Doch kein Orden für die Japaner

Doch kein Orden für die japanischen Notenbanker. Wohl nach dem Motto, was ich tue, darf ein anderer schon lange nicht tun. Das ist natürlich eine unfaire Anmerkung. Denn obwohl Evans-Pritchard ein glühender Anhänger des Quantitative Easing ist, so hat er regelmäßig auch auf die Risiken hingewiesen. Vor allem auch auf die Folgen für die Schwellenländer, in denen die Flut billigen Geldes erhebliche Verschuldungszunahmen und Fehlallokationen von Kapital bewirkt hat. In seinem Kommentar zum Entscheid der japanischen Notenbank, “all-in” zu gehen, betont er die globalen Folgen. Die drastische Abwertung des Yen führt zu einem Export von Deflation in die Weltwirtschaft. Einen Aspekt, den ich mehrmals an dieser Stelle betont habe.

Der Hintergrund der Aktion der BoJ ist klar: Abenomics funktioniert nicht. Das Inflationsziel von zwei Prozent dürfte Anfang 2015 nicht erreicht werden, “was zeigt, wie schwer es ist, eine Deflation zu überwinden”, meint Evans-Pritchard. Ich würde sagen, es zeigt erneut, wie schwer es ist, bei Überschuldung Inflation zu erzeugen. Denn nur bei wachsenden Krediten gibt es Mehrnachfrage und damit auch potentiell Inflation. Wie Zero Hedge so schön zeigt, kauft die japanische Notenbank praktisch alle neuen Staatsanleihen auf und finanziert so direkt den Staat. Damit wäre Japan schon in dem Zustand, den Evans-Pritchard in seinem anderen Kommentar für Europa und die USA gefordert hat, der direkten Finanzierung von Staatsausgaben durch die Notenbanken. Was bekanntlich nicht gut ausgehen kann. Bis 2018 wird die Notenbank die Hälfte der japanischen Staatsschulden halten – und könnte dann einem anderen Vorschlag folgen, nämlich diese Schulden einfach zu annullieren. Jenen, die glauben, so ließe sich die Überschuldungssituation elegant und schmerzfrei lösen, gebe ich nur zu bedenken: Was passiert mit dem Vertrauen in Geld und was passiert, wenn die Geldumlaufgeschwindigkeit (also die echte Kreditvergabe) dann wieder anzieht? Genau: die völlige Geldentwertung. Auf jeden Fall ein Spiel mit dem Feuer.

Doch zurück zu den Implikationen für die Weltwirtschaft. Seit Mitte 2012 hat der Yen gegenüber US-Dollar, Euro und koreanischem Won 40 Prozent verloren, gegenüber dem chinesichen Yuan gar 50 Prozent. Dies sehen diese Länder und Regionen natürlich gar nicht gerne, führt es doch zu mehr Wettbewerb und vor allem zu Import von Deflation. Deflation ist aber genau das, was überschuldete Länder auf keinen Fall gebrauchen können. Die USA, Europa aber auch China leiden bekanntlich unter einer sehr hohen Schuldenlast. Doch auch andere Länder der Region haben sich seit 2005 massiv verschuldet, was die Krisenanfälligkeit erhöht.

Bereits vor Monaten hat Albert Edwards vor diesem Szenario gewarnt und Zero Hedge fasst auch diesen Aspekt nochmals sehr schön zusammen. ImTelegraph wird Edwards so zitiert: “China kann einen solchen Schock nicht hinnehmen, weil es bereits unter dem Platzen der Kreditblase und einem massiven Verlust an Wettbewerbsfähigkeit leidet. Ausländische Direktinvestitionen in China sind bereits rückläufig.” Er verweist darauf, dass auch 1998 eine deutliche Yen-Schwäche die Asienkrise erheblich verstärkt hat. “Sollte die chinesische Inflationsrate unter ein Prozent fallen, wird China ebenfalls abwerten müssen. Sowas endet immer mit Währungskriegen und kann zu einer Deflations-Welle in der Welt führen.” Währungskriege sind eine klare Folge von QE, wie schon erläutert.

Wie auch in den 1930er-Jahren wird in einem globalen Abwertungswettlauf der verlieren, der am zögerlichsten mitmacht. Heute ist das die Eurozone. Detaillierte Daten, wie nahe wir der Deflation sind, finden sich hier.

Am Ende bleibt sich Evans-Pritchard dann aber doch treu: Es wäre viel zu früh zu sagen, dass die Politik des QE nicht wirkt. Schließlich müsste Japan jetzt zwei Jahrzehnte Krise und die aus der Deflation entstandene “Schuldenfalle” überwinden. Klartext: Es liegt nur daran, dass Japan nicht gleich so radikal vorgegangen ist. Lasst uns den Fehler hier nicht wiederholen. Aber, was, wenn Gelddrucken eben nicht gegen Deflation wirkt? Zeit, diese Frage ernsthafter zu diskutieren im Jahr sechs der Finanzkrise und im Jahr 24 der Krise in Japan.

The Telegraph: Japan risks Asian currency war with fresh QE blitz, 31. Oktober 2014

Kommentare (2) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Verflassen R.
    Verflassen R. sagte:

    Sehr geehrter Herr Dr.Stelter

    Ihre Bedenken bezüglich des Vertrauens in Geld kann ich nicht ganz teilen. Japan betreibt diese Politik doch seit 25 Jahren und trotzdem ist die Geldumlaufgeschwindigkeit nicht gestiegen.
    Für alle Beteiligten, ist es doch so am bequemsten. Der Schuldner bedient sein Gläubiger, alles Bestens, keiner verliert Geld.

    Wenn Konsum auf Kredit vorgezogene Nachfrage ist, bleibt die Nachfrage bei Tilgung der Kredite einfach aus, ohne Nachfrage wird es auch keine Inflation geben.
    Warum sollte die Inflation auch anziehen, der Konsum auf Kredit wurde schon getätigt

    Wer sollte das Vertrauen in unser Geld den verlieren, die Schuldner können die Inflation nicht anheizen, die Gläubiger werden ihr Vermögen auch nicht entwerten wollen.

    Es wird so kommen, die Notenbanken bedienen still und leise die ausstehenden Schulden.

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    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Das wäre zu hoffen! Ich denke aber, dass Japan es zwar lange macht, aber nicht in diesem Umfang. Deshalb kann aus der Tatsache, dass es bisher nicht so war, nicht geschlossen werden, dass es so bleibt! Aber es könnte sein. Stimmt.

      Antworten

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