Bodenwert­steuer als intelli­gentere Grundsteuer?

Am 4. Juli 2021 ist Professor Dirk Löhr zu Gast in meinem Podcast. Er lehrt Steuerlehre und Ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier, Umwelt-Campus Birkenfeld (hier auch Sprecher des Center for Land Research). Nebenberuflich ist er als selbstständiger Steuerberater sowie als Kommunalberater tätig. Zudem ist er Mitglied im Oberen Gutachterausschuss für Grundstückswerte Rheinland-Pfalz und dem regionalen Gutachterausschuss Rheinhessen-Nahe, im wissenschaftlichen Beirat der Freiherr-vom-Stein-Akademie für Europäische Kommunalwissenschaften, im Arbeitskreis Raumentwicklung, Bau und Wohnen der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie im Ausschuss Bodenpolitik der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL). Löhr war ebenfalls Mitglied der „Baulandkommission“ (BMI) und des „Fachdialogs Erbbaurecht“ (BMI).

Professor Löhr war zudem Mitgründer des Aufrufs „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, die sich für eine Bodenwertsteuer einsetzt, was ein Grund dafür war, mit ihm darüber zu sprechen. Zur Einstimmung hat er mir folgenden Text zur Verfügung gestellt:

Zur Reformation der Grundsteuer

Nach Urteil des BVerfG vom 12.04.2018 musste die Grundsteuer reformiert werden. Die bisherigen Einheitswerte stammten aus dem Jahre 1935 (Ost) bzw. 1964 (West) und hatten in Höhe und Struktur nichts mehr mit den Verkehrswerten zu tun.

Nach vielen Schleifen entschied sich die Bundesregierung 2019 für ein von Bundesfinanzminister Scholz vorgelegtes Modell, das der Verkehrswertermittlung von Grundstücken angenähert ist. Es handelt sich um eine „verbundene Steuer“, die den Wert von Grund und Boden sowie des Gebäudes zusammen in die Bemessungsgrundlage einbezieht. Man möchte so die objektbezogene Leistungsfähigkeit erfassen. Zumal es sich bei Immobilien um die bedeutendsten Vermögenswerte handelt, wollte die SPD offensichtlich (teilweise auch offen ausgesprochen) den Einstieg in eine Vermögensbesteuerung erreichen. Allerdings wurden schon früh verfassungsmäßige Zweifel laut, zumal bei Wohnimmobilien die pauschal angesetzten Mieten innerhalb der Kommunen nicht nach Lagen differenzieren.

Mit der Grundsteuerreform wurde auch auf Druck Bayerns eine Länderöffnungsklausel beschlossen, die den Ländern erlaubt, umfänglich vom Bundesmodell abzuweichen. Grundsätzlich andere Modelle werden von Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Bayern sowie Baden-Württemberg genutzt.

Interessant ist dabei v. a. das Modell von Baden-Württemberg, das nur die Bodenwerte, nicht aber die aufstehenden Gebäude besteuert. Es handelt sich dabei um eine alte Idee, die bis auf Adam Smith zurückgeht: Bodenwerte ergeben sich aus den erzielbaren Bodenerträgen. Diese stellen „ökonomische Renten“ dar, also leistungslose Einkünfte, die v. a. auf eine privilegierte Lage bezüglich der Erreichbarkeit von Infrastruktureinrichtungen und öffentlichen Räumen, der Nutzbarkeit des Grundstücks, aber auch auf naturgegebene Vorteile (Blick auf die Berge oder das Wasser) zurückzuführen sind. Die Kosten der Inwertsetzung trägt größtenteils – in Form von Steuern, aber auch von Verzichtskosten (vorläufige Unmöglichkeit anderer Nutzungen) – die Allgemeinheit. Die Bodenwertsteuer wird nun mit dem Äquivalenzgedanken begründet: Der Grundstückseigentümer soll der Allgemeinheit wenigstens einen Teil des Nutzens, den er aus den Leistungen der Allgemeinheit zieht, wieder zurückgeben. Nutzen und Kosten sollen so besser gekoppelt werden – ein marktwirtschaftliches Prinzip. Die Abschöpfung von ökonomischen Renten als „Übergewinn“ ist im Übrigen ökonomisch unschädlich. Solange bei den Akteuren mindestens ein Normalgewinn verbleibt, schränken sie auch dann ihre wirtschaftlichen Aktivitäten nicht ein, wenn ihnen ein Teil des „Übergewinns“ wieder weggenommen wird. Auch machen sie keine kostenintensiven „Umwege“ (steuerliche Zusatzlasten), um die Besteuerung zu reduzieren oder sich ihr in Sicherheit zu bringen. Der beste Steuerberater kann Grundstücke nicht nach Luxemburg oder auf die Bahamas bringen. Wird hingegen auch das aufstehende Gebäude besteuert, kann der Eigentümer reagieren: So kann er Ausbauten, Aufstockungen oder Modernisierungen unterlassen; reagieren viele Eigentümer auf diese Weise, wird das Wohnungsangebot verknappt, und für die Mieter wird es am Ende teurer. Die Unschädlichkeit der Bodenwertsteuer veranlasste den liberalen Ökonomie-Nobelpreisträger Milton Friedman zu der Bemerkung, es handele sich um die „beste von allen schlechten Steuern“.

Die Bodenwertsteuer gibt zudem einen Anreiz, die knappe Ressource Fläche möglichst effizient zu nutzen: Da der Bodenwert den „Highest und best use“ abbildet, zahlt ein Eigentümer bei ineffizienter Nutzung dasselbe wie bei optimaler Nutzung des Grundstücks. So wird ein Nutzungsdruck erzeugt. Aus diesen Gründen unterstützten (neben dem arbeitgebernahen IW Köln und dem IG Bauen-Agrar-Umwelt und vielen anderen mehr) auch die Planer- und Naturschutzverbände die Einführung einer Bodenwertsteuer. Dadurch, dass die Bodenwertsteuer einen Teil der Bodenrente in die Hand der Kommunen umleitet, werden auch die Bodenwerte gedämpft. Hier sehen v. a. Planer Vorteile, werden doch die oftmals stumpfen städtebaulichen Instrumente des Baugesetzbuches (z. B. Baugebote oder Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts) hierdurch geschärft. Zudem wird der Bodenmarkt mobilisiert, das effektive Angebot erhöht sich – dies ist angesichts des mangelnden Baulandangebotes wünschenswert. Wünschenswert wäre insofern ein Weniger an Grunderwerbsteuer, die ja Sand im Getriebe des Immobilienmarktes ist, und dafür eine höhere Belastung durch eine Bodenwertsteuer.

Zwar soll die Umstellung auf die neuen Grundsteuersysteme möglichst aufkommensneutral erfolgen. Allerdings verschieben sich bei allen Grundsteuermodellen die Belastungsstrukturen – ansonsten hätte Karlsruhe sein Urteil nicht sprechen müssen. Immer wieder wird daher die Frage nach der Überwälzbarkeit der Bodenwertsteuer gestellt. Oftmals verzichten Vermieter darauf, die Mieterhöhungsspielräume abzuschöpfen. Soweit aber mit der Steuerumstellung eine Steuererhöhung einhergeht, wird es daher kurzfristig zu einer Erhöhung der Nebenkosten kommen. Langfristig ist aber – weil der Bodeneigentümer eben nicht reagieren kann (preisunelastisches Bodenangebot) – eine Bodenwertsteuer schwieriger zu überwälzen als alle anderen Grundsteuermodelle.

Nun kann man berechtigterweise die Frage aufwerfen, warum angesichts eines Steueraufkommens von ca. 15 Mrd. Euro so viel Aufheben um die Grundsteuer gemacht wird – vom Volumen her handelt es sich eigentlich um eine Bagatellsteuer. Berücksichtigt man jedoch die Sozialversicherungsbeiträge, ist Deutschland durchaus ein Hochsteuerland. Bei der Belastung der Arbeitnehmer belegt Deutschland einen der Spitzenplätze in der OECD, was v. a. geringer qualifizierte Arbeitnehmer latent gefährdet. Auch der Verbrauch wird – nicht nur durch die Umsatzsteuer – üppig besteuert. Schließlich liegt – nicht zuletzt durch die Gewerbesteuer – auch eine spürbare Belastung auf den produktiven Investitionen. Die OECD empfiehlt Deutschland schon seit vielen Jahren eine Steuerumschichtung auf unschädlichere Abgaben (mit geringeren steuerlichen Zusatzlasten): Alternativ zur Umsatzsteuer (die allerdings verteilungspolitisch regressiv wirkt) kommt hier eben die Grundsteuer infrage. Während der Anteil der Grundsteuern am Gesamtsteueraufkommen in den „kapitalistischen“ USA immerhin gut 12 % beträgt, sind dies in Deutschland noch nicht einmal 2 %. Die Grundsteuerreform hätte die Chance geboten, Deutschland über einen „Tax shift“ wettbewerbsfähiger aufzustellen. Ein erster Schritt hätte sein können, die Gewerbesteuer zugunsten der Grundsteuer zurückzuführen oder gar abzuschaffen.

Der amerikanische Bodenreformer Henry George forderte schon vor 140 Jahren, den Staat ausschließlich über eine Bodenwertsteuer zu finanzieren („Single tax“). Was zunächst verrückt klingt, ist durchaus möglich: Dies zeigt das von verschiedenen Ökonomen (darunter auch dem Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz) in den 70er- und 80er-Jahren formulierte Henry George-Theorem („Golden Rule of Local Public Finance“). Eine Rückführung „herkömmlicher“ Steuern würde die Bodenerträge überproportional erhöhen (da sich dann mehr Nachfrage auf den Boden richtet und keine steuerlichen Zusatzlasten mehr anfallen); diese könnten zugunsten der öffentlichen Hand abgeschöpft werden. Stiglitz erweiterte das Henry George-Theorem zum „Henry George-Prinzip“, nach dem nicht nur die Bodenrenten, sondern auch andere ökonomische Renten bevorzugt zur Finanzierung des Staates herangezogen werden sollten.

Bolschewistische Fieberfantasien? Alles andere als das. Singapur macht es vor – zwar nicht mit einer Bodenwertsteuer, aber über das öffentliche Eigentum an Boden. Der Stadtstaat zieht einen erheblichen Teil seiner Finanzierung aus dem Boden. Gleichzeitig hat er die Besteuerung der mobilen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital sowie des Verbrauchs drastisch abgesenkt. Diese Boden- und Steuerpolitik dürfte einen erheblichen Anteil daran haben, dass Singapur seine ehemalige Kolonialmacht Großbritannien innerhalb weniger Dekaden wirtschaftlich rechts überholen könnte. Obwohl es sich um eine der teuersten Städte der Welt handelt, hat Singapur es zudem im Wesentlichen verstanden, die Bevölkerung mit leistbarem Wohnraum zu versorgen (Gastarbeiter sind hier allerdings eine unrühmliche Ausnahme – in vielerlei Hinsicht). Dabei versteht sich Singapur keineswegs als Wohlfahrtsstaat, sondern als eine meritokratisch und marktwirtschaftlich orientierte Ordnung.

Durch den Flickenteppich, der mit der Grundsteuerreform in puncto Grundsteuer geschaffen wurde, ist eine zukunftsfähige Reform des Abgabensystems jedoch weiter in die Ferne gerückt.

Kommentare (13) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Bauer
    Bauer sagte:

    Was da jetzt als Grundsteuerreform vorgelegt wird, ist keine Reform. Es ist nicht einmal ein Reförmchen. Es ist vom BVG auferlegte Zwangskosmetik.

    Im GG ist die Sozialbindung des Eigentums festgelegt. Das mag heute ziemlich verstaubt klingen, ist jedoch gerade beim Bodenrecht ein zentraler Gesichtspunkt. Boden wird zwar gehandelt, das muss so sein, ist jedoch nicht vermehrbar. Bevor der Grundstücksmarkt auf Preissignale reagiert, dauert das viel zu lange. Eben, weil Boden keine Handelsware ist, sondern unter dem Gesichtspunkt des Bedarfs und der Nutzungsmöglichkeit die Hand wechselt. Da ausserdem niemand freischwebend existieren kann, sondern Boden braucht, um zumindest sein müdes Haupt zu betten, besteht eine unabweisbare Notwendigkeit, die Sozialbindung in Einklang zur Bodenknappheit zu bringen.

    Es ist z.B. ein Unding, dass Gemeinden aus rein technischen Gründen zugleich mit der Erschliessung von Baugebieten auch dazwischenliegende Flächen erschliessen müssen, die dann oft noch jahrzehntelang nur pro forma landwirtschaftlich genutzt und solchermaßen steuerlich bevorzugt werden, bis es dem Besitzer oder seinen Nachfahren gefällt Kasse zu machen. Ich kenne aus meiner beruflichen Praxis eine nicht enden wollende Zahl dieser Fälle. Sobald da eine an der Bebaubarkeit orientierte Bodenwertsteuer erhoben werden könnte, wäre der Unfug schnell behoben. Um aber zu greifen, müsste das Niveau der Bodenbesteuerung jedoch auch auf US-Niveau gehoben werden.

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    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      @Bauer:

      Grundsätzlich würde ich Ihnen in vielen Punkt recht geben, aber der Grund dafür liegt tiefer.

      Faktisch beschäftigte sich in der vergangenen Jahrzehnten (nicht zufällig) niemand von Rang mit dem Thema Boden mit Ausnahme des kürzlich verstorbenen früheren Münchener! Oberbürgermeisters Bundesjustizministers und SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel, dessen aktive Zeit als Politiker schon ein halbes Jahrhundert zurückliegt. Warum ist das so? Weil sich die Parteien nicht im Ansatz darauf verständigen konnten, was sie damit wollen. Und weil an immer mehr Orten die Demographie das Thema überflüssig macht, wenn die Kommunen schrumpfen.

      Die Vertreter der Grundstückseigentümer, in der Politik überwiegend Union, FDP, AFD und Freie Wähler, wollen vor allen Dingen, dass sich am besten gar nichts ändert. Schon gar nicht, was in irgendeiner Weise den Wettbewerb fördern würde, denn im Grunde sind sie in Bodenangelegenheiten Besitzstandswahrer und fürchten jede Mehrbelastung, schon gar einen Eigentümerwechsel.

      Die Vertreter der linken Parteien SPD, Grüne und Linkspartei sehen die Grundsteuer bisher einerseits als untergeordnetes Geldbeschaffungsinstrument und andererseits als Mieterbelastung aufgrund der Überwalzbarkeit der Steuer durch die Betriebskostenverordnung. In der LInkspartei sowie bei Kevin Kühnert gibt es vereinzelt Träume von weitgehender Verstaatlichung, die aus historischen Gründen gesellschaftlich nicht mehrheitsfähig sind.

      Und jetzt kommt das Problem: Die Grundsteuer kommt den Kommunen zu Gute. Die Länder sind also hier am Drücker, denn der Bund ist zwar formal, nicht aber faktisch politisch am Zug. Und das bedeutet, dass es im föderalen Deutschland einfach kein Einvernehmen gibt, denn die Landesregierungen sind inzwischen bunter denn je. Von Thüringen mit einem Linkspartei-Ministerpräsidenten Ramelow bis zum Nachbarland Sachsen-Anhalt, in dem die dort eher konservative CDU vor der jüngsten Landtagswahl Angst vor einem Mehrheitsverlust in Richtung der rechten AFD hatte, ist alles geboten, was das Parteienspektrum hergibt: schwarz-orange in Bayern, R2G, Ampel, grün-schwarz in Baden-Württemberg, usw. Ein Konsens unter den Landesfinanzministern ist ungefähr so realistisch wie ein einheitlicher Lehrplan auf der Kultusministerkonferenz für alle Schularten bis Ende des Sommers.

      Aber genau deswegen ist das Verfassungsgerichtsurteil schon ein großer Fortschritt: Endlich können die Empfänger der Steuer, die Länder, stellvertretend für ihre Kommunen, das Modell weitgehend selbst bestimmen. Vielleicht entwickelt sich daraus im Laufe der kommenden Jahrzehnte ein politisch-gesellschaftlicher Konsens aus dem Steuerwettbewerb heraus, welche Lösung die beste ist.

      Ein simpler Vergleich mit den USA scheidet für mich aus. Dort ist die Ertragsteuerbelastung eine ganz andere als bei uns. Trotzdem ist das System dort prüfenswert.

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  2. Namor
    Namor sagte:

    Im Bergbauerndorf meiner Kindheit hat es sich folgendermaßen zugetragen.

    Da sind die Bauern der Ortschaft (mehrere Ortschaften bilden eine Gemeinde) Eigentümer an Wälder und Almen, die einer alleine nich bewirtschaften kann. Jeder Bauer hat Anteile, mancher mehr andere weniger.

    Nach einem der letzten beiden großen Kriege, stritten sich zwei Ortschaften wer große Wälder im Grenzbebiet nehmen muss, die Steuer wollte der Staat haben, für Land, dessen Bewirtschaftung mehr kostete als die Ernte dann einbrachte. Einer musste die Wälder nehmen, der Staat wollte es so, er wollte Geld.

    Zumindest in Österreich hat der Staat in den letzten Jahren die Immobilienverkaufsteuer optimiert, um am Boom zu partizipieren. Andreas Beck legt meines Erachtens gut dar, warum Immopreise bald stagnieren oder gar sinken werden.

    Die Bemessungsgrundlage am Höhepunkt des Immobooms neu zu gestalten kann auch andere Hintergründe haben. Den aktuell sind hohe Einnahmen durchaus “gerecht” und morgen “sind sie halt da”.

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  3. Bauer
    Bauer sagte:

    bto: “Während der Anteil der Grundsteuern am Gesamtsteueraufkommen in den „kapitalistischen“ USA immerhin gut 12 % beträgt, sind dies in Deutschland noch nicht einmal 2 %.”

    Das ist mehr als erstaunlich, denn man würde eher das umgekehrte vermuten angesichts der Besiedelungsdichten (36 Nasen/qkm in den USA gegen 233 in D). Boden ist immerhin ein nicht vermehrbares Gut, wenn man von Eroberungen absieht, und da von einem ‘Markt’ zu sprechen geht fehl. Da niemand ohne Boden unter den Füßen existieren kann, gehört Boden nicht BEDINGUNGSLOS in private Hand.

    Da Boden jedoch nicht gleich Boden ist, sondern sein Nutzwert von Lage, Beschaffenheit und Widmung abhängig ist und auch sich ändern kann, erschliessen sich nur diese wesentlichen Eigenschaften der Besteuerung. Eine Bodenwertsteuer ist deshalb ein kleiner Schritt in der richtigen Richtung. Das Lehensprinzip (Danke @ R.Ott für das Stichwort) wäre daher durchaus eine zweckmässige Lösung. Modern gedacht führt dies zu einer ERbpacht-ähnlichen Lösung.

    Insgesamt wäre es wünschenswert, die Bodensteuer in D mindestens zu versechsfachen auf das Niveau der USA, die in diesem Fall einmal das richtige tun. Natürlich mit Ausgleich durch Senkung handlungsorientierten Besteuerungen.

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    • weico
      weico sagte:

      @Bauer

      “Da Boden jedoch nicht gleich Boden ist, sondern sein Nutzwert von Lage, Beschaffenheit und Widmung abhängig ist und auch sich ändern kann, erschliessen sich nur diese wesentlichen Eigenschaften der Besteuerung. Eine Bodenwertsteuer ist deshalb ein kleiner Schritt in der richtigen Richtung. ”

      Sicher.. die Richtung stimmt ..aber es kommt auf die RICHTIGE Umsetzung an.
      Mal schauen wie Baden-Württemberg, diese Reform, in Zukunft, umsetzt (Hebelsatz, Bodenrichtwert usw.) . Zurzeit ist ja noch vieles unklar….

      https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/haushalt-finanzen/grundsteuer/

      Antworten
      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ weico

        >> “Zurzeit ist ja noch vieles unklar….”. Da wünsche ich viel Glück!

        Ich habe einen Trost für deutsche Grundeigentümer. Im Nachbarland F ist das Problem (so man eines sieht!) noch viel grösser. Ich besitze ein über 6000 qm grosses Grundstück in einer Landgemeinde, mittendrin und in Steinwurfweite von Rathaus und Schule, eigentlich ein Park mit soliden Bäumen, und als Bauland erschlossen und ausgewiesen.. Ich benutze es als Landeplatz für meinen Hubschrauber. Und bezahle jährlich 90 € Grundsteuer.

        Ich halte das für etwas anstößig, aber weiss nicht, wie ich es ändern soll. Würde ich der Gemeinde eine großzügige Spende als Ausgleich zukommen lassen, würde das Geld nur verplempert für Dinge wie beleuchteten Weinachtsschmuck der Strassen etc. Also lass’ ich’s bleiben, da sich auch sonst niemand aufregt.

  4. weico
    weico sagte:

    “Bolschewistische Fieberfantasien? Alles andere als das. Singapur macht es vor – zwar nicht mit einer Bodenwertsteuer, aber über das öffentliche Eigentum an Boden.”

    Auch China testet bald eine “nationwide property tax” .
    https://asia.nikkei.com/Spotlight/Caixin/China-accelerates-push-for-nationwide-property-tax

    Nebenbei:
    China ist mit dem Thema “Georgism” seit langen vertraut und hat ,anders als im “Westen” ,ALLE Möglichkeiten:

    “While this is worrying, we contest the view that there is no real remedy to China’s current predicament. Actually, China is in a better situation than some countries in the West because it has the main ingredients needed to help mitigate the threat of a bursting housing bubble.

    And this is where China has a clear advantage over most Western countries. Land in China remains state owned, and is leased out to individuals and groups. Therefore, China need not implement a land value tax per se, it just has to base its lease rates on the value of unimproved land.

    “Beijing has yet to act, probably for political reasons (the housing boom may have enriched a lot of politically important people). But in 2017, President Xi Jinping made it clear that the question of the housing bubble was high on Beijing’s agenda when he remarked that houses are “for living in, not for speculation”. A targeted property tax is due to be introduced, probably at the end of 2019.”

    https://earthsharing.ca/news/china-may-introduce-land-tax-reform-2019

    Antworten
  5. weico
    weico sagte:

    Eine Bodenwertsteuer ist ja ein starker Treiber für Wachstum (Nutzungsdruck/Leistungsprinzip) und daher wohl auch eher für “leistungsorientierte Gesellschaften” geeignet .

    Sprich: .. eher für China/Südostasien …und nicht für Deutschland geeignet !

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @weico

      “Bodenwertsteuer”

      Wenn man sie nicht bezahlen kann, lässt sich der Boden auch an den Staat verkaufen und man kann ihn dann als Vasall vom Lehnsherr zurückerhalten.

      Ein altbewährtes Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell aus dem Mittelalter – aber neu gedacht: You will own nothing and you will be happy.

      Antworten
      • weico
        weico sagte:

        @Richard Ott

        “Wenn man sie nicht bezahlen kann, lässt sich der Boden auch an den Staat verkaufen und man kann ihn dann als Vasall vom Lehnsherr zurückerhalten.”

        Richtig.

        Bringt man SELBER die LEISTUNG nicht….bekommt jemand ANDERES die Chance.

        Daher ist eine Bodenwertsteuer für den Wohlfahrtsstaat Deutschland ,um beim Land von Herrn Löhr zu bleiben, heutzutage ABSOLUT CHANCENLOS.

  6. foxxly
    foxxly sagte:

    dieses thema ist eine komplizierte materie, weil es schnell richtung eigentum geht.
    eigentum muss uns heilig sein, keine frage!
    das gegenteil ist sozialismus und dies wäre und ist eine katastrophe.

    die grundstzfrage ist, wie fast überall, die verteilung von gütern, einkommen und vermögen!
    prinzipiell gilt m.m.,dass es eine gute boden- und immobilien-verteilung geben muss, weil dies die stabilste form und voraussetzung, für eine gesellschaft ist.

    jeder sollte die möglichkeit haben, ein haus, oder wohnung mit etwas grund, – auch mit einem unterdurchschnittlichen einkommen, erreichen können! (keiner muss! )

    gerade auch dieses geldsystem führt dazu, dass ständig massiv von unten nach oben umverteilt wird und dabei riesen kumulationen an vermögen in wenigen händen, entstehen.
    dies bedeutet eine verarmung der massen und dies öffnet tür und tor für einen sozialismus.

    eine höhere besteuerung von immoblien, wäre also nicht ungerecht, aber hat wieder mehr sozialismus-chrakter.

    auch hier sollte über ein model von obergrenzen bei immobilienvermögen, nachgedacht werden.
    der jetzige weg über die mieten den bürger zu enteignen, ist absolut kontroproduktiv für die ganze gesellschaft.

    an diesen konfliktbeispiel immoblienvermögen- dessen besteuerung etc., zeigt sich auch wieder, dass dieses
    geldsystem und diese form des kapitalismus, selbstzerstörerisch ist und wirkt.

    wir werden deshalb keine gute lösung mit einer guten/vernünftigen besteuerung finden, ohne schnell in das gegenteil abzutrifften. egal was geschied, es wird systembedingt richtung sozialismus gesteuert werden.

    Antworten
    • Felix
      Felix sagte:

      Ich stimme Ihnen zu. Wir wiederholen die Geschichte, in dem wir zulassen, dass die Vermögen sich über legale aber zunehmend illegitime Wege immer mehr konzentrieren, nur um schließlich ins sozialistische Gegenteil umzuschlagen. Es ist wahrscheinlich zu spät, aber der richtige Weg ist natürlich immer eine breite Steuer- und Abgabenentlastung, begleitet von einer handwerklich gut austarierten Vermögensbesteuerung. Das wäre in den 80er Jahren die Aufgabe der “geistig-moralischen Wende” gewesen. Aber dafür ist es zu spät: die großen Vermögen sind inzwischen “too big” und können ausweichen, und die Sozialisten sind schon zu stark, um sich der Vernunft zu beugen. Die ziehen jetzt durch. Das Klima ist der Trojaner. Sie führen ja sogar schon Katastrophen aktiv herbei (Wassermangel in Kalifornien: alles ins Flussdelta abgelassen, um ein paar Lachse zu unterstützen. Aber Schuld ist natürlich das Klima.) – und die Presse stimmt mit ein.

      Antworten
      • Contumax
        Contumax sagte:

        Über den Wassermangel in Kalifornien schrieb Eric Ambler vor siebzig Jahren in seinen Kriminalromanen. Auch in dem Polanski-Film “Chinatown” kommt dieses Thema vor. Ewiger Klimawandel …

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