Wie wir den Euro – und damit Europa – retten können

France is now a Eurosceptic nation, whoever wins the election” titelt The Telegraph und hat damit recht. Der als Heilsbringer gefeierte Emanuel Macron, der doch noch einen Sieg von Marine Le Pen verhindern soll, hat, wenn er gewinnt, keine eigene Mehrheit im Parlament. Wie soll er da das Reformwunder erbringen?

Auch so ist die Stimmung in Frankreich eindeutig. Fast 43 Prozent der Franzosen unterstützen EU- und Eurokritiker in den Umfragen also beinahe wie in Italien, wo die Oppositionsparteien fast alle für einen Austritt plädieren.

Der Telegraph:

  • Marine Le Pen is not going to be the next president of France of course but that does not settle matters.” bto: Wenn sich alle sicher sind, werde ich immer etwas unruhig.
  • “Supposing that the debonaire Emmanuel Macron wins the elections (…)  he will not have a governing majority in the French parliament.” bto: womit er nichts durchsetzen kann.
  • “How will such a leader deliver on his plans for galloping strides towards a federal Europe with a eurozone finance ministry and shared debts, legitimised by a eurozone parliament? bto: Das sind die Forderungen der Linken um Thomas Piketty schon lange. Er hat gute Chancen sie durchzusetzen, sobald Martin Schulz denkt, er müsse seine Vision von Europa mit deutschem Steuergeld erkaufen. Dumm ist nur, dass es selbst dann nicht genügen wird! Am Ende ist Geld weg und der Euro Geschichte, weil es über Umverteilung eben nicht geht, nicht gehen kann.
  • “By my count, hardline Eurosceptic candidates in the debate between them have 43pc support in the opinion polls. There is no positive consent in France for the messianic Europeanism of Mr Macron. The former economy minister aims to restore French leverage in relations with Germany by fiscal rectitude and a package of market reforms – as if Berlin will agree by some miracle to debt pooling and fiscal union, which require changes to the German constitution.” bto: Da bin ich “optimistischer”. Ich denke, die neue SPD-geführte Regierung würde das machen.
  • “Yet how will he muster the votes in Assemblée Nationale to break the power of the trade unions over the neuralgic issue of collective bargaining, or to cut the civil service by 120,000, or to reduce the state by from 55pc to 52pc of GDP?” bto: Das ist undenkbar und auch lächerlich. Wie soll das bitte genügen, um die Probleme zu lösen?
  • “The task is enormous. France has lost 15pc in labour competitiveness against Germany since the exchange rates were locked in the 1990s. (…) It has switched from a structural trade surplus of 1pc of GDP to a structural deficit of 2pc. (…)  Output of passenger vehicles has dropped from 3.7 million a year in the early 2000s to nearer 2 million. (…) The public debt to GDP ratio was roughly the same (as Germany) as recently as 2009. By next year Germany’s debt will have fallen to 63pc and France will be flirting with 100pc.” bto: wie Italien auf einem untragbaren Weg.
  • “Mr Macron thinks it possible to claw back lost competitiveness by knuckling down, eroding the legacy of high debt by enforcing the draconian terms of the EU’s Fiscal Compact. It implies primary budget surpluses for decades to come. bto: Da kann er gleich einpacken. Es wäre wie Italien.
  • “Such a policy might be possible if Germany were willing to inflate and do its full part to narrow Europe’s North-South imbalances by stimulating demand.” bto: Oh man, ich bin ja auch dafür, dass wir unser Geld lieber hier ausgeben. Aber das rettet doch die Eurozone nicht!

Doch mit dieser Hoffnung ist Ambroise Evans-Pritchard vom Telegraph nicht alleine. In der Vorbereitung auf die Maßnahmen einer Regierung Schulz wird auch bei uns schon an dem Meinungswandel gearbeitet. Beispiel: der von mir sehr geschätzte Henrik Müller.

SPIEGEL ONLINE:

  • Der Euro das ist nicht nur Geld. Das ist das Projekt, bei dem das Zusammenwachsen am weitesten fortgeschritten ist: Ein Teil der EU, derzeit 19 Mitgliedstaaten, hat einen wichtigen Teil der Souveränität aufgegeben, nämlich die nationalen Währungen. Aber sie haben eine Konstruktion geschaffen, die zu wacklig ist, als dass sie auf Dauer Bestand haben dürfte.” bto: So ist es. Und Umverteilung wird daran nichts ändern.
  • Kracht die Eurozone doch noch zusammen, dann wird das Signalwirkung auf andere Politikfelder haben, die derzeit ebenfalls als Kandidaten für eine engere Zusammenarbeit einzelner Staatengruppen gehandelt werden. Verteidigungspolitik? Verbrechensbekämpfung? Schutz der Außengrenzen? All das dürfte kaum Chancen auf Realisierung haben, wenn schon der gemeinsame Währungsraum vor 25 Jahren beschlossen, vor 18 Jahren begonnen, seit sieben Jahren in der Krise nicht anständig funktioniert.” bto: weshalb der Euro eben mehr Spaltpilz ist als verbindendes Element. 
  • “Es fehlt eine eigene demokratische Legitimation, eine eigene Bürgervertretung. Und eben deshalb fehlen jene Mechanismen, die andere Währungsräume ganz selbstverständlich besitzen: ein automatischer Ausgleich zwischen wachsenden und kriselnden Regionen durch ein gemeinsames Budget, beispielsweise eine übergreifende Arbeitslosenversicherung; eine möglichst klare Zuweisung von Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen zwischen der regionalen und der gemeinschaftlichen Ebene inklusive der teilweisen Übertragung von Hoheitsrechten, wodurch es möglich wird, gemeinsame Regeln einheitlich durchzusetzen.” bto: was im Klartext eine Mehrheit für die Schuldnerländer bedeutet. Ein Traum von Piketty und Co.
  • Weil es keine gemeinsame Volksvertretung gibt, ist auch die wichtigste Institution der Eurozone, der Rettungsfonds ESM, ein Vehikel der Eurostaaten und nicht der EU. Gelenkt und überwacht wird der ESM von den nationalen Regierungen, das EU-Parlament bleibt außen vor. Da es aber um die Umverteilung von finanziellen Risiken in Höhe von bis zu 500 Milliarden Euro geht, haben die nationalen Parlamente, etwa der Deutsche Bundestag, dabei mitzureden. Eigentlich ein unhaltbarer Zustand.” bto: Es wäre besser, wenn ein Parlament, in dem wir immer in der Minderheit sind, unser Geld ausgibt?
  • Ohne Eurozonen-weite Umverteilungsmechanismen sind ökonomische Spannungen, die innerhalb einer Währungsunion unweigerlich auftreten, kaum lösbar. Spannungen, die wiederum fast automatisch zu politischen Konflikten führen.” bto: Und die stehen uns in den kommenden Jahren ins Haus.
  • Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf eigene Faust ihren Aktionsradius bis hart an die Grenzen der Legalität ausgedehnt, so weit, dass sie die Verfehlungen der Politik eine Zeit lang ausbügeln konnte. Aber all das genügt nicht.” bto: natürlich nicht. Wir brauchen einen Schuldenschnitt und einen Neustart. Wie hier immer wieder erläutert.

→ The Telegraph: “France is now a Eurosceptic nation, whoever wins the election”, 5. April 2017

→ SPIEGEL ONLINE: “Wie wir den Euro und damit Europa retten können”, 2. April 2017