„France Is at War… With Germany“

Ich habe bereits in meinem Kurzkommentar zu den Folgen der Anschläge am Montag und in meiner WiWo-Kolumne vom Donnerstag in diese Richtung argumentiert. Die Anschläge erlauben einen Politikwechsel in Europa. Sparen ist endgültig „out“. Dabei muss ich gestehen, dass ich mir bei der Lektüre des Artikels aus Foreign Policy zum ersten Mal gedacht habe, ich wünschte, die Einschätzung träfe zu. Zwar ist das wirtschaftlich keine gute Aussicht aber einige andere Aspekte gefallen mir deutlich besser, vor allem mit Blick auf den Umgang mit der Flüchtlingsfrage.

Doch nun zur Argumentation in diesem Beitrag:

  • Frankreich hat signalisiert, dass es bei den Themen Wirtschaft und Politik nicht mehr mit dem Rücksitz in einem von Deutschland gesteuerten Sitz einverstanden ist. – bto: Das war es nie. Die Franzosen haben immer strategisch agiert und langfristig gedacht  im Unterschied zu den Politikern hier.
  • Zwar gilt der Krieg dem IS, aber auch Deutschland ist, als Gegner gesehen eben auf einem anderen Feld.
  • Der „Sicherheitspakt steht über dem Stabilitätspakt“, sagt Hollande. – bto: klar. Es wäre für die Franzosen ohnehin unmöglich gewesen, zu sparen. Nun gibt es einen offiziellen Grund.
  • Schon davor war der Widerstand gegen das deutsche Spardiktat spürbar. Es wurde als Pfennigfuchserei angesehen und rief in einigen Ländern die Erinnerung an schlechtere Zeiten hervor.
  • Jetzt kommt es wieder zum Primat der Politik über die Finanzen. – bto: Das ändert natürlich nichts daran, dass die Finanzen irgendwie hinkommen müssen, deshalb die wichtige Rolle der EZB.
  • Die Ankündigung des Krieges gegen den IS ist zudem ein Beweis dafür, was jenseits der Euro-Bürokratiker getan werden kann, in einer EU, die sich über Geld und Wirtschaft definiert und nicht über Ideale.
  • Frankreich erkennt, dass die Gefahr für Europa viel größer ist. Der Terror und die ungelösten Probleme der Eurozone, nicht nur in Griechenland und Portugal, geben den rechten und linken Populisten Auftrieb und sind gefährlich, aber auch die zunehmend undemokratische Vorgehensweise der Politiker in Brüssel.
  • Die französische Öffentlichkeit ist auch bei dem Flüchtlingsthema anders eingestellt. Es gibt keine Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, und diese wollen auch lieber in Deutschland bleiben. – bto: Da sollten wir uns auch mal fragen, ob wir die richtigen Anreize setzen?? Frankreich mit dem tollen Essen, dem milden Klima und vielen weiteren schönen Dingen weniger attraktiv zu finden als Deutschland, muss schon einen handfesten finanziellen Grund haben.
  • Hollande macht auch klar: Wenn Europa die Außengrenzen nicht dichtmacht, wird es wieder echte Grenzen zwischen den Ländern geben. Das ist ihm auch wichtiger, als irgendwelche Flüchtlinge weiter zu verteilen.
  • Das ist breiter politischer Konsens: keine Verteilung von Flüchtlingen und ein Ende der ungesteuerten Zuwanderung.
  • Europa braucht einen Anführer. Könnte sein, dass jetzt Frankreich am Zug ist.

Wir haben auf jeden Fall mit der völlig verfehlten Europolitik (verlinke ich jetzt nicht erneut, hier viel beschrieben) und der einseitigen Flüchtlingspolitik unsere Rolle in Europa nicht genutzt und unsere Position verspielt. Zu Recht.

→  Foreign Policy: „France Is at War… With Germany“, 17. November 2015