Faber: «Das ganze Preisgefüge ist verzerrt»

Ganz in dem Sinne auf diesen Seiten auch mehr über die Folgen der Krise für die eigene Geldanlage zu schreiben, Auszüge aus einem Interview mit Marc Faber in der FINANZ und WIRTSCHAFT. Die Kernaussagen:

  • “Das Volumen der globalen Finanzmärkte übertrifft die Wirtschaftsleistung um Welten. Die Verschiebung dieser gewaltigen Gelder hat einen grossen Einfluss auf die Vermögenspreise. Wenn jedermann Dollar kauft, dann steigt dieser. Beim Franken ist die Wirkung noch grösser. Wo das Geld hinfliessen wird, ist jedoch schwierig vorhersehbar.”
  • “Der starke Dollar ist ein Hinweis auf die Verknappung der globalen Liquidität. Falls dieser Liquiditätsentzug das Wachstum beeinträchtigt, wird das Fed weitere quantitative Lockerungsrunden lostreten. Die Bilanzsumme des Fed ist von 500 Mrd. auf 4,5 Bio. $ gestiegen. Warum kann die Bilanz nicht auf 45 Bio. ausgeweitet werden?” ‒ bto: Tja, warum nicht? Gute Frage. Ich denke, es gibt eine Grenze der Strapazierbarkeit des Vertrauens. Faber dürfte das auch denken, denn:
  • “Das Geld fliesst nicht zum Mann auf der Strasse, sondern an die Finanzmärkte. Das Fed kauft dem Bankensystem Anleihen ab. Die Banken deponieren den Erlös bei der Notenbank. Deshalb blieb die Inflation bisher im Zaum. Sollte sich die Geldumlaufgeschwindigkeit eines Tages beschleunigen, sähe das anders aus. Wobei nicht auszuschliessen ist, dass die Inflationsraten unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen gar nie stark anspringen werden.”
  • “Wollen Sie angesichts der Wust an Regulierungen wirklich ein Unternehmen gründen oder nicht lieber Aktien oder Immobilien kaufen, die seit Jahren steigen? Es ist ein Unterschied, ob Sie ein Gebäude bauen oder ein bestehendes kaufen. Letzteres hat bis auf die Maklerkommission keinen Einfluss auf die Wirtschaftsleistung. Dasselbe gilt für Firmenübernahmen, die oft sogar einen Stellenabbau zur Folge haben. Die Wirtschaft wird nur stimuliert, wenn sie ein neues Haus bauen oder ein Unternehmen gründen.” ‒ bto: Passt zu meiner Logik, wonach die Geldpolitik kontraproduktiv ist und mehr schadet als nutzt.
  • “Künftig wird der Staat dem Bürger erklären: Die Reallöhne fallen, weil die Oberschicht so viel verdiene. Deshalb müsse man diese stärker besteuern. Reichensteuern werden kommen, auch in der Schweiz. Der andere Weg ist die Beschlagnahmung von Vermögenswerten, der durch die negativen Zinsen bereits beschritten wird.” ‒ bto: deshalb auch Piketty als Rockstar-Ökonom.
  • “Weil wir nicht wissen, wie die Welt in ein paar Jahren aussieht, kann ich nur empfehlen, die Anlagen zu diversifizieren. Ein Portefeuille aus hochwertigen Schweizer Qualitätsaktien wie Nestlé, Novartis oder Roche sollte über die nächsten Jahre besser abschneiden als eine Investition in Eidgenossen. Nur muss man die höheren Schwankungen durchstehen können.”
  • “Den attraktivsten Ertrag dürften über die nächsten Jahre aber die Schwellenländer abwerfen – allen voran in Asien, wo sich  auch am chinesischen Aktienmarkt Ge­legenheiten finden lassen. Die dortige Wirtschaft kämpft zwar mit Problemen, doch in der heutigen Welt sind schlechte Konjunkturnachrichten Good News für die Börse, weil die Notenbanken expan­siver werden. Ferner mag ich Goldminenaktien, die relativ zum US-Markt ­unglaublich günstig sind.” ‒ bto: Auch fundamental dürften die Schwellenländer besser abschneiden, allerdings aufgrund der schon stark gestiegenen Verschuldung (vor allem im Ausland und in Dollar kurz- und mittelfristig erhebliche Risiken).
  • “Wenn dieser Unfall kommt, werden vermutlich alle Anlageklassen inklusive der massiv überteuerten Staatsanleihen an Wert verlieren. Oder wollen Sie zehnjährige französische ­Papiere zu 0,5% kaufen?  Es ist zu befürchten, dass die meisten Anleger – ich eingeschlossen – über die nächsten fünf bis zehn Jahre die Hälfte ihres Vermögens verlieren.”

FINANZ und WIRTSCHAFT: Faber: «Das ganze Preisgefüge ist verzerrt», 6. Februar 2015

Kommentare (6) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Cajus
    Cajus sagte:

    Stichwort hier die von Marc Faber erwähnte Geldumlaufgeschwindigkeit.

    Der kollabierender Geldmultiplikator bzw. Velocity of Money hat recht frühzeitig den Hinweis darauf geliefert, dass eine stärkere inflationäre Entwicklung wohl wenig wahrscheinlich sein dürfte.

    Schaut man auf die aktuellen Daten der Fed zum M1 Money Multiplier (2015-02-12), so dürfen wir mit einer Ratio von 0,733 ein weiterhin sehr tiefes Niveau attestieren.

    Prof. Steve Keen meldete bereits vor vier Jahren sehr starke Zweifel an, ob die Fed mit ihren Aktionen überhaupt in der Lage sei, in einem nach klassischem Muster funktionierenden Mechanismus einer Schuldenkrise so etwas wie eine stärkere inflationäre Entwicklung herbeizuführen.

    Steve Keen in einem FAZ-Interview im Jahr 2010:

    “Sie unterschätzen die enormen Mengen an Geld, die geschaffen werden müssten, um zu Inflation zu führen. In den Vereinigten Staaten betragen die Schulden des Privatsektors rund 42 Billionen Dollar. Um für Inflation zu sorgen müsste die Fed mindestens weitere 25 Billionen Dollar direkt in Umlauf bringen. Statt dessen hat sie nur eine Billion gedruckt in der Erwartung, der Geldmultiplikator würde den Betrag verzehnfachen. Das aber würde voraussetzen, der amerikanische Privatsektor wollte neun Billionen Dollar neue Schulden aufnehmen. Empirisch zeigt sich, dass der unterstellte Geldmultiplikator nicht funktioniert. Man bräuchte also eine riesige Helikopterflotte um sehr große Geldmengen abwerfen zu können. Ich glaube nicht, dass die Amerikaner das tun werden.”

    Die dazu recht gegensätzlichen Fehlprognosen diverser “Starökonomen” habe ich im Netz aufgeschappt. Den Herrschaften sei jedoch hier Nachsicht geboten, denn eine derartige Situation, wie wir sie im Zuge der eskalierenden Finanzkrise seit 2007/08 vorfinden, die hat niemand bislang erlebt. Es ist eine vollkommen neuartige Situation, ein uncharted territory, mit weiterhin auch nicht exakt einschätzbaren Konsequenzen.

    >>> Bereits im Februar 2009 wurde der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, in einem Artikel von Focus Online mit dem bezeichnenden Titel „Star-Ökonom rechnet mit Horror-Inflation“ mit den Worten zitiert, er gehe von „einer Geldentwertung zwischen fünf und zehn Prozent pro Jahr für die Zeit nach 2010“ aus. Der Tübinger Wirtschaftswissenschaftler und Euro-Politik-Kritiker Joachim Starbatty schloss sich ihm gut ein Jahr später an: Er glaubte, „dass die Inflationsrate stark steigen wird: über 5 Prozent.“

    Im Jahr 2012 prognostizierte der Ökonom Roland Vaubel (Universität Mannheim) für die Folgejahre „hohe Inflationsraten von um die 5 Prozent und mehr“, sein Kollege Manfred J.M. Neumann (ehemals Universität Bonn) rechnete mit einer „schleichenden Inflation mit Raten von bis zu sechs Prozent.“

    Die Inflations-Schätzung von Jörg Krämer (Chefvolkswirt der Commerzbank AG) für die Zukunft belief sich im Jahr 2012 auf „mittelfristig […] drei bis vier Prozent“, während Thorsten Polleit (Chefökonom der Degussa Goldhandel und Honorarprofessor an der „Frankfurt School of Finance & Management“) mutmaßte, dass die EZB versuchen werde, „die Staatsschulden wegzuinflationieren. Das kann leicht in Hyperinflation enden.“ Nicht ganz so dramatisch sah im Jahr 2013 Jürgen Stark, ehemaliges Direktionsmitglied der EZB, die Lage: Er erwartete „für Deutschland in den kommenden Jahren […] bis zu vier Prozent“ Inflation.

    Weitere Inflationswarnungen kamen in den Jahren 2011 bis 2013 unter anderem von Hans-Olaf Henkel (ehemals Präsident des BDI und jetzt AfD-Mitglied), Gabor Steingart (Handelsblatt), Stefan Homburg (Universität Hannover), Otmar Issing (ehemaliger Chefvolkswirt der EZB) und nicht zuletzt Ende 2012 vom ehemaligen Bundesbanker Thilo Sarrazin, der sich seiner Sache so sicher war, dass er ankündigte: „Wenn wir innerhalb der nächsten zehn Jahre keine starke Inflation bekommen, gebe ich mein Diplom als Bonner Volkswirt zurück und bin bereit, alles neu zu lernen.“ <<<

    http://politik-im-spiegel.de/wo-bleibt-denn-nur-die-inflation-teil-1/

    Antworten
    • Hartmut G.
      Hartmut G. sagte:

      Hallo,

      die Frage ist natürlich:
      Was ist Inflation? Rein klassisch ist es die Ausweitung der Geldmenge. Das haben wir bereits.

      Und wie wird eine (durch Inflation verursachte) Preissteigerung nun genau gemessen?

      Also bei Brötchen habe wir bereits heftige Preissteigerungen (bei nachlassender Qualität). Nun könnte man geistig Marie Antionette folgen: Dann esst halt Kuchen!!! bzw. auf heute übertragen: “Mudpies” sind die afrikanische Delikatesse. Wenn es aufgrund der EUdSSR Politik bald keine Brötchen mehr gibt und auch Europa bei gleichem ehemaligen Brötchenpreis auf Mudpies umgestiegen ist, gibt es gemäß EZB Berechnung (VPI=Warenkorb passt sich automatisch der Verelendung der Gesellschaft an) dennoch keine Preis-Inflation; toll, gell?
      Ich weis nicht wie es Ihnen geht, aber ich bevorzuge gute Brötchen zum gleichen Preis, anstelle Mudpies, unabhängig davon wie irgendwelche Zentralplaner meinen und die Statistiken manipulieren.
      mfG HG

      Antworten
    • Johann Schwarting
      Johann Schwarting sagte:

      Hallo Cajus,

      nur kurz. Nach jahrelanger Beschäftigung mit der Eigentumsökonomie von Heinsohn/Steiger und dem Debitismus von Paul C. Martin ist mir klar, dass die Maßnahmen der Notenbanken nur zu einer Assetpreis – Inflation führen und nicht zur Inflation an der Basis der Ökonomie – dort grassiert nämlich die Deflation. Die von Ihnen genannten Personen verstehen das ökonomische System nicht, was ja auch durch die völlig falsch prognostizierten Inflationszahlen belegt wird.
      Was bedeuten Geld, Geldmenge, velocity of money, Geldmultiplikator, usw.?
      Was ist Inflation? Steht sie im Zusammenhang mit dem Geld oder dem Kredit?

      MfG
      Johann Schwarting

      Antworten
  2. Johann Schwarting
    Johann Schwarting sagte:

    Sehr geehrter Herr Dr. Stelter,

    „für den Kriechgang der Weltwirtschaft mitverantwortlich“ sind vor allem geringer werdende nominale vorfinanzierte Produktionsketten, nachfinanzierte Handelswege und verschuldungsfähige Konsumenten durch Kredite an der Basis der Ökonomie (Unternehmungen/Private). Die derivativen Verpackungen dieser Kredite zu Unternehmens- oder Staatsanleihen schaffen nur wenig neues Geld für die Realökonomie. Diese Wertpapiere sind nur im Verhältnis zwischen Geschäftsbanken und Notenbanken von Bedeutung, wobei die revolvierenden Hinterlegungen dieser Papiere zu immer kürzeren Laufzeiten führen. Da die Schlinge sich zusammenzieht, nimmt die Hektik im System zu. Vor eineinhalb Jahren habe ich in dem Faden https://blog.malik-management.com/2013/10/prof-heinsohn-zum-stand-der-deflation/ des Blogs von Prof. Malik mit Verweis auf Paul C. Martin darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen der Notenbanken aus historischer Sicht so neu nicht sind.

    MfG
    Johann Schwarting

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Lieber Herr Schwarting,

      genau. Wir haben es mit einer abnehmenden Produktivität neuer Schulden zu tun, weil ein immer größerer Teil nur noch dazu dient, bestehende Schulden “zu bedienen”. Und die Notenbanken verlängern das Spiel so lange wie möglich. Doch zu welchem Ende? PCM wäre klar: der deflationäre Kollpas des Schuldengebildes.

      LG

      DSr

      Antworten
  3. OK
    OK sagte:

    Dr. Doom wie er leibt und lebt – man sollte sich m.E. nicht blind auf sein Timing verlassen (die Ankündigung einer drastischen Korrektur am amerikanischen Aktienmarkt letztes Jahr ging z.B. ziemlich nach hinten los), aber fundamental spricht er viele valide Punkte an. Und da er im Wesentlichen Privatier ist, lebt er zwar auch vom System, hat aber kein nennenswertes Geschäftsinteresse an potentiellen Kundengeldern, Kommissionen, Mandaten etc. Die Sell Side kann das nicht behaupten und ist daher nie neutral. Faber dagegen lebt nur für sich selbst und ist mir persönlich deswegen ein glaubwürdiger Mann.

    Antworten

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