien und unbemerkt von der breiteren europäischen Öffentlichkeit – im letzten Jahr die Zentralbank zur direkten Staatsfinanzierung genutzt. Immerhin in einem Umfang von rund 20 Prozent des irischen BIP. Die Notenbank war der Käufer von bis zu 40 Jahren laufenden Anleihen, die zunächst tilgungsfrei sind. Die Zinsen, die der Staat noch zahlen muss, werden umgehend als Gewinn wieder an denselben ausgeschüttet. Wolfgang Münchau durchschaute das Treiben in der FT und brachte es auf den Punkt: Das ist lupenreine „monetäre Staatsfinanzierung“ (übersetzt: Weimar pur). Er fand es übrigens gut. Der EZB-Rat hat das Treiben der irischen Zentralbank „zur Kenntnis“ genommen, so Herr Draghi. Um es noch mal zu verdeutlichen: Die Iren haben damit völlig autonom mehrere Milliarden an „Geld“ geschaffen, indem sie es dem Staat geliehen haben. Euro übrigens.

Hier für alle, die das verpasst haben, der Artikel zu Irland:

FT (Anmeldung erforderlich): Ireland shows the way with its debt deal, 10. Februar 2013

Sicherlich wird Irland nicht das einzige Land bleiben, welches auf diesem Wege akute Finanzierungsprobleme löst. Doch nicht nur Staaten sind in Europa klamm. Auch die Banken sind weitgehend insolvent, wenngleich dies niemand offen zugeben mag. Der anstehende Stresstest wird deshalb mit Sorge gesehen.

Um sicherzugehen kann man natürlich schon vor dem Test die Kapitalbasis stärken. Doch wo soll das Kapital herkommen? Und da ist sie dann wieder, die menschliche Kreativität! Diesmal in Italien. Was wird gemacht? Nun, die Banken sind Anteilseigner der Notenbank (was nicht so ungewöhnlich ist, wurden Zentralbanken wie die Fed doch von den Banken gegründet, um als Lender of Last Resort in Krisen zu agieren). Wenn man nun das Kapital der Notenbank höher bewertet, sind die Anteile mehr wert. Und wenn man dann noch eine neue – tiefere – Grenze für die Höchstbeteiligung einer Bank festlegt und damit Banken zwingt, einen Teil ihrer nun deutlich höher bewerteten Anteile zu verkaufen, dann – Bingo – hat man Geld aus dem Nichts geschaffen und die Kapitalprobleme (etwas) gelöst. Fantasie? Nein: Italien.

beyond the obvious wettet: Wir werden noch viel mehr solche Aktionen sehen. Die offene Frage bleibt nur: Kann man so die Probleme lösen oder verlängert es nur das Spiel?

Reuters: Italy biggest banks could pocket 3.5 bln euros from BOI’s stake sale, 31. Januar 2014

Kommentare (3) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Nein. ELA ist die kurzfristige Zurverfügungstellung von Geld an die Banken. Hier wurde Eigenkapital erzeugt durch Schaffung eines Buchgewinns. In Irland hat die Notenbank dem Staat direkt Anleihen abgekauft und überweist Zinsen direkt wieder zurück. Banken völlig außen vor. Also ganz andere Qualität als ELA.

      Antworten

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  1. […] So war es auch in Irland. Weitgehend unkommentiert in den Medien und unbemerkt von der breiteren europäischen Öffentlichkeit wurde 2013 die Zentralbank zur direkten Staatsfinanzierung genutzt. Immerhin in einem Umfang von rund 20 Prozent des irischen BIP. Die Notenbank kaufte bis zu 40 Jahre laufende Anleihen, die zunächst tilgungsfrei sind. Die Zinsen, die der Staat noch zahlen muss, werden umgehend als Gewinn wieder an denselben ausgeschüttet. Die Financial Times durchschaute das Treiben und brachte es auf den Punkt: „Das ist lupenreine „monetäre Staatsfinanzierung“. […]

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