Best of BTO 2022: Robert Habecks neue Wohlstands­mes­sung ver­schlei­ert Zielkonflikte

Dieser Beitrag erschien im Februar 2022 bei bto:

Führungskräfte kennen das Problem: Werden bei der Zielvereinbarung zu viele Ziele definiert, tut man sich am Jahresende mit der Mitarbeiterbeurteilung schwer. Selbst wenn wichtige Ziele nicht erreicht wurden, endet man mit einem befriedigenden Ergebnis.

Die Bonuszahlungen fallen entsprechend gleichmäßig aus. Aus Sicht der Mitarbeiter mit weniger starken Leistungen ein erfreuliches Ergebnis, weshalb sie auch künftig auf möglichst viele Ziele drängen werden. Was im Personalbereich ärgerlich ist, ist auf gesamtwirtschaftlicher Ebene hochproblematisch.

Trotz Schwächen ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der beste Indikator für die Leistung eines Landes. Steigt es, wachsen die Einkommen und damit die Leistungsfähigkeit. Sinkt es, schrumpft der Wohlstand und die Gesellschaft kann sich weniger leisten.

In der Zielhierarchie muss deshalb die Entwicklung des BIP an oberster Stelle stehen. Es bildet die Grundlage und Finanzierungsquelle für alles andere: einen funktionierenden Sozialstaat, Investitionen zur Sicherung künftigen Wohlstands und auch die Klimaschutzmaßnahmen.

Bedenklich ist, dass das Bundeswirtschaftsministerium unter aktueller Führung von Robert Habeck (Grüne) auf ein Sammelsurium an Wohlstandsindikatoren setzt. Nach Kürzung schafften es immerhin 33 Ziele in den Jahreswirtschaftsbericht – von Nitratbelastung bis Bildungsmobilität. Für sich betrachtet mögen die Ziele erstrebenswert sein. Als Größen im Jahreswirtschaftsbericht sind sie fehl an Platz.

Die Gefahr liegt auf der Hand: Die Politik wird in Zukunft fehlendem Wachstum des BIP nicht nur die Erreichung anderer Ziele entgegenstellen, sondern diese anderen Ziele in den Vordergrund stellen und so Erfolg reklamieren.

Haben Ziele jenseits des BIP einmal übergeordnete Bedeutung bekommen, wird die Frage nach den materiellen Kosten und Nutzen der Maßnahmen zur Zielerreichung nicht mehr gestellt. Damit entfällt eine zentrale gesellschaftliche Diskussion über das, was wir uns leisten können und wollen.

Noch schwerer wiegt, dass hinter der Zielerweiterung eine tief sitzende Wachstumsskepsis der führenden Akteure liegt. Nur mit weniger Wirtschaftsleistung und sinkendem Konsum sei demnach das Klima zu retten. Abgesehen davon, dass das Gegenteil der Fall ist, weil man sich Klimaschutz auch leisten können muss, entspricht es nicht der Empirie. Seit Jahren schon hat sich die wirtschaftliche Entwicklung vom Ressourcenverbrauch entkoppelt.

Wie bei überbordenden Zielvereinbarungen im Personalwesen wird auch die Politik damit am Ende Schiffbruch erleiden. „Klimagerechter Wohlstand“ kann alles sein, nur nicht weniger Wohlstand. Denn es lässt sich kein einziger Fall auf der Welt finden, bei dem ein nachhaltig sinkendes Bruttoinlandsprodukt mit mehr Zufriedenheit der Bevölkerung einherging.

handelsblatt.com: “Robert Habecks neue Wohlstandsmessung verschleiert Zielkonflikte”, 18. Februar 2022

Kommentare (20) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. weico
    weico sagte:

    Nach so vielen verschiedenen “ZIELE” im Artikel (Zielvereinbarungen, Zielhierarchie, Zielerreichung, Zielerweiterung , Zielkonflikte) usw. ist nun besonders die ZIELÄNDERUNG der grünen Partei beachtenswert.

    Als ehemalige selbsternannte “Friedenspartei” ,die sich für Frieden Abrüstung ,Menschenrechte einsetzte und deren ehemaliges ZIEL die zivile Krisenprävention und Konfliktlösung war ,ist Sie nun zur militanten Aufrüstungs-Kriegs-und Konfliktverschärfungspartei geworden.

    Aus dem gestrigen Spiegel -Artikel:
    “Dafür wollen SPD, Grüne und FDP das Rüstungsexportkontrollgesetz schaffen: verbindliche, transparente Regeln für Exportentscheidungen mit Fokus auf die Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts. Das Vorhaben geht auf die Grünen zurück. In ihrem Wahlprogramm hieß es: »Exporte von Waffen und Rüstungsgütern an Diktaturen, menschenrechtsverachtende Regime und in Kriegsgebiete verbieten sich.«

    https://archive.md/3i6lX

    Merke:
    In einer “Parteiendemokratie” zieht der Wähler halt immer die Ars..karte ….! :-)

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    • Beobachter
      Beobachter sagte:

      Ich bin zutiefst überzeugt, dass Die Grünen immer und überall bekämpft werden müssen. In Politik, Kultur, Medien. Auch in diesem Blog. Nicht nur rational argumentativ, sondern auch ironisch und satirisch. Die Grünen arbeiten still und beharrlich an der Zersetzung Deutschlands, hinter der Maske des Gutmenschen. Da ist die Esken-Faeser-Antifa-SPD fast harmlos plump, da weiß man sofort, was das Ziel ist.

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      • Dr. Lucie Fischer
        Dr. Lucie Fischer sagte:

        @Beobachter
        Grüne: mit Waffen Frieden schaffen ,destruktiv-geifernde Kriegspropaganda.

        https://www.youtube.com/watch?v=8yQB7kex8xw

        Der franz. Präsident Macron hat in seiner Neujahrs-Ansprache der Ukraine
        ” Hilfe -bis-zum-Sieg” versichert.
        Europa erklärt Russland Krieg! ***
        Dazu passt: Macron zeigt mimisch und gestisch Napoleon-Posen, von seiner überwältigenden Bedeutung überzeugt – bebende Nasenlöcher.
        Vielleicht hat Macron vergessen, wie es seinem verherrlichtem Vorgänger im Russlandfeldzug erging? )
        ****Europa als Zentralstaat soll auf dem Schlachtfeld gegen Russland
        entstehen, so ist´s geplant.

  2. foxxly
    foxxly sagte:

    @ dienstleistungen können die produktivität der primär-wirtschaft steigern.
    eine überbordend hoher anteil von dienstleistungen wird noch das BIP steigern, aber die primär-wirtschaft abwürgen.
    diese beispiel haben wir in GB und in den usa erlebt; sie kämpfen heute noch mit deren folgen.

    eine dienstleistungs gesellschaft ohne primär-wirtschaft geht zu grunde.
    der wohlstandswert einer hohen dienstleistungsgesellschaft (kann man das eigentlich noch wirtschaft nennen ?) ist ein schein-wert ohne substanziellen inhalt.

    dies zeigt auch die fragwürdigkeit der wohlstandsmessung über das BIP, wenn keine weitere parameter diese ergebnisse relativieren und differenzieren.

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  3. Rolf Peter
    Rolf Peter sagte:

    „Trotz Schwächen ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der beste Indikator für die Leistung eines Landes. Steigt es, wachsen die Einkommen und damit die Leistungsfähigkeit. Sinkt es, schrumpft der Wohlstand und die Gesellschaft kann sich weniger leisten.“

    In dem zitierten Abschnitt ist jeder Satz falsch und damit auch die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen.
    Das BIP misst nicht:
    Mit Markttransaktionen verbundene, nicht im Marktpreis reflektierte Externalitaeten.
    Wertschoepfung, die ausserhalb des Marktes stattfindet.
    Ungleichheit.

    Daher misst das BIP noch nicht einmal den materiellen Wohlstand einer Gesellschaft. Als oberstes Ziel ist es daher kategorisch abzulehnen.

    Habecks Wohlstandsmessung verschleiert keine Zielkonflikte, sondern deckt sie auf. HerrDr. Stelters Forderung, das BIP müsse in der Zielheirarchie an oberster Stelle stehen, verschleiert dagegen Zielkonflikte und führt, wuerde man sie umsetzen, zu weniger Wohlstand.

    Antworten
    • Beobachter
      Beobachter sagte:

      Ah ja, jeder Satz von Herrn Stelter ist falsch, und nur Habeck kennt die Zielkonflikte und hat eine Lösung dafür.

      Bitte noch mehr grüne Propaganda. Damit die Blog-Leser endlich zum Licht finden.

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    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Rolf Peter

      Möchten Sie, dass es zum Beispiel auch ins BIP einfließt, wenn Sie in die Küche gehen und sich aus dort vorhandenen Zutaten ein Brot belegen und das dann essen? Den Finanzbehörden gefiele die Idee bestimmt, die könnten dann nämlich auf diese Wertschöpfung (!) eine fiktive Mehrwertsteuer erheben (schließlich haben Sie dadurch den Gang zur Imbissbude oder gar ins Restaurant eingespart…) und uns auf diesem Weg noch mehr Geld abpressen.

      Das mag grüne Parteikader nicht besonders stören, weil sie sich dann entsprechend ihre staatlichen Zuwendungen erhöhen würden, aber für normale Menschen ist das eine äußerst nachteilige Idee.

      PS: Dass das BIP auch “Ungleichheit” misst, hat übrigens nie jemand behauptet. Dafür gibt es andere Indikatoren.

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  4. Stoertebekker
    Stoertebekker sagte:

    “Seit Jahren schon hat sich die wirtschaftliche Entwicklung vom Ressourcenverbrauch entkoppelt. ”

    Das glaub ich schlicht nicht. Der angeführte Bericht bezieht sich auf Europa. Wir haben im angegebenen Zeitraum massives Outsorucing der Produktion u.a. nach Asien betrieben. Und damit wird wieder das Grundproblem deutlich. Politische Herrschaftsgebiete und Wirtschaftsräume sind nicht deckungsgleich. Damit sind Analysen des Einen mit den Kategorien des Anderen häufig problematisch. Haben wir hier ja dauernd…

    Außerdem finde ich @Bauer-Papier zu Energie = Wohlstand weiterhin sehr überzeugend.

    PS Das ändert natürlich nix an der Gesamtaussage des Artikels

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Stoertebekker

      “Außerdem finde ich @Bauer-Papier zu Energie = Wohlstand weiterhin sehr überzeugend.”

      Ja, die Überzeugungskraft kommt daher, dass der Zusammenhang im Lauf der Menschheitsgeschichte über Jahrtausende Bestand hielt.

      Abgeschwächt hat er sich scheinbar erst seit einigen Jahren, wobei ich auch nicht glaube, dass das so bliebe, wenn wir tatsächlich ehrlich rechnen und die “versteckte Energie” in unseren China-Importen berücksichtigen würden.

      Antworten
  5. Dr. Lucie Fischer
    Dr. Lucie Fischer sagte:

    KEINE Zielhierarchie vorzugeben ist alt-bewährte -List-Strategie :
    Verwirrung stiften, Vom-Wesentlichen-Ablenken. den Gegner in die Irre führen.
    Beliebigkeit schafft gegen Kritiker luftleeren Raum, sichert Macht durch Erschöpfung von Opposition. ( Pausenlos wird eine neue ” Angst-Sau” durch alle Medien getrieben) .
    Mit 36 Strategemen besser zu verstehen, hier Strategem Nr. 1, am besten ( für Europäer) erläutert von Harro von Senger:

    https://www.business-bestseller.com/magazin/interview-harro-von-senger/

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  6. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    bto: “Denn es lässt sich kein einziger Fall auf der Welt finden, bei dem ein nachhaltig sinkendes Bruttoinlandsprodukt mit mehr Zufriedenheit der Bevölkerung einherging.”

    Das ist leicht zu erklären:

    Überall, wo das bisher probiert wurde, war es einfach noch nicht der wirklich wahre Sozialismus. :D :D :D

    Antworten
    • Rolf Peter
      Rolf Peter sagte:

      Ein Junkie, der auf Entzug gesetzt wird, erleidet auch einen Wohlfahrtsverlust. Dafür lebt er laenger und die meiste Zeit auch besser.
      Deswegen stimmen viele dieser Massnahme auch zu.

      Das BTO-Rezept dagegen ist, das Fernziel erstmal zu vernachlässigen und den Drogenkonsum zu steigern, weil dann ja auch die kurzfristige Wohlfahrt steigt. Bis sie eben nicht mehr steigt.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Rolf Peter

        “Ein Junkie, der auf Entzug gesetzt wird, erleidet auch einen Wohlfahrtsverlust. Dafür lebt er laenger und die meiste Zeit auch besser. Deswegen stimmen viele dieser Massnahme auch zu.”

        Ich bin beeindruckt. Sie verstehen ja sogar auf abstrakter Ebene, dass Ärzte für eine Therapie die Einwilligung des Patienten brauchen.

        Der von Ihnen hochverehrte grüne Onkel Doktor assistiert von seiner durchgestylten Schwester Ratchet weiß aber am allerbesten, was ein “gutes Leben” für jeden Menschen konkret bedeutet und zieht seinen Therapieplan deshalb auch ohne Zustimmung des Patienten durch, nicht wahr?

        Das geniale daran ist: Mit so viel Sendungsbewusstsein kann man sogar Krankheiten und folglich Therapiebedarf erkennen, wenn die Patienten in Wirklichkeit völlig gesund sind…

      • Rolf Peter
        Rolf Peter sagte:

        Hallo Herr Ott, zu Ihrer Replik von 17:07:

        Ganz anders der gute Doktor B. T. Ohnesorg. Der empfiehlt, die Drogendosis langsam zu steigern, je “higher” desto höher die Wohlfahrt. Allerdings keine Überdosis; auf keinen Fall! Der Patient stirbt, Doktor B. T. O. guckt dumm aus der Wäsche und stellt nach kurzer Überlegung fest: Schuld ist der Patient, klarer Fall von Patientenversagen, denn der Doktor hat ja immer gesagt, keine Überdosis.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Rolf Peter

        Was genau ist eigentlich die Droge in Ihrer schönen Luddisten-Analogie? Die Produktion von Waren und Dienstleistungen, sofern vom BIP gemessen?

        Das gesunde und wertvolle Cannabis kann es nicht sein, das lässt sich laut grünen Kiffer-Experten ja gar nicht überdosieren…

  7. foxxly
    foxxly sagte:

    ….habeck ist ganz auf den sozialistischen kurs! und der rest dieser ampel auch.
    was will man da auch erwarten?

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