Vollgeld?

Ich habe beim Ludwig von Mises Institut kein Plädoyer für Vollgeld erwartet. In seinem Beitrag beschäftigt sich Professor Hülsmann sehr ausgewogen mit dem Thema. Zwar überwiegt die Skepsis, jedoch ist es nicht eine absolute Ablehnung. Ein Zeichen dafür, dass sich beide Seiten aufeinander zubewegen, wie auch im hervorragenden Buch von Thomas Mayer? Auszüge:

  • “Die Grundidee des Vollgelds besteht darin, die Geldschöpfung durch private Geschäftsbanken zu verbieten, so dass (1) nur noch der Staat bzw. seine Dienststeller (Zentralbanken) Geld produzieren können und (2) die Geschäftsbanken nicht mehr selber auf die Einlagen ihrer Kunden zurückgreifen können.”
  • “Die Geschäftsbanken würden dann weiterhin als Finanzintermediäre tätig sein, aber sie dürften nur noch jene Summen verleihen bzw. investieren, die andere Kunden ihnen ausdrücklich geliehen hätten.”
  • “Insbesondere werden dort drei Argumente zugunsten der geplanten Reform genannt: Erstens könnten die Bürger nicht mehr zu Opfern von Bankenkrisen werden. Zweitens gäbe es weniger Bankenkrisen. Zum einen können die Geschäftsbanken nicht mehr ohne weiteres in die Verlegenheit eines massiven Liquiditätsengpasses kommen, da sie die Sichtguthaben ihrer Kunden nicht mehr selber verwenden. Zum anderen wird nun die Geldmenge einzig und allein von der Zentralbank gesteuert, und somit kann insbesondere verhindert werden, dass es durch ein unbotmäßiges Wachstum der Geldmenge zur Bildung von Finanzblasen kommt. Drittens würde die Reform die Finanzierung von Bürgern, Wirtschaft und Staat erleichtern.”
  • “In entwickelten Ländern kommt es nur selten vor, dass Sichtguthaben nicht ausgezahlt werden können. Das liegt daran, dass die Zentralbanken den Geschäftsbanken stets unter die Arme greifen, um eben solche Liquiditätsengpässen zu vermeiden. Es ist richtig, dass durch solche Rettungsaktionen die Geldmenge tendenziell steigt und somit die Knappheit des Geldes verwässert wird. Doch sie steigt eben nur marginal und keinesfalls in voller Höhe der bei der Rettung eingesetzten Summe.”
  • ” Sicherlich hätten die Geschäftsbanken unter Vollgeld weniger Liquiditätsprobleme. Aber gerade solche Probleme können wie gesagt ohnehin relativ leicht durch Liquiditätsspritzen der Zentralbank behoben werden. Die ständige Not der Geschäftsbanken, die seit einigen Jahren den Staat und die Zentralbanken zu immer neuen Interventionen auf Kosten des Steuerzahlers veranlasst, hat ganz andere Gründe. Sie ergibt sich vordergründig aus der extrem schwachen Kapitaldecke der Geschäftsbanken, und letztlich ist sie auf die Vollkaskoversicherung der Geschäftsbanken durch den Staat zurückzuführen.”
  • “Was bedeutet das nun für die Vollgeld-Initiative? Sie würde nur eine relativ unbedeutende Krisenursache ausmerzen. Die Hauptursache würde weiterhin fortbestehen. Die Initiative will ja gar nicht die Geldschöpfung an und für sich beseitigen. Sie will lediglich der privaten Geldschöpfung an den Kragen, und zwar mit dem ausdrücklichen Ziel, das Feld für die staatliche Geldschöpfung frei zu machen. Sie will nichts an der Politik der Nationalbank ändern, die auf eine ständige, wenn auch moderate Preisinflation abzielt. Dann aber bestünden die Anreize, die bereits zur gegenwärtigen Krise geführt haben, weiterhin fort. Die atemberaubende Schuldenwirtschaft der Geschäftsbanken beruht keineswegs nur – oder auch nur in erster Linie – auf der privaten Geldschöpfung. Sie beruht vielmehr auf der unbegrenzt möglichen Geldschöpfung durch die Zentralbanken dieser Welt (darunter die Nationalbank) und darauf, dass die Nationalbank (wie auch die anderen Zentralbanken) eine ständig positive Preisinflationsrate anstrebt.”
  • Entweder beseitigt die Vollgeld-Reform nur die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken, ohne dass es zu einer Änderung der Nationalbankpolitik kommt. Dann wird die Schuldenwirtschaft auch künftig fortgesetzt werden und das Ziel der Reformer (weniger Krisen) kann nicht erreicht werden. Oder aber die Vollgeld-Reform wird von einer radikalen Wende der Nationalbankpolitik begleitet. Dann gelangt man in kürzester Zeit zum völligen Geldsozialismus, und die Vollgeld-Reform an sich wird gänzlich überflüssig.”
  • “Man darf sich den Weg zu dieser Einsicht nicht durch ideologische Scheuklappen verbauen, etwa indem man argumentiert, es müsse zunächst die ‘private’ Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken ausgemerzt werden, bevor man über die ‘öffentliche’ Geldschöpfung durch die Zentralbanken nachdenkt. Die Unterscheidung zwischen privat und öffentlich ist hier völlig zweitrangig. In jedem Fall muss zunächst und in erster Linie die Schöpfung von uneinlöslichem Grundgeld unterbunden werden, bevor es sich lohnt, auch an die Schöpfung der einlöslichen Sichtguthaben u. ä. zu denken. Auch wenn die Zentralbank privat geführt würde, müsste zuerst und zuvorderst ihre Grundgeldschöpfung abgestellt werden. Auch wenn staatliche Institutionen einlösliche Sichtguthaben schöpften, wären diese erst in zweiter Linie von Belang.”

Mises.Org: Vollgeld?, 10. November 2014