Europas Bankenkrise – warum machen wir Japan alles nach?

Bekanntlich sehe ich deutliche Parallelen zwischen der Entwicklung in Japan nach 1990 und bei uns seit 2009. Nur machen wir es in jeder Hinsicht noch schlechter als die Japaner. So zum Beispiel mit Blick auf die Banken. Diese sind überwiegend insolvent und nur noch dank geänderter Bilanzierungsrichtlinien und unbegrenzter Liquidität am Leben. Zombies, die die europäische Realwirtschaft zusätzlich belasten.

Die Strategie der Staaten, dies durch eine Sanierung zulasten der Eigentümer und Kreditgeber inklusive Kunden zu bereinigen, ist theoretisch nett, praktisch jedoch das Rezept für ein Desaster. Gestern haben wir kurz über Portugal gesprochen, wo eine – willkürlich organisierte – Gläubigerbeteiligung zu einem Zinsanstieg beigetragen hat. Nun nochmals die Erinnerung, dass die Österreicher auch hier eine Vorreiterrolle einnehmen. Die F.A.Z. berichtet:

  • Nach dem Scheitern einer Einigung zwischen den Geldgebern und dem Bundesland Kärnten als Garantiegeber für die Anleihen hat die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA am Sonntag einen Schuldenschnitt verordnet.“
  • Käufer nachrangiger Schuldverschreibungen müssen vollständig auf deren Rückzahlung verzichten. Für vorrangige Verbindlichkeiten beträgt der Schuldenschnitt knapp 54 Prozent.“
  • „Auch bestätigte die Behörde einen früheren Beschluss, wonach die Heta seit dem 1. März 2015 keine Zinsen mehr bezahlen muss.“
  • „Die FMA legte darüber hinaus fest, dass die Fälligkeiten der Verbindlichkeiten einheitlich auf den 31. Dezember 2023 gelegt werden.”
  • „Gegen die Heta sind mehrere Klagen anhängig, vor allem aus Deutschland, wo die wichtigsten Gläubiger für die Verbindlichkeiten von fast 11 Milliarden Euro sitzen.“

Zu letzterem Punkt habe ich schon 2015 ausführlich meine Meinung gesagt: Diese Banken und Versicherungen haben wissentlich das Geld ihrer Kunden verzockt. Deshalb: Selber denken, wenn es um die Geldanlage geht!

Mein damaliger Kommentar zu den Vorgängen: Schuldenschnitt in Österreich

Meine Schlussfolgerung für die Geldanlage: Was tun mit dem Geld? (5) ‒ Selber denken

Derweil versucht Italien irgendwie einen anderen Weg zu finden. Bei der letzten Gläubigerbeteiligung im letzten Jahr war der Volkszorn spürbar und ein Bankenrun nicht mehr weit. Deshalb müssen die 360 Milliarden an Non-performing Loans, immerhin 20 Prozent des BIP irgendwie aus den Büchern verschwinden.

Die Lösung erinnert an die Konstruktionen aus den Boomzeiten der Subprime-Immobilien. Ein privatwirtschaftliches Vehikel mit fünf Milliarden Eigenkapital – beigesteuert von Banken, Versicherungen und anderen Kapitalsammelstellen – soll mit entsprechendem Hebel, also Krediten, den Banken die faulen Kredite zu „Marktpreisen Non-performing-loans abnehmen. Da diese keinen Markt haben dürften, gehe ich mal davon aus, dass es zu für die Banken recht guten Konditionen erfolgt. Wenngleich nicht so wie von Professor Werner vorgeschlagen: alles Schlechte zum Nennwert direkt durch die EZB.

Der Staat, selber klamm, kann nur wenig beisteuern, meint die FT. Auch wegen der EU Richtlinien, die solche Beihilfen untersagt. In früheren Versionen war allerdings zu lesen, dass der Staat für die Anleihen bürgt. Ohnehin wäre es doch super, wenn die EZB die Finanzierung übernehmen würde. Ginge in die Richtung von Professor Werner. Die gestrige Reaktion der Börsen – Bankaktien haben europaweit deutlich zugewonnen – spricht dafür, dass man eine irgendwie gestaltete Staatshilfe erwartet. 

„We worry that a bail-in of an Italian bank may cause a chain reaction with ripple effects felt across the European banking system“, zitiert die FT einen Analysten. Und genau darum geht es. Sehen die Bürger im Fernsehen lange Schlangen vor insolventen Banken, ist der Gedanke doch naheliegend, auch bei der eigenen Bank mal nachzuschauen, ob denn das Geld noch da ist. 

Konkreter Auslöser der erneuten Sorgen ist die Kapitalerhöhung der Banca Popolare di Vicenza, die auf Drängen der EZB zwei Milliarden Euro an neuem Eigenkapital benötigt. Die UniCredit führt die Kapitalerhöhung durch und garantiert für den Erfolg. Sollte sie die Papiere nicht platzieren können, braucht sie vielleicht ebenfalls mehr Eigenkapital.

Das alles riecht verdammt nach Japan. Wieder werden Tricks versucht um die Realisierung der Verluste zu verhindern. Zugleich kommt es zu keiner Entlastung der Endschuldner. Die neue „Bad Bank wird weiterhin versuchen, die Forderung einzutreiben und verstärkt damit Deleveraging-Druck, Deflation und Rezession. Eine wahre Lösung sähe anders aus: Entlastung von Banken und Endschuldner durch einen echten Schuldenschnitt. 

FAZ: „Heta-Gläubiger verlieren die Hälfte, 10. April 2016

FT (Anmeldung erforderlich): „Italy pushes for bank rescue fund, 10. April 2016

Kommentare (7) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Katalin
    Katalin sagte:

    Hallo,

    es gibt auf dieser Welt Menschen, die keinerlei Ergebnisse für Ihre Thesen liefern müssen. Gutes Beispiel dafür ist diese Seite ZeroHedge. Wahrscheinlich hadelt es sich dabei um ein paar gescheiterte Investmentbanker, die jetzt das ganze System als verbrecherisch darstellen, dass kurz vor dem Kollaps steht. Diese Leute sind wahrscheinlich nicht anderes als schlechte Verlierer, denn wir wissen alle, oben ist die Luft ganz dünn und es gibt Platz für ganz wenige und es kommen nicht immer nur die Besten nach oben. Die Welt ist ungerecht, weil die Natur ungerecht sind. Dies kann man sehen, wenn man z.B,
    1. Bayern (meine hier die Natur, fast wie Paradies) und Sudan vergleicht (nur Wüste)
    2. Claudia Schiffer und Frau Merkel (äußeres meine ich, ich weiß es ist billig Leute nach dem äußeren zu beurteilen, aber wenn kauft sich den ein häßliches Auto, Kleid oder Haus)

    Die Krise ist zu lösen, man muss nur umvertielen, genügend Vermögen ist ja da, denn die riesigen Schulden sind nur ein Speigelbild riesigen Vermögens.

    Weltuntergang, Kermschmelze oder ähnliches ist Unsinn. Jeder der sich bießchen mit der Geschichte auskennt, weiß dass;

    1. Es freie Märkten nicht gibt, hat es nie gegeben, sondern eine gelenkte, hier stellt sich die Frage durch wen und zu wessen Gunsten

    2. Die Geschichte uns lehr, dass die Krisen (warum auch immer, aber insbesondere wegen Überschuldung) die Regel und nicht die Ausnahme in den letzten 2000 Jahren waren.

    3. Leider beginnt für viele die Wirtschaftsgeschichte erst 1945, denn seit dem haben wir in westlichen Ländern Wohlstand für alle. Nun sind wir an einem kristischem Punkt angekommen, d.h. ein System, das auf dem Papier sehr gut funktioniert, funktioniert in der Realität nicht so gut, sondern nur für eine begrenzte Zeit gut, da die Akteure keine Roboter sind, sondern Menschen mit allen ihren Fehlern und Schwächen. Nun stehen diese Leute vor einem Rätsel, denn sie würden es niemals wagen das System als ganzes in Frage zu stellen, denn dann würden Sie ihre ganzes Weltbild (Leistungsprinzip, Fleiß, Moral, Anstand der einen Seite und Korruptheit, fehlender Fleiß usw. der anderen Seite) in Frage stellen müssen, sondern suchen die Ursache für die Krisen bei anderen Menschen. Wenn nur die anderen Schuld sind, dann muss man an System nichts ändern (hier meine ich an erster Stelle die Verteilung und erst dannach das Geldsystem), da es die Krisen auch viel früher gegen hatte, auch früher bevor die ersten Banken um ca. 1400 in IT gegrundet wurden. Insbesondere muß man seinem Verhalten nichts ändern und weiterhin den folgenden Hauptgrund, der für die Entstehung der Krisen am meisten beigetragen hat, ignorieren.

    5. Der Grund ist folgender: Da das Kapitalistische System fehlerbehaftet ist, hätte es, selbst wenn die Entscheidungsträger (Politik, Großkapital usw.) immer nur im Sinne der Allgemeinheit entschieden hätten, diese Krisen auch gegeben. Diese ergeben sich aus folgendem Naturgesetz: Die Schulden auf der einen Seite sind zwingend notwendig, wenn andere Seite sparen möchte und wir haben das Problem, dass eine Seite die sehr Vermögend ist und nicht weiß wohin mit den bereits angehäuften Ersparnissen, noch mehr sparen will, was gleichbedeutend ist mit weiter steigender Verschuldung der anderen Seite.
    Die Verschuldung der einen Seite, wird durch die Gier der anderen Seite nach immer mehr Vermögen, Macht (Oligopolbildung) und in Folge noch mehr Vermögen erzwungen. Ohne das Verschulden der anderen Seite ist, dies nicht möglich.

    Gruß

    Antworten
  2. Stefan Bohle
    Stefan Bohle sagte:

    Ich habe kürzlich die Stadt Triest besucht und einen Fährausflug auf die andere Seite des Industriehafens unternommen. Leider kam die Fähre für die Rückfahrt spontan nicht, sodass ich den Bus um den Hafen herum durch die Industriegebiete nehmen musste. Das was dann allerdings eine traurig interessante Angelegenheit. Überall waren größere und kleinere stillgelegte mittelständische Betriebe und man sah am Grad der Überwucherung, dass die Stilllegung zumeist irgendwann in den letzten 2-5 Jahren erfolgt ist. Nur der international erfolgreiche Kaffeeröster Illy war hiervon eine Ausnahme.
    Dasselbe Bild in der Lombardei, in der ganze vor 20 Jahren noch prosperierende Städte (bspw. Mantua!!) in Depression und Arbeitslosigkeit versinken. Die Zahl der international erfolgreichen italienischen Leuchtturmunternehmen wird immer geringer. Der Unternehmergeist, der zumindest die norditalienische Wirtschaft lange ausgezeichnet hat, erscheint völlig erstarrt (bemerkenswerte Ausnahme: Südtirol). Und die offiziellen Zahlen zeigen aufgrund des exzessiven Einsatzes von Kurzarbeit u.ä. gar nicht das ganze Desaster.

    Hier zeigt sich ein gewichtiger Unterschied zu Japan: für viele südeuropäische Länder geschieht noch viel zu wenig “Japan”, um die reale Depression und den Wegfall der industriellen Basis abzumildern.

    Ein effektives Gegensteuern wird nur unter Aufgabe des Euros und Realisierung der Verluste möglich sein und es gilt genauso wie für Deutschland: je länger wir warten, desto teurer wird es, auch in politischer Hinsicht. Im Gegensatz zu Deutschland ist der akute Leidensdruck in Italien allerdings viel größer.

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    • Dieter Krause
      Dieter Krause sagte:

      Italien hat vor 1995 Jahrzehnte gut mit der ständigen exzessiven Abwertung seiner Währung gelebt (in 30 Jahren ca. 1.000% gegen die DM). Durch Lohnausgleich gab es dafür meist einen Konsens zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften (mit übrigens auch WEGEN DER INFLATION sehr hohen Investitionsraten). Das ist mit der Einführung des Euro aber Geschichte! – Ich sehe aber in Italien noch keine Mehrheit für einen Euro-Austritt, weil die politische (und wohl auch ökonomische Elite) die Folgen davon fürchtet. Will Italien aber im Euro verbleiben, muss es schlicht seine MENTALITÄT umstellen! Gilt auch für die Griechen und Portugiesen.

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      • Katalin
        Katalin sagte:

        Hallo,

        Mentalität können die nicht ändern, dafür scheint bei denen viel öfter die Sinne. Kein Wunder, dass sie fast alle angenehmen Dinge des Lebens erfunden haben und Nordeuropa nur ein paar Maschinen

        Das Problem: Viele Leute auch hier verwechseln oft Betriebwirtschaft und Volkswirtschaft. Martkanteile sind das Wichtigste für die Unternehmen, die gehen aber nur über:
        1. Qualität
        2. Mange

        Italien war gut, als es noch bei guten Produkten relative günstig war.
        Es hat massiv aufgewertet mit dem Euro, wie der ganze Süden bei nicht vorhandenen Produktivitätsteigerungen. Die korrupte Elite kann sich mit dem Euro nur billig verschulden.

        BRD ist das einzige Land, dass in den letzten 15 Jahren internen und extern abgewertet hat. Deshalb ist BRD Eurogewinner.

        Gruß

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