Die Krise: Diagnose – Optionen – Szenarien – Was tun?

Besucher dieser Seiten merken gelegentlich an, dass es aufgrund der Fülle an Materialien und Kommentaren nicht immer klar ist, welche Meinung beyond the obvious mit Blick auf die Krise vertritt. Auch im Internet gibt es den einen oder anderen Kommentator, der Beiträge aus dem Zusammenhang reißt und mit teils wilden Vermutungen zu bestimmten Aussagen kommt. Deshalb hier unsere Sicht auf die Krise in der Kurzzusammenfassung:

A. Mit was für einer Krise haben wir es zu tun?

  • Die Krise ist eine Überschuldungskrise der westlichen Welt. Seit 1980 hat sich die Verschuldung der westlichen Welt relativ zur Wirtschaftsleistung – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – auf mehr als 340 Prozent mehr als verdoppelt. Real – also bereinigt um die Inflation – haben Unternehmen mehr als dreimal, Staaten mehr als viermal und private Haushalte mehr als sechsmal so viele Schulden wie 1980. → The Emperor is Naked
  • Die Ursachen für diesen Verschuldungsboom sind unter anderem die Loslösung der Goldbindung des US-Dollars, der Versuch der Notenbanken – vor allem der Fed, jede Rezession durch noch tiefere Zinsen zu verhindern, die Einführung des Euro, die ebenfalls zu tieferen Zinsen in den meisten Ländern Europas führte, der Eintritt von Osteuropa und China in den Weltmarkt mit immer billigeren Produkten und der Wunsch der Politik Wohltaten zu verteilen.
  • Zusätzlich zu diesen offen ausgewiesenen Schulden haben wir es mit erheblichen verdeckten Verbindlichkeiten zu tun. Schätzungen beziffern die ungedeckten Versprechen der Staaten für künftige Renten-, Pensions- und Gesundheitszahlungen auf vier- bis sechsmal BIP je nach Land. Dort, wo kapitalgedeckte private und öffentliche Systeme existieren – zum Beispiel in den USA – bestehen ebenfalls gigantische Finanzierungslücken, weil die angenommenen Renditen von sechs bis acht Prozent im heutigen Umfeld nicht erwirtschaftet werden können.  → Measuring the unfunded Obligations of European Countries und → US Public Finance: The Day of Reckoning
  • Diese Verschuldungsprobleme werden durch jahrelange Unterinvestition in Infrastruktur und Anlagen, Vernachlässigen des Bildungswesens (PISA!) und Kinderlosigkeit zusätzlich verschärft. → The Wests Day of Fiscal Reckoning

B. Wie hat die Politik auf die Krise reagiert?

  • Im Jahr 2007 wurde deutlich, dass man durch immer mehr Verschuldung keinen Wohlstand generieren kann: weder mit US-Immobilien noch mit Immobilien in Irland und Spanien.
  • Es bestand die reale Gefahr, dass das ganze Schulden- und Finanzgebäude zum Einsturz kommt.
  • Politik und Notenbanken haben deshalb mit bewährten Methoden reagiert, nur die Dosis drastisch erhöht: Die Zinsen wurden nochmals gesenkt und befinden sich nun seit Jahren auf Tiefstständen. Zusätzlich wurden Wertpapiere im großen Stil von den Notenbanken aufgekauft, um Liquidität in die Märkte zu pumpen. Die Staaten haben ihre Defizite vergrößert, um die Wirtschaft zu stimulieren (vor allem in den USA). In Europa hat man jenen Staaten, die kein privates Kapital mehr (zu verkraftbaren Zinsen) bekommen konnten, Geld über IWF, EZB und „Rettungsschirme“ beschafft. → Zeit gekauft und nicht genutzt
  • Im Ergebnis wurde damit ein Kollaps verhindert. Die Schuldenstände sind aber weiter gewachsen. Deutschland und die USA sind die beiden einzigen größeren westlichen Länder, in denen die Gesamtverschuldung (also Staat, Nicht-Finanzunternehmen, Private) etwas gesunken ist. In allen anderen Ländern wachsen die Schulden weiterhin schneller als die Wirtschaftsleistung. Das kann aber nicht ewig so weiter gehen.
  • Für die Eurozone schätzt beyond the obvious das Volumen an nicht mehr ordnungsgemäß bedienbaren Schulden auf drei bis fünf Billionen Euro.
  • Als Nebeneffekt hat diese Politik zu einem Verschuldungsboom in den Schwellenländern geführt. Aus der Schuldenkrise des Westens droht eine weltweite Schuldenkrise zu werden.→ Der globale Währungskrieg – oder QE global und → China: Schuldenwirtschaft nach westlichem Vorbild

C. Welche Optionen gibt es, die Krise zu beenden?

  • Theoretisch gibt es vier Möglichkeiten mit der Überschuldung umzugehen: Sparen und Zurückzahlen, schnelleres Wirtschaftswachstum, Inflation und Restrukturierung (Zahlungseinstellung/Umschuldung).
  • Sparen und Zurückzahlen funktioniert bei einzelnen Unternehmen und Privathaushalten. Bei Ländern setzt eine Entschuldung jedoch deutliche Leistungsbilanzüberschüsse voraus. Wenn nun alle Länder gleichzeitig über Exporte eine Entschuldung anstreben, kann das nicht funktionieren. Versucht man es dennoch, ist ein Schrumpfen der Wirtschaft die Folge, wie in Griechenland und Italien zu beobachten. Je mehr diese Länder sparen, desto höher die Schuldenlast, weil die Wirtschaft schneller schrumpft als die Schulden. Dieses Phänomen wurde in den 1930er-Jahren von Irving Fisher in seiner Debt-Deflation Theory of Great Depressions treffend zusammengefasst. → Deflationsspirale in Zeitlupe
  • Viel angenehmer wäre es, aus dem Schuldenproblem herauszuwachsen – also den Nenner schneller wachsen zu lassen, als den Zähler. Nominales Wirtschaftswachstum setzt sich aus drei Faktoren zusammen: der Erwerbsbevölkerung, der Produktivität pro Kopf und der Inflationsrate. In der westlichen Welt stagniert oder schrumpft die Erwerbsbevölkerung. Der demographische Wandel wird uns in den nächsten Jahren mit voller Wucht treffen. Die Produktivität pro Kopf wächst deutlich weniger als in der Vergangenheit, bedingt durch weniger Innovation und zunehmenden internationalen Wettbewerb. Im Jahre 2013 war sie sogar rückläufig. Die Inflationsraten sind gering, es besteht vielmehr die Gefahr einer deflationären Entwicklung. Letzteres kann nicht überraschen, da Überschuldung immer zu geringer Nachfrage und Deflationsdruck führt. Studien zeigen, dass hohe Schuldenstände immer mit geringerem wirtschaftlichen Wachstum verbunden sind.→ Demographics: From Dividend to Drag, → Fatal für Schuldner: Produktivität der Weltwirtschaft sinkt und → The real Effects of Debt
  • Historisch wurden Überschuldungssituationen gerne über Inflation gelöst. Um im heutigen Umfeld eine Entschuldung über Inflation zu erreichen, benötigen wir Inflationsraten von über 10 Prozent pro Jahr über mehrere Jahre bei gleichzeitig tiefem Zinsniveau. Zwar gelingt es den Notenbanken den Nominalzins tief zu halten. Doch gerade in den Krisenländern Europas liegt das Zinsniveau noch über der nominalen Wachstumsrate. Eine Entschuldung ist so nicht möglich. Den Notenbanken gelingt es nicht, die gewünschte Inflation zu erzeugen, zu groß ist der deflationäre Druck. Das Bankensystem verwendet die zur Verfügung gestellten Gelder lieber zur Spekulation in den Finanzmärkten oder zur Finanzierung von Staaten als zur Kreditvergabe an den Privatsektor. Letzterer ist in vielen Ländern bereits so hoch verschuldet, dass er keine weitere Verschuldungskapazität und -bereitschaft mehr hat. Inflation kann in einem solchen Umfeld nur entstehen, wenn das Vertrauen in das Geldsystem als Ganzes zerrüttet wird. Doch dann sprechen wir nicht mehr von zehn Prozent Inflation, sondern von deutlich höheren Inflationsraten.→ Falling Prices start to deflate recovery hopes und → Europe moves nearer Japan style Deflation Trap
  • Verbleibt die letzte Option: Schuldenrestrukturierung. Diese kann auf verschiedenen Wege erfolgen: Der Schuldner erklärt einseitig die Insolvenz und stellt die Zahlungen ein – oder Schuldner und Gläubiger einigen sich auf eine Umschuldung, meist eine Kombination aus Teilerlass, Schuldenstreckung und Zinsentlastung. Je geordneter eine solche Schuldenrestrukturierung erfolgt, desto geringer die zusätzlichen Schäden – zum Beispiel aus Panik an den Finanzmärkten – und desto höher die „Konkursquote“ für die Gläubiger. Außerdem lassen sich in einem geordneten Verfahren weitere Zugeständnisse – zum Beispiel Reformen – aushandeln. → Die Schulden des Einen sind die Forderungen des Anderen

D. beyond the obvious befürwortet eine geordnete Restrukturierung

    • Angesichts der Alternativen bevorzugt beyond the obvious eindeutig einen geordneten Weg der Schuldenrestrukturierung. Dies habe ich erstmals im Jahre 2011 in einer Studie beschrieben. Diese wurde entgegen den in einigen Foren kolportierten Vermutungen nicht im Auftrag von einem Kunden erstellt, sondern auf Eigeninitiative, um einen Diskussionsbeitrag zu leisten.→ Back to Mesopotamia
    • Die Gründe für die Bevorzugung des geordneten Verfahrens liegen auf der Hand: Der Schaden wird begrenzt, die Gläubiger können eine Gegenleistung aushandeln, und die verheerende Abwärtsspirale wird gestoppt.
    • 2012 habe ich dann den Vorschlag für ein geordnetes Verfahren für die Eurozone konkretisiert. → Fixing the Euro Zone
    • Da einer solchen Schuldenvernichtung immer auch eine Forderungsvernichtung gegenübersteht, werden Gläubiger Verluste erleiden. Ich habe deshalb eine Vermögensabgabe in die Diskussion gebracht.
    • Kritiker haben mir damals und zum Teil auch heute vorgeworfen, eine „Enteignung“ zu propagieren. Dem ist nicht so. Ich muss leider erkennen, dass ein guter Teil meiner Forderungen bereits verloren ist. Jetzt geht es darum, die Verluste so zu realisieren, dass diese gering gehalten werden und nicht zusätzlicher Schaden entsteht.
    • Es gibt zwei Optionen die Verluste auf die Gläubiger zu verteilen. Erfolgt der Schuldenabbau über Insolvenzen, verlieren die Gläubiger des insolventen Schuldners ihre Forderungen (Modell Zypern). Dies hat den Vorteil, dass nur jene getroffen werden, die ihr Geld entsprechend investiert haben. Der Nachteil ist, dass es vor allem die kleineren und mittleren Sparer trifft, die ihr Geld über Banken und Versicherungen anlegen. Die Alternative ist das Verteilen des Schadens auf alle Vermögen. Damit zahlen alle Vermögensbesitzer einen Beitrag unabhängig von ihrem eigenen Anlageverhalten. Ich glaube, dass dies eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz hat und trete deshalb dafür ein.→ Insolvenz oder Vermögensabgabe – was ist besser?
    • Im Gegenzug müssten Maßnahmen beschlossen werden, um eine Wiederholung der Schuldenkrise zu verhindern. Dazu gehören eine Rückbesinnung auf die Grundsätze der Eigentumsökonomik (Kredit nur gegen Mehrleistung), eine Beschränkung des Kreditwachstums um Überschuldungsblasen zu verhindern und grundlegende Reformen von Bildungssystem, Einwanderungspolitik und Sozialstaat. → Schulden sind gut – Eigentumsökonomik I

E. Was wird passieren?

  • Die Politik wird sich nicht trauen, der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken. Deshalb wird das Spiel auf Zeit weitergehen. Die Schulden werden weiterhin schneller wachsen als die Wirtschaft.
  • Wir werden immer mehr kreative Maßnahmen sehen, um Zeit zu gewinnen. → Geld aus dem Nichts – nach Irland auch Italien
  • Die Notenbanken werden noch aggressiver, versuchen Deflation zu verhindern und Inflation zu erzeugen.
  • Und irgendwann wird es dann doch zu Zahlungsausfällen und Pleiten kommen, vermutlich mehr in Richtung Modell Zypern, da die Politik sich nicht trauen wird, einen geordneten Weg zu gehen.
  • Die sozialen und politischen Spannungen werden dabei zunehmen, und es ist sehr wahrscheinlich, dass es zu einer Neuordnung der Eurozone kommt.
  • Am Ende werden die Verluste für die Gläubiger deshalb deutlich größer sein, als bei einem geordneten Verfahren.

F. Wie soll man sein Geld anlegen?

  • beyond the obvious gibt keine Anlageempfehlungen. Ich bin davon überzeugt, dass es nicht möglich sein wird, ohne Verluste durch die vor uns liegende Phase der Schulden=Forderungs-Vernichtung zu kommen.
  • Selbst wer es schafft, unbeschadet durch diese Phase zu kommen, muss damit rechnen, dass ihm der Staat über Steuern und Abgaben ein Teil des Vermögens wegnimmt. Darauf wird die Masse der Verlierer drängen.
  • Wer auf das Szenario der ungeordneten Insolvenzen setzt, sollte sich von zweifelhaften Schuldner fernhalten und das Vermögen breit diversifizieren in Sachwerte, Liquidität und durchaus auch Gold. Dabei – und dazu muss man kein Verschwörungstheoretiker sein – sollte Gold nur physisch gehalten werden. Papiergold ist Papier, kein Gold.→ Wer spielt mit dem Goldpreis?
  • Wer mit Vermögensabgaben rechnet und diesen legal ausweichen will, sollte seinen Wohnsitz verlagern und sein Vermögen mitnehmen.

G. Fazit

beyond the obvious wird sich weiter dafür einsetzen, den unpopulären, aber geordneten Weg zu gehen. Dieser ist Schaden minimierend, man kann vom Schuldner Gegenleistungen verlangen, und eine geordnete Verteilung des Schadens verringert die sozialen Konflikte. Zusätzlich müssen wir die grundlegenden Probleme unserer Gesellschaften angehen: Bildung, Investitionen in Infrastruktur und Innovation, Neuordnung der Sozialsysteme und aktive Einwanderungspolitik, um die Leistungsträger der Welt nach Deutschland zu locken.
Das 10-Punkte-Programm findet sich hier:

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Kommentare (6) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Enrico
    Enrico sagte:

    Hallo liebe Leser von BTO,

    Ich befürworte sehr die dargestellte Sichtweise einer Umschuldung bzw. Schuldenerlass. Die Gläubiger haben über Jahrzehnte – wenn nicht gar ein Jahrhundert (die FED ist schließlich 101 Jahr alt, nur haben wir alle die seltsamerweise große Jubiläumsfeier letztes Jahr verpasst) – die Gewinne immer behalten. Dadurch entstand die enorme Schere zwischen Arm und Reich. Nun sollen sie auch die Verluste tragen. Natürlich sollte dies so geordnet wie möglich stattfinden.
    Dem Argument von Herr Stöcker kann ich leider nicht folgen (werde mir das Video aber ansehen). Denn: man sollte die historischen Gesichtspunkten stets mit betrachten. Geld entstand nur durch Schuld, d.h. man bekam eine Leistung und konnte nicht sofort ein Äquivalent zurückgeben/-zahlen. Allerdings wurden irgendwann Schuldscheine akzeptiert, die eben die Forderung jenes Äquivalent auswies. Kurz: es entstand (Papier-)Geld, welche unter anderem – oder besser gesagt vor allem – von Banken ebenso ausgegeben wurde, wenn Gold oder andere Sachwerte im Gegenzug dazu von der Bank aufbewahrt wurden. Und nur mit diesen eingelagerten Werten (Sicherheiten) konnten Banken schließlich auf legalem Wege Kredit vergeben, welcher wiederum in Form von Papiergeld (und heute Giralgeld) ausgegeben wird. In jedem Falle besteht durch den Besitz eines Geldscheins (= Schuldschein) der Anspruch/die Forderung auf die Auszahlung des darauf gedruckten Wertes.
    Letztendlich ist Geld also gleich Kredit bzw. eine Schuld. Wir sind nur leider in einer absurden Zeit aufgewachsen, wo das beschrieben System schon lange nicht mehr funktioniert. Denn ansonsten würde ich mit einem Geldschein meine Forderung bekommen und daraufhin in Anwesenheit des Schuldners ehrlicherweise diesen Schuldschein sofort zerreißen, sprich entwerten.
    Ist doch merkwürdig das die Geldmenge wächst, es sei denn man empfindet es als unbedenklich, dass die Kreditmenge immer weiter ansteigt.
    Für eine ausführliche Darstellung empfehle ich die folgende Vorlesung von Bernd Senf zum Thema Bankgeheimnis Geldschöpfung – Monetative als Lösung (https://www.youtube.com/watch?v=qgSntQ9CjnA). Im ersten Teil wird meiner Meinung nach sehr gut die o.g. Historie verdeutlicht.

    Beste Grüße,
    Enrico

    Antworten
  2. Brigitte
    Brigitte sagte:

    Sehr geehrter Herr Selter,

    wie Sie oben bereits schrieben, sollte derjenige, welcher mit Vermögensabgaben rechnet, seinen Wohnsitz verlagern. Wie auch bei den Geldanlagen (Zypern) wird es also, im Falle einer Vermögensabgabe, wieder die Personen erwischen, welche nicht genug Mittel haben um dieser entfliehen zu können. Der ausländische Kapitalgeber wird dann innerhalb und nach der “Bereinigung” sein Vermögen mehren bzw. wieder sorgenfreier, da entschuldete Staaten bereitstehen, investieren können.

    Vermögen, wenn es nicht selbst genutzt wird, möchte vermehrt und instandgehalten werden. Dies gelingt durch die Gewinne aus Mieten, Verkäufen, etc.. Besteuert man jeglichen Gewinn mit einer “Schuldenabzahlsteuer” und schließt zusätzlich die Grenzen zu nicht teilnehmenden Staaten über eine Sondersteuer auf in das jeweilige Land fließende Geld, so werden auch diejenigen zur Reduzierung der hohen Schulden herangezogen, welche dafür sorgten, dass diese überhaupt entstehen konnten.

    Dies wäre in meinen Augen gerecht und wohl auch von der Bevölkerung aktzeptierbar.

    Brigitte

    Antworten
  3. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Hier noch als Ergänzung zu meinem obigen Beitrag ein Link zu Ray Dalio, der den Unterschied zwischen Geld und Kredit sehr schön visualisiert hat: http://www.youtube.com/watch?v=PHe0bXAIuk0

    @ samy
    Schauen Sie sich doch auch einmal den Beitrag von Dalio an. Vielleicht kommen Sie dann zu einer noch differenzierteren Sicht auf die Schuldenproblematik und sinnvolle Lösungsstrategien. So sehr ich mit Ihrer Sicht der Dinge sympathisiere (Haftung und Risiko nicht zu trennen), so skeptisch bin ich aber in diesem Fall der kollektiven Schulden-/Vermögensexzesse. Abrupte Schuldenschnitte über Nacht können meiner Einschätzung nach dieses virulente Problem nicht demokratieverträglich bereinigen, das sich über viele Jahre (mindestens 30) aufgebaut hat. Wir sollten die Luft besser kontrolliert ablassen und auf potentiell desaströse Kollateralschäden verzichten. Ekelig wird es so oder so. Da sollten wir die Zeitzünder nicht bei allen Schulden-/Vermögensbomben auf das gleiche Datum terminieren. Aber wir sollten endlich mit der Minenräumung beginnen.

    LG Michael Stöcker

    Antworten
  4. samy
    samy sagte:

    Auch auf diesem Weg noch einmal ein großes Kompliment für diesen Blog, der eine Bereicherung ist. Auch die, die sich nicht für die Vermögensabgabe erwärmen können, finden hier “Schleifsteine” für Gedanken.

    Aber nun zum Thema der Vermögensabgabe. Ich habe schon im Grundsatz zwei Probleme damit, kann mich deswegen damit nicht anfreunden.

    Mein erstes Problem will ich einmal zur Diskussion stellen: Was hat uns denn in diese Situation gebracht? Marktstörungen durch Menschenhand, also Markteingriffe! Die Feigheit davor, einmal eine kleine Blase platzen zu lassen, die Märkte sich selbst bereinigen zu lassen, weil es Wählerstimmen kostet, weil es wohlhabende Familiendynastien genau so wie dem Kleininvestor Einbußen beschert hätte. Und die vielen kleinen „Gordon Gekkos“ dieser Welt, mit Ihren Netzwerken und Lobbies.

    Also ein ausufernder Staat und ein zusammenwirken seiner „Kasten“, was nach und nach die Märkte „unfrei“ gemacht und zu einer Fehlallokation des KApitals geführt hat.

    So wusste man zwecks Kriegsfinanzierung (z.B.Vietnam-Krieg) und bei platzenden Vermögensblasen wie , Japankrise, LTCM, Nasdaq oder Housing-Bubble immer nur mit kurzsichtigen Markteingriffen zu reagieren. Aufhebung des Goldstandards, Aufhebung des Trennbankensystems, Senkung der Leitzinsen, Sozialisierung der Verluste oder Aufkauf von maroden Anleihen usw. usf..

    Nie ließ man Mr. Market seinen Job machen. Nie wirklich die Irrenden ihre Verluste nehmen. So stehen wir nun da, wo wir stehen. To big to fail in einer überschuldeten westlichen Welt (inkl. Japan).

    Und hier soll nun das Gift -Markteingriffe- plötzlich die Medizin sein?

    Stelter diskutiert einen Artikel von Malte Fischer. Fischer befürwortete eine Staatspleite, u.a. weil dann die richtigen betroffen sind, z.B. die Halter von Staatsanleihen.

    Ich würde sagen: „Recht hat er!“. Wie soll den der Unfug der letzten Jahrzehnte im kollektiven Gedächtnis einer Gesellschaft mit den richtigen Schlussfolgerungen in Erinnerung bleiben, wenn wiederum die Kausalkette von Fehleinschätzung und Misserfolg unterbrochen wird? Fehleinschätzungen nicht am Markt bereinigt werden? Wenn wieder einmal diejenigen mit heran gezogen werden, die das Risiko richtig streuten, dann haben diese keinen Anreiz mehr dies weiterhin zu tun. Und sie würden bei den kommenden Generationen kein Gehör finden und ihr Wissen verbreiten können.

    Mein Fazit, einmal komprimiert:

    Vermögensabgaben sind Marktstörungen – Bankrotte (auch Staatspleiten!) sind Marktbereinigungen
    Marktstörungen sind Gift-Marktbereinigungen Medizin.
    Vermögensabgaben trüben den Blick auf Ursache und Wirkung- Bankrotte lenken den Blick auf Ursache und Wirkung.

    VG

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  5. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Sehr geehrter Herr Stelter,

    ich stimme mit Ihnen in vielen Ihrer Analysen überein. Aber bei diesem Beitrag habe ich bei der Ursachenanalyse eine andere Sicht auf die Dinge.

    „Die Ursachen für diesen Verschuldungsboom sind unter anderem die Loslösung der Goldbindung des US-Dollars…“

    Die Geschichte mit dem Gold hatte doch schon lange vor der Loslösung durch Nixon keine wirkliche Substanz. Vor allem hat Gold mit einem modernen Kreditgeldstandard keine Gemeinsamkeit. Gold ist kein Geld sondern Tauschmittel. Wer in Goldkategorien denkt, ist doch sehr in einer Tausch(geld)wirtschaft verhaftet. Wachstum ist dann abhängig von Goldfunden und wir hätten bei einer 100 %igen Deckung (die gab es wohl nie) niemals die Wachstumsraten der letzten 60 Jahre erreichen können. Zumal dann nicht, wenn die Schulden ebenfalls in Gold zu tilgen gewesen wären. Denn wenn das BIP schneller wächst als die Goldfunde, dann wären die Güterpreise einem permanenten Preisverfall unterzogen und die Schuldentilgung wäre oftmals unmöglich. Der Goldstandard wurde zu Recht aufgehoben und hat mit Geld im Sinne von Kreditgeld nichts gemein. Es scheint mir auch so, dass Sie nicht zwischen Geld und Kredit differenzieren, sondern Geld und Kredit gleichsetzen. Dies wäre aus meiner Sicht aber ein fundamentales Missverständnis hinsichtlich unseres Geldsystems (http://soffisticated.wordpress.com/2012/12/15/geld-oder-kredit-who-cares-banken/ ).

    „…der Versuch der Notenbanken – vor allem der Fed – jede Rezession durch noch tiefere Zinsen zu verhindern..“

    Auch das ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass tiefe Zentralbankzinsen die Ursache allen Übels sind. Bei 90 Prozent Buchgeld und 10 Prozent Zentralbankgeld haben Änderungen der Leitzinsen doch eher homöopathische Wirkung auf den Kreditzins (siehe auch http://zinsfehler.wordpress.com/2013/09/06/allmachtsfantasien-zur-zinssetzungshoheit/ ). Die Geschäftsbanken sind für die Kreditvergabe verantwortlich. Und da haben sie versagt. Sie haben die schönen (zukünftigen) Zinserträge sich schon heute als Gewinne und Boni ausgeschüttet und eben nicht die nötigen Rückstellungen gebildet.

    „…die Einführung des Euro, die ebenfalls zu tieferen Zinsen in den meisten Ländern Europas führte…“

    Auch dieses sollte man nicht dem Euro anlasten, sondern vielmehr wiederum den Geschäftsbanken, die allen möglichen Unsinn finanziert haben und die dafür nötigen Rückstellungen nicht gebildet haben.

    Beste Grüße
    Michael Stöcker

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