“It’s time for some blue skies thinking on the corporate calamity of ballooning pension deficits”

Gestern Morgen ging es um die Folgen des demografischen Wandels und die Frage nach den Folgen für die Versorgung einer alternden Gesellschaft und die Wirkung der Antwort auf Wachstum, Inflation und Zinsen. Zur Erinnerung: Wenn alles bleibt, wie es ist und wir bei den Älteren nichts kürzen, bekommen wir das Szenario von Arbeitskräftemangel und steigender Inflation und Zinsen (wenn wir einmal von dem Schuldenthema abstrahieren). Wenn wir was ändern, also Zusagen kürzen, könnte das deflationäre Zinsumfeld länger anhalten. So zumindest die Meinung der Experten.

Heute geht es um ein Beispiel der Kürzung von Zusagen. Mehrfach habe ich bei bto die Folgen der tiefen Kapitalmarkterträge für die Pensionskassen der Unternehmen diskutiert. So unter anderem hier:

“Public Pension Funds Face $2 Trillion Shortfall”

Nun werden die Lösungsmöglichkeiten offener angesprochen, so in diesem Beitrag vom Telegraph:

  • “There are lots of ways of measuring the combined deficit of Britain’s 5,945 private sector final salary pension schemes, but how about this for size; at the last count it was a jaw dropping £419.7bn, or nearly a quarter of annual GDP.” bto: Nein, in Deutschland sieht das vermutlich nicht viel besser aus!
  • If this seems a grotesquely large number, it is in fact a serious understatement of the true magnitude of the problem. For it refers only to the the premium that would have to be paid to an insurance company to take on the payment (…). In the vast majority of cases, the benefits promised are much more generous.”
  • In looking for explanations for today’s low growth environment, legacy pension liabilities are right up there along with high debt and excessive regulation. The need for root and branch reform grows more urgent by the day.”
  • It’s a disastrous predicament, and it is therefore high time for some blue skies thinking on how to address it.” bto: Da wird man doch neugierig!
  • Politically, it’s going to be tricky, for almost regardless of the approach, it’s bound to be seen as corporate Britain trying to wriggle out of its past pension promises.” bto: Nichts anderes ist es doch auch. Sie haben darauf gesetzt, dass der Zinseszinseffekt ewig wirkt. Irrtum.
  • Some in the industry argue that the problem is little more than an accounting fiction which will go away as quickly as it arrived once interest rates start to normalise again. I’ve some sympathy with this argument. It is indeed somewhat absurd to price what are in most cases very long term liabilities on the basis of today’s possibly quite abnormal financial conditions.” bto: Der Blick nach Japan zeigt zumindest die Gefahr, dass es länger gehen könnte. 
  • Living in hope of higher interest rates has on the other hand become a bit like waiting for Godot. And even if higher rates do return, they are likely to have a quite destructive effect on asset prices. Higher rates could thereby quite easily turn out to be a zero sum game for pension funds.”
  • Many potential approaches to the wider problem of pension deficits have been suggested; to name but a few, pushing pensioners to the top of the creditors queue, prior regulator approval for all corporate transactions, or forcing companies to increase their contributions substantially by threatening them with having to buy out the entire liability.” bto: alles schlechte Nachrichten für die Aktionäre und anderen Gläubiger der Unternehmen.
  • The much better, and far more radical, approach would be to agree a once and for ever cap to the liability engineered, say, through a one off corporate contribution of half the present deficit.” bto: cool. Wer trägt den Verlust?
  • If the liability is capped in the way suggested, the investment risk is transferred to members, and the scheme becomes much more like the defined contribution pensions most of us have had to learn to live with.”

bto: Das ist ein weiteres Beispiel für das Ende unseres Ponzi-Schemas. Diese Situation kann nur in einer Form des Konkurses beendet werden. Nichts anderes ist eine Kürzung der Zusagen für die Empfänger von Pensionen.

→ The Telegraph: “It’s time for some blue skies thinking on the corporate calamity of ballooning pension deficits”, 25. Oktober 2016

Kommentare (5) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Digger
    Digger sagte:

    Hallo zusammen,
    ich habe schon einiges im Bezug zum demografischen Wandel gelesen.
    Die nachdenkseiten.de und makroskop.eu habrn dieses Thema behandelt.
    Heute habe ich auch beim contra magazin eine Abhandlung daruber gefunden.
    Ich hoffe ich darf hier etwas mehr zitieren.
    Mal abgesehen davon, dass es ein Politiker von Die Linke ist und es auf Sputnik veröffentlicht wurde, wie sehen Sie die Fakten dazu?

    Der in den Medien oft als Orkan bezeichnete demographische Wandel, wird von den regierenden Politikern als die eigentliche Herausforderung der Rentenpolitik dargestellt. “Hanebüchener Unsinn”, sagt der rentenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Matthias W. Birkwald, im Sputnik-Interview.

    Mathias W. Birkwald von der Partei DIE LINKE hält das Demographie-Problem für ein Märchen der Arbeitgeber und erklärt:

    „Es hat auch in den 60er, 70er und 80er Jahren die Entwicklung gegeben, dass es immer weniger Beschäftigte der mittleren Generation auf einen Rentner bzw. eine Rentnerin gab. Trotzdem ist der Sozialstaat in diesen Jahren ausgebaut und nicht abgebaut worden. Also ist der demographische Orkan ein Märchen der Arbeitgeber/-innen, um sogenannte Lohnnebenkosten zu sparen oder, anders ausgedrückt, um ihre Profite zu erhöhen. Nichts anderes.”

    „Wenn heute jemand einen Durchschnittsverdienst von brutto 3022,00 Euro im Monat hat. Dann müsste so jemand nur 33 Euro mehr in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und sein Arbeitgeber ebenfalls, um wieder ein lebensstandardsicherndes Rentenniveau von 53 Prozent zu haben. Das funktioniert auch im Jahr 2029. Dann wären es zwar 99 Euro, aber dann soll der Bundesregierung nach auch das Durchschnittseinkommen bereits 4323,00 Euro betragen. Und die vier Prozent Riesterbeiträge — ohne Steuerzuschuss 164 Euro in 2029 — könnte man sich sparen. Durchschnittlich verdienende Beschäftigte hätten also 65 Euro mehr netto.“

    Ich wollte nicht alles kopieren.

    Ihre Einschätzung wäre sehr Interessant für mich!

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      >Wenn heute jemand einen Durchschnittsverdienst von brutto 3022,00 Euro im Monat hat. Dann müsste so jemand nur 33 Euro mehr in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und sein Arbeitgeber ebenfalls, um wieder ein lebensstandardsicherndes Rentenniveau von 53 Prozent zu haben.>

      Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, mit welchem UNVERSTAND auf höchster politischer Ebene hierzulande argumentiert wird.

      Wieviel LEBENSSICHERND ist, hängt nicht vom Rentenniveau ab, sondern davon wie GROSS das BIP ist.

      Heißt:

      Wenn der zu verteilende Kuchen klein ist und kein größerer gebacken wird, dann ist die Lebenssicherung, d.h. das dafür materiell Verfügbare eben auch klein.

      Das war in der Vergangenheit anders als es heute ist und in der Zukunft sein wird.

      Das BIP wächst nicht mehr so und wird auch in der Zukunft nicht mehr so wachsen wie in der Vergangenheit.

      Die Rente ist ein ANSPRUCH, der eingebracht werden kann in den Verteilungskampf um das BIP.

      Wenn man das Rentenniveau für alle erhöht, dann bleibt das Verhältnis der Ansprüche untereinander gleich bei einem BIP das sich nicht geändert hat – für niemanden wäre etwas gewonnen.

      Allerdings:

      Wenn man das Rentenniveau der gesetzlich versicherten Rentner auf KOSTEN der Vermögenden erhöhte, dann hätten die Rentner einen Anspruchsvorteil gegenüber den Vermögenden.

      Das ist Umverteilung und hat mit dem, was uns oben vorgerechnet wird, nichts zu tun.

      Antworten
  2. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Sie sagen: “cool. Wer trägt den Verlust?” Wie bei jeder Insolvenz der Gläubiger, also der Empfänger der Pension. Herr Tischer hat recht: durch Inflation oder teilweisen Zahlungsausfall. Ich persönlich würde in diesem Bereich die Inflation bevorzugen, da sie den regelmäßig unvorbereiteten Betroffenen mehr Zeit gibt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, auch wenn das mit zunehmendem Alter sehr schwer wird.

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Die Sache ist doch klar:

    Wenn die Entwicklung der Pensionen als Ansprüche an das zukünftige BIP nicht mehr dem zukünftigen BIP entsprechen, müssen entweder die Ansprüche reduziert werden oder das BIP muss stärker wachsen, um den Ansprüchen gerecht zu werden.

    Da letzteres nicht machbar sein wird, müssen eben die Ansprüche reduziert werden.

    Es wird durch ihre Entwertung geschehen, entweder durch hohe Inflationsraten oder durch die Weigerung bzw. Unfähigkeit, sie in nominaler Höhe zu erfüllen.

    Es geht nur noch ums das Oder.

    Alles andere ist Wunschdenken.

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