„Warum der griechische Deal funktionieren wird“

Bekanntlich bin ich Pessimist. Nicht, dass dies mich sonderlich stören würde, aber man kann natürlich leicht Gefahr laufen, nur die Risiken und nicht die Chancen zu sehen. Gerade mit Blick auf die ungelöste Schuldenkrise und die Unfähigkeit der Politiker, die Eurokrise zu lösen, fällt es mir schwer, einen optimistischen Blick zu finden. Dies sieht man auch an meinen Kommentaren zur Eurokrise. Zuletzt im Appel die Eurozone zu verlassen, bevor es ein anderes Land tut.

Es gibt aber Optimisten, die ich gerne auch auf diesen Seiten zitiere. So Anatole Kaletsky in einem Kommentar für die FINANZ und WIRTSCHAFT:

  • „Das Abkommen zwischen Griechenland und den europäischen Institutionen ist tatsächlich vorteilhaft für beide Seiten. Statt den Anfang einer neuen Phase der Eurokrise zu markieren, ist es gut möglich, dass das Abkommen als der Höhepunkt einer langen Reihe politischer Kompromisse in die Geschichte eingeht, in deren Zuge einige der schlimmsten Fehler der Konstruktion des Euros korrigiert und die Bedingungen für eine Erholung der europäischen Wirtschaft geschaffen wurden.“ – bto: Da hört man auf.
  • Den Euro hätte man besser nicht gemacht. Doch hat man ihn einmal „überwiegen die Nachteile, die ein Rückbau der politischen und wirtschaftlichen Einigung mit sich bringen würde, normalerweise die offensichtlichen Vorteile eines Auseinanderbrechens. Dies scheint der Fall in Europa zu sein, wo eine klare Mehrheit der Wähler in allen Ländern der Eurozone für die Einigung ist, auch in Deutschland und Griechenland.“  – bto: Genau dies ist die Argumentation der Euroretter.
  • Europa hat überwunden, was man die Erbsünde des Einheitswährungsprojekts nennen könnte: das Verbot der monetären Finanzierung des Staatsdefizits durch die EZB und das damit einhergehende Verbot für die Nationalregierungen, sich im Defizitfall gegenseitig zu unterstützen.“  – bto: Klartext – die Finanzierung der Staaten durch die Notenbank ist in Europa nun gesichert. Deshalb ist die Krise gelöst. Dies kann aber nur bedeuten, dass die Schuldenlasten durch eine perspektivische Inflation gelöst werden. Die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder löst dies allerdings nicht.
  • Im Januar hat EZB-Präsident Mario Draghi beide Hindernisse wirksam umgangen, indem er ein Programm der quantitativen Lockerung von enormem Ausmass aufgelegt hat, das die gesamten Defizite aller Eurozoneregierungen (einschliesslich der griechischen) finanziert und einen erheblichen Teil ihrer ausstehenden Anleihen vergemeinschaftet.“  – bto: Das ist ehrlich. Die EZB sozialisiert alle Schulden OHNE jegliche demokratische Legitimierung und führt eine Transferunion OHNE Gegenleistung für die Geberländer ein. Ein Sieg der Krisenländer und der linken Vordenker.
  • „Staatsschulden müssen nie zurückgezahlt werden, solange ihre Laufzeit auf gemeinsamen Beschluss verlängert wird oder sie mit neuem Geld, das von einer glaubwürdigen Zentralbank ausgegeben wird, aufgekauft werden.  – bto: Das ist die Monetarisierung, über die ich hier viel geschrieben habe. Was Kaletsky allerdings nicht erwähnt, sind die Dimensionen, um die es geht, vor allem auch im Bereich der untragbaren privaten Schulden.
  • „Jetzt, da Premierminister Tsipras’ Regierung gezwungen wurde, die absolute Priorität des Schuldendienstes anzuerkennen, und auf die unbegrenzte Unterstützung durch die EZB rechnen kann, dürfte Griechenland keine Probleme mehr haben, seine Schuldenlast zu tragen, die nicht schwerer ist als die Japans oder Italiens.“ – bto: Richtig ist, dass, wenn die Notenbank hilft, Staaten immer zahlen können. Die Frage nach dem Geldwert steht auf einem anderen Papier.
  • „Die Verlängerung der monetären Hilfe Griechenlands durch die EZB wird zudem die finanziellen Bedingungen ändern: Die Zinsen werden kräftig fallen, die Banken werden rekapitalisiert, und zum ersten Mal seit 2010 werden allmählich wieder private Kredite zur Verfügung stehen. Wenn die Einhaltung der Haushaltsziele streng überwacht wird, was unwahrscheinlich ist, kann diese Verbesserung der Bedingungen für private Kreditnehmer leicht alle geringen Verschärfungen der Fiskalpolitik ausgleichen.“  – bto: und deshalb dann die Erholung in Griechenland.

Fazit: Weil die EZB nun alle Staaten finanziert, ist der Euro gerettet.

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: „Warum der griechische Deal funktionieren wird“, 31. Juli 2015

Kommentare (2) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Stefan Ludwig
    Stefan Ludwig sagte:

    Hm – also das geht doch nur so lange gut wie die Gesellschaften noch an den Wert des Euros glauben. Spätestens dann wenn das negative Eigenkapital der EZB als Zahlenwert einen nennenswerten Bruchteil des Gesamt-BIP der EU, hat sagen wir mal 40%, muss es den Leuten doch dämmern. Wenn jetzt ein dutzend Superreiche sagen wir mal 300 Milliarden Euro in Dollar umtauschen möchte dann ist das Spielchen gelaufen. Weil die EZB dann ganz verlegen zugeben muss also äh so viel haben wir nicht.

    Mittlerweile finde ich diese ganze Luftnummern Hin- und Herbucherei sollte man sein lassen und sich ernsthaft Gedanken über ein dauerhaft stabiles postkapitalistisches Wirtschaftssystem machen. Die Bewertungseinheit für Güter und Dienstleistungen darin sollte sich an folgendem Grundprinzip orientieren:

    Trägt die Herstellung des Gutes oder die Erbringung der Dienstleistung zur langfristigen Stabilisierung des Gesamtökosystems Erde bei oder belastest es Gesamtökosystem. Je Größer die Belastung desto “teuerer” die “Bezahlung” in Renaturierung oder wie auch immer gearteten Ausgleichsmaßnahmen.

    Wenn es noch superreiche in diesem System geben sollte dürfen die gerne mit einer völlig unsinnigen Luxusyacht 100m Lang 30.000 PS übers Meer schippern
    aber nur zu einem Preis von sagen wir 10 Millionen Dollar am Tag. Nachdem der Yacht-Besitzer eine Anlage zur Erzeugung von Dieselöl aus Algen und Solarstrom BEZAHLT hat (Geschenkt KEIN Kredit) die neben den 2000 Litern die er am Tag für seine Yacht braucht 10.000 Liter für die Küstenstadt erzeugt in der seine Yacht den Heimathafen hat.

    Noch besser wäre gesellscaftlichen Status und ansehen erwirbt man sich durch Dienste an der Allgemeinheit. Wer ist besser in der Lage große Talente in der richtigen Mischung zusammenzubringen um Innovationen zu entwickeln die der langfristigen Stabilisierung des Gesamtökosystems Erde zu entwickeln? (Fruchtbarmachung von Wüstengebieten, friedliche Konfliktlösemethoden gesellschaftsfähig machen, Lernmethoden erproben die noch effektiver jeden einzelnen herausfinden lassen was ist meine Berufung? usw. usf.

    Das mag jetzt vielen als Phantasterei erscheinen. Nun zum Mond fliegen war auch so eine verrückte Idee: “Bist du verrückt?! 380.0000 km durch den Weltraum?! Auf dem Mond tagsüber +130 °C nachts -100 °C. Vakuum nichts als Vakuum!! Die Rakete müsste hunderte Tonnen wiegen!!! Auch komm lass es!! Denk dir was “vernünftigeres” (wie z.B. Atomkraftwerke) aus.

    Ein Ansatz zum Weiterdenken ist die ressourcenbasierte Wirtschaft wie sie in dem Film Zeitgeist Moving Forward vorgestellt wird.

    https://www.youtube.com/watch?v=W2FPZrbYWK0

    mit freundlichen Grüßen

    Stefan Ludwig

    Antworten
  2. OK
    OK sagte:

    DAS nenn ich mal eine pragmatische Sicht der Dinge…vielleicht ein “EU-Troll”? Was die Russen angeblich können, können wir doch schon lange!

    Antworten

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu OK Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.