Die Theorie der langen Wellen der Kon­junktur (II)

Am Sonntag (28. Mai 2023) spreche ich in meinem Podcast über lange Zyklen der Wirtschafts- und Gesellschaftsentwicklung. Zu Einstimmung gibt es ein paar Beiträge. Heute den zweiten Teil des Auszugs aus meiner Dissertation aus dem Jahr 1990. Es geht um die Kondratieff-Wellen und fasst den damaligen Wissensstand zusammen. Dieser ist aber nicht unbedingt veraltet, wird doch immer noch über das Phänomen diskutiert:

2.2.2 Prozesse der Kapitalakkumulation als Erklärung für lange Wellen der Konjunktur

In der relativen Knappheit bzw. dem Überschuss an Kapital sehen u.a. Mandel und Forrester die Ursache für das Auftreten langfristiger Wirtschaftszyklen. Ihre beiden Ansätze sollen nachfolgend kurz dargelegt werden.

2.2.2.1 Der Ansatz von E. Mandel

Für Mandel erklärt sich die konjunkturelle Entwicklung aus der Abfolge von sich beschleunigender und verlangsamender Kapitalakkumulation. Hat die Kapitalakkumulation im Laufe einer Aufwärtsbewegung einen bestimmten Punkt erreicht so ist es nicht mehr möglich, die gesamte Menge akkumulierten Kapitals zu einer angemessenen Rendite anzulegen, die durchschnittliche Profitrate fällt. Folge ist ein Rückgang der Investitionstätigkeit, was Auslöser für die Depression ist. In Zeiten gedrückter Wirtschaftslage hingegen ist das Kapital unterbewertet, bezogen auf die mögliche Mehrwerterzielung und die hohe Profitrate. Innovationen sind in dieser Lage möglich, weil Kapital in großem Maße zur Verfügung steht, d.h. nicht investiert ist. Sie sind jedoch nicht die Ursache für die Umkehr von Depression in Boom. Eine derartige Trendwende ist nur durch ein exogenes Ereignis möglich, wie z.B. eine vermehrte “Ausbeutung der Arbeiterklasse”, was zu einem Anstieg der Profitrate und so zu einem langfristigen Zuwachs der Kapitalakkumulation und damit des Wachstums führt. Eine weitere Ursache für die langfristigen Schwankungen sind nach Mandel psychologische und monetäre Faktoren, wobei er die Preisniveauentwicklung im Zusammenhang mit dem Generationen-Konzept von Dupriez sieht. Nach diesem Konzept folgt einer Generation mit großzügiger Kreditvergabe jeweils eine mit übertriebener Vorsicht und umgekehrt. Zudem vertritt er die Ansicht, dass es “(…) ohne die ständige Schuldenexplosion der letzten dreißig Jahre (…) keine neue lange Welle der Expansion (hätte) geben können.” Hauptursache bleiben für Mandel dennoch die Schwankungen in der Profitrate.

2.2.2.2 Der Ansatz von J. Forrester et.al.

Forrester hat einen völlig neuen Analyseansatz entwickelt, in dem der Investitionsgütersektor die entscheidende Rolle spielt. In seiner dynamischen Computersimulation erzeugen zwei Faktoren Fluktuationen, zum einen ein Investitionsakzelerator, zum anderen die Annahme rationalen Verhaltens in einem Modell der Kapitalstockanpassung, welches zu sich abwechselnden Phasen von Kapitalmangel und -sättigung führt. Danach übertreiben die Wirtschaftssubjekte meist mit ihren Reaktionen, was zu einer zu starken Kapazitätsausweitung im Aufschwung und umgekehrt zu drastischer Kapazitätseinschränkung im Abschwung fuhrt. “Bootstraps” sind die Ursache der von Forrester festgestellten ca. 50jährigen Schwankungen. Bei diesem Phänomen geht es um die im Zuge einer Aufwärtsbewegung einsetzende Investitionsgüternachfrage, die nur zum Teil befriedigt werden kann, weil die Investitionsgüter- mit der Konsumgüterindustrie um Ressourcen wetteifern muss. Die erhöhte Nachfrage nach Investitionsgütern veranlasst die erstere, selbst mehr zu investieren (“self-ordering”). Zudem werden Arbeitskräfte angezogen, die wiederum im Konsumgütersektor fehlen und dort den Zwang zur Investition erhöhen. Es entwickelt sich eine Eigendynamik, die zu einem “Überschießen” der Investitionstätigkeit führt. Folge der aufgebauten Überkapazitäten im Kapitalgütersektor ist ein Abbau der Beschäftigten, der wiederum zu niedrigeren relativen Lohnkosten und damit weniger Investitionen der Konsumgüterindustrie führt. Ein drastischer Einbruch der Investitionstätigkeit und eine Reduzierung des überhöhten Kapitalstocks durch Abnutzung kennzeichnen die weitere Entwicklung. Erst wenn sämtliche Überkapazitäten abgebaut sind, ist ein neuer Aufschwung möglich.

In diesem Ansatz liegt das Schwergewicht offensichtlich auf der destabilisierenden Wirkung menschlicher Handlungen. Die im Modell festgestellten Wellen treten auch bei technologischem Stillstand auf. Der technologische Wandel wird von den Wellen in gewisse Zeitintervalle gepresst, wobei sie auch die Innovationsmöglichkeiten beeinflussen. Im Aufschwung werden nur noch wenige Innovationen getätigt, in der nachfolgenden Depression bleibt das Innovationsklima schlecht. Erst beim Aufkommen neuer Zuversicht nimmt die Innovationstätigkeit zu, und neue Industrien werden gegründet.

2.2.3 Mangel und Überfluss an Nahrungsmitteln und Rohstoffen

Als weiterer in diesem Zusammenhang erwähnenswerter Ansatz ist der von Rostow zu nennen. Für ihn stehen die vom führenden Wachstumssektor ausgelösten Kräfte, die Änderungen der Profitabilität der Produktion von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, sowie die nationalen und internationalen Bevölkerungswanderungen im Zentrum des Interesses. Besonders die Preisentwicklung der Produkte des ersten Sektors im Ablauf einer langen Welle dient ihm zur Erklärung des Phänomens: einer Phase nachfrageinduzierter drastischer Preissteigerungen folgt ein durch Einsparungsanstrengungen bewirkter deutlicher Preisverfall.

Langfristig gesehen zeigen sich seit über 250 Jahren bei den Rohstoffpreisen Zyklen von 54 Jahren Länge. Der letzte Höhepunkt der Preisentwicklung war 1980 zu verzeichnen. Nimmt man eine ähnliche Entwicklung wie in den 30er Jahren dieses Jahrhunderts an, so ist für 1993 (genau 13 Jahre nach der inflationären Spitze) mit Preistiefstständen zu rechnen.

2.2.4   Betonung der Bedeutung des sozialen Umfelds

2.2.4.1 Der Ansatz von W. Krelle

Organisationseffizienz und Aktivitätsgrad der Gesellschaft (“Unternehmertum“) sind für Krelle die zentralen Variablen, wobei er Organisationseffizienz als “(…) Grad der Behinderung ökonomischer Tätigkeit durch die soziale Organisation(…)“ definiert. Indikatoren für den Aktivitätsgrad sind “(…) die Rate des technischen Fortschritts, die Investitionsquote und die Zukunftsdiskontrate, letztere approximiert durch die Umlaufrendite langfristiger Wertpapiere”. In der Empirie zeigen sich Zyklen von ca. 30 Jahren Dauer, also kürzere als jene im 19. Jahrhundert festgestellten.

Die Ursache der zyklischen Bewegung ist der “(…) Übertragungsprozess von Informationen und Bewertungen von Person zu Person in der Gesellschaft…”. Beide Variablen wirken auf die eigentlichen Antriebskräfte der langfristigen Entwicklung, nämlich die Investitionsquote und die Rate des technischen Fortschritts. Sie unterliegen im Zeitablauf Schwankungen, die sich über die genannten Faktoren auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung übertragen.

2.2.4.2 Der Ansatz von H. Glismann et al.

Glismann et al. betonen, dass “( …) langfristige Schwankungen in  der funktionalen Einkommensverteilung und der Staatsaktivität” (als Indikatoren  für Verteilungskampfe) die Gewinnerwartungen und  damit die Investitionstätigkeit, beeinflussen. Gestützt wird diese These durch Analysen von Wachstums- und Investitionsschwankungen in mehreren Industrieländern. Auch andere Autoren halten das soziale Klima für die entscheidende Variable zur Erklärung des hier behandelten Phänomens.

2.2.5 Der Zusammenhang zwischen Kriegen und Kondratieff-Wellen

Eine große Gruppe von Wissenschaftlern legt das Schwergewicht auf den engen Zusammenhang zwischen Kriegen bzw. Verteidigungsausgaben und den langen Wellen der Konjunktur. Dabei werden Kriege als die eigentliche Ursache der Zyklen angesehen.

Bereits Kondratieff hat das zyklische Auftreten von Kriegen in seinen Zeitreihen festgestellt, wobei er sie sowohl als Folge als auch als Ursache der volkswirtschaftlichen Entwicklung betrachtete. Es werden zwei Arten von Kriegen unterschieden; die einen treten am Höhepunkt des Kondratieff-Zyklus, kurz vor dem Übergang in die Stagnationsphase, die anderen in der Krise auf. Dabei sind die ersteren von weitaus größerem Ausmaß. Nach deren Beendigung kommt es schließlich zu einem Einbruch bzw. nach kurzer “Plateauphase” zur Depression. Innovationen werden gemäß diesem Konzept als unmittelbare Folge der Rüstungsanstrengungen gesehen.

Der von Mensch vertretene Ansatz, wonach Kriege und Rüstungsausgaben zur Vermeidung der Stagnation eingesetzt werden, erscheint dem Verfasser als geeignete Erklärung. Der Vietnam­-Krieg wird als Signal für die Endphase der Prosperität gewertet. Für die Zukunft sind von daher nur kleinere Konflikte zu erwarten, wobei Rüstungsanstrengungen und Kriege am nächsten Tiefpunkt der zyklischen Entwicklung denkbar sind. Ein wesentlicher Grund ist zweifellos der Versuch, die Wirtschaft zu stimulieren, da sich gerade Rüstungsausgaben durch hohe Multiplikatoreffekte auszeichnen. Schon in der Vergangenheit war Aufrüstung zumindest teilweise Auslöser für eine Trendwende zur Überwindung der Depression.

2.3 Weitere Entwicklungen im Zusammenhang mit Kondratieff­-Wellen

Aus der Vielzahl von Erscheinungen, die im Zusammenhang mit der zyklischen Entwicklung von Volkswirtschaften festzustellen sind, sollen im Folgenden drei herausgegriffen werden.

Gerade im Hinblick auf die zurzeit rege Tätigkeit im Bereich von Mergers and Acquisitions ist es interessant festzustellen, dass es bereits in der Vergangenheit derartige “Booms” gegeben hat. Begründet wird dieses schubartige Auftreten von Übernahmewellen mit der hohen Liquidität der Industrie am Ende einer Aufschwungsphase und den, angesichts der schon bestehenden Überkapazitäten, fehlenden Investitionsmöglichkeiten. Um dennoch ein weiteres Wachstum der Unternehmung zu ermöglichen, wird versucht, in andere Bereiche zu diversifizieren. Zudem nimmt der Wettbewerbsdruck, dem man mit zunehmender Konzentration begegnen will, mit Beginn des Abschwungs zu. Ein weiterer Grund liegt m.E. im Versuch, möglichst große Marktanteile zu erlangen, da so auch in stagnierenden Märkten längerfristig überdurchschnittliche Erträge erwirtschaftet werden können.

Offensichtlich besteht ein Zusammenhang mit der vorherrschenden politischen Einstellung. In einem Klima der Deregulation und des “laissez-faire” nimmt die Zahl der Fusionen und Übernahmen merklich zu. Gerade in der Plateauphase liegt das Schwergewicht eindeutig auf der Einräumung weitgehender Freiräume für die Wirtschaft. Erst die Auswüchse dieser Periode führen zu erneuter Regulierung.

Eine weitere interessante Parallele besteht in der Verschuldung des Privatsektors, die ihrerseits zyklisch zu- und abnimmt.

Der Zusammenhang von Kondratieff-Welle und privater Verschuldung wird wie folgt erklärt:

Im Zuge eines Kondratieff-Aufschwungs steigt die Fremdfinanzierung an, was auf das stürmische Wachstum, die hohe Kapazitätsauslastung und die tiefen Realzinsen zurückgeführt werden kann. Folge ist ein Anstieg der Verschuldung, relativ zum Bruttoinlandsprodukt, bei gleichzeitig steigender Geldmenge. Mit Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit gehen die Investitionen zurück. Die noch bestehende Inflation und das anhaltende Geldmengenwachstum begünstigen weitere Schuldaufnahmen, die zur spekulativen Nachfrage nach Sachwerten eingesetzt werden. Beschäftigungs- und Nachfragerückgänge, die das Ende der Prosperitätsphase markieren, vermindern die Fähigkeit, den Schuldendienst zu leisten. Preissenkungen und damit eine “Debt-Deflation”-Spirale sind die unvermeidliche Konsequenz.

Welches Ausmaß diese Entwicklung annimmt, hängt von der Spekulationsneigung im Aufschwung ab. So ist es in allen großen Abschwüngen seit 1840 zu starken Kreditkontraktionen gekommen.

Die Panik an den Finanzmärkten ist daher kein zufälliges Ereignis, sondern fügt sich nahtlos in das Schema ein. Ursache sind die Veränderungen im Finanzsystem, vor allem die relative Verschuldungszunahme und die Überbewertung von Aktien und Immobilien. Die Liquidationsphase in der Depression bildet Basis für eine erneute langfristige Aufwärtsentwicklung, weil Schulden beseitigt und Aktiven tiefer bewertet werden. Zudem steigt der relative Anteil an “ultimate liquidity”, was ebenfalls zu einer Stabilisierung des Systems beiträgt.

Schließlich ist ebenfalls ein zyklisches Auftreten der Neigung zum Protektionismus feststellbar. Jeweils am Umschlag in die Abschwungphase ist mit protektionistischen Bestrebungen zu rechnen. Dies ist insofern einleuchtend, als der politische Druck zum Schutz der eigenen Industrie mit zunehmender Arbeitslosigkeit wächst. Meist wird so jedoch ein Wettlauf der einzelnen Staaten ausgelöst, was zu einer weiteren Verschärfung der Wirtschaftskrise beitragt. Zudem erschweren derartige Maßnahmen die Leistung des Schuldendienstes durch Lander der dritten Welt.

Dabei ist Protektionismus in Zukunft nicht nur auf dem Gebiet der Warenströme zu erwarten. Mit zunehmender Bedeutung des 3. Sektors, besonders des Bereiches der Finanzdienstleistungen, steigt die Wahrscheinlichkeit protektionistischer Eingriffe. Gerade im Hinblick auf die starke finanzielle Abhängigkeit Amerikas von Japan liegen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, des Kapitalverkehrs und im Extremfall Sperrungen ausländischer Guthaben sowie Enteignungen im Rahmen des Möglichen. Eine Entwicklung, die sich mit „finanziellem Protektionismus“ umschreiben ließe.

Diese Variante wird von angesehenen Ökonomen, wie z. B. dem Nobelpreisträger M. Friedman, ausdrücklich in Erwägung gezogen: “In building factories, buying land or other assets in the U.S. , foreigners  are  giving hostages to fortune. They are putting themselves at the mercy of the government. They are gambling that the U.S. will not expropriate their assets, or prevent them from benefiting from their dollar earnings.”

Gerade der Zwang der USA, den Zuwachs ihrer Auslandsverschuldung zu stoppen, lässt schärfere protektionistische Maßnahmen erwarten. Schon heute sind mehr Eingriffe in den freien Handel festzustellen als zu jedem anderen Zeitpunkt seit dem zweiten Weltkrieg. Bedrohlich sind diese Maßnahmen vor allem für die exportabhängigen Überschussländer (Japan, Deutschland etc.). So kann eine Rezession in Amerika schwerwiegende Wirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft haben.

2.5 Zusammenfassung

Im Folgenden soll versucht werden, jene Aspekte der Theorie der langen Wellen herauszugreifen, die für den hier im Mittelpunkt des Interesses stehenden Zusammenhang von herausragender Bedeutung sind. Dabei erscheint m.E. ein eklektisches Vorgehen als durchaus angebracht. Die meisten Erklärungsansätze sind miteinander vereinbar, beleuchten sie doch nur verschiedene Facetten desselben Problems. Eine umfassende Theorie der Kondratieff-Zyklen muss offensichtlich alle Erscheinungen im Zusammenhang mit der langfristigen Entwicklung von Volkswirtschaften bzw. der Weltwirtschaft beinhalten. In den meisten der oben dargestellten Theorien wird aus einem engen Zusammenhang auf eine Kausalbeziehung geschlossen. Doch lassen sich Kriege, aber auch Innovationen durchaus auch als Folgen und nicht als Ursachen der zyklischen Schwankungen betrachten. Dennoch erscheint es als äußerst wahrscheinlich, dass industriebegründende Innovationen und Substitutionsprozesse eine zentrale Rolle spielen.

Somit sind folgende Schlussfolgerungen aus der vorangegangenen Diskussion zu ziehen:

  1. In der Vergangenheit gab es mehrmals langanhaltende Phasen der Prosperität, aber auch des wirtschaftlichen Niedergangs. Der Aufschwung seit dem 2. Weltkrieg fügt sich nahtlos in dieses Schema ein. Besonders interessant ist, dass inflationäre Perioden von deflationären abgelöst wurden. Stabilität, im Sinne von konstantem Preisniveau, gab es am Ende einer Inflationsphase bisher nicht. Gerade bei Rohstoffpreisen zeigt sich die zyklische Entwicklung deutlich.
  2. Die wirtschaftliche Entwicklung ist im engen Zusammenhang mit dem Gedeihen der wichtigsten Industriezweige zu sehen. Diese waren von maßgeblicher Bedeutung für den Aufschwung. Treten sie in eine Stagnationsphase ein, was an der weitgehenden Sättigung der betreffenden Märkte liegt, so hat dies über Multiplikatoreffekte negative Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft.
  3. Es besteht in den Schlüsselindustrien die Tendenz zum Aufbau von Überkapazitäten, was im Zusammenhang mit überzogenen Wachstumserwartungen im Verlauf der Prosperitätsphase zu sehen ist. Trendextrapolationen in Zeiten stürmischen Wachstums vernachlässigen, dass sich die einzelnen Märkte entlang einer logistischen Kurve entwickeln.
  4. Gegen Ende der Aufwärtsentwicklung sinkt die Neigung zu Produktinnovationen, während die Rationalisierungsanstrengungen zunehmen.
  5. Die Umsetzung von grundlegenden Innovationen ist von zentraler Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung. Für die Zukunft sind völlig neue, bisher noch wenig genutzte Innovationen zu erwarten, die zum Aufbau von ganzen Industriezweigen führen. Mögliche Bereiche sind die Mikroelektronik sowie die Bio- und Gentechnologie.
  6. Kriege und vermehrte Rüstungsanstrengungen sind ebenfalls in diesem Kontext zu berücksichtigen. Das Bemühen des Staates, Stagnationsphasen und Wirtschaftskrisen durch Demand Management zu überwinden, findet hier seinen Niederschlag, was an der hohen Multiplikatorwirkung staatlicher Ausgaben in diesem Bereich liegt.
  7. Fusionen und Übernahmen sind charakteristisch für die Endphase eines Kondratieff-Aufschwungs (Plateauphase), da zu diesem Zeitpunkt wenig Investitionsmöglichkeiten bestehen. Dies ist auch der Grund für die hohen Bestande an liquiden Mitteln bei vielen Großunternehmen.
  8. Allgemeine Zuversicht, mit entsprechender Neigung zur Spekulation, ist typisch für die Phase vor einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise.
  9. Im Verlauf der Expansionsphase steigt die Verschuldung von Unternehmen und Konsumenten an. Im Endstadium vor der Depression kommt es zu zusätzlicher Verschuldung, einerseits um spekulativ Werte wie Immobilien und Wertpapiere nachzufragen, andererseits zum Konsum. Dies ist m.E. kein Widerspruch zur bereits aufgeführten Sättigungsproblematik. Die positiven Zukunftserwartungen der Wirtschaftssubjekte führen zu vorgezogenen Konsumakten, denen kein Ersatzbedarf zugrunde liegt. Bestes Beispiel ist wiederum der Kraftfahrzeugmarkt wo bekannt ist, dass das durchschnittliche Lebensalter des PKW-Bestandes in Zeiten guter Konjunktur sinkt, um in Rezessionen wieder entsprechend zu steigen.
  10. Des Weiteren besteht ein enger Zusammenhang zwischen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und protektionistischen Tendenzen. Wie in der letzten großen Depression der Jahre1929ff., so ist auch zukünftig, in ähnlichen wirtschaftlichen Umständen, mit Handelsbeschränkungen zu rechnen. Dabei ist es völlig unerheblich, dass Praxis und Theorie zweifelsfrei bewiesen haben, dass derartige Maßnahmen letztlich allen schaden.