Is Japan in danger of a “fiscal crisis”?

Meine spontane Antwort war bisher: ja. Doch vielleicht irre ich mich auch. Für mich lief es auf eine völlige Monetarisierung der Staatsschulden hinaus bei gleichzeitig schweren Zeiten für die überalterte Gesellschaft. Umso interessanter finde ich die Argumentation in diesem Beitrag bei FT Alphaville. Die Kernaussagen:

  • Seit 20 Jahren erzählt man folgende Geschichte: Die dramatische Überalterung wird die Kosten für Renten und Gesundheit explodieren lassen, während zugleich die Steuereinnahmen wegen der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung sinken. In der Folge wachsen die Defizite und die Schuldenlast des Staates, was zu steigenden Finanzierungskosten führen muss. Investoren werden sich immer mehr weigern das zu finanzieren, weshalb am Ende nur die Pleite oder die Hyperinflation stehen kann. ‒ bto: Gestehe, finde ich in der Theorie auch immer noch plausibel. Solange niemand interveniert.
  • Spekulanten, die auf fallende Anleihenkurse setzen, haben massiv verloren. Erbrachten japanische Anleihen 1995 noch 4,6 Prozent, so liegt der Zins seit 1998 unter 2 und heute bei nur noch 0,4 Prozent. ‒ bto: eine “Witwenmacher”-Spekulation (wohl, weil man annimmt, dass der Ver-Spekulant aus dem Fenster springt).
  • Dabei war die fundamentale Analyse richtig ‒ nur hat sich der Kapitalmarkt anders entwickelt. Weshalb es immer noch Bären gibt, die an die kommende Krise glauben und sagen, dass man aus der Tatsache, dass sie noch nicht eingetreten ist, nicht schließen darf, sie komme nie.
  • Es gibt Prognosen, die erwarten, dass die Sparquote negativ wird, die Unternehmen das Geld nicht mehr bei Banken liegen lassen und die Pensionsfonds Geld anderweitig anlegen (all dies passiert schon, wie ich hier beschrieben habe). Das wird mit der erodierenden Steuerbasis wegen Bevölkerungsrückgang zusammentreffen und so bis spätestens 2022 zu einer Krise führen.
  • Der Autor meint dann: wieso? Die japanische Notenbank kauft bereits mehr Anleihen auf, als der Staat pro Jahr neu ausgibt. Sie ist also auf dem besten Weg der größte Gläubiger zu werden. Damit ist auch sichergestellt, dass die Zinsen nicht steigen. Wer verkaufen will, findet immer einen Käufer ‒ die BoJ.
  • Abgesehen davon ist Japan in Yen verschuldet. Es ist also nur eine Umverteilung in der Gesellschaft. (Wie immer sind Vermögen und Schulden miteinander verbunden.) Selbst Ausländer bekommen Yen und geben diese dann im Land aus.
  • Zudem ist die japanische Staatsschuld nicht bei 245 Prozent, sondern nur bei 140, wenn man die Staatsschulden, die andere öffentliche Gläubiger halten, saldiert. (bto: Wenn man das macht, müsste man allerdings die ungedeckten Versprechen für Renten etc. wieder hinzurechnen …) Die japanische Regierung rechnet gar nur mit einer Nettoverschuldung von 90 Prozent. Zieht man dann noch den Teil der Anleihen, der von der BoJ gehalten wird, ab, landet man bei 50 Prozent!
  • Sollten die privaten Haushalte und Unternehmen ihr Geld wirklich anders verwenden, so würde das das Wachstum stärken und damit das Schuldenproblem zusätzlich entschärfen. Also ist dies ein positives Zeichen.
  • Dennoch gibt es einen Wohlstandsrückgang für Teile der Bevölkerung: Entweder die Rentenzahlungen werden gekürzt oder die Erwerbsbevölkerung muss höhere Abgaben schultern. Je schneller die Wirtschaft wächst, desto leichter lässt sich die Verteilungsfrage beantworten. ‒ bto: Zur Erinnerung ‒ beim Wachstum des BIP pro Kopf sieht Japan gar nicht so schlecht aus ‒ besser als die USA und D.
  • Abenomics hat bis jetzt dazu geführt, dass vor allem Unternehmen profitiert haben. Besser wären steigende Löhne (bto: schon mehrfach hier thematisiert).

Fazit: Es droht keine Krise. Wenn, dann ein schleichender Wohlstandsrückgang einer Erwerbsbevölkerung, die immer mehr Alte finanzieren muss.

FT Alphaville: Is Japan in danger of a “fiscal crisis”?, 23. Februar 2015