„Schein-Gefecht um grosse Geldscheine“

Die NZZ fasst die Diskussion zur Bargeldabschaffung unemotional zusammen: Es geht um Enteignung, nicht um Kriminalitätsbekämpfung:

  • „Die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt, den 500-€-Schein zu eliminieren (…). Das steht im Gegensatz zur Nutzung dieser Note. Die Verbreitung des 500ers befindet sich nämlich auf einem Rekordniveau. Im Februar waren knapp 606 Mio. dieser Scheine im Umlauf. Der Rekord datiert vom Dezember 2015, als über 613 Mio. der violetten Noten mit den stilisierten Bauwerken moderner Architektur im Umlauf waren.“ – bto: angesichts der Qualität der europäischen Banken doch kein Wunder!
  • „In der Schweiz lässt sich ebenfalls eine hohe Nachfrage nach grossen Geldscheinen beobachten. Im Dezember 2015 befanden sich laut Statistik der Schweizerischen Nationalbank rund 45 Mio. 1000er-Noten im Umlauf – ebenfalls ein Rekord. Im Jahr 2000 sind es lediglich rund 17 Mio. gewesen.“ – bto: klar, wenn schon Bargeld, dann doch nicht das der EZB!!
  • Doch auch bei ehrlichen Menschen sind die Scheine zur Wertaufbewahrung sehr beliebt. Zudem betrachten viele Bürger sie als Versicherung gegen Unsicherheit: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise stieg die Nachfrage nach grossen Scheinen massiv. Der Umlauf der 500er-Note kletterte von August bis Dezember 2008 um 13% und bis Dezember 2009 sogar um 20% auf damals 563 Mio. Ähnliches war bei der 200er-Note zu beobachten. Der 1000-Fr.-Schein verzeichnete sogar einen noch grösseren Nachfrageschub. Von August bis Dezember 2008 stieg der Umlauf um 27%.“
  • „Zu den Vorkämpfern gegen die grossen Scheine gehört der amerikanische Wirtschaftsprofessor Kenneth Rogoff, der sogar ganz für die Abschaffung von Bargeld plädiert. Papiergeld sei sehr privat, und Transfers könnten vorgenommen werden, ohne Spuren zu hinterlassen. Zudem wüssten viele Zentralbanken nicht, wo grosse Teile der Banknotenbestände seien, argumentiert er unter anderen.“ – bto: Seit wann sogen sich Volkswirte um Kriminalität?
  • In Deutschland werden 79% aller Transaktionen und 53% der Umsätze mit Bargeld vorgenommen bzw. erzielt. Es ist auch in vielen anderen Ländern sehr beliebt, so gelten etwa die Spanier als Fans von Barzahlungen. Selbst in den USA, dem angeblichen Land der Kreditkarte, ist Bargeld mit einem Anteil von 40% die populärste Zahlungsmethode bei Einkäufen.“
  • Der Wind weht von der Geldpolitik her. Notenbanken sind mit ihren Negativzinsen an Grenzen gestossen. Werden die negativen Sätze nämlich weiter erhöht, droht ein Bank-Run in der Form, dass Sparer und Privatanleger, aber auch institutionelle Investoren ihr Geld von der Bank holen und an einem sicheren Ort horten.“
  • In welche Richtung der Zug langfristig fährt, zeigen die USA. Dort wird inzwischen über die Abschaffung der 100-$-Note diskutiert. Einer der führenden Vertreter ist Peter Sands, ehemaliger Chef der britischen Grossbank Standard Chartered. Er will die grösseren Noten nicht unmittelbar ungültig machen, sondern zuerst ihre Ausgabe stoppen. Danach soll die Nutzung in öffentlichen Kampagnen madig gemacht werden, um die Scheine schliesslich ohne grossen Widerstand einziehen zu können. Im Hinblick auf die Euro-Zone erklärte Rogoff in einem Interview, zuerst komme der 500er, dann irgendwann später der Rest.

„Zumindest in der Schweiz ist die Abschaffung des 1000ers kein Thema. Die Schweizerische Nationalbank scheint fest zur wertvollsten Note der Welt zu stehen.

NZZ: „Schein-Gefecht um grosse Geldscheine“, 9. April 2016