Vermögensungleichheit: lieber falsche Analyse, damit die Schlussfolgerung politisch passt

Marcel Fratzscher ist die Antwort von ZEIT ONLINE auf die Thomas Fricke Kolumne bei SPIEGEL ONLINE am Freitag. Trotz Professorentitels und Institut im Rücken darf man sich nicht täuschen lassen. Fratzscher ist mindestens so politisch unterwegs wie Fricke, allerdings unter dem Mantel der Wissenschaft.
Zur Erinnerung: Die euphorischen Berechnungen zu den wirtschaftlichen Folgen der ungesteuerten Zuwanderung hielten einer genaueren Prüfung überhaupt nicht stand:

→ Der DIW-Faktencheck

Mittlerweile sind die Fakten offensichtlich. Es gibt keine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt:

→ Wenn das stimmt, ist die Zuwanderung eine massive Wohlstandsvernichtung

Damit nicht genug, kam sogleich eine Studie zur ungleichen Vermögens- und Einkommensverteilung, deren Daten das DIW dann korrigieren musste. Die wahren Zahlen passten nämlich nicht zur erwünschten Message:

→ DIW: Polit-PR statt Fakten!

→ „Forscher streiten über steigende Ungleichheit“

Doch von dieser Kritik an seiner unzureichenden Faktenbasis lässt sich Fratzscher nicht beirren  lieber weiter die politische Agenda wie gewünscht setzen. Nun, wie gesagt, wöchentlich bei ZEIT ONLINE. Schauen wir es uns an:

  • Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte keine frohe Weihnachtsbotschaft: Laut ihrer neuesten Erhebung hat Deutschland mit die höchste Ungleichheit bei privaten Vermögen in der Eurozone.Dabei ist das Problem nicht, dass in kaum einem Land die reichsten zehn Prozent so viel haben wie in Deutschland. Die wirklich schockierende Botschaft ist, dass 40 Prozent der Deutschen praktisch gar kein Erspartes haben.” bto: Die Zahlen zu Deutschland sind im Anhang in Tabellen versteckt und werden von mir auch nicht bezweifelt. Die wahren Fragen sind: Warum ist das so? Wer steckt hinter den 40 Prozent “der Deutschen” und was sollte man tun?
  • Obwohl das Einkommen eines durchschnittlichen Deutschen deutlich über dem der meisten anderen Europäer liegt, ist sein Vermögen deutlich geringer. Ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland hat 60.000 Euro an Nettovermögen im Vergleich zu mehr als 100.000 Euro in anderen Ländern der Eurozone. Ein durchschnittlicher Haushalt in Spanien oder Italien hat sogar weit mehr als das Doppelte an Nettovermögen.” bto: Die Ursachen dafür sind in der verfehlten Wirtschaftspolitik zu sehen: zu viele Abgaben gerade im unteren Bereich, falsche Sparanreize (Riester!, Lebensversicherungen), zu geringe Immobilienbesitzquote. Alles, weil die Politik glaubt, besser sparen zu können als der Bürger! Siehe hier meine ausführliche Analyse: → Auftakt zur Umverteilungsorgie

Quelle: ZEIT ONLINE, Eurosystem Household Finance and Consumption Survey

Die wahre Frage, wenn man dieses Chart sieht: Weshalb müssen wir die anderen “retten”? Spanien, Italien, Irland, ja sogar Portugal und Griechenland? Kann mir das mal jemand erklären? Die Frage stellt Kollege Fratzscher nicht einmal!

Doch nun zurück zu ihm:

  • Politiker und Ökonomen (…) versuchen (…), die hohe Ungleichheit der privaten Vermögen als vermeintlich irrelevant abzutun. Das prominenteste dieser Argumente ist, Deutsche würden kein privates Vermögen brauchen, denn sie hätten ja einen großzügigen Sozialstaat, der sie gegen alle Widrigkeiten absichert und ihnen eine sichere Rente garantiert.” bto: Haha, es ist doch der Glaube, der Staat könne besser für die Bürger sorgen als diese selbst. Die hohe Belastung mit Sozialabgaben ist doch Schuld an der geringen Kapitalkraft.
  • Genauso falsch ist die Klage derer, die in den niedrigen Zinsen das Grundübel für die geringen Ersparnisse vieler Menschen in Deutschland sehen. 40 Prozent sind überhaupt nicht in der Lage, aus ihrem monatlichen Einkommen etwas zurückzulegen.” bto: So wie er es sagt, stimmt es,  ist aber unvollstädig. Zum einen können die 40 Prozent auch wegen der hohen  Belastung durch den Staat nichts zurücklegen. Zum anderen sind die tiefen Zinsen ein wesentlicher Grund für die steigenden Vermögenswerte! Das wissen Leser von bto schon lange!
  • Das dritte Argument, mit der die ungleichen privaten Vermögen oft relativiert werden, ist, dass die höheren Vermögen anderer Europäer eine hohe Eigenheimquote von bis zu 85 Prozent reflektierten, die in Deutschland, dem “Land der Mieter”, hingegen nur bei 44 Prozent liege.” bto: Und das stimmt doch auch! Übrigens auch politisch gewollt. Hier nochmals die Hintergründe, wie an dieser Stelle schon vor Monaten gezeigt:

Das hat natürlich mit der deutlich höherer Verschuldung, also dem Leverage zu tun. Ein Zusammenhang, den Ökonomen wie Fratzscher nicht sehen können oder wollen. Jedem Betriebswirt ist das sofort eingänglich. Hier nochmals der von mir immer und immer wieder gezeigte Zusammenhang:

 

Es sind aber nicht nur die Immobilienassets, sondern alle Assets, bei denen wir hinterher hinken:

Die Gründe liegen also auf der Hand: zu hohe Belastung, falsche Geldanlage durch staatliche Bevormundung und Fehlsteuerung verursacht und weniger Leverage. Egal, sagt da der politische Ökonom. Hauptsache ich kann daraus etwas ableiten, was mir beziehungsweise meiner Klientel, die ja noch mehr staatlich eingreifen will, passt:

  • Ein zentraler Grund ist die Einkommensungleichheit. Die Einkommensschere ist in den letzten 30 Jahren auseinandergegangen. (…) Wenn Einkommen stagnieren oder sogar fallen, dann versuchen Menschen als Erstes, ihren Lebensstandard zu sichern und haben kaum Möglichkeiten, zu sparen und Vermögen aufzubauen.” bto: Lieber Herr Fratzscher, wie sieht es denn mit den Einkommen NACH Umverteilung aus? Und selbst vor Umverteilung ist es kein Problem im Vergleich zu anderen Ländern.
  • Kinder aus sozial- und einkommensschwachen Familien erreichen meist einen deutlich niedrigeren Bildungsabschluss, haben geringere Einkommen und erben nichts oder wenig. Im Gegensatz dazu haben Kinder aus einkommensstarken Familien in der Regel einen deutlich höheren Bildungsabschluss, viel höhere Einkommen und erben zudem noch viel.” bto: Könnte es sein, dass dies auch was mit Bildungsaffinität zu tun hat? Natürlich ist es ein Desaster, dass unsere Schulen so schlecht geworden sind. Doch daran hat doch die Politik Schuld, die trotz Rekordsteuereinnahmen lieber Renten erhöht statt in Bildung investiert. Zudem müssen wir uns die Frage stellen, wer eigentlich die Armen sind? Und da wird es interessant: Es sind vor allem Migranten und dabei vor allem jene aus der Türkei! Hier schon vor Monaten besprochen: → Wer sind die Armen in Deutschland?. Auszug: “Schon für die Gesamtgruppe der Migranten und ihrer Nachkommen, zusammen 16,4 Millionen Menschen, weist der Report eine beachtliche Armutsrisikoquote von 24 Prozent der Erwachsenen aus. Unter den 2,9 Millionen Einwohnern mit türkischen Wurzeln ist der Anteil aber noch deutlich höher: 36 Prozent.“ Und weiter: „Eine Erklärung für karge Lebensverhältnisse vieler Türken liefert indes auch das Bildungsniveau – und zwar nicht nur das der ersten Einwanderergeneration, die einst als Gastarbeiter kamen, sondern auch ihrer hier geborenen Nachkommen. Unter den heute 17- bis 45-Jährigen mit türkischen Wurzeln haben 40 Prozent höchstens die Hauptschule abgeschlossen; 51 Prozent haben nach der Schulzeit keinen Berufsabschluss erreicht.“ Fratzscher soll also Ross und Reiter nennen: Wir versagen bei der Befähigung einer großen Gruppe von Migranten, bedauern dann deren Armut und leiten daraus eine Belastung der breiten Mittelschicht ab! Denn am Ende zahlt immer diese.
  • Fratzschers Forderung: “Oberste Priorität für die Politik sollten ein besseres Bildungssystem und ein gerechteres Steuersystem sein, in denen sozial schwache Familien weniger benachteiligt und stärker gefördert werden. Dies erfordert eine Arbeitsmarkt- und Ausbildungspolitik, die die Interessen der Schwächsten berücksichtigt, sodass sich auch die Einkommensschere wieder etwas schließen lässt. Und es erfordert eine Politik, die viel zielgenauer als bisher den Vermögensschwächsten hilft zu sparen und eigenes Vermögen aufzubauen.” bto: Bei Bildung sind wir sofort einer Meinung. Aber ich gebe zu bedenken, dass im heutigen System die Mittelschicht die höchsten Abgabenlasten trägt, was sich entsprechend negativ auf deren Geburtenrate auswirkt. Bei der Hilfe für bildungsferne Schichten sollte der Staat meiner Meinung nach Anreize vermeiden, die zu mehr Geburten führen. Deshalb finde ich die Idee von Gunnar Heinsohn bedenkenswert, durch eine Fokussierung der staatlichen Förderung auf das zweite Kind gerade bei der Mittelschicht die Geburtenraten zu steigern. Was die  Sparanreize des Staates betrifft:  Riester und die Subventionierung der Lebensversicherungen sollten doch Mahnung genug sein!

→ ZEIT ONLINE: “Wer wenig verdient, kann nicht sparen”, 6. Januar 2017