Ob wir so viel Glück haben? – Wohl kaum

Seitdem der Italoamerikaner Charles („Carlo“) Ponzi in den 1920er-Jahren in Boston Investoren 50 Prozent Rendite in 45 Tagen versprach, wenn sie bei ihm investierten, heißen derartige Kettenbriefsysteme im englischen „Ponzi schemes“. Denn natürlich hat Ponzi das Geld nicht investiert, sondern mit dem Geld der späteren Investoren die ersten Investoren bezahlt – und seinen aufwändigen Lebensstil. Als das System nach zehn Monaten zusammenbrach – es gab zu wenige neue Investoren und das Vertrauen schwand – verloren die Anleger immerhin 240 Millionen Dollar in heutiger Kaufkraft.

Etwas mehr als 60 Jahre später hat Bernie Madoff sein eigenes Ponzi Scheme gestartet und war weitaus erfolgreicher: Mehr als  zwanzig Jahre ging das gut. Erfolgsgeheimnis: Niemand wollte je verkaufen, die Anleger standen Schlange, um investieren zu dürfen. Doch auch dieser Kettenbrief brach zusammen, als bei Ausbruch der Finanzkrise immer mehr Investoren ihr Geld abzogen. Verlust: 20 Milliarden Dollar.

Doch die Investoren haben Glück im Unglück: Sie scheinen immerhin 75 Prozent von ihrem Geld zurückbekommen.

Ob wir genauso viel Glück haben? Denn auch wir sind unfreiwillig Teilnehmer eines Ponzi Schemes. Wie sonst soll man ein System immer schneller immer höher steigender Schulden nennen, welches zudem ungedeckte Versprechen für Renten, Pensionen und Gesundheitsleistungen der Zukunft im Umfang von vier bis achtmal des BIP gemacht hat – ohne die Absicht, wirklich jemals zu zahlen. Ponzi und Madoff sind Amateure. Die Politiker der westlichen Welt sind die Profis.

Wann platzt ein Ponzi Scheme? Immer dann, wenn weniger Leute einsteigen als aussteigen. Bei einer schrumpfenden Bevölkerung steigen mehr aus als ein. Das steht uns nun bevor.

F.A.Z: Madoff-Opfer bekommen viel von ihrem Geld zurück, 13. Dezember 2013