„Wer kauft eigentlich noch Staatsanleihen?“

Diese Frage habe ich mir auch schon seit Langem gestellt. Meine Logik war immer, dass es sich in einem deflationären Umfeld durchaus lohnen mag und zudem Geld auf dem Bankkonto viel zu riskant angelegt ist. Man zahlt also eine Versicherungsprämie, um es dem deutschen Staat zu leihen. Bei anderen Staaten stimmt das dann natürlich nicht mehr, weil da die Rückzahlung ohne Hilfe der EZB/Notenbank unwahrscheinlich ist.

Das genügt aber nicht, um das erhebliche Kursrisiko dieser Anleihen auszugleichen, zumindest, wenn man in die längeren Laufzeiten geht. Deshalb sind Wissenschaftler der Frage nachgegangen, wer denn die Anleihen kauft. Ergebnis: die EZB erst im zweiten Schritt, im ersten die Banken, durchaus “ermutigt” von den Staaten. Die FINANZ und WIRTSCHAFT hat es ausgegraben:

  • “Drei Ökonomen der Universität Zürich, der Europäischen Zentralbank und der Niederländischen Notenbank (…) untersuchten die Daten von 60 Banken in der Eurozone während der Eurokrise und kommen zum Schluss: Regierungen beeinflussten Banken aktiv und erfolgreich, ihnen Staatsanleihen abzukaufen. Die Ergebnisse sind in dem vom britischen Think Tank CEPR herausgegebenen Diskussionspapier Nr. 11153 nachzulesen, aus dem auch der folgende Chart stammt.”Quelle: Van Horen/Ongena/Popov, The Invisible Hand of the Government, CEPR 2016
  • Staatliche Banken und solche, die von der Regierung finanzielle Unterstützung erhalten hatten, kaufen nachweislich vor allem in jenen Monaten, in denen der Staat viele Anleihen emittiert und am Markt wenig Kaufinteresse besteht (die Autoren sprechen von ‚high need months‘), dramatisch mehr Staatsschulden, schreiben die Autoren. Sie belegen, dass hier ein klassischer Tatbestand von ‚moral suasion‘ am Werk ist: ein sanfter Druck auf die Institute, sich kooperativ zu zeigen.”
  • Dank der rekordtiefen Zinsen kann die öffentliche Hand so günstig Schulden machen wie nie zuvor, über die Platzierung der Schuldtitel braucht sie sich keine Sorgen zu machen, existiert doch de facto eine Abnahmegarantie. Das sind Anreize für eine staatliche Verschuldungspolitik und für eine Entwicklung, bei der das Gewicht öffentlicher Schuldtitel in den Bankbilanzen wächst.”

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: “Wer kauft eigentlich noch Staatsanleihen?”, 14. März 2016