Gastbeitrag: Wie aus Bank­noten auf einmal Geld­scheine wurden

Dr. Renée Menéndez schrieb mir:

Sehr geehrter Herr Stelter,

derzeit stehen ja gerade wieder die Elementarfragen des Geldsystems auf der Tagesordnung. Da trifft es sich ganz gut, dass gerade wieder eines meiner “berüchtigten” Paper fertiggestellt ist, welches sich mit der Herausbildung der heutigen Geldscheine aus den früher verwendeten Banknoten beschäftigt. Die Gegenüberstellung der historischen mit den gegenwärtigen Zahlungstechnologien ist ein spannendes Thema, welches auch eine Reihe von kontroversen Themen anspricht, wie die Frage nach den Gründen für die Herausbildung des fraktionellen Reservesystems oder die Gründe für die Entstehung von Banken und nicht zuletzt die Kontroverse zwischen Currency und Banking. (…)
Ich denke, es ist eine gute Ergänzung zu dem derzeit laufenden Themenkomplex und stelle es Ihnen als Text für Ihren Blog zur Verfügung.

Viel Spaß bei der Lektüre!

Und hier der Gastbeitrag von Dr. Renée Menéndez:

Wie aus Banknoten auf einmal Geldscheine wurden – vom Zahlungsersatzmittel zum Zahlungsmittel

Um das zu verstehen, muss man sich zunächst mit der Bedeutung des Begriffs „Banknote“ auseinandersetzen, denn es ist nicht selbstverständlich, dass der heutige Begriffsinhalt eine korrekte Wiedergabe dessen ist, was eine Banknote eigentlich ausmacht. Denn der Begriff „Banknote“ ist älter als unser heutiges Geld, ein Umstand, den viele noch aus der Vergangenheit kennen. Aber auch in der Gegenwart gibt es Reminiszenzen an diese Zeit. So findet sich auf den „Banknoten“ der Bank of England immer noch die Formulierung, „I promise to pay the bearer on demand the sum of xxx pound“. Auch wenn dies inzwischen zu einer Leerformel geworden ist, weist es dennoch darauf hin, dass Banknoten in früheren Zeiten eine Forderung auf das ultimative Zahlungsmittel Gold oder – wie im Fall Englands – Sterling Silber gewesen sind.

Dieser Aufdruck ist also ein Ausdruck davon, dass Banknoten ursprünglich Forderungspapiere waren, die in verschiedenen Ausprägungen kursierten. Im einfachsten Fall waren Banknoten sogenannte Lagerscheine, die dem Inhaber des Papiers ein Herausgaberecht auf hinterlegtes Gold etc. gewährten, wobei der Emittent des Lagerscheins (der Verwahrer) der Verpflichtete aus diesem Papier ist. Das Recht zur Herausgabe ist durch den Lagerschein verbrieft (= Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier!) und kann von jedem eingefordert werden, der dieses Wertpapier in Besitz hat. (Inhaberpapier!)

  • Ein Inhaberpapier hat auch nichts mit einem Schuldschein zu tun, denn Schuldscheine – die auch gelegentlich bei einer „Einlage“ ausgestellt wurden – sind Beweismittel über ein bestehendes Schuldverhältnis. (= Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier!) Dabei muss man berücksichtigen, dass eine einfache Übertragung eines Schuldscheines das zugrunde liegende Schuldverhältnis nicht berührt, sodass der Schuldner eine Herausgabe an einen Besitzer des Schuldscheines, der nicht der darin aufgeführte Gläubiger ist, verweigern darf und verweigern muss, weil eine Leistung an einen Nichtberechtigten die ursprüngliche Schuld bestehen lässt. Dieses Hindernis bei der Übertragung der Rechte aus einem Schuldschein kann man zwar durch eine sogenannte Zession umgehen, bei der sich die Beteiligten – je nach Ausgestaltung des Schuldscheines – vertraglich darüber einigen können, dass der Gläubiger einer Schuld wechselt. Der Katalog von „Wenn und Aber“ bei einer Zession – ein Blick bei Wikipedia genügt – macht klar, dass ein Schuldschein für die Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs praktisch unbrauchbar ist.

Soweit also Banknoten Forderungspapiere waren, liegt es nahe, das heutige Zahlungsmittel nicht mit derselben Bezeichnung zu etikettieren, sondern sich des nüchternen und neutralen Ausdrucks „Geldschein“ zu bedienen. Dieser Wechsel der Bezeichnung wird dadurch inhaltlich motiviert, dass Geldscheine keine Banknoten mehr sind, weil sie den für Banknoten konstitutiven Forderungsinhalt nicht aufweisen. Es wird häufig gemutmaßt, dass Geldscheine eine „Forderung auf das Sozialprodukt“ (oder ähnliche Formulierungen) wären, um die Forderungseigenschaft von Geldscheinen zu retten. Dieses Konzept weist aber den unheilbaren Mangel auf, dass der Forderungsinhalt nicht spezifiziert ist. Es gibt keine Forderungspapiere, die sowohl eine Forderung auf Butter als auch auf Kanonen verbriefen könnten, um mal ein gängiges Beispiel aus dem ökonomischen Grundstudium zu zitieren. Mit derartigen Konstruktionen wird lediglich versucht, etwas zu rationalisieren, was seit der Aufhebung der Goldeinlösepflicht nicht mehr gegeben ist. Das erkennt man unter anderem schon daran, dass heutige Geldscheine keine Inhaberpapiere (wie die Banknoten) sind, sondern den Inhaberpapieren nur noch gleichgestellt, was im Wesentlichen den Zweck hat, sicherzustellen, dass Geldscheine – wie indossamentfreie Wertpapiere auch – einfach durch Einigung (§ 433 BGB) und Übergabe (§ 929 BGB) übertragbar sind.

Nun sehen Geldscheine ja so ähnlich aus wie Banknoten, sodass man nicht auf den ersten Blick sieht, was der entscheidende Unterschied zwischen beiden Papieren ist. Das erkennt man dann, sobald man sich klarmacht, dass Banknoten zwar in einem Geschäft als Kompensation übergeben wurden, diese aber lediglich ein bestimmtes Goldquantum verbrieften und daher das eigentliche Zahlungsmittel das Gold ist. Das heißt, die eigentliche Gegenleistung bei einem Geschäft war eine Menge Gold und nicht das als (vorläufige) Kompensation übergebene Forderungspapier auf Gold. Dagegen sind heutige Geldscheine ein unmittelbares Zahlungsmittel, weil sie eine in Geldeinheiten denominierte Schuld final tilgen können. Das geht deswegen, weil die Gegenleistung heute die Geldscheine selbst sind, wobei Geldscheine nicht mehr durch den Emittenten in irgendein anderes Vermögensmedium eingelöst werden müssen.

Diese Eigenschaft, die unmittelbare Gegenleistung bei einem Geschäft zu sein, ist den Banknoten nicht vergönnt, weil eine Banknote lediglich stellvertretend für das ultimative Zahlungsmittel Gold ist. Eine gängige Konstruktion dafür ist der schon genannte Lagerschein, der als Inhaberpapier ausgestaltet ist, der dem Inhaber das Recht verleiht, das hinterlegte Gut sich herausgeben zu lassen. Die wesentlich wichtigere Konstruktion ist der Wechsel, der von den Banken im Rahmen sogenannter „Kreditleihegeschäfte“ herausgegeben wurden, um dem betreffenden Geschäftskunden Bonität für die von ihm geplanten Geschäfte zu verleihen. Für die Handhabung des Wechsels gab es historisch vielfältige Ausgestaltungen, wovon hier zwei Ausprägungen von besonderem Interesse sind:

  • Die (bereits etwas weiterentwickelte) Grundform des Wechsels ist dergestalt, dass eine Übertragung nur per Indossament erfolgen konnte. Das Indossament hat für den Akzeptanten (Indossatar) die wesentliche Funktion, dass der Überreicher (Indossant) bis zur ordentlichen Einlösung des Wechsels für die darin aufgeführte Sache haftet. Eine “Zahlung” mit einer indossamentpflichtigen Wechsel-Banknote ist damit eine Leistung erfüllungshalber. Erfüllungshalber bedeutet kurz gesagt, dass die eigentliche Gegenleistung (Gold) durch eine Ersatzleistung gestundet wird, solange wie die Restlaufzeit des Wechsels ist. Wer eine Leistung erfüllungshalber annimmt, ist zunächst verpflichtet, die geschuldete Leistung aus diesem „Ersatz“ zu realisieren. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Wechsel ordnungsgemäß bedient wird und der Emittent (Bezogener) seine in dem Wechsel aufgeführte Schuldverpflichtung vollständig getilgt hat, indem der Wechsel ordnungsgemäß (mit Gold) bezahlt worden ist. (Natürlich gab es auch damals schon die Üblichkeit, dass ein (Bank-)Wechsel mit einer Gutschrift „erfüllt“ wurde. Diese Gutschrift lautete dann allerdings ebenfalls auf Gold!)
  • Die Banknoten (Wechsel) durften im weiteren historischen Verlauf auch indossamentfrei übertragen werden. Dadurch wandelte sich der Charakter der Kompensation bei einem Geschäft, denn nun handelt es sich bei einer “Zahlung” mit einer solchen Banknote um eine Leistung “an Erfüllung statt”! Dabei bedeutet „an Erfüllung statt“, dass die Kompensation des Geschäfts zwar nicht dem eigentlichen Vertragsinhalt entspricht, der Gläubiger aber dennoch diese Kompensation als finale (Vertrags-)Erfüllung annimmt, weil er darauf vertraut, dass der Schuldner dieser Banknote auch zahlungsfähig ist. Der Akzeptierende einer solchen Banknote, die als schuldbefreiende Leistung den Vertrag unwiderruflich erfüllt hat, konnte seinen Anspruch (auf Gold) aus dem Geschäft nur noch durch Realisierung des Forderungsinhaltes der “Banknote” erhalten. Dabei gibt es zwei Ausprägungen: Zum einen konnte der Akzeptierende diese Banknote direkt (bei dem Emittenten) in Gold konvertieren, zum anderen konnte er dann, wenn ihm jemand dafür eine reale Leistung angeboten hatte, diese Banknote gegen diese Realleistung weitergeben. Das führt natürlich nicht zum Untergang der Forderung auf Gold, denn nun hat lediglich der Nächste diese Forderung “an Erfüllung statt”!

In beiden Fällen ist die “Banknote” nicht die vertraglich ausbedungene Gegenleistung, auch wenn im Fall 2 das Geschäft (hinsichtlich der monetären Gegenleistung) mit dieser Banknote „an Erfüllung statt“ finalisiert wurde. Denn der Akzeptierende musste nun selber sehen, wie er seinen Anspruch aus dem Forderungstitel realisieren konnte. Dagegen bleibt bei einer Leistung „erfüllungshalber“ das Schuldverhältnis schwebend bestehen und lebt dann wieder auf, wenn ein Wechsel zu Protest geht. Bei einer ordnungsgemäßen Bedienung des Wechsels gehen alle schwebenden Schuldverhältnisse (das heißt alle durch ein Indossament dokumentierten Schuldverhältnisse) auf einmal unter. (Das war auch der eigentliche Sinn des Wechsels eine Vielzahl von – dadurch – verketteten Transaktionen, bei denen Gold die Gegenleistung war, ohne die Verwendung des eigentlichen Zahlungsmittels möglich zu machen, indem nur am Ende der Laufzeit des Wechsels eine einzige Goldzahlung nötig ist, um die Vielzahl der damit getätigten Geschäfte auf einen Schlag zu finalisieren.)

Letzten Endes wird an dieser Stelle auch klar, dass die begriffliche Trennung in Banknote (mit Forderungsinhalt) und Geldschein (kein Forderungsinhalt) nicht nur eine flippige Marotte ist, sondern auf den entscheidenden Unterschied verweist, welcher zwischen heutigen Geldscheinen und damaligen Banknoten besteht. Während eine Banknote einen Herausgabeanspruch auf Gold verkörpert und somit ein klassisches Inhaberpapier ist, sind Geldscheine heutiger Prägung nur noch Schuldentilgungsmittel, soweit eine (vertragliche) Zahlungspflicht (in Geld) besteht. Im Unterschied zu Banknoten sind Geldscheine demgegenüber selbst das Erfüllungsobjekt für Geldschulden, sodass auch eine Einlösungsverpflichtung für den Emittenten entfällt.

Diese Einsicht wird von all denen bekämpft, die daran glauben, dass die heutigen Zahlungsmittel, die immer noch „Banknoten“ genannt werden, nach wie vor eine Verpflichtung des Emittenten – also der Emissionsstelle Zentralbank – sind. Dabei gibt es seit rund 50 Jahren keinen Anlass mehr zu vermuten, dass Geldscheine – die heutigen Zahlungsmittel – irgendeinen Forderungsinhalt aufweisen würden. Es gibt haufenweise untaugliche Versuche, den Geldscheinen noch irgendeine Forderung anzudichten, zu denen auch die Legende gehört, dass es die „Sicherheiten“ wären, die einen Geldschein zu einer Forderung machen würden, weil man ja durch die Zahlung von Geldscheinen seine „Sicherheiten zurückfordern“ könne. Die Wahrheit ist: Geldscheine werden gezahlt, weil es eine Schuld zu begleichen gibt. Welche Nebenbedingungen damit verbunden sind, ist der Schuld und den Scheinen völlig egal. Zu diesen Legenden gehört auch die Fantasie, dass man mit einem Geldschein eine „Forderung auf das BIP“ oder ähnliche Konstrukte hätte. Die Wahrheit hier ist, dass es erst durch zwei sich deckende Willenserklärungen dazu kommt, dass Geldscheine ihre Wirkung entfalten können, indem diese zur Tilgung der vereinbarten (Vertrags-)Schuld übergeben werden. Eigentlich ist es einfach: ERST kommt der Vertrag, also das Schuldverhältnis, DANN die Eigentumsübertragung der Ware einerseits sowie die Eigentumsübertragung der Geldscheine andererseits.

Bemerkenswert an dieser Stelle ist insbesondere, dass die Geldscheine wegen der Existenz einer Geldschuld übergeben werden und NICHT, weil die korrespondierende Leistung aus einer Übergabe eines realen Gegenstandes besteht. Diese Verbindung besteht zwar dadurch, dass der Vertrag zwei Übertragungsgeschäfte miteinander verknüpft. Bei der Eigentumsübertragung, also der dinglichen Verfügung, sind die beiden Übertragungen jedoch ein jeweils eigenständiges Rechtsgeschäft. Dabei ist es heutzutage so, dass das Rechtsgeschäft „Zahlung des Kaufpreises“ dadurch erfolgt, indem Geldscheine übergeben werden, womit dieses Übertragungsgeschäft ohne weitere folgende Verpflichtung FINALISIERT ist. Das heißt, es handelt sich bei der Übergabe von Geldscheinen weder um eine Leistung an Erfüllung statt noch um eine Leistung erfüllungshalber, sondern um die ultimative Erfüllung der vereinbarten Leistung.

Man mag sich nun fragen, warum in früheren Zeiten zu derartig komplizierten Konstruktionen wie dem Wechsel zurückgegriffen wurde? Denn wie gesehen ist ein Wechsel als Gegenleistung entweder eine Leistung an Erfüllung statt oder eben erfüllungshalber, je nachdem, ob ein Indossament erfolgen muss oder nicht. Der Grund dafür lag darin, dass über Jahrhunderte eine Knappheit an dem eigentlichen Zahlungsmittel Gold herrschte – die “Bullion Famine”. Weil es – bis auf kurze Phasen – nie genug Gold für die Abwicklung aller Geschäfte gab, wurden Finanzinstrumente geschaffen, welche die Knappheit des ultimativen Zahlungsmittels ein wenig lindern konnten. Denn im Idealfall konnte ein Wechsel bei einer üblicherweise dreimonatigen Laufzeit und einer täglichen Weitergabe immerhin 90 Geschäfte ermöglichen, ohne dass jedes Mal Gold für die Transaktion benötigt wurde. Lediglich einen Tag vor Fälligkeit musste der Wechselvertrag mit Gold ausgeglichen werden, damit die Emissionsstelle den Wechsel am Folgetag termingerecht bedienen konnte. Das heißt, für 90 Geschäfte in drei Monaten war nur einmal Gold erforderlich, um alle damit getätigten Geschäfte finalisieren zu können. Die Details über den Ablauf einer Kreditleihe finden sich hier: → Kreditleihe

Man könnte an dieser Stelle auf die Idee kommen, dass die Herausbildung von Banken, also diejenigen Einrichtungen, welche die Banknoten erfunden haben, eine Antwort auf die permanente Knappheit des eigentlichen Zahlungsmittels waren. Dabei bestand ihre besondere Funktion darin, eine FINanzielle TECHnologie zu entwickeln, um die Knappheit des ultimativen Zahlungsmittels Gold einerseits einigermaßen in den Griff zu bekommen und andererseits diese Dienstleistung auch zu ökonomisieren. Anfangs waren Wechsel im Wesentlichen dazu da, um der Notwendigkeit zu entkommen, das Zahlungsmittel Gold ständig zwischen verschiedenen Marktplätzen hin- und hertransportieren zu müssen, was durchaus zu einem gefährlichen Abenteuer werden konnte. Denn soweit sich unter Händlern Zahlung und Gegenzahlung (auch als Ergebnis einer „Ringschuld“) weitgehend ausgleichen, wird die unmittelbare Verbringung des Zahlungsmittels Gold praktisch entbehrlich. Die Wechsel erfüllten die Funktion als (An-) Weisungen auf das Zahlungsmittel Gold und waren als Orderpapiere (wegen der Indossamentverpflichtung) für Nichtberechtigte praktisch wertlos. Mit dem Aufkommen der Solawechsel wurden aus Handelsinstrumenten auf einmal Finanzinstrumente, die den Zweck hatten, einem (Bank-) Kunden die für ein Geschäft notwendige Bonität zu verleihen. Dazu stellte die Bank mit sich selbst als Bezogener (Wechselschuldner) einen Wechsel zugunsten eines Kunden aus, der diesen als Kompensation für ein Geschäft nutzen konnte. Für die üblicherweise dreimonatige Laufzeit des Wechsels wurde der darin aufgeführte Betrag dem Kunden gestundet und musste vom Kunden bei Fälligkeit des Wechsels der Bank erstattet werden. Das sieht fast so aus wie ein (Banknoten-) Kredit, ist es aber dennoch nicht, weil nicht die Wechsel-Banknote zurückzuerstatten war, sondern die in der Wechsel-Banknote aufgeführte Quantität an Gold.

Die sich damit herausbildenden Banknoten sind zwar kein gültiges Substitut für das eigentliche Zahlungsmittel Gold, können aber dennoch durch die Verkettung von Schuldverhältnissen die Notwendigkeit der Übertragung von Gold im Geschäftsverkehr erheblich reduzieren. Diese Verkettung der Schuldverhältnisse durch Indossament wurde auch erst dann allgemein unüblich, als die Bonität des Schuldners (zumindest zeitweise) über jeden Zweifel erhaben war, was erst (im großen Stil) eintrat, als die Zentralbanken ihren Betrieb aufnahmen und die von ihnen emittierten Banknoten indossamentfrei ausgestalteten. Das Interessante bei der Geschichte ist, dass sich dieser Raison d’Être bis jetzt fortsetzt, weil auch heute das Zurückdrängen der Verwendung von Bargeld ein Unternehmensziel der Banken ist. Insofern ist der historische Entstehungsgrund von Banknoten heutzutage darin wiederzufinden, dass mit bargeldsparenden Technologien wie Überweisungen (die Verkettung von Schuldverhältnissen!), garniert mit einem Haufen von Fintech-Gimmicks, die Nutzung von Bargeld zurückgedrängt werden soll, sodass die sogenannte „bargeldlose“ Zahlungsweise quasi das Erbe der damaligen Banknoten angetreten hat. Banknoten sind also die (weitgehend) goldlose Zahlungsersatzmöglichkeit in Zeiten absoluter Knappheit des ultimativen Zahlungsmittels.

Diese ganzen Zusammenhänge kann man dann nicht verstehen, wenn man die „Wechsel-Banknoten“ und die „Geldschein-Banknoten“ unbesehen in einen Topf rührt und sich nicht über die spezifischen Unterschiede beider Zahlungsmitteltechnologien im Klaren ist. Sobald man aber den entscheidenden Unterschied erkennt – Zahlungsersatzmittel hier, Zahlungsmittel dort – wird klar, dass Banken nicht primär irgendwelche lustigen „Transformationsaufgaben“ zu lösen haben, sondern das wesentlich schwierigere Problem, wie man mit den Unsicherheiten der Emission von Zahlungsersatzmitteln umgehen muss. Denn genauso können heute Kredite, wie man es höflich ausdrückt, „notleidend“ werden, wie früher natürlich ein Wechsel (als Bestandteil eines Kreditleihe-Arrangements) auch platzen konnte und zu Protest ging oder die Wechselvertragszahlung (in Gold) nicht rechtzeitig einging. Das ist dann wieder dasselbe Problem, egal ob das Gold für die Bedienung des Wechsels/der Wechselvertragszahlung nicht gezahlt wurde oder ob das Geld, was für die Tilgung des Kredites erforderlich wäre, nicht pünktlich eingeht.

An dieser Stelle wird auch ganz nebenbei klar, wodurch sich die sogenannte fraktionelle Reservehaltung herausgebildet hat: Im Unterschied zu einer verbreiteten Theorie, dass Banken einfach Goldzertifikate herausgegeben haben, weil sie einen „Bodensatz“ von nicht abgefordertem Gold hatten, womit automatisch den Banken eine Veruntreuung des ihnen anvertrauten Goldes unterstellt wird, entstand die wahre Herausbildung des fraktionellen Reservesystems dadurch, dass Banken die Zahlungsverpflichtungen durch die emittierten Forderungspapiere, die für sie ja eine Schuld darstellten, ordnungsgemäß dadurch absicherten, dass der Wechselnehmer vertraglich gehalten war, den Gegenwert des Wechsels einen Tag vor Fälligkeit bei der Bank einzuzahlen. Diese nachträgliche Erstattung für die Emission einer für die Bank zur Fälligkeit zu bezahlenden Schuld hatte zur Folge, dass sich viel mehr Goldforderungen (= Bankverbindlichkeiten) in Umlauf befanden, als Goldvorräte bei der Bank vorhanden waren. Das ist jedoch solange kein Problem, wie die „Tilgungszahlungen“ in Gold für die Wechsel durch den Wechselnehmer pünktlich eingehen, denn damit begleicht die Bank am nächsten Tag die in dem Wechsel aufgeführte Summe an Gold. Aus DIESER Konstruktion ergeben sich im Grunde keine Probleme, sondern erst dann, wenn „zu viele“ Wechselnehmer ihre Zahlungsverpflichtungen nicht bezahlen und die Bank aus ihren eigenen Beständen die eingehenden Wechselverbindlichkeiten bezahlen muss. DAS geht nicht lange gut, hat aber nicht unbedingt mit einem Fehlverhalten der Banken zu tun, sondern üblicherweise mit einer Rezession, in der die Bezahlung der Wechselvertragszahlungen seitens der Wechselnehmer großflächig ins Stocken gerät. Das bedeutet: Die Kunden, denen Wechselkredit gegeben wurde und die die Rückzahlung nicht leisten können (in einer Rezession betrifft das auch die „guten“ Wechselnehmer), sind das Problem, nicht die Banken!

Von daher ist es jetzt möglich, die entscheidenden Aspekte zu erkennen, wie aus Banknoten auf einmal Geldscheine entstanden. Banknoten als Forderungspapiere und damit im Wesentlichen in Gold einzulösende (Sola-)Wechsel sind das umlaufende Element einer Finanzierungsform, die früher unter der Bezeichnung „Kreditleihe“ bekannt war. Der Bezogene, das heißt die den Wechsel emittierende Bank, sicherte ihre verbriefte Zahlungspflicht dadurch ab, dass der erste Empfänger des Wechsels eine Zahlungsverpflichtung unterschrieb, einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels den Wechselbetrag in Gold an die Emittentin zu zahlen, die damit am nächsten Tag die Goldforderung aus dem Wechsel für sie vermögensneutral bedienen konnte. Die Zahlungspflicht lautete auf Gold als eigentlichem Zahlungsmittel. Die Verbindung zum (Geldschein-) Kredit liegt darin, dass die Begleichung einer Wechselsummenverpflichtung auch dadurch geschehen konnte, dass der Wechselsummenschuldner eben den Wechsel zur Tilgung der Schuld einreichen konnte, wenn im Laufe des Geschäftsbetriebes genau dieser Wechsel bei ihm eingegangen war. Das bedeutet, dass der Schuldner mit der Zahlungsverpflichtung gegenüber der emittierenden Bank auf einmal die entsprechende korrespondierende Forderung gegen die emittierende Bank besaß, womit sich für ihn Zahlungsverpflichtung (aus dem Wechselvertrag) und Forderung (aus dem Wechsel) aufheben bzw. spiegelbildlich Forderung (aus dem Wechselvertrag) und Zahlungsverpflichtung (aus dem Wechsel) für die emittierende Bank sich ebenfalls aufhoben. Heißt: außer Spesen nichts gewesen!

Dieses damals zufällige Vorkommnis wird aber dann zur Regel, wenn auf einmal indossamentfreie und standardisierte – sogenannte „vertretbare“ Wechsel (in Kleinststückelung) – als Banknoten in Umlauf gegeben werden. Damit erfolgte die Tilgung der (nunmehr fast ausgereiften) Kredite mehr und mehr durch Zahlung der nicht personalisierten Banknoten, obwohl diese Banknoten immer noch den Einlösevermerk auf Gold aufwiesen. Und genau an dieser Stelle schließt sich nun der selbstreferenzielle Kreis, weil die Emission von (im Prinzip) Forderungspapieren durch die Rückübertragung dieser (vertretbaren) Forderungspapiere wieder rückgängig gemacht werden kann, ohne dass es einer Einlösung des Forderungsinhaltes bedarf. Denn durch die Rückgabe von Forderungspapieren an die Emittentin gleicht sich zum einen die Forderung/Zahlungspflicht von Emittentin und Schuldner aus. Damit können die beiden Forderungen aufgerechnet werden, während sich dann auf der anderen Seite die Wechselforderung mit der Wechselverbindlichkeit der Emittentin als eine Schuld/Forderung an sich selbst herausstellt, die ebenfalls rückstandsfrei ausgebucht werden kann. An dieser Stelle der Entwicklung kann man dann auch konsequenterweise das Einlösungsversprechen aufheben, womit aus der Banknote ein Geldschein wird, der auf einmal den Zahlungsmittelstandard markiert, der vormals das Gold gewesen ist. Dass diese Aufhebung der Einlösungsverpflichtung nicht aus einer bewussten Entscheidung erfolgte, sondern aus der schnöden Notlage der USA, eine Zahlungsunfähigkeit nicht zugeben zu wollen, steht auf einem anderen Blatt.

Fazit

Banknoten verstanden als Forderungspapiere haben bis zur Aufhebung der Goldeinlösepflicht existiert und seitdem den Geldscheinen Platz gemacht. Dabei ist interessant, dass der Verlust des Forderungsinhaltes mit einer „Aufwertung“ der Geldscheine einherging, weil Geldscheine seitdem nicht nur ein Stellvertreter für das ehemalige Zahlungsmittel Gold sind, sondern jetzt das Zahlungsmittel selbst sind. Dieser Charakter wird dadurch rechtlich abgesichert, dass Geldscheine, obwohl sie heute keine Inhaberpapiere mehr sein können, weil ihnen der Forderungsinhalt fehlt, aber immerhin den Inhaberpapieren gleichgestellt sind. Das hat zur Folge, dass sie wie diese auch durch Einigung und Übergabe (ohne Indossament) übertragen werden können. Dazu kommt noch die Eigenwilligkeit, dass auch der unberechtigte Besitz von Geldscheinen nicht deren rechtmäßige Verwendung im Geschäftsverkehr verhindert. Salopp formuliert: Man kann auch mit geklautem Geld rechtlich gültige Geschäfte abschließen.

Wie schon angesprochen, hat sich die Zahlungstechnologie dahingehend angepasst, dass nicht mehr die Kreditleihe zur Verringerung des erforderlichen Goldbestandes zur Anwendung kommt, sondern der direkte Geldkredit die Nachfolge der Kreditleihe antritt. Bei diesem wird das eigentliche Zahlungsmittel Geldschein zur Verfügung gestellt mit der Vereinbarung, dass zur Schuldentilgung auch wieder Geldscheine (bar oder papierlos) übergeben werden müssen. Dabei wird dieses Medium in praktischer Hinsicht weitgehend durch papierloses Zentralbankgeld substituiert, was die Abwicklung von Zahlungstransaktionen ungemein vereinfacht. Denn Zentralbanken können ihre kompletten Sichtverbindlichkeiten unbegrenzt mit Geldscheinen begleichen, sodass für die Banken eine Konvertierung ihrer Guthaben aus Sicherheitsgründen entbehrlich wird. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass Banken nur mit Zentralbankgeld zahlen können, womit auch klar wird, dass die viel gepriesene „Geldschöpfung“ der Banken lediglich aus einer Erzeugung von Schuldverhältnissen besteht – denn zahlen müssen Banken in einem Medium, welches sie nicht selbst schaffen, erzeugen oder schöpfen können. Das heißt, wenn eine Bank einem Kreditkunden die Verfügungsmacht über Zentralbankgeld durch Kontogutschrift einräumt, entsteht automatisch für sie das Liquiditätsproblem, das sie durch ihr Liquiditätsmanagement (Beschaffung und Vorhaltung von Zentralbankgeld) kontinuierlich zu lösen hat.

Bevor jemand denkt, es handele sich hier um einen Streit um des Kaisers Bart: Genau diese Sachfragen waren der Hintergrund der jahrzehntelangen Debatte zwischen der sogenannten Currency und der Banking Position, deren zentraler Streitpunkt darin bestand, ob Banknoten stellvertretend für das geforderte Zahlungsmittel standen oder selbst das eigentliche Zahlungsmittel waren. Verkürzt lässt sich diese Kontroverse herunterbrechen auf die Positionen „Geld ist Gold“ (Currency) versus „Geld ist Kredit“ (Banking).

Gemäß der vorstehenden Diskussion ist die Currency-Position zwar haltbar, ignoriert jedoch, dass eine strikte Deckung der ausgegebenen Banknoten das „Bullion Famine“-Problem nicht löst, sondern lediglich das direkte Verbringen von Gold – soweit es überhaupt zur Verfügung steht – entbehrlich macht. Dagegen begeht die Banking-Position den haarsträubenden Fehler, Geld und Kredit unbesehen in einen Topf zu rühren: Denn wie gesehen ist ein aus einer Kreditleihe entstandener Wechsel (Banknote) zum einen ein Forderungspapier, zum anderen aber auch verbunden mit einer Kreditbeziehung, bei der die Einlösung während der Laufzeit aussteht und erst am Ende der Laufzeit (in Gold = Erfüllungsmittel!) erfolgt. Forderungspapiere sind daher (mit oder ohne Indossament) niemals Zahlungsmittel, denn die eigentliche Zahlung ist erst durch die Einreichung bei und Erfüllung durch den Emittenten erfolgt. Salopp gesagt hält die Banking-Position eine Leistung erfüllungshalber bzw. eine Leistung an Erfüllung statt bereits für die Leistung selbst. Da kann man nur sagen: Das ist schlampiges Denken!

Und damit niemand auf die Idee kommt, das würde die Gegenwart nicht betreffen: Genau denselben Fehler begehen die Verfechter der Position, die Banken würden mit einer Kreditvergabe ein irgendwie definiertes „Geld“ im Sinne von Zahlungsmitteln schöpfen. Mal abgesehen davon, dass ein Kreditvertrag lediglich aus gegenseitig abgegebenen Zahlungsversprechen besteht, ist damit noch keine einzige Übertragung erfolgt, denn Schuldverhältnisse sind, soweit sie bestehen, noch zu erfüllende Verpflichtungen. Ein Schuldverhältnis kann jedoch nicht als Zahlungsmittel fungieren, denn eine Schuldbeziehung besitzt immer ein vereinbartes Erfüllungsmittel. Und das ist nicht die Schuldbeziehung! Direkt gesagt: Giralgeld ist kein Zahlungsmittel, sondern ist als Optionsrecht ein Mittel, den Zahlungsdienstleister zu veranlassen, Transfers von Zentralbankgeld durchzuführen. Auf gut Deutsch: Es kann nur mit Zentralbankgeld gezahlt werden – weil kein anderes Geld (Zahlungsmittel) existiert! Früher war dieses Zahlungsmittel Gold, heute sind es die Geldscheine, deren Existenz auch die Existenz der Zentralbanken rechtfertigt. Schafft man nun nach neueren Ideen das Bargeld ab, sind damit die Zentralbanken gleich mit abgeschafft. – Es könnte sich lohnen, darüber mal nachzudenken!