Droht die große Krise? ‒ und ein P. S. zu Italien

Man könnte sagen, auch die F.A.Z. springt jetzt auf die Panikwelle, um die Auflage zu steigern. Dies glaube ich aber nicht. Umso interessanter der kleine Beitrag zum Thema Krisenindikator: “In der Finanzwelt gibt es viele Charts, die auf vermeintliche oder tatsächliche Krisen hinweisen oder gar die Zukunft voraussehen sollen. Vieles davon ist reine Kaffeesatzleserei, doch es gibt auch einige Linien, bei denen ein genauerer Blick nicht schaden kann. Zu dieser Sorte gehört auch das Gold-Öl-Verhältnis. Die Relation gibt an, wie viele Fass Öl mit rund 159 Litern gebraucht werden, um eine Feinunze Gold mit etwa 31,1 Gramm zu kaufen. (…) Steigt das Verhältnis auf über 20 ‒ also müssen mehr als 20 Fass Öl für eine Feinunze Gold bezahlt werden ‒ droht demnach eine Krise.” Und weiter: “Sinkt der Ölpreis, wie es auch im Moment der Fall ist, deutet das auf eine schwache Nachfrage hin und damit auf eine schlechte weltwirtschaftliche Lage. Und Gold wird in diesem Zusammenhang zur Krisenwährung. Es soll als Schutz vor Inflation dienen, und eigentlich sollte der Preis immer steigen, wenn Geldentwertung droht oder andere Krisen die wirtschaftliche Stabilität in Frage stellen.”

“Droht nun konkret eine Krise? Jedenfalls gibt es viele Vorzeichen, die dafür sprechen: Die Notenbanken pumpen noch immer viel Geld in die Märkte, so dass die Gefahr einer Blase am Aktienmarkt wächst. Zahlreiche geopolitische Krisen schüren Unsicherheit. Und der niedrige Ölpreis stützt zwar alle Netto-Ölimporteure. Doch für die Förderländer gibt es große Probleme: Manche rutschen in eine Rezession, wie Russland, andere stehen vor der Staatspleite, wie Venezuela, einige haben kaum noch Geld für den Kampf gegen den Terror, wie Nigeria. Sollte der Ölpreis nicht schnell wieder deutlich anziehen, drohen in diesen Ländern Umwälzungen.”

bto: Leider hat die F.A.Z. das Chart aus der Printausgabe nicht online gestellt. Dies zeigt nämlich deutlich, dass der Indikator deutlich über den Ständen vor der Euro- und Finanzkrise steht. Fast auf dem Niveau des Ostblock-Kollaps. Jetzt könnte man natürlich schreiben, dass jetzt der Westen kollabiert. Doch das ist zu naheliegend und unoriginell. Ich denke jedoch, dass tiefer Ölpreis, Währungskrieg (jetzt macht Singapur auch mit), Rekordstände an den Börsen, Minizinsen für Anleihen, Deflation, Gelddruck-Orgien und stagnierende Wirtschaft irgendwie nicht gesund aussehen. Aber das wissen Sie ja bereits.

F.A.Z.: Droht die große Krise?, 28. Januar 2015

P. S. Italien hat jetzt ein neues Wahlgesetz. Die NZZ berichte: “Die geplante Wahlrechtsreform sieht in erster Linie einen grossen Siegerbonus vor. Wenn eine Partei 40 Prozent der Stimmen erreicht, bekommt sie 54 Prozent der Sitze in der Abgeordnetenkammer (340 von 630). Erreicht keine Partei diese Schwelle, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden stärksten Gruppierungen. Die Regierung von Matteo Renzi hatte sich für einen solchen Bonus starkgemacht, um den Einfluss kleinerer Parteien zu begrenzen.” Und an anderer Stelle: “Das Wahlgesetz tritt erst Mitte 2016 in Kraft. Diese Bestimmung ist ein Zugeständnis Renzis an Berlusconi und andere Akteure – derzeit würde Renzi Neuwahlen wahrscheinlich deutlich gewinnen. Laut Umfragen hat der PD im letzten Jahr an Popularität eingebüsst, ist aber weiterhin mit Abstand die stärkste Partei.” ‒ bto: Bedeutet im Klartext: Wenn bei den nächsten Wahlen die Eurogegner vorne liegen, bekommen sie alle Macht. Ob sich Brüssel wirklich über das Gesetz freut?

NZZ: Ein Schritt auf Renzis langem Weg, 27. Januar 2015