„Greek debt deal would encourage mass write-off calls in Spain“

Während bei uns ein Thema dominiert, braut sich im Rest Europas die nächste Krise zusammen. Wie von mir prognostiziert, warten die anderen Länder nur darauf, aus der offensichtlichen Überforderung der deutschen Politik und der medialen Dominanz der Flüchtlingsfrage Kapital zu schlagen. Wann sollte man einen Schuldenschnitt in Griechenland besser über die Bühne bekommen, wenn nicht jetzt? Es ist doch nur Geld im Vergleich zu den menschlichen Schicksalen, die uns jeden Tag bewegen. Gut möglich, dass die paar Milliarden an Abschreibung schnell vergessen sind.

Fragt sich nur, weshalb haben die Griechen es noch nicht versucht? Mit ihrer Lage an der Außengrenze der EU haben sie doch erhebliches Drohpotenzial. Die Antwort: Sie warten bis nach den Wahlen in Spanien. Denn die Sorge scheint groß zu sein, dass dann auch die Spanier einen Schuldenerlass fordern. So zumindest die Einschätzung des griechischen Finanzministers (der Telegraph berichtet):

  • Die Gläubigerländer haben die Beratungen zu einem griechischen Schuldenschnitt aus Angst vor ähnlichen Forderungen anderer Krisenländer nicht zugelassen.
  • Jetzt werden die Gespräche erst nach der Wahl in Spanien wieder aufgenommen, man hat zu viel Angst, es könne „den falschen“ Kräften Auftrieb geben.
  • Die Wahlen sind am 20. Dezember und die Hoffnung ist, dass es die erste Regierung ist, die trotz Sparmaßnahmen wiedergewählt wird. (Was für ein Witz, gerade Spanien spart ja nicht, wie wir wissen!)
  • Deshalb wollte man ein Exempel statuieren mit Griechenland, um ähnliche (linke) Bestrebungen zu unterbinden.
  • Aber Portugal sei schon in den Startlöchern.

Ich sehe es noch klarer: Griechenland, Spanien, Portugal und Irland brauchen einen Schuldenerlass mit „europäischer Solidarität“, Italien und Frankreich eine Schuldenrestrukturierung, bezahlt überwiegend vom eigenen Privatsektor. Wir stehen auch nur in unserer Fantasie so gut da. In Summe also erneut mein Appell, die Schulden in einem geordneten Verfahren zu bereinigen. Treue Leser kennen meine diesbezüglichen Überlegungen seit mehr als fünf Jahren.

→ Kommentar in der Süddeutsche Zeitung: „Ohne Verluste geht es nicht“

→ Fixing the Euro Zone

→ Back to Mesopotamia

→ The Telegraph: „Greek debt deal would encourage mass write-off calls in Spain, claims finance minister“, 10. November 2015

Kommentare (5) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Axel Berckemeyer
    Axel Berckemeyer sagte:

    Sehr geehrter Hr Stelter

    Danke für die Antwort. Aber genau hier könnte sich m.e. nach die Achillesverse der Schuldenerlassstrategie sein. Laut Gerüchten hätte ein Schuldenschnitt Griechenlands wegen der CDS das gesamte Finanzsystem ins Wanken gebracht. Umso fataler wären die Auswirkungen bei größeren Ländern, wobei ich glaue, daß das vielzitierte Vertrauen, zumindest bei den Leitwährungen, kaum eine große Rolle spielen wird, auf Grund der Alternativlosigkeit der Zahlungsmittel. Hier wird letztendlich die Praktibilität das Geschehen bestimmen. Warten wir’s ab. Wenn es nicht irgendwann eine Weltschuldenkonferenz geben wird, fliegt uns der gesamte Schlamassel sowieso wohl gewaltig um die Ohren…Bis dahin saugen sich die Profiteure des Schuldgeldsystems noch ordentlich den Wams voll und tauschen Fiat(Geld) in Ferraris um…

    Alles Gute wünscht Ihnen weiterhin

    Axel Berckemeyer

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  2. Axel Berckemeyer
    Axel Berckemeyer sagte:

    Sehr geehrter Hr Stelter

    Ich würde gerne von Ihnen wissen, welche Rolle CDS bei Schuldenerläßen der Staatsanleihenspielen könnten. Würden diese nicht dieselben Wirkungen auf den Finanzmarkt haben wie zu Zeiten der Subprimekrise?

    Alles Gute wünscht ihnen weiterhin Axel Berckemeyer

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Sehr geehrter Herr Berckemeyer,

      ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Im ersten Schritt müssten die CDS natürlich erfüllt werden. Das würde aber sicherlich wie damals bei AIG und anderen zu einer erheblichen Schieflage führen. Ich würde also eine CDS nicht als eine funktionsfähige Versicherung ansehen. Es ist ein Spekulationsspielzeug, welches, wenn es wirklich ernst wird, nur dann funktioniert, wenn die Staaten wieder den „Versicherer“ raushauen. Ob sie das wieder tun? Ja, vielleicht. Oder auch nicht.

      LG

      Dst

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  3. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Und ich halte mal wieder dagegen: Keine direkte Schuldenrestrukturierung, die ex post die Vermögenden zu Lasten der Steuerzahler bevorzugt und zudem keinen Beitrag zur privaten Überschuldung leistet. Sinnvoller ist ein behutsamer und langfristiger inflationärer Entschuldungsprozess über die Zentralbankbilanz. Das Instrument hierzu ist ein demokratisch verankertes zentralbankfinanziertes Bürgergeld: https://zinsfehler.wordpress.com/2015/03/23/die-citoyage-keynesianischer-monetarismus-als-ordnungspolitisches-korrektiv/. Zu Beginn auch gerne drei bis vier höhere Einmalzahlungen, da wir schon mehrere Jahre in Verzug sind.

    Und hierzu noch einmal als Erinnerung der wichtige Satz von Cechetti und Schoenholtz:

    „The irony is that an entrenched deflation also can undermine the independence of a central bank, because it may not be feasible to restore price stability without support from the fiscal authority.”

    http://www.moneyandbanking.com/commentary/2015/11/9/learning-from-japan-its-hard-to-end-a-deflation

    LG Michael Stöcker

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Naja. Ich denke, langsam und behutsam wird das nicht, sondern eine Flucht aus Geld auslösen. Was den Schuldenschnitt betrifft. Ich denke nicht, dass wenn man die Lebensversicherungen der Allianz rettet, dass dies zugunsten der Vermögenden ist. Eher zu deren Lasten. Außer sie sagen, dass alle, die Vermögen haben, bereits die Vermögenden sind.

      LG

      DSt

      Antworten

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