“Helicopter money: if not now, when?”

Gestern habe ich mich mit der Kritik von Richard Koo am Helikopter-Geld beschäftigt. Heute der Hinweis der FT: Egal, welche Risiken es gibt, her damit! Die Argumentation:

  • “(…) there is a strong case for further monetary stimulus across all the world’s large economies. As we put it, heed the yaysayers, not the naysayers.”
  • “(…) the best way to establish this is to consider what all agree is the monetary policy of last resort ‚helicopter drops‘, or gifts of newly minted money from the central bank to the public or the private sector. If even that wouldn’t have an effect, there is little hope for more moderate policies.” bto: Das stimmt natürlich. Wenn Helikopter-Geld nicht wirkt, ist die Politik am Ende.
  • The Bank of Japan is widely seen as the most likely candidate to try helicopter money, (…). This is for a combination of reasons. The BoJ has long been a pioneer of new monetary policies. Japan’s government has the largest gross debt and fiscal deficit in the rich world, which casts doubt on its willingness to use fiscal policy and perhaps the effectiveness of fiscal stimulus if consumers curtail spending in response to worries about the public finances.” – bto: Was wieder zeigt, dass es letztlich doch um die Entwertung von Schulden geht. 
  • A recent case in point is a puzzling analysis by Richard Koo, Nomura’s chief economist puzzling because it simultaneously says gifts of newly minted money won’t increase spending and that they would make the yen lose value. But of course the latter is the same as yen inflation which it is generally thought would boost spending.” bto: Richtig ist, dass es darum geht, das nominale BIP relativ zu den Schulden zu steigern, egal wie. 
  • “It would come with an attendant reduction in the real value of Japan’s debt overhang, which Koo himself incisevly argues mires the economy in a balance-sheet recession.” bto: bingo.
  • “Krugman succinctly makes the now conventional argument why giving new hundred-dollar notes away (to the government or to the people) will not increase demand, or at least no more than quantitative easing. Both, he says, depend on the government actually providing additional fiscal stimulus and, if it does, then the type of financing is irrelevant. The world, economically speaking, is the same whether or not the central bank buys bonds with new money or simply gives new money away.” bto: Technisch ist das richtig.
  • ‚Helicopter money is partly useful precisely because it addresses the institutional failure of fiscal policy in other words, since governments are so unwilling to borrow and spend despite record low interest rates, forcing money into people’s hands is a way to circumvent fiscal policymakers’ recalcitrance.” bto: Also, weil die Staaten hoch verschuldet sind, können oder wollen sie keine weiteren Schulden aufnehmen. Deshalb ist es ein Trick, zusätzliche Nachfrage zu schaffen, ohne die Staaten zu verschulden. 
  • According to Deutsche Bank researchers, all the major jurisdictions allow central banks to give money to the private sector but most prohibit direct transfers to the public sector.” bto: praktisch.
  • “In QE or other asset purchases, the central bank issues new money and buys securities typically government bonds with it. In other words, it swaps securities with cash in the private sector’s wealth holdings while leaving the size of those holdings the same. All that changes is that the income stream from the purchased bonds now returns to the government instead of accruing to private holders (…).” bto: Das hat Steve Keen sehr schön gezeigt und ist auf bto nachzulesen.
  • With helicopter drops, there is no such swap. The newly minted cash is added to the private sector’s wealth holdings. From the point of view of private individuals, their net wealth has increased (…). That should boost nominal demand even if the government, whose financial situation remains unaffected, does nothing.” bto: Und sei es nur, weil die Menschen aus dem Geld flüchten.
  • “The accounting counterpart to the private sector’s increase in net wealth will be a fall in the net equity of the central bank a transfer, as it were, of some of the profitmaking opportunity from being an issuer of legal tender. So one could see helicopter drops as shifting net wealth from an institution that does not engage in spending to the private sector, which does. Far from being essentially a fiscal operation as some would have it, this seems like the purest form of monetary policy possible.” bto: Also noch einmal deutlich, die Notenbank schenkt den Bürgern den Nettogegenwartswert der zukünftigen Geldschöpfungsgewinne. Diese entgehen dann später dem Staat.

If not now in a situation with persistent deflationary pressures, inadequate demand leaving resources idle, and large nominal debt overhangs then when? The worst-case scenario is that helicopter money only boosts inflation and not real spending.” bto: Also kein Worst Case, denn Hauptsache die Inflation steigt!

→ FT (Anmeldung erforderlich): “Helicopter money: if not now, when?”, 2. August 2016

Kommentare (11) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Wirklich interessant am FT-Artikel ist die BEGRÜNDUNG dafür, warum jetzt Helikoptergeld her muss.

    Warum ist dies das Interessante?

    Weil der Artikel keine Begründung für die Einführung liefert, sondern sich nur damit befasst, was Helikoptergeld leisten würde, wäre es eingeführt.

    Hier das, was offensichtlich als Begründung für die Einführung dienen soll:

    >„(…) there is a strong case for further monetary stimulus across all the world’s large economies. As we put it, heed the yaysayers, not the naysayers.“>

    To heed something, d. h. der Verweis darauf, dass etwas zu beachten sei, ist keine Begründung, sondern ein Appell, hier: Ja zu Helikoptergeld zu sagen.

    Es gibt eine starke Begründung für weitere monetäre Stimulierung – jetzt mit Helikoptergeld.

    Sie läuft so:

    Andere Möglichkeiten, u. a. eine geordnete Entschuldung, die die Welt in Gewinner (Schuldner) und Verlierer (Geldvermögende) teilen würde, sind nicht möglich.

    Geldpolitik (mit oder ohne nachgeschalteter Fiskalpolitik) ist die einzige verbleibende Möglichkeit, die man herkömmlicherweise mit Stimulieren verbindet.

    Konventionelle Möglichkeiten inkl. die etwas weniger konventionellen wie QE oder negative Zinsen, haben nicht nennenswert stimulieren können.

    Deshalb der Versuch mit einem neuen Konzept der Geldpolitik zu stimulieren – Helikoptergeld.

    Politische LÄHMUNG und geldpolitische INEFFEKTIVITÄT sind die sachlich richtige und logisch unangreifbare Begründung für Helikoptergeld.

    Antworten
  2. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Vielen Dank für den Link zu diesem exzellenten Paper der DB. Es bestätigt mein nunmehr dreijähriges ceterum censeo in Gänze. Insbesondere, dass ausschließlich Option 4 nicht gegen Art. 123 AEUV verstößt.

    Eine alternative Bilanzierung möchte ich allerdings hier zur Diskussion stellen: Sowohl Option 3 als auch 4 können/müssen ohne EK-Verlust gebucht werden. Warum? Staatsschulden werden grundsätzlich revoltiert und nicht zurück gezahlt. Kauft die ZB diese definitiv auf ewig an, dann ist dies ein ewiges Asset, dessen Zinserträge aus dem Haushalt bedient werden müssen, via Gewinnausschüttung aber wieder zurückfließen (linke Tasche rechte Tasche). Von daher kann man einen Teil der Staatsschuld auf ein neues Aktivkonto umbuchen: Zinslose ewige Staatsschulden (ein Aktivtausch, der EK neutral ist).

    Bekanntlich bevorzuge ich aber ebenso wie die DB Option 4. Auch hier muss es kein verringertes/negatives EK geben. Die Buchung: Aktivgeld (ewige Forderung) an Zentralbankbuchgeld aus QE4p (ewige Verbindlichkeit bzw. Erinnerungsposten aus Lieferung von Zentralbankbuchgeld).

    Warum diese erfolgsneutrale Buchung? Der Refinanzierungsbedarf der Geschäftsbanken reduziert sich durch Helikoptergeld. Somit sinken die zukünftigen Erträge der ZB automatisch. Eine doppelte negative Belastung des EK ist unsinnig und eine Verfälschung der realen Vermögenssituation.

    LG Michael Stöcker

    Antworten
  3. SMS
    SMS sagte:

    Wenn ich Koo richtig verstehe, dann führt Helikoptergeld seiner Meinung nach zu einer unerwünscht hohen Inflation (oder sogar Hyperinflation), was ich auch glaube. Beschränkt sich diese Inflation dann aber auf die jeweilige Währung, in welcher Helikoptergeld abgeworfen wurde, oder werden dadurch auch andere Währungen angesteckt?
    Meinem Verständnis nach müssten bei einem Helikoptereinsatz z.B. mit JPY eigentlich andere (als sicher geltende) Währungen wie USD oder CHF (vielleicht auch der EUR) steigen, da ja viele Anleger aus dem Yen flüchten. Oder aber sind dann die Notenbanken dieser Währungsräume zu massiver Abwertung gezwungen und gehen dadurch den Weg einer sehr hohen Inflation mit?

    Schöne Grüße
    SMS

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Hohe Dosis, hohe Inflation, geringe Dosis, geringe Inflation/Reflation. Hyperinflation nur im worst case (Krieg).

      Zu Ihrer Frage: Nachzulesen bei Emil Maria Claassen: Weltinflation (Verlag Vahlen 1983) Ohne Helikoptergeld müsste der Titel wohl heute eher geändert werden auf Weltdeflation. Aufgrund der internationalen Kapitalmobilität und der Zinsparität kann es kurz- bis mittelfristig zu einem Overshooting kommen. Die Zinsen werden wegen höherer Wachstums- und Inflationserwartungen steigen. Höhere Zinsen in Euroland locken internationale Anleger an. Euro wertet auf, Dollar wertet ab. Also: Inflationsimport via Overshooting ist wahrscheinlich.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • SMS
        SMS sagte:

        Danke für die Info, Herr Stöcker! Der Inflationsimport würde dann ja aber vermutlich etwas zeitverzögert ablaufen, d.h. theoretisch könnte man ja (wenigstens eine zeitlang) vor der Inflation fliehen, indem man Devisen kauft…

  4. Monika Bachmeier
    Monika Bachmeier sagte:

    Habe eine (ernstgemeinte) Frage zum Thema: Keynesianismus als Quelle und Leitmotiv der gegenwärtigen Notenbankpolitik – meines Wissens war es doch Milton Friedman, der den Begriff “Helikopter-Geld” ins Spiel brachte und überhaupt die Ansicht vertrat, über Währungspolitik die Realwirtschaft steuern zu können … sehe nicht so recht, was das alles mit Keynes zu tun haben soll. Danke und beste Grüße, MB

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen Friedman und Keynes als viele vermuten. Friedrich von Hayek hatte Friedman in einem Interview einmal als Keynesian klassifiziert. Für Larry Summers ist HM wiederum nichts anderes als Fiscal Policy. Und ich nenne eine solche Politik nicht umsonst keynesianischen Monetarismus: https://zinsfehler.wordpress.com/2015/03/23/die-citoyage-keynesianischer-monetarismus-als-ordnungspolitisches-korrektiv/. Dort finden Sie auch das Interview mit von Hayek. Der bedeutendste deutsche Monetärkeynesianer ist Prof. Spahn.

      Keynes wurde fälschlicherweise von den Demokraten/SPD vereinnahmt (Vulgärkeynesianismus), Friedman von den Republikanern/CDU/FDP (Sado-Monetarismus). Und nun blicken die “verstörten Kinder” fassungslos auf ihre Ikone (O-Ton Braunberger, der über Jahre die monetaristisch dominierte Geldpolitik der Bundesbank in der FAZ kommentierte).

      LG Michael Stöcker Das

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  5. Ondoron
    Ondoron sagte:

    Jaja, die keynesianischen Währungsklempner sind am Ende. Es glauben nur diejenigen an “Helikoptergeld”, die dem Konstruktivismus huldigen; denn die linken keynesianischen Modelle werden es schon richten. Das ist schon Hybris!
    Selten so gelacht!

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  6. Hans-Peter Stumpf
    Hans-Peter Stumpf sagte:

    Hallo Herr Stelter
    in der FAZ gestern war ein sehr interessanter Artikel von Philipp Fickert über Migrationsdruck der kommenden Jahre. Den könnten Sie auch online stellen, sehr aufschlussreich. Mit Zitaten und Überlegungen des von mir sehr geschätzten Gunnar Heinsohn.
    Freundliche Grüße
    Hans-Peter Stumpf

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