Passive Investment – Fortsetzung

Gestern Morgen habe ich mich mit den Folgen des passiven Investierens beschäftigt. Nun die Betrachtung aus einem anderen Blickwinkel in der F.A.Z.   mit erstaunlichen Ergebnissen.

  • “Wenn Indexfonds entgleisen, bedeutet das Unruhe an den Finanzmärkten. Ihr Einfluss auf Unternehmen fand bisher wenig Beachtung. Neue Studien verheißen wenig Gutes.” – bto: Ich finde, das ist ein spannendes Thema. Bekanntlich habe ich mich trotz der Kostenvorteile mit Blick auf die erwartete deutlich höhere Volatilität an den Märkten für aktive Fonds ausgesprochen.
  • “Indexfonds wurden als willkommene Antithese zu komplexen und aggressiven Heuschrecken präsentiert – Hedgefonds, die erfahrungsgemäß nur selten den Markt schlagen und hohe Gebühren verschlingen. (…) Die Sorgen über die möglichen Gefahren dieser gewaltigen Kapitalkonzentration werden jedoch immer größer.” – bto: zu Recht. Es führt zu einer Verstärkung von Herdenbewegungen.
  • “Die großen Drei Blackrock, Vanguard und State Street sind die größten Anteilseigner von 438 der 500 größten börsennotierten amerikanischen Unternehmen, wie Forscher von der Universität von Amsterdam jüngst dokumentiert haben.” – bto: Das ist eine erhebliche Machtfülle von Investoren, die nicht verkaufen können. Letzteres wäre eigentlich eine gute Nachricht, weil es dann ein echtes Interesse an der langfristigen Entwicklung geben müsste!
  • “Statt Märkte zu überhitzen, können Indexfonds sie auch ersticken – das behaupten zumindest Analysten des amerikanischen Vermögensverwalters Bernstein. Die Argumentation leuchtet ein: Damit ein Markt effizient ist – also Preise akkurat ermittelt – müssen möglichst viele Teilnehmer sich bewusst für oder gegen Produkte entscheiden, um so gemeinsam zur unsichtbaren Hand zu werden.“ – bto: Es sind die Schafe und die Wölfe. Ohne die Wölfe wird der Markt zunehmend ineffizient.
  • “Werden sie einmal von passiven Investoren dominiert, sind nach Ansicht von Bernstein sogar marxistische Planwirtschaften effizienter, da hier wenigstens der Staat bewusste Entscheidungen trifft.” – bto: Das klingt zunächst überspitzt. Bei etwas Nachdenken muss man jedoch zu dem Schluss kommen, dass es leider stimmt.
  • “Die Vermögensverwalter nehmen Einfluss auf die Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, und befeuern sogar Aktionärs-Aktivismus. (…) Die Ökonomen aus Pennsylvania zeigen, dass Vermögensverwalter häufig bei Kampagnen von aggressiven Minderheitsaktionären, sogenannte Shareholder Activists, aufspringen. Diese pochen bevorzugt auf geringere Hürden für feindliche Übernahmen und höhere Dividendenzahlungen – zumeist mit dem Ziel, den Aktienkurs in die Höhe zu treiben.” – bto: Und das alles ist kurzfristig und nicht nachhaltig.
  • “Das Einfordern hoher Dividenden gehe zulasten langfristig notwendiger Forschungsausgaben. Die Überbetonung von Gehältern als Motivationsfaktor für Unternehmensspitzen habe eine Entkoppelung von Unternehmenserfolg und Vergütung bewirkt, lauten Kritiken. (…) Öffentlich sprechen sich die großen drei passiven Vermögensverwalter zwar für langfristige Unternehmensstrategien aus. Schaut man sich jedoch ihr Abstimmungsverhalten bei Aktionärsversammlungen an, verfolgen sie eher einen klassischen Shareholder-Value-Ansatz, sagt der Politikwissenschaftler Jan Fichtner (…).” – bto: Diesen Ansatz habe auch ich bei BCG vertreten, aber nicht im Sinne der kurzfristigen Optimierung, sondern der nachhaltigen Wertschaffung. Denn ohne Einfluss der Aktionäre geht es auch nicht, weil dann die Manager noch mehr ihr eigenes Interesse im Fokus haben.
  • “Dass Vermögensverwalter überbordende Gehälter befördern, ist dagegen eindeutig belegt – paradoxerweise liegt dies an ihrer markthemmenden Dominanz. Die großen Drei sind häufig gleich in mehreren Unternehmen aus derselben Branche in großem Stile beteiligt. (…) Laut den Ökonomen Axel Ockenfels und Martin Schmalz liegt Konkurrenz in einer Branche daher nicht in ihrem Interesse: Der Gewinn einer ganzen Branche ist dann am größten, wenn der Drang jedes einzelnen Unternehmens, den anderen Unternehmen in derselben Branche Konkurrenz zu machen, wirksam ausgeschaltet wird. Dies untergräbt den Wettbewerb und hemmt den Wohlstand der Nationen.” – bto: Das ist ungemein spannend und führt sogar zu der makroökonomischen Diskussion bei bto. Fehlender Wettbewerb und weniger Investitionen erklären auch geringere Produktivitätszuwächse!
  • “Dass dieses Wettbewerbshemmnis in der Konsequenz zu höherer Bezahlung von Spitzenmanagern führe, legte Schmalz gemeinsam mit anderen Forschern in einem kürzlich erschienenen Aufsatz dar. Wo Vermögensverwalter eine dominante Rolle spielen, werden Manager vor allem für die Entwicklung ihrer Branche belohnt, nicht so sehr für die des eigenen Unternehmens. (…) Die brisante Schlussfolgerung der Ökonomen: Große Vermögensverwalter unterstützen hohe und leistungsunabhängige Vergütung.bto: Das ist ärgerlich, aber nicht so entscheidend wie die Gesamtwirkung auf die Wirtschaft.
  • “Zusammen ergeben die neuen Befunde ein kurioses Bild: Einerseits fordern die vermeintlich passiven Vermögensverwalter marktgerechte Unternehmenspraktiken aktiv ein; andererseits hemmen sie den Wettbewerb und bewirken damit hohe, beinahe leistungsunabhängige Gehälter.” – bto: und das Wachstum der Wirtschaft!

 

→ F.A.Z.: “Wie Blackrock & Co Unternehmen beeinflussen”, 22. November 2016

Kommentare (4) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Herr Dr. Viebahn bringt die Ursache auf den Punkt: Karriererisiko. Ich habe nicht den Eindruck, dass breite Anlegerschichten – ob institutionell oder privat – den Fondsmanagern wirklich aktives Anlegen im großen Stil zubilligen wollen. Solange die Anleger einen Fonds nur nach dem Motto “wie war die Performance in den letzten Jahren?” beurteilen, in der Annahme, das reicht als Projektion für die Zukunft, wird sich m.E. daran nichts ändern. Wie diese Anlegerkultur zu ändern ist, weiß ich aber leider auch nicht. Alle öffentlichen Initiativen in diese Richtung wirkten auf mich eher kümmerlich.

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  2. Dr. Marc Viebahn
    Dr. Marc Viebahn sagte:

    Sehr geehrter Herr Stelter,
    in der Tat eine spannende Diskussion. Die Frage, wieviel aktives Management ein Kapitalmarkt braucht, um funktionieren zu können, ist aktuell unbeantwortet.
    Grundsätzlich befüchte ich jedoch geht die Diskussion jedoch etwas am Kern vorbeit. Es werden wieder sehr plakativ die Indexfonds oder ETFs herangezogen und verantwortlich gemacht. Studien zeigen aber auch, dass ein Großteil der “aktiven” Fonds aktive Anteile (cative shares) haben, die sich nur in kleinsten Dosen bewegen. Es ist also bei weitem nicht so, dass aktive Manager konzentrierte Portfolios fahren, die auf einer expliziten Auswahl von Titeln beruhen. Warum? Karriererisiko! Die Frage wie gut oder schlecht Indexfonds für das System sind ist sicherlich berechtigt. Die reinen Indexfonds sind aber immerhin so konsequent und bilden den Index zu niedrigen Kosten ab. Letztendlich hohlen sich die Anbieter von Indexfonds nicht die Marktanteile der aktiven Fondsmanager. Wirklich aktive Fondsmanager werden so eher in ihrem Geschäft gestärkt. Verlieren werden Anbieter, die aktives Management verkaufen und passive Anlage liefern (Closet Indexing). De facto ist der Anteil der indexorientierten Anleger viel höher als die Indexfonds alleine. Belibt die kapitalmarkttheoretische, makroökonomische Frage, ob das positiv oder negativ ist.
    Beste Grüße
    Marc Viebahn

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  3. Marcel Rose
    Marcel Rose sagte:

    Guten Morgen,

    erste Frage: Wie hoch ist denn der Anteil der passiven Fonds am Weltmarkt?
    Antwort: 0,5 %! Daher finde ich es übertrieben, was von der FAZ geschrieben wird… (hab ich auf Zendepot gelesen)

    zweite Frage: Wie hoch ist denn der Anteil passiver Fonds im aktiven Fonds?
    Antwort: Aktive Fonds benutzen selbst die passiven Fonds, da meistens der Welt-Index deren Messlatte ist. Die BAFIN führt daher gerade Prüfungen durch, inwieweit die aktiven Fonds abzumahnen sind, da zu 90 % die aktiven Fonds dem Anlageverhalten von ETF’s mit Weltindex folgen und somit die überteuerten Gebühren nicht gerechtfertigt sind. (Hab ich vor paar Monaten in der Stiftung Finanztest gelesen.)

    Ganz ehrlich? Das war ein Auftragsartikel der Fondsmanager, die Angst haben um die hohen Gebühren…

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