Wahl in Frankreich: Sieg mit Anti-Deutschen Parolen?

Am kommenden Sonntag geht es in die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen. Den Radikalen bei den Linken und Rechten werden dabei keine großen Chancen eingeräumt. Wenn überhaupt könnte Jean-Luc Mélenchon wenn er denn gegen Marine Le Pen in die Stichwahl kommt Präsident werden. Wahrscheinlicher ist allemal der Sieg Emanuel Marcons, der allerdings mangels Hausmacht wohl nicht so viel umsetzen kann, wie die Finanzmärkte und die Politiker in Berlin hoffen.

Dennoch ist es interessant, dass mit Mélenchon und Le Pen zwei radikale Kandidaten nicht chancenlos sind, die beide die Ursache für die Probleme des Landes auch bei der EU, beim Euro und vor allem auch in Deutschland sehen. Zunächst die F.A.Z. in einem verwunderten Bericht über den Aufstieg Mélenchons in den Umfragen:

  • La France insoumise, ein Frankreich, das sich nicht unterwirft, lautet der Wahlslogan Mélenchons, und dabei schwingt eine gehörige Portion Antigermanismus mit. Mélenchon hat sich aus Protest gegen die Europapolitik der Sozialisten politisch selbstständig gemacht.” bto: Es ist doch gut, wenn man alte Feindbilder bedienen kann. Blöd nur, dass wir uns in eine Position manövriert haben, in der die Argumentation nicht mehr so falsch erscheint.
  • Sein kommunistisch inspiriertes Wirtschaftsprogramm will er durch Neuverhandlung aller europäischen Verträge durchsetzen. Sollten die EU-Partner bei seinen Vorstellungen über eine über Schulden finanzierte Ausgaben- und Umverteilungspolitik nicht mitspielen, hat er in einem Plan B den Frexit vorgesehen.” bto: Na, da kommt ja Freude auf.
  • Die EU sieht er als Schöpfung dieser herrschenden Klasse. Mélenchon behauptet zudem, dass die EU allein von Deutschland dominiert werde und die Bundesregierung alle EU-Länder ihren Interessen unterwerfe. (…) Der Linkspopulist verspricht den Franzosen, sich der deutschen Regierung nicht länger unterzuordnen.” bto: Was für ein Wahnsinn, worin liegt denn unser Nutzen? Naja, Leser von  bto kennen meine Meinung.

Dann gibt die F.A.Z. noch Entwarnung: “Gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen würde er mit 57 Prozent der Wählerstimmen siegen.” bto: Ob das wirklich eine Entwarnung wäre? Der Telegraph bringt die Risiken auf den Punkt. Beide, Marine Le Pen wie auch Mélenchon, wären für die EU und die Eurozone wohl ein Desaster:

  • “Both candidates are anti-German, anti-American, anti-globalist, anti-NATO, and pro-Putin. Both want to rip up the EU Treaties. Both want some sort of parallel currency or sovereign monetary control. Both are viscerally hostile to financial markets and to liberal labour reform. Both want a bigger French state financed by borrowing, and damn the deficit. The ideologies merge.”  bto: Volksfront eben. In Italien sind Linke und Rechte ebenfalls dieser Meinung.
  • To the extent that City strategists are ‘costing’ the Mélenchon risk, most seem to think that he would beat Marine Le Pen handily in the second round and therefore that political risk is contained. Everything seems to be viewed through a Le Pen prism. The force of habit no doubt.” bto: Das dürfte sich als naiv herausstellen.
  • Yet Mr Mélenchon’s policies on the euro are remarkably similar to hers. His ‘Plan A’ is to confront Germany with an ultimatum, backed by a referendum: either Berlin agrees to abandon limits on budget spending, rewrite the ECB charter, accept a €100bn Keynesian blitz in France funded by the ECB through monetary creation (‘people’s QE’),  and end the EU’s neo-liberal model, or he will invoke ‘Plan B‘.” bto: Ich denke, die deutsche Regierung wird nachgeben und sich erpressen lassen! Es sind bald Wahlen hier. Es wird keinen Plan B geben, egal, was es uns kostet. 
  • He will order the Banque de France to print euros and secede from within monetary union.” bto: Das wird nicht nötig sein. 
  • Angela Merkel cannot possibly accept his Plan A, said Yanis Varoufakis, the former Greek finance minister and a veteran of guerrilla warfare against the eurozone’s financial gendarmes. “Within a week there will be a run on the French banking system. Mélenchon will either have to slap on capital controls, or try to agree a velvet divorce with Merkel and get out of the euro.”  bto: Ja, das wäre so, wenn es so käme.
  • Capital flight from France – with amplified knock-on effects in Italy, Portugal, and Spain – would send the ECB’s Target2 payments system into paroxysms. Germany’s claims have already reached a record €830bn. These would smash through €1 trillion in days.” bto: Er meint dann, dass die Bundesbank sich weigert und es so zum Platzen kommt. Glaube ich nicht. 
  • The Left is now Eurosceptic in two of the three big eurozone states. The EU Project faces assault from both sides of the ideological divide at once. The safety margins of the centrist pro-EU establishment look vanishingly thin.” bto: Ja, ist aber eine Zeitfrage. 

Hier nochmals zur Erinnerung, was passieren würde, wenn der Euro zerfällt:

→ Was passiert, wenn der Euro platzt

→ FAZ: “Wahlkampf mit Antigermanismus”, 11. April 2017

→ The Telegraph: “Europe risks nightmare as anti-euro ‘Bolshevik’ storms France”, 12. April 2017

Kommentare (9) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Matthias
    Matthias sagte:

    Die EU liegt im Sterben. Selbst wenn Le Pen diesmal nicht an die Macht kommt, darf man nicht vergessen, dass die nächsten Präsidentschaftswahlen in nur 5 Jahren sind und spätestens DANN wird Le Pen neue Präsidentin werden.

    Das bedeutet, dass die EU noch maximal 5 Jahre existiert.

    Was ich positiv an Le Pen finde, ist, dass sie die Massenmigration beenden und sich auch zu Russland hinwenden wird, und sie wird zahlreiche Nachahmer finden, was den Einfluss der USA in Europa stark einschränken wird.

    Antworten
  2. Thorsten Schuppenhauer
    Thorsten Schuppenhauer sagte:

    Vive la France !
    Ich drücke beiden Kandidaten – Marine Le Pen und Melechon fest die Daumen und bin optimistisch, dass wir so schnell wie möglich den FREXIT bekommen. Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende

    Antworten
  3. Andreas Müller
    Andreas Müller sagte:

    Ich glaube nicht, dass Mélenchon in die zweite Runde kommt. Er liegt aktuell in den Umfragen auf dem 4. Platz bei 18%, hinter Fillon mit 21% (in manchen Umfragen) und dem etwas zurückgefallenen Spitzenduo Macron und Le Pen mit jeweils 22%. Nur ein Verzicht Hamons kann ihn in die Spitze katapultieren.
    Auch linke Euro-Gegner werfen Mélenchon seine “naive” Forderung nach einem Austritt aus der NATO vor mit dem Argument, dass Frankreich die USA brauche, wenn es gegen Deutschland bestehen wolle. Außerdem gilt er als Linker in Einwanderungsfragen als unzuverlässig, was in diesen Zeiten ein schwerwiegendes Problem ist. Macron wird Präsident werden oder vielleicht doch noch Fillon, weil nicht wenige Kommentatoren (und Wähler?) Macron für zu jung und zu glatt halten. Seine Rhetorik ist 1a, aber sie klingt zu perfekt, um wahr zu sein:
    https://hintermbusch.wordpress.com/2017/04/18/macron-ueber-seine-nation/
    Bei Fillon schreckt das Wirtschaftsprogramm. Eine sehr schwierige Entscheidung für die Franzosen, die es sich nicht leicht machen.
    Macron wäre für das Establishment (und Deutschland) die letzte Chance, um sich das französische Volk nicht zum Gegner zu machen. Auch die deutsche Regierung sollte sich die Frage stellen, ob Macron dieser Erwartung gerecht werden kann. Wenn nicht, wäre vielleicht auch für Deutschland Mélenchon der bessere Präsidenten, gerade weil er die Konfrontation sucht. Mélenchon würde für die SPD praktisch die letzte Chance bieten, sich von Wolfgang Schäubles katastrophaler Euro- und Wirtschaftspolitik zu distanzieren.
    Ein linker Mélenchon, der offen gegenüber Deutschland auf den Tisch haut, wäre für Deutschland evtl. besser als ein Macron, der scheitert, oder ein Fillon, der sich heimlich mit Brexit-England gegen Deutschland verbündet, weil er nicht zugeben will, dass seine eigene Sparpolitik die Misere verschlimmert hat. Angesichts dieser Komplexität ist es beunruhigend, dass die deutschen Medien so einheitlich der Meinung sind, dass Macron der Richtige ist. Group Think?

    Antworten
  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Wahrscheinlicher ist allemal der Sieg Emanuel Marcons, der allerdings mangels Hausmacht wohl nicht so viel umsetzen kann, wie die Finanzmärkte und die Politiker in Berlin hoffen.>

    Auch wenn es nicht an der Hausmacht fehlen würde:

    Den Franzosen fehlt die Konsens-Mentalität, um mit Kompromissen der Mitte regiert zu werden.

    Wenn Macron die nicht herbeiführen kann bzw. die Vertretungen im Parlament immer nur die eigene Suppe kochen werden, dann wird es wirklich gefährlich mit Frankreich.

    Denn dann werden die Extremisten rechts und links mit dem Beweis – und ja, es wäre ein Beweis – antreten, dass die etablierten Kräfte es nicht können, auch wenn sie mit Macron jugendlich aufgeputzt daherkommen.

    Das ist, wohlgemerkt, die positive Variante der Malaise im Nachbarland.

    Nicht ausgeschlossen, dass Le Pen und Mélenchon es in die Stichwahl schaffen.

    Dann kann man sich ab Montagmorgen warm anziehen.

    Antworten
  5. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    1) “The Left is now Eurosceptic in two of the three big eurozone states.” Wirklich nur in 2? Was ist mit der deutschen Linken? Wenn ich ein Interview mit Sarah Wagenknecht lesen, habe ich nicht den Eindruck, die deutsche Linke ist nicht “eurosceptic”. Sie hat nur weniger Prozente bei Wahlen und kommt bisher nicht annähernd in die Nähe der eurobegeisterten SPD.
    2) “bto: Er meint dann, dass die Bundesbank sich weigert und es so zum Platzen kommt. Glaube ich nicht.” Sie haben Recht, ist auch Quatsch. Wenn die Bundesbank sich hätte weigern wollten, hätte sie es sofort im ersten Jahr der nicht ausgeglichenen Salden tun müssen. Jetzt ist es dafür längst zu spät. Sie wagt keine Opposition gegen die EZB-Zentrale und das ist auch richtig so, denn die Bundesbank hat dafür keine politische Unterstützung der Bundesregierung. So etwas ginge nur mit Rückendeckung von Kabinett und evtl. sogar Parlament. Dafür sind aber beide zu naiv bzw. ängstlich. Das ist ja der Grund, warum der Mann aus dem Kanzleramt (Hr. Weidmann) BB-Präsident geworden ist und nicht ein “klassischer” Notenbanker.

    Antworten

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Dietmar Tischer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.