“William White: ‚Notenbanken können nicht zurück‘”

Für Leser von bto ist William White, der ehemalige Chefvolkswirt der BIZ, ein guter Bekannter. Er warnt seit Jahren vor den Folgen einer falschen Politik. Immer noch und immer wieder lesenswert:

→ „Ultra Easy Monetary Policy and the Law of Unintended Consequences“

→ „Europa hat nichts gelernt“ – Warum uns eine noch schlimmere Finanzkrise droht

→ Monetarisierung: Rettung oder Desaster?

→ Helicopter Money „is a highly risky and perhaps even terminally risky policy“

Nun meldet er sich erneut bei der FINANZ und WIRTSCHAFT zu Wort. Nein, es ist nichts Neues. Es ist aber eine sehr gute Erinnerung an das Umfeld, in dem wir uns befinden:

  • Die Geldpolitik ist schon so lange expansiv, dass es einen guten Grund braucht, um sie zu straffen. Die Zentralbanken wollen nicht in Frage stellen, was sie bis anhin getan haben. Sie tendieren zu expansiver Geldpolitik, um ihre bisherigen Massnahmen zu bestätigen.” bto: Das tun sie auch, weil die Folgen eines Exits nicht mehr beherrschbar sind. 
  • “Die Schulden sind in den vergangenen Jahren rasant weiter gestiegen, vor allem in Schwellenländern und besonders in China, aber auch bei den Unternehmen in den USA. Die Lage könnte so gefährlich sein wie 2007 und 2008. (…) Ich befürchte, die langjährige expansive Geldpolitik hat leichtsinniges Verhalten an den Märkten so stark angespornt, dass sogar eine moderate Straffung Probleme verursachen könnte.” bto: … gefangen in der eigenen Politik.
  • “(…) sollten die Regierungen das Ihre tun: eine kurzfristig expansive Fiskalpolitik, (…) Im Privatsektor müssen Schulden abgebaut und Banken rekapitalisiert werden. Es braucht auch strukturelle Reformen. Zentral wäre, die Zerbrechlichkeit des Finanzsystems zu reduzieren.” bto: Doch genau das tut weh!
  • Im Wesentlichen besteht ein Insolvenzproblem, die Schulden sind zu hoch. Das können Zentralbanken nicht bewältigen, ausser, sie fachen die Inflation an, um den Realwert der Schulden zu verkleinern. Zentralbanken können Illiquidität bereinigen, aber nicht Insolvenz.” bto: so wahr! Und die Konkursverschleppung vergrößert jeden Tag den Schaden!
  • Ein Risiko ist, dass die Kapazität in vielen Weltgegenden bald ausgelastet ist. Die Zukunft könnte inflationär sein. Falls Inflationsdruck aufkommt, könnten die langfristigen Zinsen abrupt steigen. Es ist nicht schwer, sich selbst im optimistischen Szenario entgleiste Finanzmärkte auszumalen, die die Konjunkturerholung zum Scheitern bringen.” bto: der Margin Call eben!
  • “Angenommen, eine Zentralbank ist besorgt wegen steigender Inflation und entscheidet, den Leitzins hinaufzusetzen. Aber die Regierung hat hohe Schulden, finanziert mit Anleihen kurzer Laufzeit. Wenn die Notenbank die kurzfristigen Zinsen erhöht, verteuert sie damit den Schuldendienst der Regierung. An einem bestimmten Punkt merken die Leute, dass die Regierung die Schulden nicht mehr bedienen kann, ohne von der Zentralbank Geld drucken zu lassen. Das ist der Tipping Point, bei dem es kippt, und dann folgt Hyperinflation.” bto: In Italien passiert das schon, aber wir merken es nicht und deshalb gibt es auch keine Inflation, sondern nur die von Deutschland finanzierte Kapitalflucht aus dem Land.
  • “Die Regierung hat hohe Schulden und ein grosses jährliches Haushaltsdefizit und muss Geld aufnehmen. Zunächst ist die Lage oft deflationär, wobei die Steuereinnahmen abnehmen und die Regierung die Ausgaben nicht genug senken kann. (…). Sie muss sich an die Notenbank wenden, die Geld druckt. (…) An einem bestimmten Punkt erkennen die Leute das Offensichtliche: dass die Situation nicht mehr tragfähig ist. Dann nimmt die Inflation markant zu. Die Währung wertet sich heftig ab, die Nachfrage nach Geld bricht ein, und alle versuchen zu entkommen.” bto: Deshalb kommt es auch nicht langsam, sondern quasi “über Nacht”.
  • Wie nahe ist Japan diesem Szenario? (…) Die Wirtschaft ist keine Maschine, sondern ein komplexes, anpassungsfähiges System. In fast allen solchen Systemen gibt es Phasensprünge – Eis wird zu Wasser und dann zu Dampf. Verschiedene Ursachen können das System über einen bestimmten Punkt, eine Grenze stossen. Für Inflationsdruck ist nicht nur die Auslastung der Wirtschaft wichtig, sondern auch das Wachstum der Schulden. Die Zentralbanken verwenden jedoch Modelle, die im Wesentlichen linear sind. In ihrer Welt gibt es keine Phasensprünge.”

bto: White legt sich zwar nicht auf den Zeitpunkt fest. Die Einschätzung ist aber klar. Es dürfte nicht gut enden. Dabei will ich nicht unterschlagen, dass er auch eine gute Lösung für denkbar hält: “Die Weltwirtschaft könnte schneller und robust wachsen, (…) Es ist nicht unmöglich, sich einen geordneten Ausgang vorzustellen.” bto: Dann lasst uns darauf hoffen und uns dennoch auf das andere Szenario vorbereiten.

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: “William White: ‚Notenbanken können nicht zurück‘”, 30. Dezember 2016