Selbst Bill Gross versteht unser Wirtschaftssystem nicht

Dieser Beitrag erschien zum ersten Mal am 6. Februar 2014 bei bto.

Bill Gross von Pimco hat wieder einmal gutes Marketing für sein Unternehmen gemacht. Alle Zeitungen und Blogs berichten von seinen neuesten Einsichten in die Welt der Geldanlage. Kann man auch nicht verdenken, denn zum einen ist er zweifelsohne ein Meister des Fachs, und zudem müssen ja alle was zu schreiben haben. Das gilt für mich nicht, weil ich lieber einige Tage nichts schreibe, als Altbekanntes aufzuwärmen. Warum also verlinke ich seinen Beitrag trotzdem?

Es liegt an seinem Verständnis von Geld, Kredit und der Wirkung auf Assetpreise:

  • Die Preise von Finanzaktiven hängen vom Kreditwachstum ab. Gibt es viele neue Kredite, gibt es auch entsprechend höhere Preise für Wertpapiere. (Richtig: Deshalb hat das billige Geld der Fed auch die Aktienmärkte getrieben).
  • Geld und Kredit ist dabei dasselbe (sehe ich genauso). Alles, mit dem man letztlich etwas kaufen kann, ist somit Geld. (Ich würde sagen, alles ist Geld, was von einem Gläubiger als finale Tilgung akzeptiert wird. Ganz im Sinne der Eigentumsökonomik).
  • Wenn man als Investor verstehen will, in welche Richtung die Preise für Wertpapiere gehen, muss man verstehen, ob mehr oder weniger Kredit zur Verfügung steht.
  • Dann kommt er aber mit einem TAUSCH-Beispiel! Jenen, die jetzt nicht wissen, worauf ich hinaus möchte, empfehle ich die Serie zur Eigentumsökonomik auf den bto-Seiten. In seinem Fall tauscht man Eigentum an Schweinen gegen Eigentum an Marihuana. Und wenn die Schweine alle sind, fällt der Wert von Marihuana auf null.
  • Daraus schließt er und das wieder zu Recht, dass es in unserem Wirtschaftssystem eines kontinuierlichen Wachstums an Kredit bedarf, um steigende Wertpapierpreise, aber auch weiteres Wirtschaftswachstum zu erzielen.
  • Dann bedauert er, dass das Kreditwachstum seit der Lehman-Pleite abgenommen hat: auf eine Rate von nur noch 3,5 Prozent pro Jahr von zuvor 8 bis 10 Prozent per anno.
  • Gross empfiehlt den Lesern, vorsichtig zu sein (da ist er nicht der Erste).

Einer der erfolgreichsten Asset-Manager der Welt versteht zwar Geld, argumentiert dennoch mit Tauschgeschäften, bedauert das schwache Kreditwachstum und erwähnt mit keinem Wort die Voraussetzung für Kredit: beleihbares Eigentum. Die Wahrheit ist: Nach 30 Jahren ungezügelter Verschuldungsparty haben die potenziellen Kreditnehmer kein beleihbares Eigentum mehr oder aber sehen die wirtschaftlichen Aussichten so trübe, dass sie ihr verbliebenes Eigenkapital nicht riskieren wollen. QE der Fed hat auch nur solange eine Wirkung auf die Aktienmärkte, solange die Kreditnehmer noch beleihbares Eigentum haben und die Kurszuwächse über den Finanzierungskosten liegen. Sobald dies nicht mehr der Fall ist, platzt die Blase.

Pimco: Most ‘Medieval, Februar 2014