„Wie sich der Einzug des 500-Euro-Scheins rechnet“
Ich war mit meiner Beleuchtung der wahren Motivation des Bargeldverbots früh dran, nachdem ich schon 2014 darüber geschrieben habe. Nun wird von immer mehr Ökonomen auf diese eigentliche Intention verwiesen. So Hans-Werner Sinn in der F.A.Z. Hier nur die Highlights:
- „Es geht in Wahrheit um etwas ganz anderes als die Kriminalität von Kleinganoven. Es geht um den Wunsch der EZB, die Einlagenzinsen noch weiter in den negativen Bereich zu schieben. Derzeit verlangt die EZB einen Strafzins von 0,3 Prozent für das Geld, das Banken bei ihr einlegen. Am liebsten würde sie noch mehr verlangen, doch kann sie nicht weitergehen, weil Banken dann lieber Bargeld horten. Das Einzige, was sie davon abhält, nur noch Bargeld zu halten, sind die Kosten der Aufbewahrung der Banknoten in den Tresoren.“ – bto: Nicht nur Banken würden dann lieber Bargeld halten!
- „Ende Dezember wurden 307 Milliarden Euro, also 28 Prozent des Euro-Bargelds, in Form von 500-Euro-Scheinen gehalten. Von wem sie gehalten wurden, ist nicht klar. (…) vor allen dürfte das Geld in Osteuropa und der Türkei als Wertaufbewahrungsmittel gedient haben.“
- „Wenn die Banken nun gezwungen werden, statt der 500-Euro-Scheine die etwas kleineren 200-Euro-Scheine zu halten, steigen die Tresorkosten etwa auf das Zweieinhalbfache. “ – bto: siehe dazu Beitrag aus der NZZ am 5. Februar 2016.
- „Unter der Annahme, dass der genannte Strafzins von 0,3 Prozent, den die Banken auf ihre Einlagen bei der Notenbank zahlen, bereits durch die Tresorkosten limitiert wurde, könnte die EZB diesen Strafzins nach der Abschaffung der 500-Euro-Scheine rechnerisch auf das Zweieinhalbfache, also auf 0,75 Prozent erhöhen.“ – bto: Das wird schön!
- „Deshalb wäre es kommunikativ in der Tat geschickter, die Bekämpfung der Kriminalität in den Vordergrund zu stellen. Dafür hat die EZB zwar kein Mandat, doch wen schert heute noch die Rechtslage. Wichtiger ist es, dass man eine Begründung für das Fernsehen hat und dann seine eigentliche Agenda verfolgen kann.“ – bto: was dann sogar vom Handelsblatt nachgequatscht wird!
- „Angesichts der verheerenden Wettbewerbslage der Volkswirtschaften Südeuropas ist die Nullzinsgrenze, die aus der Möglichkeit der Bargeldhaltung resultiert, offenbar noch immer zu hoch, als dass die Konjunktur dort anspringt.“ – bto: als würden daran tiefere Zinsen etwas ändern! Das sind doch andere Gründe (Überschuldung, Strukturdefizite).
- „Anstatt Zinsen für ihre Schulden zahlen zu müssen, erhalten die überschuldeten Staaten Zinsen von den Sparern, die ihnen ihr sauer verdientes Geld geliehen haben. Auf diese Weise lässt sich der Lebensstandard in den Schuldenländern halten, und die Schulden werden von den Gläubigern selbst getilgt.“ – bto: Das ist eine nette Formulierung!
- „Schon durch die bisherigen Zinssenkungen, die der Euro zum Beispiel Italien bescherte, hat der italienische Staat jährlich mehr Geld gespart, als er an Mehrwertsteuern einnimmt. Was nun geplant ist, könnte auf eine gewaltige offene Entschuldungsaktion durch Negativzinsen hinauslaufen, welche die bisherigen Zinsvorteile nochmals stark vergrößert.“ – bto: Entschuldung? Nie und nimmer. Es werden dann noch mehr Schulden gemacht. Wer glaubt, mit Negativzins alleine kommen die von ihren Schulden runter, der irrt. Negativzins hilft dem System eine Runde weiter. Punkt.
- „Auch, wenn der überschuldete deutsche Fiskus profitierte, würde Deutschland insgesamt unter negativen Zinsen leiden, denn die Deutschen exportieren über ihre Leistungsbilanzüberschüsse mehr Ersparnisse als jedes andere Land der Erde. Deutschland ist nach China der größte Nettogläubiger der Welt.“ – bto: Das sind zwei sehr wichtige Feststellungen. 1) Der deutsche Staat ist auch überschuldet. Richtig! 2) Unser Exportweltmeistertitel ist sehr teuer erkauft.
- „Im Vergleich zu den gesamten Nettokapitalerträgen, die Deutschland noch im Jahr 2007 auf sein Nettoauslandsvermögen verdient hatte, bedeuteten die niedrigen Zinsen zuletzt einen jährlichen Verlust an Kapitalerträgen von etwa 68 Milliarden Euro, während die südeuropäischen Krisenländer in ihrer Gesamtheit jährlich etwa 85 Milliarden Euro an Gewinnen erzielten.“
„Gelänge es der EZB, die durchschnittlichen Marktrenditen um weitere 0,45 Prozentpunkte zu senken, wie es wegen der Erhöhung der Tresorkosten zu erwarten ist, stiege der jährliche deutsche Verlust bei den Kapitalerträgen um weitere 8 Milliarden Euro, und die Südländer hätten einen zusätzlichen jährlichen Vorteil von 10 Milliarden Euro. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“
→ F.A.Z.: „Wie sich der Einzug des 500-Euro-Scheins rechnet“, 7. Februar 2016