Minizinsen und Wackeleuro – macht uns die Krise arm?

Naturgemäß kann es bei einer Fernseh-Talk-Show nicht richtig tiefgründig werden. Dennoch habe ich mir – nach einem Leserhinweis – die letzte “Hart aber Fair”-Sendung in der Mediathek angesehen. Wirklich kompetent war nur die ARD-Börsenexpertin Anja Kohl, die dafür von den Politikern scharf angegriffen wurde. Kohl: Niedrige Zinsen werde es noch lange geben – und das auf Kosten der Renten und Vermögensanlagen der Deutschen. Kohl bezeichnet das als bewusst kalkulierte “gigantische Umverteilung der Risiken auf uns alle”. “Was kostet es, wenn wir dafür aufkommen müssen?”, ruft sie in die Runde. Und “Wir tun so, als wäre das alles nur bedrucktes Papier!” Dabei gehe es hier doch um “unser Geld!” – Sie machte auch deutlich, dass die EZB zwar Zeit gekauft habe, diese von der Politik allerdings nicht genutzt wurde. Gerade bei Italien und Frankreich machte sie anhaltende Probleme aus, wobei sie aus meiner Sicht auch der Aussage, wonach Irland und Portugal Musterbeispiele der gelungenen Sanierung (so der Bankenvertreter in der Runde mit beifälligem Nicken der Politiker) seien, heftig hätte widersprechen müssen. Zur Erinnerung: In beiden Ländern liegt die Verschuldung um 400 Prozent vom BIP. Will heißen: Die sind pleite. Herr Lucke von der AfD sprach zwar auch von “insolventen Krisenstaaten”, ohne diese zu nennen und vor allem ohne so klar zu sagen, was es bedeutet: Nämlich dass wir massiv Geld verlieren werden. (Dafür verwand man viel Zeit auf den Goldverkauf der AfD, was nochmals verdeutlicht, wie falsch es ist, als politische Partei so etwas zu machen.)
Die Politiker von SPD und CDU loben dagegen die Rettung und betonen die Sicherung von Arbeitsplätzen im Export. Leider wirft keiner die entscheidende Frage auf: Was nutzt uns der Verkauf auf Kredit, wenn die Kredite nicht bedient werden? So kann die Politik noch einen draufsetzen. Am schärfsten fällt die Replik des CDU-Manns Brinkhaus aus: Kohl nennt er eine Untergangskassandra, wirft ihr vor, mit Horrorszenarien Panik zu schüren. “Eine Angstsalve nach der anderen.” Dabei war sie die einzige, die das Thema voll erkannt hat.

Hart aber Fair: Minizinsen und Wackeleuro – macht uns die Krise arm?, 27. Oktober 2014