Eurozone: die schlechtest denkbare Währungsunion

Während wir uns in Deutschland mit anderen Themen beschäftigen, geht die Krise des Euro weiter. Nur kurz war das Thema anlässlich der EZB-Entscheidung wieder mehr in den Medien.

Gut also, dass der Telegraph daran erinnert, dass die EZB ohnehin nur Zeit kaufen kann und diese Zeit von den Politikern, wie der ehemalige Bundesbankpräsident Axel Weber schon im Januar feststellte, nicht genutzt wurde. Sie hätten die leichte konjunkturelle Erholung nutzen müssen, um die Sanierung der Eurozone durchzuziehen, namentlich eine Lösung für die Schulden finden. Diese Chancen haben sie nun verpasst und wir stehen vor der nächsten Rezession, die sicherlich zu erneuten Spannungen innerhalb der Eurozone führen wird.

Entsprechend skeptisch zeigten sich die Teilnehmer an einem EZB-Forum zu den Folgen der verfehlten Europolitik:

EZB Forum

50 Prozent der Teilnehmer sehen einen Schaden nicht nur für das Niveau der Wirtschaftsleistung, sondern auch für das zu erwartende Wachstum. Das ist sicherlich eine richtige Einschätzung, bedeutet aber im Umkehrschluss, dass der Euro den Wohlstand nicht mehrt, sondern mindert und die Spannungen in Zukunft weiter zunehmen werden. Gerettet ist der Euro also keineswegs.

Schon im Jahr 2012 hat Michael Cembalest, Chefinvestmentstratege von JP Morgan ausgerechnet, dass die Eurozone, die denkbar schlechteste Währungsunion darstellt, die man sich vorstellen kann. Selbst eine Union von jenen Staaten, die mit einem M beginnen, wäre effizienter. 

Erstaunlich bleibt, dass bis jetzt selbst die Länder, die am meisten unter dem Euro leiden, wie Griechenland, daran festhalten. Immer wenn es eng wird, gibt es kleinere Erleichterungen und Zugeständnisse und die Wähler trauen ihren nationalen Regierungen (noch) nicht zu, sorgsam mit Geld umzugehen. Also bleiben sie dabei. – bto: Ich würde im Falle Griechenlands sagen, dass es ja weiterhin einen überhöhten Lebensstil durch das Ausland finanziert bekommt. Ohne Euro wäre das hinfällig.

Kann es noch zehn Jahre weitergehen?

→ The Telegraph: „How the eurozone missed its shot at a recovery“, 3. Dezember 2015

Kommentare (4) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Herbert Grumbel
    Herbert Grumbel sagte:

    Der relativ frei denkende Journalist Henryk M. Broder hat es in einem Artikel mit der Überschrift: “Ein geduldiges, opferbereites, teilweise sogar blödes Volk” auf den Punkt gebracht. Nur ein Zitat daraus: “Wenn Sie mich vor zwanzig Jahren gefragt hätten, was die Deutschen machen, wenn ihnen die Regierung keine Zinsen mehr auf ihre Ersparnisse geben würde, dann hätte ich gesagt: Revolution! Die Minister an die Laternen. Aber es ist nichts passiert: Sie sind ein geduldiges, opferbereites, teilweise sogar blödes Volk, weil sie sich ausnehmen lassen.”
    Ich glaube, das passt zum heutigen Thema. So eine Währungsunion wird eine Halbwertszeit haben. Selbst mit deutschen Wutlosbürgern. Aber irgendwann wird auch dieses “verblödete Volk” merken, dass es seinen relativen Wohlstand und seine Altersversorgungen freiwillig geopfert hat und das auch noch für ein Projekt, welches in dieser Form von vornherein zum Scheitern verurteilt war.Denn die anschließende Analyse wird zeigen, dass es so ganz bestimmt nicht funktionieren konnte – s.o.!

    Link:
    http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/henryk-m-broder-ueber-deutschland-ein-opferbereites-volk-a-1056252.html

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  2. Lambert Knobloch
    Lambert Knobloch sagte:

    Ob Griechenland noch zehn weitere Jahre von den übrigen Ländern finanziert werden wird?
    Sofern es die Währungsunion (mit Griechenland) in zehn Jahren noch geben wird, kann mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass weiterhin Milliardenbeträge Richtung Griechenland fließen werden. Vermutlich werden diese Zahlungen ähnlich institutionalisiert sein wie der Länderfinanzausgleich in D.
    Der öffentliche Diskurs in dieser Sache erlahmt zusehends und die in mit dieser Materie fachlich überforderten Menschen wenden sich nur noch gelangweilt ab. Sie sind des Themas überdrüssig. Vor diesem Hintergrund können die €-Retter nach Belieben ihre Vorstellungen, was den € angeht, umsetzen. Jetzt und in Zukunft!
    Whatever it takes

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