FDP: Wohlstand für alle?

Auf Wunsch vieler Hörer meines Podcasts mache ich einen Check der Wahlprogramme zur Bundestagswahl. Das ist – wie ich festgestellt habe – kein Vergnügen,  obwohl ich mich ausschließlich auf die ökonomisch wesentlichen Aussagen beschränkte. Damit kürzt sich das relevante Material schon deutlich ein – was nichts daran ändert, dass ich alle Wahlprogramme lesen muss.

Im Podcast morgen (29. August 2021) geht es um die FDP, die mit 75 Seiten ein im Vergleich kondensiertes Programm vorlegt, aber – wie wir sehen werden – mit viel Inhalt.

Bei der Bearbeitung orientiere ich mich an meinem Buch “Ein Traum von einem Land – Deutschland 2040”. Dies einfach, weil ich dort in gebündelter Form zusammentragen habe, was wir im Land tun müssten, um auch künftig in Wohlstand zu leben.

Problem erkannt?

Die FDP sitzt bekanntlich in der Opposition, da ist es deutlich leichter, die Lage im Land klar zu benennen:

„In Deutschland wurde zu lange das trügerische Bild vermittelt, dass alles bleiben könne, wie es ist. Das Ergebnis war eine Politik, die unseren Staat satt und träge gemacht hat, statt schlank und stark.

Und weiter: Die Bilanz dieser Politik ist ein Leben auf Kosten der Zukunft. Statt Wettbewerb, Unternehmertum und Innovation zu fördern, setzte die Politik der Großen Koalition auf Altbekanntes und Altmodisches. Statt Wohlstand und Nachhaltigkeit, Wachstum und Klimapolitik, wirtschaftliche Stärke und ökologische Verantwortung zu verbinden, setzte sie auf Verbote und Dirigismus. Statt die Sozialsysteme fit für die Zukunft zu machen, hat sie die Probleme des demographischen Wandels verschärft. Statt für weltbeste Bildung zu sorgen, hat sie zugelassen, dass unser Bildungssystem vielen Menschen keine fairen Aufstiegschancen bietet. Statt Eigeninitiative und die Übernahme persönlicher Verantwortung jedes Einzelnen zu stärken, verzettelte sie sich in Bürokratie.“ 

Damit ist die FDP recht nahe an den Themen, die vor uns liegen. Was fehlt, ist der Hinweis darauf, dass die Wohlstandsillusion vor allem dem billigen Geld der EZB geschuldet ist und dass es dieses billige Geld ist, das in der Tat zu einer größeren Vermögensungleichheit führt. Diese erwähnt die FDP nicht – im Gegensatz zu anderen Parteien – was die Kritiker sicherlich nicht überrascht. Dafür hat die Partei aber viele Ideen, wie die Vermögensbildung in der Bevölkerung gestärkt werden kann.

Unser Land professionell managen

Die FDP hat die Notwendigkeit, unseren Staat zu professionalisieren, eindeutig erkannt:

“Die Pandemie hat es gezeigt. Während andere Staaten ihre Verwaltung digitalisiert haben, haben wir an Formularen und Zettelwirtschaft festgehalten. Während andere Staaten ihr Gesundheitssystem digitalisiert haben, haben sich unsere Gesundheitsämter gegenseitig Faxe geschickt. Hochqualifizierte Beamte haben Listen abgetippt, statt mit Hilfe moderner digitaler Technologien effektiv Infektionsketten nachzuverfolgen. Während andere Staaten per SMS zu Impfungen einladen, haben wir Impftermine per Brief vergeben. Statt schützende Masken schnell und pragmatisch an schutzbedürftige Menschen zu schicken, drucken wir aufwendig Bezugsscheine, versenden sie per Post und nötigen gefährdete Menschen dazu, die Masken in belebten Innenstädten abzuholen. Wir haben uns in der Krise an die Basistechnologie Papier geklammert, als wären wir noch im 20. Jahrhundert. Schluss damit. Wir müssen unseren Staat umfassend modernisieren, damit wir endlich im 21. Jahrhundert ankommen.“

Wer kann hier nicht zustimmen? Doch was genau wäre zu tun? In meinem Buch diskutiere ich einige Ansatzpunkte. Dazu gehören:

  • Ordentliche Rechnungslegung – doppelte Buchführung auch für den Staat. Grundrente/Pensionen.
  • Vernetztes Denken – Beispiel Flugverkehr/Wohnung.
  • Von anderen lernen – Digitalisierung in Dänemark.
  • Sauberes Rechnen – Preisschilder an alle Gesetze, mein Vorschlag war die Aufwertung des Bundesrechnungshofes.

Die FDP hat einige konkrete Ideen dazu – und das ist erfreulich:

So fordert die Partei eine weitreichende Förderalismus- und Verwaltungsreform

„Die Corona-Krise hat gezeigt, dass unklare Zuständigkeiten, eine erdrückende Bürokratie und digitale Defizite bei den Behörden schnelle und pragmatische Lösungen verhindern. Auch in Bildungs- und Sicherheitsfragen sind 16 verschiedene Systeme nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen deshalb die Kompetenzverteilung zwischen den staatlichen Ebenen neu regeln und die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben. Der Staat soll sich wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren und die Stärke des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs nutzen.

An mehreren Stellen im Programm fordern die Liberalen eine Klärung von Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen, verbunden mit Maßnahmen zur Kostensenkung zum Beispiel durch die Zusammenlegung von Landesverfassungsschutzbehörden. Interessanter ist aber dieser – eigentlich selbstverständliche – Grundsatz:

Wer bestellt, bezahlt! Wer sich verschuldet, haftet! Wenn Bund und Länder neue Aufgaben schaffen, müssen sie diese auch bezahlen. Selbst wenn Mittel des Bundes für die Kommunen vorgesehen sind, verbleiben diese häufig auf der Ebene der Länder und werden nicht weitergeleitet. Gleichzeitig sollen Bund, Länder und Kommunen durch eine Insolvenzordnung für ihre eigenen Schulden haften. Hierzu möchten wir eine Insolvenzordnung für Gebietskörperschaften schaffen. Heute stehen die Gebietskörperschaften in einer Haushaltsnotlage als Ultima Ratio füreinander ein. Diejenigen, die gut wirtschaften, müssen die Risiken derjenigen mittragen, die schlecht wirtschaften. Eigenverantwortung für die Schulden führt zu solideren öffentlichen Finanzen.“ 

Zwar plädiert die FDP an anderer Stelle auch für Hilfe für hoch verschuldete Kommunen, aber die hier postulierten Grundsätze sind wichtig für die Zukunft. Es kann nicht sein, dass die Folgen schlechten Wirtschaftens immer von den anderen aufgefangen werden, denn so gibt es keinen Anreiz, ordentlicher zu wirtschaften.

Auch an die Bürger denken die Liberalen:

Wir wollen das Once-Only-Prinzip einführen: Bürgerinnen und Bürger müssen bestimmte Daten der öffentlichen Verwaltung nur noch einmal mitteilen und nicht jeder Behörde einzeln. Alle notwendigen Amtsgänge sollen virtuell möglich und alle Dienstleistungen mit digitalen, medienbruchfreien Verfahren durchführbar sein. Auch in die nächste technologische Innovation in den Behörden wollen wir einsteigen: Die Entwicklung von Virtual Reality bzw. Augmented Reality in der Verwaltung. So wollen wir vom Nachzügler beim E-Government zum Vorreiter beim Virtual Government werden.

Immerhin ist es ein Thema für das Wahlprogramm. Der Rückstand Deutschlands ist eklatant. Das Problem ist allerdings, dass das alle Parteien plakatieren, aber dann nicht machen. Spannend wäre also zu hören, wie es nun besser klappen soll.

Das gilt wohl auch für diesen sympathischen Vorschlag:

Wir wollen Easy Tax einführen – die vorausgefüllte Steuererklärung mit einem umfassenden digitalen Service für die Steuerzahler. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer soll durch Easy Tax immer eine so vollständige und korrekte Steuererklärung vom Finanzamt vorbereitet werden, die nur noch bestätigt werden muss. Ziel muss es sein, innerhalb von wenigen Tagen den Steuerbescheid zu erhalten.

Ähnliche Überlegungen hat die FDP auch mit Blick auf die Gerichtsbarkeit. Hier soll die technische Ausstattung deutlich modernisiert und digitalisiert werden, um die Verfahren zu beschleunigen.

Ebenfalls im Programm der FDP: eine Verkleinerung des Bundestages und eine Amtszeitbegrenzung für Kanzler und Kanzlerinnen. Eine Idee, die man auf alle Minister und auch auf die Vertreter der Länder ausweiten sollte. Was fehlt, ist allerdings, dass man auch auf die berufliche Qualifikation und vor allem Erfahrung außerhalb des Politikbetriebes drängt. Dies dürfte für alle Parteien erforderlich, aber ebenso unpopulär sein.

Aufgefallen ist mir dann noch dieser Punkt:

Wir wollen die Legislaturperiode des Deutschen Bundestages von vier auf fünf Jahre verlängern. Die Wahltermine der Länder sollen stärker gebündelt werden. Eine Legislaturperiode wird zu Beginn wesentlich durch die Zeit für Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen, zum Ende hin durch den Wahlkampf bestimmt. Angesichts der Komplexität vieler Gesetze ist es sinnvoll, die Legislaturperiode und damit auch die Regierungszeit zu verlängern. Zugleich würden weniger Wahltermine den Dauerwahlkampf verhindern.

Da kann man nur zustimmen!

Dennoch fehlen – wie ich finde – entscheidende Aspekte:

  • Kein Wort zur staatlichen Rechenlegung.
  • Kein Wort zum Thema des systemischen Denkens – dabei sollte gerade den Liberalen daran gelegen sein, die staatlichen Interventionsspiralen zu unterbinden.
  • Kein Wort zum Lernen von anderen – dabei wäre dies und die Übernahme funktionierender Dinge von anderen Ländern eine gute Möglichkeit, um schneller unser Land zu modernisieren.
  • Auch eine aufgewertete Rolle des Rechnungshofes zum Nachrechnen der Politik fehlt leider.

Damit zum ersten Zwischenfazit: nicht schlecht. Wichtige Aspekte werden angesprochen und die FDP geht über das allgemeine politische Blabla hinaus.

Eine gute 3.

Und dies, obwohl die FDP mit Blick auf die Wirtschaftshilfe in der Corona-Krise meinen Vorschlägen folgt:

„Wir fordern, dass kurzfristige Liquiditätshilfe direkt vom Finanzamt ausgezahlt werden kann. Statt Steuervorauszahlungen von den Konten der Unternehmen abzubuchen, überweisen die Finanzämter eine negative Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer als Liquiditätssoforthilfe: die „Negative Gewinnsteuer“. Als Bemessungsgrundlage dient der letzte Steuerbescheid.

Das ist in der Tat der effektivste und effizienteste Weg der Hilfe. Hier muss jetzt die Vorbereitung erfolgen. Denn eines ist sicher: die nächste Krise.

Wohlstand sichern/erhöhen

Kommen wir zum wichtigen Thema der Wohlstandssicherung oder gar -mehrung:

In meinem Buch diskutiere ich Themen wie:

  • Stabilisierung der Erwerbsbevölkerung: also Maßnahmen die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen, die Arbeitszeit zu erhöhen (Jahres-, Lebensarbeitszeit), intelligente Zuwanderung zu organisieren; aber auch Migranten besser zu integrieren.
  • Die Produktivität der Wirtschaft zu steigern: besseres Bildungsniveau, mehr Investitionen von Privaten (Standort) und Staat.
  • Energiekosten senken
  • und viele mehr.

Das FDP-Programm überrascht an dieser Stelle positiv. Eigentlich habe ich erwartet, dass ein großer Teil des Programms der FDP sich auf das Thema Reduktion von Steuern und Abgaben konzentriert. Ein Vorurteil!!! Es gibt ein wahres Ideenfeuerwerk, wie wir unser Land fit machen können für die Zukunft!

Ich greife ein paar der Ideen heraus:

  • Endlich wieder mehr im Inland investieren

Wir wissen, dass nicht nur der Staat, sondern auch die Unternehmen seit Langem zu wenig im Inland investieren. Dies müssen wir mit Blick auf die Wohlstandssicherung dringend ändern: Umverteilung und auch gesellschaftliche Projekte wie der Klimaschutz funktionieren nur, wenn wir wirtschaftlich stark sind.

Hier fordert sie FDP u. a.:

INVEST IN GERMANY – 25 Prozent vom BIP Wir wollen, dass im Jahr 2025 in Deutschland 25 Prozent des BIP investiert werden – und zwar vor allem privat und nicht vorrangig vom Staat! Dafür wollen wir die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Der Staat muss seine Investitionen sowie die sonstigen steuer- und wirtschaftspolitischen Instrumente so einsetzen, dass auch private Unternehmen gern in Deutschland investieren.

Das ist eine sehr wichtige Zielmarke. Ähnliches habe ich in meinem Buch auch gefordert. Zur Einordnung ein paar Zahlen: heute liegen wir bei 21,8 Prozent, also deutlich darunter. Viele Staaten liegen vor uns:

 

Schauen wir auf den Privatsektor, erkennen wir, dass wir auch nur im unteren Mittelfeld liegen. Dies widerspiegelt die bereits in den vorangegangenen Kapiteln angesprochene Schwäche bei den Investitionen der Unternehmen im Inland. Hier sind die Aussichten und Rahmenbedingungen nicht ansprechend genug, um Investitionen anzuregen.

Besonders dramatisch sind die Zahlen für den Staatssektor. Nur in Irland, Italien und Portugal investiert der Staat so wenig wie im vermeintlich so reichen Deutschland. Die Unterschiede sehen klein aus, sind aber gigantisch. Wenn Frankreich beispielsweise 1,1 Prozentpunkte relativ zum BIP mehr investiert, bedeutet das auf uns übertragen 38 Milliarden staatliche Investments jährlich. Mehrere 100 Milliarden sind alleine erforderlich, um die unterlassenen Investitionen der letzten Jahre nachzuholen. Unsere Politik hat das Land auf Verschleiß gefahren.

Heute werden rund 72 Prozent der Einnahmen konsumiert und 22 Prozent investiert. Sechs Prozent fließen als Ersparnis in das Ausland. Wir wissen, dass in den kommenden Jahren aufgrund des starken Anstiegs des Anteils der Menschen im Rentenalter der Druck in Richtung einer noch höheren Konsumquote zunehmen wird. Nichts anderes steht hinter den geschätzten Milliardenlücken für künftige Renten-, Pensions- und Gesundheitszahlungen.

Deshalb ist es so richtig, sich ein Ziel für eine Investitionsquote zu setzen.

Daraus leitet die FDP konkrete Maßnahmen ab:

Wir wollen, dass Deutschland seine Ideen schneller umsetzen kann und die dafür notwendige Infrastruktur bekommt. Für alle Verkehrswege – von der Schiene über die Straße bis zum Radweg – muss der Aufwuchs der Investitionsmittel verlässlich fortgesetzt und zügig verbaut werden. (…) Daher wollen wir alle Planungsverfahren beschleunigen, indem wir Verfahren straffen und Doppeluntersuchungen abschaffen, die Möglichkeiten der Digitalisierung in allen Bereichen der Planung nutzen und eine frühzeitige und umfassende Bürgerbeteiligung sicherstellen.

Ja, seit Jahren von vielen gefordert, tut es dennoch gut, es nochmals so explizit zu lesen. Es ist definitiv kein Erkenntnisproblem!

In dem Zusammenhang ebenso wichtig:

Wir wollen eine Zahlungsmoral-Offensive der öffentlichen Hand. Zugleich fordern wir, die Vergabeschwellenwerte für 2020 und 2021 zu erhöhen, damit Investitionen schneller umgesetzt werden. Investitionen der öffentlichen Hand haben in Krisenzeiten einen wichtigen Stabilisierungseffekt. Offene Rechnungen können Liquidität und Arbeitsplätze besonders im Mittelstand massiv gefährden. Das wollen wir verhindern.

Wer hat in Deutschland die schlechteste Zahlungsmoral? Viele denken jetzt vielleicht, es seien die privaten Konsumenten, die durch die vielen Rabatte und Null-Prozent-Finanzierungen ständigen Verlockungen ausgesetzt sind und sich dabei finanziell übernehmen. Tatsächlich ist es aber genau jener Käufer beziehungsweise Auftraggeber mit der allerhöchsten Bonität: der deutsche Staat. Bei keinem Schuldner sei die Zahlungsmoral mieser, sagt der Bundesverband deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU).

Demnach verharrt das Zahlungsverhalten öffentlicher Auftraggeber auf sehr schlechtem Niveau. 89 Prozent der befragten Inkassounternehmen bestätigten das.

Handwerker oder Baubetriebe müssen ein halbes Jahr oder länger auf das Geld aus öffentlichen Aufträgen warten, während die Finanzämter jedoch sofort die Vorsteuer aus den Verträgen verlangen. „Manchen Auftragnehmer treibt diese Verhalten der öffentlichen Hand sogar in die Insolvenz. Das ist ein Skandal“. Betriebe scheitern, weil die öffentliche Hand – der vermeintlich ausfallsichere Kunde – seinen Verpflichtungen nur sehr schleppend nachkommt!

Wichtiger Ansatzpunkt, um die privaten Investitionen zu stärken, sind die Abschreibungsmöglichkeiten:

Wir wollen die Abschreibungsbedingungen verbessern. Hierzu sollen die degressive Abschreibung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter verstetigt und für digitale Güter einheitliche und verkürzte Abschreibungsfristen von höchstens drei Jahren festgesetzt werden. Die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wollen wir erhöhen. Um Investitionen in den Wohnungsbau zu fördern, wollen wir hier die lineare Abschreibung von zwei auf drei Prozent erhöhen.

Das ist ein wichtiger Punkt und es ist kein „Steuergeschenk“, wie sicherlich wieder behauptet wird. Denn es ist keine Steuersenkung, sondern eine Belohnung für richtiges Handeln. Generell sollten wir alles tun, damit es attraktiv ist, hier zu investieren. Geringe Steuern helfen auch, aber dies hier ist im Sinne für ein bestimmtes Verhalten.

Erfreulicherweise vergisst die FDP auch einen wesentlichen Standortfaktor nicht: die Energieversorgung:

Wir wollen ein regelmäßiges Monitoring (Stresstest) für Versorgungssicherheit mit Energie und dazu klare Kriterien gesetzlich festschreiben. Denn die sichere und zuverlässige Versorgung mit Strom, Wärme, Kälte und Kraftstoff zu jeder Zeit an jedem Ort hat für uns Priorität. Sie darf durch klima- und energiepolitische Maßnahmen nicht gefährdet werden. Kohle- und Atomausstieg und die zunehmende Einspeisung aus zeit- und wetterabhängig schwankender Wind- und Sonnenenergie stellen unser Energiesystem vor enorme Herausforderungen.

Damit differenziert sich die FDP deutlich von den anderen Parteien, die das Problem systematisch stillschweigen. Am problematischsten ist hier Peter Altmaier, der eigentlich zuständige Bundeswirtschaftsminister.

  • “Laut exklusiven Berechnungen des Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI) für das Handelsblatt wird der Stromverbrauch in Deutschland bis 2030 auf 685 Terawattstunden steigen – von knapp 580 TWh im Jahr 2019. (…) Nach den EWI-Berechnungen wird Deutschland wegen des kräftigen Anstiegs des Stromverbrauchs im Jahr 2030 nur 55 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien decken – und damit das selbst gesteckte Ziel von 65 Prozent kräftig unterschreiten. Die Lücke entspricht der Leistung fast aller heute in Deutschland installierten Windräder – oder neun großen Atomkraftwerken.”
  • “Die Prognose ist brisant – denn sie zeigt eine Realität, der sich die Bundesregierung hartnäckig verweigert. Die plant bis 2030 nicht mit einer steigenden, sondern mit einer konstanten Stromnachfrage von 580 Terawattstunden. Die Energieexpertin Veronika Grimm, selbst Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, fällt ein klares Urteil über diese Prognose: ‘Mir erscheint das unrealistisch.’
  • “Der zuständige Minister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier (CDU), wird schon lange gedrängt, die Prognose anzupassen. Doch Altmaier tut sich schwer damit. Denn wenn er die Prognose erhöht, muss er zwangsläufig auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien tüchtig nachlegen.”

Wir steuern hier also auf ein ziemliches Problem zu. Auf das Klimathema kommen wir aber noch.

Zurück zu den weiteren Ideen der FDP zur Wohlstandssicherung. Da geht es neben den Investitionen um die Erhöhung des Erwerbstätigenpotenzials.

Wir wollen die Minijob-Grenze und die Midijob-Grenze erhöhen und dynamisch an den gesetzlichen Mindestlohn koppeln. Mit jeder Anpassung des Mindestlohns reduzieren sich heute die Stunden, die ein Beschäftigter im Rahmen eines Mini- bzw. Midijobs arbeiten darf. Damit sind Mini- oder Midijober von Erhöhungen durch die allgemeine Lohnentwicklung abgeschnitten. Das wollen wir ändern und für mehr Leistungsgerechtigkeit sorgen.

Hier adressiert die FDP einen Punkt, den ich noch nie verstanden habe. Viele Menschen arbeiten bewusst in Mini-/Midi-Job, weil ihnen so mehr vom Brutto bleibt. Hier nun den Mindestlohn zu erhöhen, ohne die Einkommensgrenzen anzupassen, verschließt sich mir völlig.

Ich würde übrigens noch weiter gehen: Mit jeder Erhöhung des Mindestlohns sollte auch der Steuertarif nach rechts geschoben werden. Aber zu dem Thema kommen wir ja noch.

Auch bessere Hinzuverdienstregeln beim ALG II, wie die FDP sie fordert, sind angesichts der Notwendigkeit, mehr Menschen zur Teilnahme am Arbeitsmarkt zu motivieren, vollkommen richtig – wie auch die Forderung nach einer Flexibilisierung des Renteneintritts:

Wir wollen das Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild flexibilisieren. Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, eine höhere Rente. Wer das 60. Lebensjahr und mit allen Altersvorsorgeansprüchen mindestens das Grundsicherungsniveau erreicht, soll selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt. Zuverdienstgrenzen schaffen wir ab, Teilrenten sind unkompliziert möglich. Das sorgt zum einen für mehr finanzielle Stabilität, weil die Menschen im Schnitt länger im Beruf bleiben. Zum anderen passt ein flexibler Renteneintritt besser zu vielfältigen Lebensläufen. Die Erwerbsminderungsrente stärken wir. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, braucht eine starke Unterstützung.

Mit der gleichzeitigen Stärkung der Erwerbsminderungsrente tritt die FDP hier dem – sicheren – Vorwurf entgegen, nicht zu berücksichtigen, dass es schwere Tätigkeiten gibt, die ein höheres Rentenalter nicht zulassen. Wobei man da auch sagen muss, dass die bisherige Politik vor allem ein Frühverrentungsprogramm für gut verdienende Facharbeiter war, auf die dies gar nicht zutrifft.

Doch auch Zuwanderung soll es geben, allerdings mit dem klaren Ziel die Qualifikation zu stärken:

Wir wollen die Einwanderung in den Arbeitsmarkt verständlich und einfach steuern. Dazu fordern wir ein modernes Zwei-Säulen-System. Dieses besteht aus einer überarbeiteten Blue Card als Kerninstrument der Fachkräfteeinwanderung mit Arbeitsplatzangebot, die auch für nicht-akademische Fachkräfte geöffnet werden muss, und der Einführung einer Chancenkarte für ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild, um die Möglichkeit für Fachkräfte zu schaffen, auch ohne Arbeitsplatzangebot zur Arbeitssuche nach Deutschland zu kommen. Die Steuerung soll hier über Kriterien wie Bildungsgrad, Deutsch- oder auch gute Englischkenntnisse, Alter, Berufserfahrung und den aktuellen Fachkräftebedarf am Arbeitsmarkt erfolgen. (…) Für gut integrierte geduldete Schutzsuchende muss es die Möglichkeit eines „Spurwechsels“ in eine der beiden Säulen der Einwanderung in den Arbeitsmarkt geben. Denn wer einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder sich in einer Qualifikationsphase (zum Beispiel Ausbildung oder Studium) befindet, sollte nicht ausgewiesen werden.

Ich habe noch nie verstanden, weshalb wir meistens genau die abschieben, die einer Arbeit oder Ausbildung nachgehen. Die Tatsache, dass diese leichter „auffindbar“ wären, ist nun sicherlich nicht das geeignete Argument!

Auch die Idee, die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt zu steuern, halte ich für richtig. Denn die Qualifikation ist ein entscheidender Faktor!

Dem Thema Bildung wird ganz viel Raum eingeräumt im Programm der FDP – was mit Blick auf die Produktivität sehr wichtig ist!

Wir fordern, einen Prozentpunkt des bestehenden Mehrwertsteueraufkommens zusätzlich in Bildung zu investieren. Dazu sollen sich Bund und Länder unter Einbeziehung der Kommunen in einem Staatsvertrag verpflichten. Das ermöglicht zusätzliche Investitionen von rund 2,5 Milliarden Euro in den Bildungssektor. Diese zusätzlichen Investitionen sind für die umfassende Modernisierung unseres Bildungssystems dringend notwendig, um Deutschland in die TOP-5 der OECD-Staaten zu bringen.

Davon sind wir sehr weit entfernt. Und da es bekanntlich nicht am Geld allein liegt, sondern an der Struktur, steht die berechtigte Forderung nach einem Kurswechsel im Raum:

Wir fordern eine Reform des Bildungsföderalismus und eine Grundgesetzänderung, damit Bund und Länder zusammen für die Sicherstellung der Qualität, die Leistungsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Bildungswesens wirken können. Wir leisten uns 16 verschiedene Schulsysteme, Lehrpläne und Prüfungsordnungen, aber stellen nicht sicher, dass die Schulbildung deutschlandweit höchste Qualität hat.

So formuliert die FDP eine Vielzahl konkreter Ideen:

Autonomie der Schulen stärken Jede Schule soll ein eigenes Budget erhalten, über dessen Verwendung sie autonom entscheidet. Auch Personalentscheidungen und die Auswahl der Lehrmittel trifft die Schule vor Ort. Die PISA-Studie zeigt, dass Kinder an Schulen mit größerer Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit deutlich bessere Leistungen erzielen.

Schulen und Kitas finanziell stärken Ein Sockelbetrag entsprechend der Größe der Einrichtung, Bildungsgutscheine, die pro Kind einen Zuschuss gewähren, und einen ‘German Dream’-Zuschuss für Kinder mit niedrigem sozio-ökonomischem Status. Damit  können die Bildungseinrichtungen eigenverantwortlich individuelle Förderkonzepte für Kinder und Jugendliche mit mehr Förderbedarf anbieten.”

Mit Talentschulen soziale Nachteile überwinden Wir Freie Demokraten wollen in ganz Deutschland Talentschulen mit modernster Pädagogik und bester Ausstattung insbesondere in kinderreichen Stadtteilen mit großen sozialen Herausforderungen aufbauen. Dabei orientieren wir uns am erfolgreichen Konzept der Talentschulen in Nordrhein-Westfalen.“ (14)

Frühkindliche Bildung stärken Dazu müssen sich Bund und Länder auf ambitionierte gemeinsame Standards für Betreuungsschlüsse und frühkindliche Bildungsinhalte verständigen. Um die Attraktivität des Erzieherberufs zu stärken, schlagen wir vor, dass die Ausbildung zur Fachkraft im Bereich der frühkindlichen Bildung bundesweit nicht nur schulgeldfrei erfolgt, sondern auch vergütet wird.”

Sprache früh fördern Wir Freie Demokraten fordern, dass jedes Kind mindestens ein Jahr vor der Einschulung an einem Deutschtest teilnimmt. Werden Sprachdefizite früh erkannt, können sie auch frühzeitig durch zielgerichtete Fördermaßnahmen ausgeglichen werden. So können wir jedem Kind gerechtere Startchancen verschaffen.”

MINT-Bildung frühzeitig stärken – Mädchen und Frauen gezielt fördern Wir Freie Demokraten fordern eine Offensive für die MINT-Bildung (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Kinder müssen frühzeitige MINT-Bildung erhalten. Daher fordern wir verpflichtende, qualitativ hochwertige und bundesweite Qualitäts- und Bildungsstandards in der frühkindlichen MINT-Bildung.”

Schulfach Wirtschaft und Informatik Wir Freie Demokraten fordern die bundesweite Einführung der Schulfächer Wirtschaft und Informatik. An deutschen Schulen werden sie noch immer nicht ausreichend angeboten, obwohl sie heutzutage zum Basiswissen gehören sollten wie Rechnen, Lesen und Schreiben.”

Weltbeste Lehrkräfte – Dazu braucht es attraktive Arbeitsbedingungen, eine hochwertige Aus- und Fortbildung, transparente und anspruchsvolle Aufstiegsmöglichkeiten, immaterielle Wertschätzung sowie eine Bezahlung, die individuelles Engagement belohnt.”

Exzellente Lehreraus- und -fortbildung  Wir Freie Demokraten fordern bundesweite Mindeststandards für eine exzellente Lehrerausbildung.”

Midlife-BaföG – Ein zweites Bildungssystem für das ganze Leben Wir Freie Demokraten wollen ein „Midlife-BAföG“ von bis zu 1000 Euro im Jahr einführen. – genau das, was es auch in führenden Ländern wie Singapur bereits gibt.”

Das ist keine vollständige Zusammenstellung. In Summe finde ich die Ideen der FDP zur Wohlstandssicherung sehr gut. Ich finde es vor allem auch gut, dass dies so einen großen Raum im Programm einnimmt. Damit differenziert sich die FDP deutlich von der zuerst besprochenen Partei in dieser Serie, der SPD.

Die Verteilung von Wohlstand

Womit wir zum nächsten Thema kommen: Die Verteilung von Wohlstand

Das hat – zugegebenermaßen – in meinem Buch eine geringere Rolle gespielt. Nur beim Thema der Staatsfinanzierung bin ich darauf eingegangen. Das behandeln wir nachher.

Im Programm der SPD haben wir gesehen, dass es eine große Rolle spielt. Und bei der FDP? Nun, die Erwartung ist sicherlich, dass es nicht so im Fokus ist. In der Tat kritisiert die FDP die Größe des Sozialstaates:

Höchstens 50 Prozent Sozialausgaben im Bundeshaushalt! Wir wollen die Höhe der Sozialausgaben grundsätzlich bei 50 Prozent des Bundeshaushalts deckeln. Die Bundesregierung bindet mehr als die Hälfte des Haushaltes für Sozialausgaben – und das ist keine Folge der Corona-Krise, in der Hilfen für Betroffene richtig sind. Investitionen in die Zukunft unseres Landes und originäre staatliche Kernaufgaben wie Bildung, innere Sicherheit oder die Bereitstellung einer modernen Infrastruktur werden dadurch immer mehr in den Hintergrund gedrängt.

Das ist jetzt nicht überraschend und letztlich das Spiegelbild der Überlegungen, um mehr Mittel auf Investitionen zu lenken.

Dennoch gibt es auch bei der FDP ein paar Verteilungsgedanken:

“Wir wollen ein elternunabhängiges Baukasten-BAföG einführen. Die freie Wahl des Studiums darf nicht länger von der Unterstützung der Eltern abhängen. Studierende sollen analog zum bisherigen Kindergeld bzw. -freibetrag der Eltern einen monatlichen Sockelbetrag von 200 Euro erhalten. Weitere 200 Euro sollen bei ehrenamtlichem Engagement oder Nebentätigkeiten als Zuschuss gewährt werden. Darüber hinaus soll ein monatlich anpassbares, zinsfreies und erst bei gutem Einkommen rückzahlbares Darlehen die notwendige finanzielle Flexibilität sichern. Die Förderhöchstdauer soll künftig die Regelstudienzeit plus zwei Semester umfassen. Studienfachwechsel sollen keinen Einfluss auf die Gesamtförderdauer haben. Höchstaltersgrenzen werden aufgehoben und Zuverdienstgrenzen werden angehoben. Die Beantragung und Verwaltung des BAföG wollen wir vollständig digitalisieren.”

Ich finde es richtig, die Gruppe der Empfänger zu vergrößern und ich finde es auch richtig, die Bezugsdauer zu beschränken. Wir brauchen mit Blick auf die demografische Entwicklung einfach schnellere Abschlüsse. Sehr gut gefällt mir, dass man für ehrenamtliche Tätigkeiten etwas dazu bekommen soll. Dies entspricht dem Geist, dass man eigenes Engagement fördern soll.

“Wir wollen den Rechtsanspruch auf Partnermonate beim Elterngeld auf drei Monate verlängern. Damit erhöht sich die Bezugsdauer auf maximal 15 Monate. Das gilt auch für Alleinerziehende. Die Mindest- und Maximalbeträge wollen wir erhöhen, auch als Inflationsausgleich. Dadurch wollen wir Anreize für eine ausgewogenere Aufteilung der Familienarbeit zwischen den Elternteilen schaffen.”

Richtig, weil wir gerade dem Mittelstand helfen sollten, Kinder zu bekommen.

“Wir wollen steuerfinanzierte Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung im Alter, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder das Wohngeld in einer Leistung und an einer staatlichen Stelle zusammenfassen, auch im Sinne einer negativen Einkommenssteuer. Selbstverdientes Einkommen soll geringer als heute angerechnet werden. So möchten wir das Steuer- und Sozialsystem verbinden. Die Grundsicherung muss unbürokratischer, würdewahrender, leistungsgerechter, digitaler und vor allem chancenorientierter werden. Daneben sollte der Passiv-Aktiv-Tausch weiterentwickelt werden, bei dem Gelder, die ein Leistungsempfänger erhält, in Lohnkostenzuschüsse für einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz umgewandelt werden können.”

Gute Idee

“Wir wollen wirksame demographische Faktoren in der Rentenanpassungsformel für einen gerechten Ausgleich zwischen den Generationen. Dazu muss neben anderem auch der Nachholfaktor in der Rentenanpassungsformel reaktiviert werden. Dieser wurde 2008 eingeführt und sorgte für Gleichklang bei der Entwicklung von Löhnen und Renten, bis ihn die Große Koalition ausgesetzt und damit der jüngeren Generationen Zusatzlasten aufgebürdet hat. Ohne Nachholfaktor müssen die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler finanzieren, dass die Renten langfristig stärker steigen als die Löhne.”

Da kann ich nur auf den Podcast Nummer 80 verweisen. Dort habe ich intensiv über die Nachhaltigkeitslücke gesprochen.

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, Veränderung zu unterstützen:

Gründungszuschuss in allen Lebenslagen Wir fordern einen Gründungszuschuss, der entkoppelt von einer vorhandenen Arbeitslosigkeit gewährt wird. Zum Beispiel auch während bzw. nach der Familienphase sollen sich die Gründerinnen und Gründer einmalig um eine Förderung in der Startphase bewerben können. Dazu muss ein tragfähiges Existenzgründungskonzept vorliegen. Vorbild kann hier das NRW- Gründerstipendium sein. Zur sozialen Absicherung soll, befristet auf maximal 15 Monate, zudem eine Pauschale von 300 Euro gewährt werden, die es ermöglicht, sich freiwillig in die gesetzlichen Sozialversicherungen abzusichern. Damit fördern wir Gründungen in allen Lebenslagen. 

Auch beim Blick auf den Wohnungsmarkt hat die FDP einen pragmatischen Vorschlag:

“Wir Freie Demokraten wollen einen echten Zugang zu günstigem Wohnraum für Menschen mit niedrigem Einkommen schaffen. Dazu muss sich die gesamte soziale Wohnraumversorgung am potenziellen Mieter und nicht am Bau von neuen Sozialwohnungen orientieren. Wir wollen die Berechtigung auf Bezug einer Sozialwohnung auf diejenigen Bevölkerungskreise begrenzen, die auf dem freien Wohnungsmarkt auch mit einem Wohngeldanspruch erfolglos bleiben, weil Vermieter sie trotz ihrer Zahlungsfähigkeit nicht akzeptieren.”

Da ist sehr viel dran, weil von den bisherigen Ansätzen vor allem jene am meisten profitieren, die sie am wenigsten nötig haben. Das haben wir ausführlich diskutiert: BEISPIEL

Deshalb ist es auch richtig, dass die FDP beim Angebot ansetzt:

“Wir wollen ein Baulücken- und Potenzialflächenkataster einführen. Auf dessen Grundlage können die Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten konkrete Zeit- und Maßnahmenpläne zur Bebauung dieser Flächen entwickeln. Der Bund muss die Länder im Rahmen der Bauministerkonferenz außerdem zu einer Entbürokratisierung des Dachausbaus und der Dachaufstockung, etwa bei der Stellplatz- und Aufzugspflicht, anhalten und mittels der KfW ein entsprechendes Förderprogramm auflegen.”

Damit nicht genug: die FDP fordert außerdem

Baukosten-TÜV Unser Ziel ist es, kostenverursachende Normen zu vermeiden und den Entscheidern eine transparente Grundlage für ihr Handeln zur Verfügung zu stellen. Insbesondere EU-Richtlinien dürfen nicht über das erforderliche Maß hinaus umgesetzt werden. Die Empfehlungen der Baukostensenkungskommission müssen konsequent umgesetzt werden.

Vorrang für Wohnungsbau – Mietendeckel abschaffen, Abschreibung erhöhen Darüber hinaus ist die Aktivierung von Bauland notwendig, beispielsweise durch eine stärke Zusammenarbeit der Länder mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA).”

Baugenehmigungen beschleunigen Dazu wollen wir die Chancen des seriellen und modularen Bauens nutzen sowie ein digitales und teilautomatisiertes Baugenehmigungsverfahren. Die Bauordnungen aller Länder müssen harmonisiert werden, sodass dort einheitliche Anforderungen an den modularen und seriellen Bau enthalten sind. Ferner muss die so genannte Genehmigungsfiktionen gesetzt werden: Legt der Bauherr alle Unterlagen vor, reagiert die Behörde aber innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht auf den Antrag, so gilt der Antrag als genehmigt und die Bautätigkeit kann beginnen.

Die FDP adressiert so die Wurzel des Problems im Bereich Wohnen und erkennt gleichzeitig an, dass der Sozialstaat auf ein historisch einmaliges Niveau ausgebaut wurde.

Note 2.

Klimaschutz

Womit wir zu dem ganz großen Thema des Wahlkampfes kommen: dem Klimaschutz.

Das fällt für mich bekanntlich unter die Verwendung von Wohlstand – nicht in die Schaffung.

Gleich zu Beginn macht die FDP klar, wie sie das Thema Klimaschutz grundsätzlich angehen will:

“Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Packen wir es richtig an, kann er aber auch zu einer unserer größten Chancen werden. Wir brauchen Forschung, Wissenschaft, Innovationen und die vielen klugen Ideen der Menschen. Neue Technologien führen dazu, Energie bezahlbar umwandeln und gleichzeitig das Klima schützen können. Auch bei der Lösung für komplexe Umweltprobleme setzen wir auf die Kreativität der Vielen und den Wettbewerb der besten Ideen.

Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick auf die bisherigen Erfolge unsere Energie- und Klimapolitik:

  1. Es gibt einen einseitigen Fokus auf die Vermeidung von CO2, aus dem dann abgeleitet wird, dass wir „unser Leben ändern“ und „verzichten“ müssen. Meines Erachtens ist das falsch, weil es mit zunehmendem Verzicht zu immer größerer Unzufriedenheit kommen wird. Vor allem dann, wenn dieser mit Wohlstandsverlusten hierzulande verbunden ist und das ohne den erwünschten Klimaeffekt, weil Arbeitsplätze und CO2-Ausatoß nur an anderen Orten sind. Auch dürfte es eine andere Flucht geben, nämlich die jener, die es sich leisten können, in weniger restriktive Länder. Um es klar zu sagen: Verzicht wird nur mit Zwang funktionieren, was ab einem bestimmten Punkt die Bürgerfreiheiten einschränkt.
  2. Es gibt eine ineffiziente Mittelverwendung. Ich habe das ausführlich schon hier besprochen:
    hartaberfair zur Klimapolitik: was ich gern gesagt hätte. Wir fördern bei der Gebäudesanierung jenes, was am teuersten ist und am wenigsten bringt. Wir haben 82 Milliarden Euro ausgegeben für die Förderung der Photovoltaik und damit rund zwei Prozent des hiesigen CO2-Austoßes gespart – und eine Industrie für China gefördert. Wir zahlen 40 – eher wohl 80 Milliarden – für den Ausstieg aus der Kohle, während andere Länder wie UK dies mit Abgaben hinbekommen und sogar Geld einnehmen.
  3. Es ist zudem eine ineffektive Mittelverwendung. Im Falle des Kohleausstiegs führt es über günstigere Zertifikatspreise nur zu einer Verlagerung der Emissionen in das Ausland. Der Effekt für das Weltklima ist also null. Nur bei uns wurde viel Geld ausgegeben. Im Ranking des Weltwirtschaftsforums belegen wir einen der hinteren Plätze, wenn es um die erneuerbaren Energien geht, nachdem wir schon bis heute mehr als 200 Milliarden dafür ausgegeben haben und bis 2025 insgesamt rund 500 Milliarden, mehr als 6.000 Euro pro Kopf der Bevölkerung.
  4. Dabei ginge es besser. Berechnungen des BDI (konkreter: meiner Ex-Kollegen von BCG im Auftrag des BDI) kommen zu folgender Aussage: „Insgesamt wären zur Erreichung der deutschen Klimaziele Mehrinvestitionen in Höhe von 1,5 bis 2,3 Billionen Euro bis 2050 erforderlich, also im Durchschnitt etwa 45 bis 70 Mrd. Euro pro Jahr. Bezogen auf das deutsche Bruttoinlandsprodukt bedeuten diese gesamten Investitionen im Durchschnitt einen Anteil von 1,2 bis 1,8 Prozent.“
  5. Dabei basiert diese Rechnung auf der sehr wichtigen Annahme: „Die betrachteten Klimapfade sind volkswirtschaftlich kosteneffizient und unterstellen eine ideale Umsetzung unter anderem im Sinne sektorübergreifender Optimierung und ‘richtiger Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt’. Fehlsteuerungen in der Umsetzung – wie z. B. in der Energiewende durch Überförderungen und die Verzögerung des Netzausbaus beobachtbar – können die Kosten und Risiken erheblich steigen oder das Ziel sogar unerreichbar werden lassen.“ – Und damit haben sie sehr wohl recht! Und das macht am meisten Sorgen, wenn man auf die aktuelle Diskussion blickt.
  6. Aber ein Ziel von zwei Prozent ist für ein Land wie Deutschland nicht ambitioniert genug. Eine Industrienation wie wir sollte nicht zwei, sondern sechs oder zehn Prozent Beitrag anstreben! Der Politik fehlt jegliche Ambition.
  7. Denn in Technologien liegt erhebliches Potenzial, schreibt auch der BDI: „Mehrere ‘Game-Changer’ könnten die Erreichung der Klimaziele in den nächsten Jahrzehnten potenziell erleichtern und günstiger gestalten (unter anderem Technologien für die Wasserstoffwirtschaft und Carbon-Capture-and-Utilization-Verfahren (…) Sie müssten allerdings mit Priorität erforscht und entwickelt werden.“
  8. Was mich bei dem Thema „Technologie“ so traurig stimmt, ist, dass selbst sehr gebildete Bürger denken, es ginge nicht mit Technologie, sondern nur mit Verzicht. Kürzlich habe ich gelesen, dass man ja das Töten von Walen zum Erlangen von Lampenöl nicht verhindert habe, indem man die Lampe etwas weniger hell einstellt (= Verzicht), sondern weil man stattdessen gelernt hat, Rohöl zu fördern und zu verarbeiten. So wird es auch diesmal sein.

Die FDP argumentiert tendenziell ähnlich:

Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf maximal 2, möglichst 1,5 Grad Celsius, zu begrenzen. Deutschland und Europa haben sich zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verpflichtet. Dieses Ziel wollen wir durch ein striktes CO2-Limit durch ein umfassendes Emissionshandelssystem erreichen. Den Weg dorthin überlassen wir dem Erfindergeist von Ingenieurinnen, Technikern und Wissenschaftlerinnen. So können wir Klimaschutz marktwirtschaftlich und wissenschaftlich sicher erreichen.

Wir fordern die Ausweitung des Europäischen CO2-Emissionshandels auf den gesamten Verkehrssektor. Dadurch können die bestehenden Maßnahmen zur CO2-Reduktion im Verkehr beendet werden. Viele der beschlossenen Verbote, Subventionen und Fördermaßnahmen zur Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr führen nicht zu einer Reduktion, sondern lediglich zu steigenden Kosten und Marktverzerrung. Nur der Emissionshandel garantiert eine Deckelung des Gesamtausstoßes an Klimagasen.”

Bei diesem Punkt gehe ich noch mit, bei dem nächsten bin ich nach einigen Diskussionen auch hier im Podcast nicht mehr so sicher:

“Technologieoffenheit im Fahrzeugbau – Wir wollen alternative Mobilitätskonzepte erkunden, ohne bestimmte Antriebstechnologien zu bevorzugen. Wir setzen auch beim Umwelt- und Klimaschutz auf den Entwicklergeist von Firmen und Ingenieuren. Wir wollen ihnen die Freiheit zurückgeben, die bestmöglichen Antriebe und Anwendungen zu entwickeln und zu vertreiben. Wir wollen mehr alternative Kraftstoffe. Die Zertifizierung muss vereinfacht werden. Deutschland kann die vereinbarten Klimaziele bis 2030 nur erreichen, wenn auch Kraftstoffe ihren Beitrag leisten. Klimafreundliche synthetische Kraftstoffe sind eine bereits heute verfügbare Alternative für alle Verkehrsarten, die ohne technische Umrüstung in herkömmlichen Verbrennungsmotoren verwendet werden können.”

Ich würde hier sagen, dass der Markt diese sicherlich fördern wird, aber dort, wo man sie unbedingt braucht – Beispiel Fliegen, aber nicht breit für das Auto. Hier sind die Umwandlungsverluste zu hoch. Später betont allerdings auch die FDP, dass E-Mobilität wesentlicher Bestandteil des Verkehrsmix der Zukunft ist und fordert den flächendeckenden Ausbau von Schnellladesäulen und interoperablen Bezahlstrukturen für die E-Mobilität.

Ich denke wirklich, dass wir den Klimaschutz breiter angehen müssen und – wie die FDP auch fordert – ergebnisoffen sein sollen. Dazu passt besser, die Forderung bestimmte Technologien nicht mehr zu tabuisieren:

“Wir wollen Geo-Engineering ermöglichen, um Risiken durch den Klimawandel zu minimieren und neue Chancen zu schaffen. Wir sehen in Carbon Direct Removal-Technologien, durch die CO2 der Atmosphäre direkt entzogen wird, eine große Chance für den Klimaschutz. Dazu braucht es ein eigenes Gesetz. Für uns gilt: Wer künftig CO2 aus der Atmosphäre entfernt und bindet, muss dafür je Tonne gebundenes CO2 ein europäisches CO2-Zertifikat erhalten. Das muss dann wie jedes andere Zertifikat frei am Markt handelbar sein, ohne dass sich die Gesamtmenge der jährlich ausgegebenen Zertifikate erhöht.”

In diesem Punkt bin ich voll dabei. Es ist international üblich und nicht wenige Länder sehen hier großes Potenzial, was ein gutes Geschäft ist – zum Beispiel das Nutzen ehemaliger Öl- und Gasfelder zur Speicherung in Großbritannien.

Ebenso richtig ist der globale Blick:

Wir wollen die Möglichkeit nutzen, Projekte in anderen Staaten zu finanzieren und die entsprechenden Treibhausgasreduktionen auf die eigenen Ziele anzurechnen. Artikel 6 des Pariser Abkommens sieht das ausdrücklich vor. Bislang verzichtet die EU jedoch freiwillig auf die Nutzung dieser Möglichkeit. Da es für das Klima irrelevant ist, an welcher Stelle CO2 eingespart wird, wollen wir bei höheren Zielen künftig die Möglichkeit eröffnen, diese im Sinne einer ökonomisch effizienten Klimapolitik auch über Maßnahmen nach Artikel 6 des Pariser Abkommens zu erreichen.”

Dazu passt auch die Forderung nach dem Schutz der Wälder und Programmen für Aufforstung in aller Welt. Mit Blick auf die Energiewende sind die Liberalen in ihrer Sicht eindeutig:

“Wir wollen erneuerbare Energien vollständig in den Wettbewerb überführen und die Förderung nach dem EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) beenden. Gesetzlich vorgegebene Ausbaupfade für einzelne Technologien und staatlich garantierte Abnahmepreise lehnen wir ab. Deutsche Stromkunden haben den Ausbau erneuerbarer Energien bereits mit über 200 Milliarden Euro gefördert. Sie stehen heute für rund die Hälfte der Stromerzeugung in Deutschland und können künftig mehr Systemverantwortung übernehmen. Ein steigender CO2-Preis wird fossile Energie weiter unattraktiv machen und dazu führen, dass der Zubau erneuerbarer Energien stärker nachfragegetrieben erfolgt.”

Vermutlich wird das nicht genügen. Zwar verweist die FDP ausdrücklich auf die Notwendigkeit, mehr in Speicher zu investieren, aber wenn wir es einfach laufen lassen, wenn wir gleichzeitig aus allem aussteigen, bekommen wir ein Problem. Denn auf Importe können wir uns nicht verlassen:

Laut exklusiven Berechnungen des Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln für das Handelsblatt wird der Stromverbrauch in Deutschland bis 2030 auf 685 Terawattstunden steigen – von knapp 580 TWh im Jahr 2019. (…) Nach den EWI-Berechnungen wird Deutschland wegen des kräftigen Anstiegs des Stromverbrauchs im Jahr 2030 nur 55 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien decken – und damit das selbst gesteckte Ziel von 65 Prozent kräftig unterschreiten. Die Lücke entspricht der Leistung fast aller heute in Deutschland installierten Windräder – oder neun großen Atomkraftwerken.

Die Prognose ist brisant – denn sie zeigt eine Realität, der sich die Bundesregierung hartnäckig verweigert. Die plant bis 2030 nicht mit einer steigenden, sondern mit einer konstanten Stromnachfrage von 580 Terawattstunden. Die Energieexpertin Veronika Grimm, selbst Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, fällt ein klares Urteil über diese Prognose: ‘Mir erscheint das unrealistisch.’

“Der zuständige Minister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier (CDU), wird schon lange gedrängt, die Prognose anzupassen. Doch Altmaier tut sich schwer damit. Denn wenn er die Prognose erhöht, muss er zwangsläufig auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien tüchtig nachlegen. Nur so ließe sich das Ziel erreichen, deren Anteil an der Stromproduktion bis 2030 auf die gewünschten 65 Prozent zu steigern. Dabei ist selbst dieses Ziel inzwischen zu niedrig gegriffen. Schließlich hat die EU-Kommission das europäische Klimaziel für 2030 von 40 auf 55 Prozent erhöht. Deutschland müsste seinerseits beim Anteil der erneuerbaren Energien einen Wert jenseits der 65 Prozent anpeilen. Anders ist das von der EU vorgegebene höhere Klimaziel kaum zu erreichen

(Die Regierung) rechnet damit, dass in großem Maße Strom eingespart wird, weil Geräte sparsamer werden und sich die Industrieproduktion effizienter gestaltet. (…) So kostet die Emission einer Tonne CO2 im europäischen Emissionshandel derzeit 40 Euro – je weniger emittiert wird, desto günstiger wird die Produktion. (…) Dabei gilt Deutschland als Spitzenreiter bei den Strompreisen für die Industrie. Entsprechend groß ist der Anreiz, den Verbrauch zu senken. Das EWI geht in seinen Berechnungen im Industriesektor deshalb sogar davon aus, dass die Nachfrage der derzeitigen Stromverbraucher um 15 auf 271 TWh sinken wird.”

Allerdings steht den Erfolgen bei der Energieeffizienz ein gewaltiger Hunger an Wasserstoff gegenüber, der wiederum bei der Herstellung enorme Mengen an Strom verbraucht. In der Nationalen Wasserstoffstrategie wird für Ende des laufenden Jahrzehnts mit einer Nachfrage zwischen 90 und 110 TWh Wasserstoff gerechnet. Davon werden aber vermutlich nur 14 TWh hierzulande produziert. (…) Nach Berechnungen des EWI müssten im europäischen und teilweise auch nichteuropäischen Ausland 109 bis 137 TWh an grünem Strom zusätzlich produziert werden, damit Deutschland 2030 genug Wasserstoff importieren kann. Das würde dann etwa einem Drittel der Ökostromproduktion in Deutschland entsprechen.

Da der Bedarf an Wasserstoff erst ab 2030 so richtig hochlaufen dürfte, wird das Problem immer größer. Das EWI hat das für zwei Szenarien durchgerechnet – einen Anstieg der Nachfrage nach Wasserstoff bis 2040 auf 250 beziehungsweise 500 TWh. Dann müssten Windräder und Solaranlagen im Ausland knapp 320 TWh beziehungsweise 670 TWh grünen Strom produzieren, damit Deutschland seinen Bedarf an Wasserstoff decken kann. Zum Vergleich: Das entspricht der Leistung von 22 bis 35 Atomkraftwerken.

Dank des europäischen Stromverbunds würde es 2030 zwar keinen landesweiten Stromausfall geben, aber die importierte Energie wäre dann eben grau und nicht grün. Der importierte Strom käme dann voraussichtlich auch aus französischen Atommeilern und polnischen Kohlekraftwerken. (…) In dieser Zwickmühle werde Erdgas aus Norwegen und Russland mit Blick auf die Versorgungssicherheit an Bedeutung gewinnen, prophezeit die Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Und auch die deutschen Kohlemeiler kämen dann wieder stärker als geplant zum Einsatz. Das sehen auch die Energie-Experten vom Bonner Beratungshaus EuPD so. Nach ihrer Einschätzung kann die Lücke nur für ein Jahr durch Importe ausgeglichen werden. ‘Bereits im Jahr 2023 wird der europäische Stromverbund die Stromlücke nicht mehr schließen können’, lautet ihr Fazit. ‘Die Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken wird dann unausweichlich’.

Mein Eindruck: Auch die FDP traut sich nicht, hier die Wahrheit zu sagen. Die SPD sprach von der Notwendigkeit, für steigenden Strombedarf mehr in erneuerbare Energien zu investieren. In Wahrheit geht es um mehr: Wir brauchen einen Neustart. Denn wo wir jetzt stehen, haben wir uns in die Ecke manövriert, oder um es mit dem Wall Street Journal zu sagen: „Die dümmste Energiepolitik der Welt“.

Auch dies nur eine Auswahl der Ideen der FDP zum Thema Klima und Energie. Viele weitere Punkte werden adressiert. Es geht in die richtige Richtung, aber das Tabu ist zu groß.

Note 2 – 3.

Europa

Europa ist natürlich auch ein ganz großes Thema!

In meinem Buch erläutere ich ausführlich, dass die EU und vor allem die Eurozone bei dem zentralen Versprechen der Wohlstandsschaffung versagt.

  • Die Schulden sind so weit auseinander, an ein „Sparen“ ist nicht zu denken – es muss eine Monetarisierung passieren.
  • Die Wettbewerbsfähigkeit ist so weit auseinander, dass es mit Transfers nicht zu lösen ist.
  • Transferunion kann nicht funktionieren und wäre angesichts der Vermögensverteilung nicht gerecht.
  • Wir brauchen einen Schuldentilgungsfonds, an dem auch wir mitmachen!
  • Auf keinen Fall aber eine Schulden-Transferunion – siehe Bundesrechnungshof.
  • Und wir müssen über eine Neuordnung der Währungsunion sprechen.
  • Der größte Fehler, den wir machen können, ist in eine Haftungsgemeinschaft einzutreten, denn das kauft nur Zeit und vernichtet unser Vermögen.
Leider hat die FDP im Bundestag dem zugestimmt. Was skeptisch macht, wenn die FDP wieder betont zur Solidität zurückkehrt:

“Wir wollen schnell zu einer schuldenfreien EU ohne eigene Steuern zurückkehren. Eine Schuldenunion lehnen wir ab. In der Corona-Krise wurde 2020 der einmalige Einstieg in die Schuldenfinanzierung des EU-Haushalts beschlossen. Wir wollen, dass der Rückgriff auf die Schuldenpolitik einmalig bleibt, wie es die Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern versprochen hat.”

Bekanntlich hat der Bundesfinanzminister schon wenige Tage nach dem entsprechenden EU-Gipfel von einem dauerhaften Instrument geschwärmt und es herrscht breiter Konsens von der SPD über die Grünen bis zur Linkspartei, dass es so ist. Bei der CDU muss man ebenfalls davon ausgehen, dass sie hier nicht eindeutig steht.

Deshalb zweifle ich auch an den damit zusammenhängenden Ideen der FDP zur Eurozone:

“Wir fordern, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der für die Dauer der Pandemie und angesichts der hieraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen faktisch ausgesetzt wurde, nach der Krise wieder in vollem Umfang in Kraft gesetzt wird. Zu den Grundlagen der europäischen Finanzpolitik zählen für uns Freie Demokraten unverändert die Begrenzung von Haushaltsdefiziten und Schuldenstand der öffentlichen Haushalte in den einzelnen Ländern (Maastricht-Kriterien). Außerdem streben wir eine Reform des Paktes an, indem die Sanktionen für diejenigen Länder verschärft werden, die dauerhaft gegen die Prinzipien der öffentlichen Haushaltsführung verstoßen.”

Ich halte diese Forderung für völlig unrealistisch, sind doch die Staatsschulden in weiten Teilen der Eurozone auf einem Niveau, das nicht zu stabilisieren ist und die Bereitschaft zu sparen gering. Es wäre auch nicht vernünftig. Wir brauchen intelligente Lösungen und sollten nicht glauben, dass Dinge, die in der Vergangenheit nicht funktioniert haben, nun plötzlich funktionieren.

Ebenso unrealistisch ist die Erwartung, es ließen sich Mechanismen für geordnete Schuldenschnitte politisch in der EU durchsetzen:

“Wir wollen ein Verfahren für geordnete ‘Staatsinsolvenzen schaffen. Damit wollen wir private Gläubiger einzelner Staaten stärker in die Verantwortung nehmen. Bevor an ein Mitglied der Eurozone öffentliche Mittel aus dem Europäischen Währungsfonds (EWF) fließen, muss es künftig eine Beteiligung der privaten Gläubiger dieses Staates an den Stabilisierungslasten geben, zumindest in Form einer Laufzeitverlängerung der jeweiligen Staatsanleihen. Eine solche Beteiligung des Privatsektors wäre gleichzeitig die wirksamste Krisenprävention, weil ein Staat sich dann in der Regel gar nicht erst unangemessen hoch verschulden könnte. Auch müssen der EWF und der Finanzstabilitätsrat mit ihrer analytischen Kompetenz bereits frühzeitig in die Krisenprävention eingebunden werden.”

Das ist alles richtig. Aber nur, wenn man noch nicht da steht, wo wir heute stehen. Das wirkt – wenn es glaubhaft und konsequent angedroht wird – mit dem Blick nach vorne. Wenn wir heute eine Staatsinsolvenz für Italien durchziehen, steigen auch für Frankreich – dem eigentlichen Schuldensünder in der EU – die Zinsen.

Die Skepsis gilt auch für diese Forderung:

“Wir wollen den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) umbauen. Er sollte die Ausgestaltung der makroökonomischen Anpassungsprogramme und die Kontrolle ihrer Umsetzung in den Darlehen nehmenden Ländern übernehmen. Ebenso sollte er für die Überwachung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik der Programmländer zuständig sein. Dadurch wollen wir die Überwachung der Euro-Rettungsprogramme entpolitisieren.”

Hahaha, sorry, aber zur Erinnerung: Im Frühjahr 2020 hat Italien die EU erfolgreich erpresst. Der ESM stand bereit, wurde aber wegen der damit verbundenen Auflagen abgelehnt. Stattdessen EZB und Wiederaufbaufonds! Es gibt keine Auflagen und harte Reformprogramme mehr. Wir sind in der italienischen Währungsunion angekommen.

Auf einem anderen Gebiet erkennen die Liberalen wiederum die Risiken:

“Wir wollen, dass die EU-Vorschriften zu Aufbau und Stärkung nationaler Einlagensicherungssysteme eingehalten werden, damit Risiken in den Bilanzen der Banken dort abgebaut werden, wo sie eingegangen werden. Solange die Banken Europas nicht stabilisiert sind, wären ansonsten die Sparer in Ländern mit stabileren Bankensystemen die Leidtragenden. Eine gemeinsame europäische Einlagensicherung (EDIS) vor Abbau dieser Bilanzrisiken und einer risikogerechten Bepreisung von Staatsanleihen würde die Probleme einiger nationaler Bankensysteme auf die Gemeinschaft abwälzen und wird daher von uns abgelehnt.”

Hier kann ich nur zustimmen. Leider sind es nur wenige Stimmen in der deutschen Politik, die diese Risiken sehen. Ich fürchte, egal wie die Wahl ausgehen wird, dass hier der Zug zulasten Deutschlands bereits abgefahren ist. Wie schon bei dem eigentlich abgelehnten Einstieg in eine Schulden- und Transferunion.

Die weiteren Ideen der FDP sind sicherlich berechtigt, gehen aber die grundlegenden Probleme der EU und des Euro nicht an. So fordern sie Mindeststeuern für Unternehmen in der EU, vergleichbare Bemessungsgrundlagen und mehr Transparenz im Steuerwettbewerb. Sie sprechen sich für eine europäische Wettbewerbsordnung aus, die gerade für junge und mittelständische Unternehmen mehr Chancen bieten sollte und sind gegen die Idee von „nationalen Champions“. Auch ein digitaler Binnenmarkt ist Bestandteil der Forderungen.

Dennoch bleibe ich in Summe enttäuscht. Die FDP hat dem Wiederaufbaufonds zugestimmt, bekennt sich zu mehr Umverteilung in der EU und hofft auf die Einhaltung von Regeln. Dabei wissen wir, dass dies seit Jahren nicht der Fall ist. Kritik hieran ist nicht anti-europäisch. Ich denke eher, diese Kritik nicht zu adressieren, ist anti-europäisch, weil damit die Probleme nicht gelöst, sondern verschleppt werden. Mehr Mut gerade der FDP wäre angebracht.

Note 3 – 4.

Mehr Vermögen für alle

Ein wichtiges Ziel sollte es angesichts der beklagten Ungleichheit im Lande sein, die Deutschen vermögender zu machen. Bekanntlich sind unsere Reichen nicht reicher als die Reichen in Italien, Frankreich, Spanien. Aber der Rest der Bevölkerung ist deutlich weniger vermögend oder besitzt gar nichts. Was zu tun ist, ist klar:

  • Abgaben und Steuerentlastung senken
  • Fördern der kostengünstigen Aktienanlage
  • Fördern von privatem Wohneigentum
  • finanzielle Bildung.

Hier liefern die Liberalen, was nun wirklich nicht überrascht. Überraschend dürfte sein, was sie im Detail vorschlagen:

“Wir wollen die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist von drei Jahren für private Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren. Den Sparerfreibetrag wollen wir deutlich anheben. Sparer und Kleinanleger sollen entlastet werden. Wir wollen die langfristige Kapitalanlage in Unternehmen attraktiver gestalten, damit mehr Menschen beim Sparen und bei der Altersvorsorge an den Wachstumsgewinnen teilhaben können.”

Unstrittig brauchen wir mehr private Vorsorge und vor allem ertragreiche private Vorsorge. Hier wird man entgegnen, dass es jenen nutzt, die etwas haben. Ich denke aber, eine Steuerbefreiung zum Beispiel bis zu einer gewissen Grenze wäre sicherlich angebracht.

“Wir wollen die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Chance für den langfristigen Vermögensaufbau etablieren. Aber auch für Startups sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme unerlässlich, um gut qualifizierte Fachkräfte im internationalen Wettbewerb zu gewinnen. Um die schlechten Rahmenbedingungen hierzulande zu verbessern, soll die Besteuerung erst bei der Veräußerung einsetzen und der von Unternehmensbeteiligungen entsprechen.”

Das ist ein sehr wichtiger Ansatzpunkt, wenn man die Vermögensbildung fördern möchte. Bekanntlich haben wir in Deutschland relativ zu unseren Einkommen deutlich geringere Vermögen, was vor allem an den geringen/fehlenden Vermögen der Mittelschicht liegt.

‘Fünf Mal 1.000 Euro’– Weiterbildung, Eigentum und Altersvorsorge Wir wollen mit der Formel „fünf Mal 1.000 Euro“ Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik verbinden: Unser konkreter Vorschlag lautet: bis zu 1.000 Euro beim Midlife- BAföG, 1.000 Euro steuerlicher Freibetrag für arbeitgeberfinanzierte Weiterbildungen, in einem ersten Schritt zusätzliche 1.000 Euro Steuerfreibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligung, ein anfänglicher Startbonus von 1.000 Euro in der gesetzlichen Aktienrente, der perspektivisch weiter steigt, für jedes neu geborene Kind und 1.000 Euro Sparer-Pauschbetrag. Damit stärken wir das Eigentum in der Mitte der Gesellschaft und die Chancen auf Weiterbildung und Aufstieg für jede und jeden.”

Die Förderung anlässlich bestimmter Ereignisse im Leben ist sicherlich eine gute Idee. Ob die Beträge einen Unterschied machen, vermag ich nicht zu sagen. Generell denke ich, in die Richtung von Singapur zu gehen, wo jedes Jahr entsprechende Bildungsgutscheine zur Verfügung stehen, wäre eine bessere Idee. Auch eine allgemeine Abgabenentlastung, verbunden mit dem Thema „finanzielle Bildung“, wie in Österreich angedacht, wäre geeignet, die Bildung von Vermögen zu fördern.

“Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger beim Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum entlasten. Dazu wollen wir bei der Grunderwerbsteuer einen Freibetrag von bis zu 500.000 Euro für natürliche Personen einführen. Der Freibetrag soll wiederauffüllbar sein, damit er bei einem Verkauf für einen neuen Erwerb wieder zur Verfügung steht. Dadurch erleichtern wir es den Menschen, ihren Traum vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung zu verwirklichen und zugleich für das Alter vorzusorgen.”

Kurz gefasst: absolut richtig. Ich schlage das auch vor und es ist auch berechtigt. Die Grunderwerbssteuer ist – übrigens auch als Ersatz für die weggefallene Vermögenssteuer – in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Wir brauchen aber ein Programm für mehr privates Eigentum, wenn wir dafür sorgen wollen, dass wir unseren Wohlstandsrückstand gegenüber unseren Nachbarn verringern.

“Wir fordern die Einführung einer Gesetzlichen Aktienrente. Daher schlagen wir vor, die verpflichtende erste Säule unseres Rentensystems künftig auf zwei Pfeiler zu stellen, so endlich für Demografiefestigkeit zu sorgen und langfristig das Rentenniveau dort wieder zu steigern. Dabei wird genau derselbe Anteil wie bisher für die Altersvorsorge aufgewendet – wie üblich aufgeteilt in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag. Neu ist, dass neben dem größeren Betrag, der weiter in die umlagefinanzierte Rentenversicherung fließt, ein kleinerer Betrag von zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge angelegt wird, die als Fonds unabhängig verwaltet wird, eben die Gesetzliche Aktienrente. Schweden macht uns seit Jahren vor, wie Aktien-Sparen so erfolgreich und risikoarm organisiert werden kann.”

Das dürfte wohl kommen, denke ich. Denn auch bei der SPD steht das im Programm. Es ist ein richtiger Schritt, wobei ich mir wünschen würde, die Bürger auf diesem Gebiet besser zu bilden. Das hat Finnland so erkannt, Österreich ebenso. Ich denke, es ist wichtig, dass Geldanlage breiter vermittelt wird.

Die anderen Ideen der FDP treffen auf meine Zustimmung: Unternehmen, die Freiheit geben bei der betrieblichen Altersversorgung mehr auf Aktien zu setzen. Lebensversicherern, Pensionskassen und Versorgungswerken ermöglichen, vermehrt und einfacher in Wagniskapital, Start-ups, Aktien oder Infrastrukturprojekte zu investieren. Auch die Idee, die Riester-Rente durch ein „Altersvorsorge-Depot“ zu ersetzen, welches die staatliche Förderung mit mehr Anlagemöglichkeiten und leichteren Anbieterwechsel vereint, gefällt mir.

Das verdient in Summe eine 2. Sie hätten aber durchaus ambitionierter sein können mit ihren Forderungen.

Finanzierung des Staates

Kommen wir zum letzten Punkt: Finanzierung des Staates. In meinem Buch schlage ich einen grundlegenden Umbau der Finanzierung des Staates vor:

  • Die Umverteilung in der breiten Mitte mindern. Hier sollte der Staat sich zurückhalten.
  • Die Anreize für Arbeitsaufnahmen steigern also deutlich geringere Steuern und vor allem Abgaben im unteren Einkommensbereich, auch kombiniert mit der Idee einer negativen Einkommensteuer.
  • Insgesamt deutliche Steuer- und Abgabensenkung, vor allem deshalb auch, weil wir am europäischen Schuldentilgungsfonds partizipieren.
  • Im Gegenzug eine gerechtere Besteuerung von Vermögen und Kapitalgewinnen, aber dies durch eine Weiterung der erfassten Bereiche – Erbschaftsteuer/Wertzuwächse Immobilien – jedoch tiefe Sätze.

Zunächst die grundlegende Haltung der FDP:

“Tilgungsturbo für die Corona-Schulden Wir wollen die Schuldenstandsquote Deutschlands zügig wieder unter die 60- Prozent-Marke gemäß den Maastricht-Kriterien senken. Auf die Corona-Krise konnte nur deshalb so entschlossen reagiert werden, weil die deutsche Staatsverschuldung in den Jahren davor auf unter 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gesunken war. Um auf zukünftige Krisen vorbereitet zu sein, müssen die Corona-Schulden so schnell wie möglich abgebaut werden. Nur so bleibt Deutschland handlungsfähig. Und nur so hinterlassen wir unseren Kindern solide Finanzen.”

Tja, treue Hörer meines Podcasts kennen meine Sicht dazu:

  1. Wie sind die Schulden definiert? Viel größer ist das Problem der verdeckten Schulden. Nur auf die offiziellen Schulden zu blicken ist falsch.
  2. Wir haben kein Schuldenproblem bei den offiziellen Schulden. Auch nach Corona eher bei unter als über 80 Prozent des BIP.
  3. Verglichen mit den anderen, mit denen wir die Währung teilen – Niederlande ausgenommen –, stehen wir immer noch super da.
  4. Die anderen werden ihre Schulden sicherlich nicht abbauen: a) zu spät, b) würgt Wirtschaft ab, c) politisch nicht opportun, d) nicht nötig wegen EZB und Transferunion, e) setzen voll auf die EZB, f) wir nutzen die Euro aber auch, g) deshalb ist, wer spart, der Dumme.
  5. Tun wir es trotzdem, zwingen wir weiter viele Ersparnisse ins Ausland und da verlieren wir das Geld.
  6. ERGO: absolut falsch.
  7. Besser: mitmachen und Schuldentilgungsfonds auf EU-Ebene.

Und was haben sie noch im Angebot?

“Schuldenbremse 2.0 für Sozialversicherungen Wir wollen eine „Schuldenbremse 2.0“ für die Sozialversicherungen. Sie soll festschreiben, dass versicherungsfremde Leistungen künftig vollständig aus dem Bundeshaushalt finanziert werden müssen. Dies ist notwendig, um die nachhaltige Finanzierung der Sozialversicherungen zu sichern. Dabei streben wir keine Kürzung der Leistungen an, sondern deren korrekte Zuordnung. Im Gegenzug muss der Bund ihnen aber die Kosten erstatten.”

Das ist alleine schon deshalb gut, weil es zu einer intensiveren Diskussion über die jeweiligen Ausgaben führt. Es ist ohnehin ein Unding, dass die Politik ständig in die Sozialversicherungen hineinpfuscht. Ansonsten bleibt die FDP ihrem Profil als Partei der geringeren Steuern treu.

“Die Belastung der Arbeitnehmer ist in Deutschland mittlerweile so hoch wie kaum in einem anderen OECD-Staat. Steuerpflichtige, die das 1,4-fache des durchschnittlichen Bruttogehalts aller Arbeitnehmer in Deutschland erhalten, zahlen momentan schon den Spitzensteuersatz. Im Jahr 1965 lag dieser Wert noch beim 18-fachen. Für uns ist jedoch klar: Ein Durchschnittsverdiener darf nicht fast schon den höchsten Steuersatz zahlen. Deshalb wollen wir die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland bei den Steuern und Abgaben nachhaltig und deutlich entlasten.”

Doch ist das so falsch? Sie wollen die

  • die Abgabenbelastung für die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber wieder auf unter 40 Prozent senken.
  • die steuerliche Belastung von Unternehmen auf den OECD-Durchschnitt von rund 25 Prozent senken.
  • beim Einkommensteuertarif den sogenannten Mittelstandsbauch vollständig abschaffen und so einen leistungsgerechteren linearen Chancentarif gestalten. Die Abschaffung wollen wir in drei Schritten in den Jahren 2022 bis 2024 erreichen. Heute steigt die Steuerlast bei kleinen und mittleren Einkommen besonders schnell an. Von Gehaltserhöhungen greift sich der Staat mehr als die Hälfte. Das ist leistungsfeindlich und ungerecht. Deshalb brauchen wir mehr Fairness bei den Steuern.
  • den Spitzensteuersatz schrittweise „nach rechts verschieben“, mit dem Ziel, dass dieser erst ab einem Einkommen von 90.000 Euro greift.
  • eine regelmäßige Anpassung des Steuertarifs einschließlich der Freibeträge, Freigrenzen und Pauschbeträge an die Entwicklung von Gehältern und Preisen.
  • Solidaritätszuschlag wie versprochen komplett abschaffen.
  • Bagatell- und Lenkungssteuern abschaffen wie die Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuer, die Biersteuer oder die Kaffeesteuer abschaffen. Die Beibehaltung dieser Steuern verursacht viel Bürokratie. Demgegenüber stehen nur geringe Einnahmen.“ (S. 10)
  • Doppelbesteuerung von Renten verhindern und die Beweislastumkehr zugunsten der Steuerpflichtigen einführen.
  • den Kinder- und Auszubildendenfreibetrag sowie den Freibetrag für Alleinerziehende anheben. Auch die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten, gesetzlichen Unterhaltsleistungen und haushaltsnahen Dienstleistungen wollen wir verbessern.
  • Am Splittingverfahren für Ehe- und eingetragene Lebenspartnerschaften wollen wir festhalten. Ebenso kann es sinnvoll sein, künftig stärker mit – von der Steuerschuld abzuziehenden – Steuergutschriften zu arbeiten. Dadurch wirken Freibeträge besser für die niedrigen und mittleren Einkommen.

Offen bleibt allerdings, wie dies finanziert werden soll, wenn gleichzeitig die Schulden abgebaut werden sollen. Zweifellos gibt es viele Möglichkeiten zur Einsparung. Aber ich bezweifle, dass die Rechnung aufgeht.

Fazit

Das Wahlprogramm der FDP ist deutlich breiter als man von der Partei der “Besserverdiener” nach Image erwartet hätte.

Was mir gefallen hat:

Das Feuerwerk an konkreten Ideen.