“Kaum Warnzeichen zu sehen – noch”

Felix Zulauf habe ich bei bto schon öfter zitiert. Der Schweizer Kapitalmarktprofi hat einen anerkannt nüchternen Blick auf Weltwirtschaft und Märkte und es lohnt sich, ihm zuzuhören.

→ „Globale Sturmwinde“

→ „Ist Deflation unausweichlich?“

→ Risse im Euro-Fundament

Heute nun erneut ein Gastbeitrag in der FINANZ und WIRTSCHAFT. Die Highlights:

  • “Die gängige Meinung der führenden Investmenthäuser lautet etwa so, dass die Weltwirtschaft zwar lahmt, aber immerhin wächst und Inflation wie Zinsen noch lange nicht steigen werden. Mit historisch einmalig niedrigen Renditen für Anleihen gebe es für Investoren deshalb nur Aktienanlagen. Die chronische Geldschöpfung der Notenbanken treibe Aktienkurse unaufhörlich in die Höhe, da andere Alternativen ausfallen und das Geld Anlage sucht.”
  • Die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre verlief jedenfalls völlig anders, als die damalige Konsensmeinung prognostiziert hatte. Nur ganz wenige hatten damals auf ihrem Radar, dass langlaufende Obligationen über die nächsten zehn Jahre einen mehrfach höheren Anlageertrag abwerfen würden als Aktien.”
  • Trendextrapolationen sind besonders riskant, wenn sich politisch und wirtschaftspolitisch so viel verändert wie in dieser Zeit. Die gefährlichen Experimente unserer Behörden werden kaum ohne Folgen für die Zukunft bleiben. Wenn bekannte Ökonomen wie Kenneth Rogoff oder Larry Summers für die Abschaffung des Bargelds optieren, dann hat es die Expertenzunft wirklich weit gebracht.”
  • Exzessive Geldschöpfung hat langfristig keinen positiven Einfluss auf das reale Wirtschaftswachstum, sondern bewirkt das Gegenteil.”
  • “(…) unsinnige Geldpolitik führt zu weniger Investitionen in der Realwirtschaft und schwächt Produktivität, Effizienz und damit Wohlstand. Zunehmender Staatsinterventionismus bremst Volkswirtschaften. Je mehr die Behörden intervenieren, desto grösser werden die Ungleichgewichte und desto grösser die nachfolgenden Verwerfungen in der Real- und der Finanzwirtschaft.”
  • Wenn die unzufriedene Bevölkerung aber von der etablierten Politik nicht ernst genommen und diese Politik als alternativlos dargestellt wird, dann mündet die Unzufriedenheit in eine Protestbewegung.”
  • Erfreulich ist, dass sich daraus auch positive Entwicklungen ergeben, wie etwa der Austritt der Briten aus der fehlgeleiteten EU. Viele Fehlentwicklungen werden durch schmerzhafte Vorgänge umgekehrt, solange man die Demokratie spielen lässt.”
  • Bereits jetzt sieht man nationalistische protektionistische Tendenzen, die sich verstärken könnten. Solche Entwicklungen wirken einerseits preistreibend und anderseits wachstumsschwächend. Als Folge vorheriger Fehler werden vermutlich neue Fehler dazukommen und den Wohlstand der Massen weiter einschränken.”
  • Es ist zudem zu vermuten, dass sich die Fehlkonstruktion Euro in dieser Form nicht halten kann. Die Ungleichgewichte innerhalb Europas werden weiter zunehmen, und die Protestbewegungen der wettbewerbsschwächeren Länder werden so lange Druck machen, bis die Änderung kommt.”
  • Die europäische Elite hat wohl in guter Absicht einen Jahrhundertfehler begangen, der nur unter grossen Schmerzen korrigiert werden kann. Achtzehn Monate und 1 Bio. € neu geschaffenes Geld später sehen wir, dass die verzweifelten Versuche, die schwächeren Volkswirtschaften der Eurozone auf diese Art zu stärken, nichts fruchten.”
  • In diesem Sinn sind im Lauf der Jahre viele kleine graue Schwäne durch eine unverantwortliche Politik unbewusst in unserem System ausgesetzt worden, und der eine oder andere wird eines Tages unangemeldet als grosser schwarzer Schwan wieder auf die Weltbühne treten.”
  • “Die Aufarbeitung der Probleme müsste von der Angebotsseite angepackt werden, mit einer abnehmenden Rolle des Staates, mit Abbau unnötiger und bremsender Gesetze und Vorschriften. Mit einer Reduktion staatlicher Leistungen auf das Notwendigste und besonders im sozialen Bereich mit Fokussierung auf die wirklich Bedürftigen.”
  • “Gleichzeitig müssten die faulen Kredite im System ausgemistet und restrukturiert werden, auch wenn dies für einige Jahre eine befristete Verstaatlichung einzelner Banken bedeuten würde.”
  • Natürlich können Aktienkurse dank einer exzessiven Geldschöpfung weiter steigen. Wenn aber die Konjunktur in unruhiges Fahrwasser kommt und die Unternehmenserträge sich abzuschwächen beginnen, dann wissen wir aus historischer Erfahrung, dass selbst Gelddrucken eine nachfolgende Baisse nicht mehr aufhalten kann, besonders wenn die Bewertungen hoch sind.”

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: “Kaum Warnzeichen zu sehen – noch”, 10. Oktober 2016